
Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben: Es muss gehandelt werden
Über den Bericht Der Schutz der finanziellen Interessen der EU vor Betrug ist eine zentrale Aufgabe der Europäischen Kommission. Die Generaldirektionen, Exekutivagenturen und das Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) der Kommission arbeiten mit zahlreichen anderen Einrichtungen zusammen, einschließlich Behörden in den Mitgliedstaaten und der künftigen Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA).
Im Rahmen dieser Prüfung bewertete der Hof, ob das Risikomanagement der Kommission in Bezug auf betrügerische Handlungen zum Nachteil des EU-Haushalts angemessen ist. Der Hof stellte fest, dass der Kommission keine umfassenden und vergleichbaren Informationen zum Ausmaß des aufgedeckten Betrugs bei den EU-Ausgaben vorliegen. Außerdem hat sie bisher weder eine Bewertung des nicht aufgedeckten Betrugs noch eine eingehende Analyse dazu vorgenommen, was die Ursachen dafür sind, dass Wirtschaftsteilnehmer betrügerische Handlungen begehen. Dies mindert den praktischen Wert und die Wirksamkeit der strategischen Pläne der Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der EU vor Betrug.
Das derzeitige System, wonach auf die verwaltungsrechtliche Untersuchung des OLAF bei Betrugsverdacht strafrechtliche Ermittlungen auf nationaler Ebene folgen, nimmt in zahlreichen Fällen viel Zeit in Anspruch und verringert somit die Chancen, Strafverfolgung zu erreichen. Ferner enthalten die Abschlussberichte des OLAF oft nicht genügend Informationen, um eine Wiedereinziehung von zu Unrecht ausgezahlten Mitteln einzuleiten. Weniger als die Hälfte der Untersuchungen des OLAF haben zu einer Strafverfolgung der mutmaßlichen Betrüger geführt; weniger als ein Drittel der zu Unrecht gezahlten EU-Mittel wurden infolge der Untersuchungen wiedereingezogen.
Zusammenfassung
Über diese Prüfung
IBetrug bezeichnet jegliche vorsätzliche Handlung oder Unterlassung in der Absicht, andere zu täuschen mit dem Ergebnis, dass dem Opfer ein Schaden entsteht und dem Täter ein Vermögensvorteil erwächst. Betrug im Zusammenhang mit öffentlichen Mitteln ist oft mit Korruption verknüpft. Korruption bezeichnet im Allgemeinen jegliche vorsätzliche Handlung oder Unterlassung, mit der öffentliche Gewalt missbraucht oder versucht wird, den Missbrauch einer Vertrauensstellung in einer öffentlichen Funktion herbeizuführen, um einen ungerechtfertigten Vorteil zu erlangen.
IIDie Kommission und die Mitgliedstaaten sind gemeinsam für den Schutz der finanziellen Interessen der EU vor Betrug und Korruption zuständig. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) ist derzeit die wichtigste mit Betrugsbekämpfung betraute Stelle der EU. Es trägt zur Gestaltung und Umsetzung der Betrugsbekämpfungspolitik der Kommission bei und führt verwaltungsrechtliche Untersuchungen im Bereich Betrug zulasten des EU-Haushalts durch. Im Jahr 2020 wird die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) mit der Befugnis, Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU in 22 Mitgliedstaaten zu verfolgen, ihre Arbeit aufnehmen.
IIIAngesichts der Bedeutung von Verhinderung und Aufdeckung von Betrug für das Finanzmanagement der EU hat der Hof beschlossen, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zum Risikomanagement der Kommission in Bezug auf Betrug bei den EU-Ausgaben durchzuführen. Der Hof untersuchte insbesondere
- die Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission, ihre Instrumente zur Betrugsverhinderung und ob sie Zugang zu geeigneten Daten über Umfang, Art und Ursachen von Betrug bei den EU-Ausgaben hat;
- ob die verwaltungsrechtlichen Untersuchungen des OLAF zu Strafverfolgung und Wiedereinziehung geführt haben.
Der Hof untersuchte darüber hinaus die Regelungen zur Errichtung der EUStA und analysierte, ob die neue Behörde das Potenzial hat, die derzeitigen Schwachstellen zu beheben.
Feststellungen des Hofes
VIn den vergangenen zehn Jahren hat die Kommission Schritte eingeleitet, um den Betrug zulasten des EU-Haushalts zu bekämpfen. Insbesondere hat sie im Jahr 2011 die "Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission" (CAFS) angenommen, und jede Generaldirektion (GD) bzw. Gruppe von Generaldirektionen setzt ihre eigene operationelle Betrugsbekämpfungsstrategie um. Außerdem hat die Kommission ein "Früherkennungs- und Ausschlusssystem" (EDES) und ein interinstitutionelles Gremium eingerichtet, das hinzugezogen wird, wenn es darum geht zu entscheiden, ob bestimmte Wirtschaftsteilnehmer wegen Betrug oder Korruption oder aus anderen Gründen von der EU-Finanzierung ausgeschlossen werden sollen. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen "Bericht über den Schutz der finanziellen Interessen" der Union ("PIF-Bericht") vor.
VIDer Hof stellte jedoch fest, dass es der Kommission an umfassenden Informationen zu Umfang, Art und Ursachen von Betrug mangelt. Ihre offiziellen Statistiken zu aufgedecktem Betrug sind nicht vollständig, und bisher hat sie keine Bewertung des nicht aufgedeckten Betrugs vorgenommen. Zwar liegen einige Informationen zu den Betrugsmustern und -systemen in verschiedenen Sektoren vor, aber keine eingehende Analyse dazu, was die Ursachen dafür sind, dass einige Empfänger von EU-Mitteln betrügerische Handlungen begehen. Dieser Mangel an Informationen mindert den praktischen Wert der strategischen Pläne der Kommission wie der Betrugsbekämpfungsstrategie CAFS, die seit 2011 nicht aktualisiert wurde.
VIIDer derzeitige Ansatz, wonach das OLAF verwaltungsrechtliche Untersuchungen einleitet, nachdem es Informationen aus anderen Quellen erhalten hat und wonach auf die Untersuchungen des OLAF bei Betrugsverdacht häufig strafrechtliche Ermittlungen auf nationaler Ebene folgen, nimmt in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen viel Zeit in Anspruch und verringert somit die Chancen auf eine wirksame Strafverfolgung. Im Ergebnis führen die Untersuchungen des OLAF in rund 45 % der Fälle zu einer Strafverfolgung der mutmaßlichen Betrüger. Was die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter EU-Mittel betrifft, so sind die Generaldirektionen in einigen Fällen der Auffassung, dass die Abschlussberichte des OLAF nicht genügend Informationen enthalten, um als Grundlage für die Einleitung einer Wiedereinziehung von zu Unrecht ausgezahlten Mitteln zu dienen. In diesen Fällen ergreifen die GD weitere Schritte (oder geben sie in Auftrag), um zu entscheiden, ob eine Wiedereinziehung des vom OLAF empfohlenen Betrags möglich ist, oder sie stützen sich auf die im Rahmen ihrer eigenen Audits erlangten Nachweise.
VIIIDer Hof hält die Errichtung der EUStA (an der sich 22 Mitgliedstaaten beteiligen werden) für einen Schritt in die richtige Richtung, doch birgt die derzeitige Verordnung mehrere Risiken. Das wahrscheinlich größte Risiko betrifft die Aufdeckungs- und Untersuchungsarbeit, die in erster Linie Aufgabe der mitgliedstaatlichen Ermittler unter der Aufsicht der EUStA sein wird. In der Verordnung ist kein Mechanismus vorgesehen, der es der EUStA (oder einer anderen Einrichtung der EU) gestattet, die Behörden der Mitgliedstaaten dazu anzuhalten, Ressourcen für die im Rahmen der Untersuchung von Betrug bei den EU-Ausgaben erforderlichen proaktiven Arbeiten oder für die Fälle, die von den Delegierten Staatsanwälten bearbeitet werden, zuzuweisen. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass die für die Arbeit der Kammern der EUStA erforderlichen umfassenden internen Konsultationen und Übersetzungen für strafrechtliche Verfahren - bei denen Zeit sehr oft die am stärksten begrenzte Ressource ist - letzten Endes möglicherweise zu viel Zeit in Anspruch nehmen werden.
Empfehlungen des Hofes
IXAuf der Grundlage dieser Ausführungen gelangt der Hof zu der Auffassung, dass in der EU mehr Tatkraft und Führungsstärke erforderlich sind, um effektive Maßnahmen zur Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben zu ergreifen. Die Kommission muss daher nach Auffassung des Hofes ihre Maßnahmen zur Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten unbedingt verstärken.
XDer Hof unterbreitet der Kommission die folgenden Empfehlungen:
Empfehlung 1: Die Kommission sollte ein solides System zur Berichterstattung über Betrug einrichten, über das Informationen zu Umfang, Art und zugrunde liegenden Ursachen von Betrug bereitgestellt werden.
Empfehlung 2: Um die Betrugsbekämpfung vor dem Hintergrund ihrer kollegialen Verantwortung für die Verhinderung und Aufdeckung von Betrug besser zu koordinieren, sollte die Kommission sicherstellen, dass das strategische Betrugsrisikomanagement und die Verhinderung von Betrug ausdrücklich in das Portfolio eines Kommissionsmitglieds aufgenommen werden; außerdem sollte sie eine neue umfassende Betrugsbekämpfungsstrategie annehmen, die auf einer ausführlichen Analyse der Betrugsrisiken fußt.
Empfehlung 3: Die Kommission sollte ihre Maßnahmen zur Verhinderung von Betrug intensivieren. Insbesondere sollte sie
- sicherstellen, dass die Generaldirektionen das Früherkennungs- und Ausschlusssystem im Bereich der direkten und der indirekten Mittelverwaltung verwenden, und die Mitgliedstaaten auffordern, betrügerische Wirtschaftsteilnehmer und die mit ihnen in Verbindung stehenden Privatpersonen zu ermitteln und kenntlich zu machen;
- alle Mitgliedstaaten mit Nachdruck dazu auffordern, die Datenbank ARACHNE aktiv zu nutzen, um die betrügerische und unregelmäßige Verwendung von EU-Mitteln zu verhindern.
Empfehlung 4: Die Kommission sollte Rolle und Zuständigkeiten des OLAF bei der Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben im Lichte der Errichtung der EUStA überdenken. Insbesondere sollte sie dem Europäischen Parlament und dem Rat Maßnahmen vorschlagen, um dem OLAF eine strategische und Aufsicht führende Rolle bei den Betrugsbekämpfungsmaßnahmen der EU einzuräumen.
Einleitung
Definition von Betrug
01Generell bezeichnet Betrug1 jegliche vorsätzliche Handlung oder Unterlassung in der Absicht, andere zu täuschen mit dem Ergebnis, dass dem Opfer ein Schaden entsteht und dem Täter ein Vermögensvorteil erwächst. Versucht beispielsweise ein Finanzhilfeempfänger vorsätzlich, den Geldgeber zu täuschen, um ungerechtfertigt hohe Ausgaben geltend zu machen, so handelt es sich um Betrug.
02Betrug im Bereich öffentlicher Mittel ist mitunter mit Korruption verbunden2. Korruption3, bezeichnet herkömmlicherweise jegliche vorsätzliche Handlung oder Unterlassung, mit der eine Vertrauensstellung in einer öffentlichen Funktion missbraucht oder versucht wird, den Missbrauch einer solchen Vertrauensstellung herbeizuführen, um einen ungerechtfertigten Vorteil zu erlangen. Wenn beispielsweise ein Finanzhilfeempfänger einen Beamten besticht, damit dieser übermäßig hohe Ausgaben akzeptiert, liegen sowohl Betrug als auch Korruption vor.
03Unregelmäßigkeit4 ist weiter gefasst als Betrug. Sie ist definiert als jegliche rechtswidrige Handlung, die zu einem Nachteil für den EU-Haushalt führt oder führen könnte. Wenn dieser Rechtsverstoß vorsätzlich begangen wurde, handelt es sich um Betrug. Der Unterschied zwischen Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten liegt somit in der böswilligen Absicht des Täters.
Schutz der finanziellen Interessen der EU vor Betrug
04Artikel 325 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bildet die Rechtsgrundlage für den Schutz der finanziellen Interessen der EU gegen Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen (Anhang I).
05Die Europäische Kommission muss die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um hinreichende Sicherheit dafür zu bieten, dass Unregelmäßigkeiten (einschließlich Betrugs) bei der Verwendung des EU-Haushalts verhindert, aufgedeckt und berichtigt werden5. Im Bereich der geteilten Mittelverwaltung, z. B. in den Ausgabenbereichen Kohäsion und Landwirtschaft, teilt sie sich diese Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten.
06In der "Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug" ("PIF-Richtlinie")6 sind eine harmonisierte Definition von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU sowie Strafen und Verjährungsfristen für diese Fälle festgelegt. Die Richtlinie wurde am 5. Juli 2017 erlassen. Die Mitgliedstaaten müssen sie bis Juli 2019 in einzelstaatliches Recht umsetzen7.
07Zahlreiche Akteure sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene sind am Risikomanagement in Bezug auf Betrug zulasten des EU-Haushalts beteiligt (Anhang II). Bei den wichtigsten handelt es sich um die folgenden Akteure:
- Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (unter dem Akronym OLAF seiner französischen Bezeichnung Office européen de lutte antifraude bekannt) ist derzeit die wichtigste mit Betrugsbekämpfung betraute Stelle der EU. Es trägt zur Gestaltung und Umsetzung der Betrugsbekämpfungspolitik der Kommission bei. Es handelt sich um die einzige Einrichtung mit unabhängigen Untersuchungsbefugnissen auf EU-Ebene8.
- Die Generaldirektionen und Exekutivagenturen der Kommission haben die Aufgabe, in den verschiedenen Bereichen des EU-Haushalts wirksame Betrugsrisikomanagement-Systeme einzurichten.
- Bei der geteilten Mittelverwaltung obliegt es den Programmbehörden der Mitgliedstaaten, einen geeigneten Rahmen für die Betrugsbekämpfung zu schaffen. Strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgung fallen ebenfalls vollständig in den Aufgabenbereich der nationalen Justizbehörden.
- Im Oktober 2017 beschlossen 20 Mitgliedstaaten9, die Europäische Staatsanwaltschaft ("EUStA") zu errichten. Derzeit beteiligen sich 22 Mitgliedstaaten an der EUStA. Dabei wird es sich um eine Einrichtung der EU mit der Befugnis handeln, gegen die finanziellen Interessen der EU gerichtete Straftaten zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Gemäß Artikel 120 Absatz 2 der EUStA-Verordnung10 nimmt die Einrichtung ihre Tätigkeit nicht früher als drei Jahre nach dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung auf, also nicht vor Ende 2020.
Der Europäische Rechnungshof ist das unabhängige Prüfungsorgan der EU. Er prüft die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Ermittelt der Hof im Rahmen seiner Tätigkeit Fälle mutmaßlichen Betrugs, so leitet er sie zwecks Voranalyse und möglicher Untersuchung an das OLAF weiter11.
09Schließlich muss der Europäische Rechnungshof gemäß Artikel 325 Absatz 4 AEUV zu jeglichen Maßnahmen angehört werden, die der Gesetzgeber zur Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien, die sich gegen die finanziellen Interessen der Union richten, annimmt. In den letzten Jahren veröffentlichte die Kommission mehrere Legislativvorschläge, die mit dem Gegenstand dieser Prüfung in Zusammenhang stehen (Anhang III). Zu einigen dieser Vorschläge hat der Hof eine Stellungnahme vorgelegt12.
Prüfungsumfang und Prüfungsansatz
10Im Rahmen der Prüfung bewertete der Hof, ob das Risikomanagement der Kommission in Bezug auf den Betrug zulasten des EU-Haushalts angemessen ist. Der Hof untersuchte insbesondere,
- ob die Kommission Umfang, Art und Ursachen von Betrug bei den EU-Ausgaben angemessen bewertet;
- ob die Kommission über einen wirksamen strategischen Rahmen für das Betrugsrisikomanagement verfügt;
- ob die Kommission ausreichendes Gewicht auf die Betrugsverhinderung legt;
- ob die verwaltungsrechtlichen Untersuchungen des OLAF zu Strafverfolgung und Wiedereinziehung führen.
Abbildung 1
Prüfungsumfang in Bezug auf das OLAF
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Außerdem untersuchte der Hof, ob davon auszugehen ist, dass die EUStA die Schwachstellen beheben wird, die er in der derzeitigen Struktur zur Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben ermittelt hat.
12Der Schwerpunkt der Prüfung lag ausschließlich auf Betrug bei den Ausgaben der EU. Der Hof untersuchte alle großen EU-Ausgabenbereiche (Landwirtschaft, Kohäsion, Forschung und externe Politikbereiche). Das Hauptaugenmerk galt den Maßnahmen der Kommission zur Betrugsprävention und zum Umgang mit aufgedecktem Betrug. Die Untersuchungen des OLAF im Bereich der EU-Einnahmen wurden nicht untersucht. Was die externen Untersuchungen des OLAF betrifft, standen die finanziellen und justiziellen Empfehlungen im Blickpunkt des Hofes, da es sich dabei um die wichtigsten Outputs des OLAF handelt13. Interne Untersuchungen gegen Beamte oder sonstige Mitarbeiter der EU, Mitglieder von Organen oder Einrichtungen oder Leiter von Ämtern oder Agenturen wurden ebenfalls nicht untersucht.
13Die Bemerkungen des Hofes basieren auf den folgenden Quellen für Prüfungsnachweise:
- Analyse der einschlägigen Dokumentation (Unterlagen der Kommission und des OLAF, Berichte des Hofes, einschlägige Studien und Forschungsarbeiten) und Datenbanken (IMS und ARACHNE);
- Befragungen von Beamten des OLAF und Beamten von sieben Generaldirektionen, die Ausgaben tätigen (GD AGRI, GD EMPL, GD REGIO, GD RTD, GD DEVCO, GD CNECT und GD HOME) sowie von Generaldirektionen und anderen internen Dienststellen, die eine wichtige Rolle bei der Beaufsichtigung des Betrugsrisikomanagements durch die Kommission spielen (OLAF-Überwachungsausschuss, Generalsekretariat, GD BUDG und IAS);
- Befragungen von Einrichtungen, die außerhalb der Kommission angesiedelt sind, wie Europol und Eurojust;
- Prüfbesuche bei den Koordinierungsstellen für die Betrugsbekämpfung (AFCOS), Staatsanwaltschaften und maßgeblichen Ministerien in vier Mitgliedstaaten (Bulgarien, Deutschland (Berlin und Brandenburg), Italien (Rom und Perugia) und Polen);
- eine an die Obersten Rechnungskontrollbehörden (ORKB) der 28 Mitgliedstaaten gerichtete Umfrage, auf die 23 Mitgliedstaaten antworteten; eine im Rahmen der Prüfung des Hofes von Europol an seine 28 nationalen Kontaktstellen gerichtete Umfrage, auf die 13 Kontaktstellen antworteten;
- Beiträge von 15 Experten (Kriminologen, Rechts- und Sozialwissenschaftler, Staatsanwälte), die im gesamten Prüfungsverlauf Input und Ratschläge lieferten und Anmerkungen zu den vorläufigen Feststellungen des Hofes machten.
Bemerkungen
Die Kommission hat nicht in ausreichendem Maße Einblick in Umfang, Art und Ursachen von Betrug
14Die exakte Bestimmung des Ausmaßes von Betrug ist der erste Schritt in einem angemessen gestalteten und umgesetzten Ansatz zur Betrugsbekämpfung. Ohne gute Kerndaten zum Betrug ist es schwieriger, Betrugsbekämpfungsmaßnahmen zu planen und zu überwachen.
15Betrug zulasten von gemeinschaftlich verwalteten Mitteln wie EU-Mitteln ist eine verdeckte Straftat. Dies bedeutet, dass die Straftat ohne Ex-ante- oder Ex-post-Kontrollen, die speziell zu diesem Zweck durchgeführt werden, nicht aufgedeckt werden kann. Da solche Kontrollen nicht umfassend sein können und nicht immer zu Ergebnissen führen, bleiben einige Fälle unentdeckt. Dieses Problem wird dadurch verschärft, dass es beim Betrug zulasten von gemeinschaftlich verwalteten Mitteln keine individuellen Opfer gibt, die die Straftat melden und die zuständigen Behörden davon in Kenntnis setzen würden. In Abbildung 2 sind nicht aufgedeckter Betrug und die verschiedenen Phasen von der Aufdeckung eines Falls mutmaßlichen Betrugs bis zur Feststellung von Betrug durch ein Gericht dargestellt.
Abbildung 2
Einstufung von Betrug
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Da Betrug von Natur aus verdeckt ist, kann das Betrugsphänomen nicht ausschließlich auf der Grundlage offizieller Statistiken über gemeldete und untersuchte Fälle eingeschätzt werden. Soziologische Forschungsmethoden könnten zusätzliche nützliche Einblicke in Umfang und Art des Problems ermöglichen.
17Was die EU-Ausgaben betrifft, werden Informationen zum Umfang des aufgedeckten Betrugs in drei verschiedenen Datenbanken erfasst (Abbildung 3).
Abbildung 3
Informationen zu aufgedecktem Betrug
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Das OLAF - als die wichtigste mit Betrugsbekämpfung betraute Stelle der EU - ist dafür zuständig, im Namen der Kommission Statistiken und Informationen zu Betrug bei den EU-Ausgaben zu sammeln und zusammenzustellen. Die Mitgliedstaaten und die Kandidatenländer sind rechtlich verpflichtet14, dem OLAF als Dienststelle der Kommission alle von ihnen aufgedeckten größeren Fälle von Unregelmäßigkeiten bei den EU-Einnahmen (traditionelle Eigenmittel) und EU-Ausgaben (Kohäsion, Landwirtschaft und Heranführungshilfen) zu melden. Sie müssen außerdem melden, ob diese Unregelmäßigkeiten dazu führen, dass auf nationaler Ebene Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren eingeleitet werden, um festzustellen, ob das Verhalten vorsätzlich erfolgte (Betrugsverdacht) oder ob in einem rechtskräftigen Urteil entschieden wurde, dass es sich um Betrug handelt (festgestellter Betrug). Daher müssen Mitgliedstaaten und Kandidatenländer eine Unregelmäßigkeit zunächst erfassen und dann angeben, ob es sich bei der Unregelmäßigkeit um Betrug (mutmaßlichen Betrug oder festgestellten Betrug) handelte oder nicht. Diese Meldungen zu den Ausgaben erfolgen über ein IT-System, das als "Berichterstattungssystem für Unregelmäßigkeiten" (IMS) bezeichnet wird und dem OLAF untersteht. Die Meldungen zu den Einnahmen erfolgen über das System OWNRES, das von der GD BUDG verwaltet wird.
19Das OLAF verfügt über sein eigenes Fallbearbeitungssystem, das Informationen zu abgeschlossenen und laufenden Untersuchungen zu Betrug, Korruption und schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit EU-Mitteln enthält. Die Behörden der Mitgliedstaaten verfügen unter Umständen ebenfalls über ihre eigenen Datenbanken zur Erfassung von Fällen mutmaßlichen Betrugs zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU oder ihrer nationalen Haushalte.
20In diesem Abschnitt untersucht der Hof die Qualität der von der Kommission verwendeten Informationen zum Ausmaß aufgedeckten und nicht aufgedeckten Betrugs sowie die Art der Analyse, die die Kommission vornimmt, um die häufigsten Betrugsmuster und -systeme, Betrugsfälle und das Profil von Betrügern in der EU zu ermitteln. Darüber hinaus bewertet der Hof, wie die Kommission diese Informationen in ihre Bewertungen des Betrugsrisikos einfließen lässt.
Daten zu aufgedecktem Betrug sind unvollständig
21Die Kommission veröffentlicht den Wert der aufgedeckten Fälle von Betrug zusammen mit der zugrunde liegenden Analyse jährlich im sogenannten "PIF-Bericht"15. Diesem Bericht zufolge belief sich das Schadensvolumen des im Jahr 2017 aufgedeckten Betrugs bei den EU-Ausgaben auf 390,7 Millionen Euro bzw. 0,29 % aller Zahlungen zulasten des EU-Haushalts (Abbildung 4).
Abbildung 4
EU-Ausgaben: aufgedeckter Betrug nach Ausgabenbereich (2017)
EU-Ausgabenbereich | Auf der Grundlage von Daten der Kommission sowie der Berichterstattung durch Mitgliedstaaten und Kandidatenländer (Beträge in Millionen Euro) |
Als % der Zahlungen |
---|---|---|
Kohäsion und Fischerei* | 320* | 0,94 % |
Natürliche Ressourcen | 60 | 0,11 % |
Direkte Ausgaben | 7 | 0,04 % |
Heranführung | 3 | 0,18 % |
Insgesamt | 308 | 0,29 % |
* Für die Ausgabenbereiche Kohäsion und Fischerei, die vollständig auf mehrjährigen Programmen beruhen, schlägt die Kommission vor, Daten für gesamte Programmplanungszeiträume anzugeben, anstatt Änderungen von einem Jahr zum nächsten. Für den gesamten Programmplanungszyklus 2007-2013 beläuft sich der aufgedeckte Betrug auf 0,44 % der Zahlungen.
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage des PIF-Berichts (S. 16, 24 und 27ff) und der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2018) 386 final "Statistical evaluation of irregularities reported for 2017" (S. 47, 66, 102, 103 und 106).
Um diese Zahlenangaben zu den ermittelten Fällen von Betrug zu berechnen, verwendet die Kommission ihre eigenen Daten, sofern sie die Ausgaben direkt verwaltet, und in Fällen, in denen Ausgaben mit geteilter Mittelverwaltung betroffen sind, verwendet sie Daten, die von den Mitgliedstaaten und Kandidatenländern über das IMS an das OLAF übermittelt werden.
23Auf der Grundlage seiner in den folgenden Ziffern dargelegten Prüfungsergebnisse gelangte der Hof zu dem Schluss, dass diese Zahlenangaben kein vollständiges Bild zum Ausmaß des aufgedeckten Betrugs bei den EU-Ausgaben liefern. Dies gilt sowohl für die geteilte Mittelverwaltung als auch für sonstige Arten der Mittelverwaltung.
24Im Bereich der geteilten Mittelverwaltung ist die Kommission der Ansicht, dass bei der fehlenden Berichterstattung das größte Problem Fälle darstellen, in denen Strafverfolgungsbehörden ermitteln, ohne dass die für die Umsetzung des betreffenden Programms zuständigen Behörden davon Kenntnis haben16. Der Hof hat jedoch die folgenden zusätzlichen Gründe ermittelt, aus denen das Ausmaß des Betrugs nicht in vollem Umfang gemeldet wird:
- Die Behörden der Mitgliedstaaten melden nicht alle vom OLAF untersuchten Fälle. Unter den 20 vom Hof überprüften Fällen des OLAF waren nur drei, die die mitgliedstaatlichen Behörden im IMS erfasst hatten.
- Betrugsfälle können auch auf die Tätigkeiten zwischengeschalteter öffentlicher Stellen zurückgehen, die an der Umsetzung eines operationellen Programms beteiligt sind (Projektauswahl oder öffentliche Ausschreibung):
- Die Behörden der Mitgliedstaaten sind gemäß EU-Recht17 nicht verpflichtet, betrügerische und nichtbetrügerische Fälle zu melden, wenn öffentliche Einrichtungen ihre Befugnisse als Behörde ausgeübt und nicht als Wirtschaftsteilnehmer gehandelt haben. Der Hof stieß in Fällen, in denen öffentliche Einrichtungen als Wirtschaftsteilnehmer handeln, auf Probleme, in denen nicht in vollem Umfang über das Ausmaß des Betrugs berichtet wurde.
- Wenn bei der Projektauswahl betrügerische oder nichtbetrügerische Unregelmäßigkeiten auftreten, bevor dem betreffenden Projekt Finanzmittel genehmigt werden, ist es nicht immer möglich, das fragliche von Unregelmäßigkeiten oder Betrug betroffene Projekt hervorzuheben, um die erforderlichen Daten ins IMS einzugeben. Der Hof stieß in zwei Mitgliedstaaten auf solche Fälle.
- Um den Verwaltungsaufwand in Grenzen zu halten, sind die Behörden der Mitgliedstaaten gemäß EU-Recht lediglich verpflichtet, betrügerische oder nichtbetrügerische Unregelmäßigkeiten zu melden, wenn die betroffenen EU-Mittel 10 000 Euro überschreiten18. Im Agrarbereich und beim Europäischen Sozialfonds fallen viele Zahlungen - und somit potenziell betrügerische Zahlungen, die nicht gemeldet werden - unter die Meldeschwelle von 10 000 Euro. Im Rahmen seiner Prüfung ermittelte der Hof einen Mitgliedstaat, bei dem die im IMS gemeldeten Unregelmäßigkeiten für den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums nur einen geringen Anteil (7 %) aller von dem Mitgliedstaat für diese beiden Fonds aufgedeckten Unregelmäßigkeiten ausmachten. Andererseits stufte der Mitgliedstaat einen hohen Anteil (60 %) dieser 7 % gemeldeter Unregelmäßigkeiten als Fälle mutmaßlichen Betrugs ein.
Die Kommission hat mehrere Leitlinien19 dazu vorgelegt, wie über Unregelmäßigkeiten berichtet werden soll und wie sie als mutmaßlicher Betrug gekennzeichnet werden sollen. Dennoch unterscheidet sich die Berichterstattung zwischen den Mitgliedstaaten nach wie vor. Dies liegt vor allem daran, dass die Begriffe "Betrugsverdacht/mutmaßlicher Betrug" und "erste amtliche oder gerichtliche Feststellung" unterschiedlich ausgelegt werden20. Diese Definitionen sind wichtig, um genau zu bestimmen, wann eine Unregelmäßigkeit als betrügerisch gekennzeichnet werden muss (mutmaßlicher Betrug). Die Tabelle in Anhang IV zeigt, dass einige Mitgliedstaaten Unregelmäßigkeiten erst nach einer rechtkräftigen Gerichtsentscheidung als mutmaßlichen Betrug einstufen, andere hingegen bereits viel früher im Verlauf des Verfahrens.
26Um stärkeres Gewicht auf die Aufdeckung und Meldung von Betrugsfällen zu legen, führte das OLAF im Jahr 2015 zwei neue Indikatoren ein: die "Betrugsaufdeckungsquote" (fraud detection rate, FDR), die dem Wert des in einem Mitgliedstaat vermuteten oder festgestellten Betrugs als Prozentsatz der in diesem Staat innerhalb eines bestimmten Zeitraums getätigten Zahlungen insgesamt entspricht, und die "Betrugshäufigkeit" (fraud frequency level, FFL), die der Anzahl der in einem Mitgliedstaat vermuteten oder festgestellten Betrugsfälle als Prozentsatz der Anzahl der in diesem Staat innerhalb eines bestimmten Zeitraums ermittelten Unregelmäßigkeiten insgesamt entspricht. Ähnliche Indikatoren wurden für nichtbetrügerische Unregelmäßigkeiten eingeführt (die "Unregelmäßigkeitsaufdeckungsquote" (irregularity detection rate, IDR) und die "Unregelmäßigkeitshäufigkeit" (irregularity frequency level, IFL)).Abbildung 5 enthält Informationen zur Betrugsaufdeckungsquote und zur Unregelmäßigkeitsaufdeckungsquote der einzelnen Mitgliedstaaten im Kohäsionsbereich für den Zeitraum 2007-2013.
27Diese Indikatoren zeigen deutlich, dass erhebliche Unterschiede bestehen, was den Umfang (Wert und Anzahl) der Fälle von Unregelmäßigkeiten und Betrug betrifft, die von den Mitgliedstaaten aufgedeckt und gemeldet werden. Beispielsweise meldeten 10 Mitgliedstaaten im gesamten Programmplanungszeitraum 2007-2013 weniger als 10 Fälle mutmaßlichen Betrugs; die Betrugsaufdeckungsquoten von 12 Mitgliedstaaten lagen unter 0,1 %. Acht Mitgliedstaaten stuften mehr als 10 % aller gemeldeten Unregelmäßigkeiten als mutmaßlichen Betrug ein, während sich dieser Anteil in 14 anderen Mitgliedstaaten auf weniger als 5 % belief.
28Die Kommission ist der Auffassung, dass die beträchtlichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bezüglich der Meldung von Betrug und Unregelmäßigkeiten möglicherweise auf das zur Betrugsbekämpfung eingerichtete nationale System und nicht allein auf eine nicht harmonisierte Berichterstattung zurückzuführen ist. Eine detailliertere Analyse der diesen Unterschieden zugrunde liegenden Ursachen lieferte die Kommission nicht.
29Ein weiterer Hinweis auf Probleme bei der Berichterstattung oder der Aufdeckung ist die schwache Korrelation zwischen offiziellen Statistiken zu den gemeldeten Betrugsaufdeckungsquoten und den Ergebnissen von Indikatoren zum Korruptionsrisiko (Abbildung 5): Einige Länder, die im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International oder im "Index of Public Integrity" schlecht abschnitten und somit als weniger transparent betrachtet werden, melden sehr wenige oder sogar gar keine Betrugsfälle.
Abbildung 5
Unregelmäßigkeits- und Betrugsaufdeckungsquote nach Mitgliedstaat im Vergleich mit dem Korruptionswahrnehmungsindex, dem "Index of Public Integrity" und Eurobarometer-Ergebnissen
* Im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International werden Länder nach ihrem wahrgenommenen Ausmaß an Korruption eingestuft, das mithilfe von Expertenbewertungen und Meinungsumfragen bestimmt wird. Die Bewertung erfolgt auf einer Skala von 100 (korruptionsfrei) bis 0 (äußerst korrupt).
** Beim "Index of Public Integrity" (IPI, Index zur Integrität der öffentlichen Verwaltungen) handelt es sich um einen Index, der sich aus sechs Komponenten zusammensetzt: Unabhängigkeit der Justiz, Verwaltungslast, Handelsoffenheit, Haushaltstransparenz, E-Citizenship und Pressefreiheit. Mit diesem Index soll ein objektives und umfassendes Bild des Stands der Korruptionskontrolle in 109 Ländern geliefert werden. Die Bewertung erfolgt auf einer Skala von 1 (geringe Korruptionskontrolle) bis 10 (hohe Korruptionskontrolle).
*** Das Eurobarometer 2015 misst die Wahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger der EU. Q1_B. Bekämpfung von Betrug zulasten des EU-Haushalts: Tritt das Problem relativ häufig auf?
Die Kommission führt keine umfassenden Kontrollen bezüglich der Qualität der im IMS gemeldeten Daten durch, noch fordert sie die Behörden der Mitgliedstaaten auf, Prüfungssicherheit hinsichtlich der Zuverlässigkeit der gemeldeten Daten zu liefern. Teilkontrollen zur Einhaltung der Berichtspflichten werden im Rahmen der Systemprüfungen durchgeführt.
31Weder das OLAF noch eine andere Stelle innerhalb der Kommission sammelt Informationen zu Strafsachen, die mit den finanziellen Interessen der EU zusammenhängen und in denen die nationalen Behörden ermitteln. Die Mitgliedstaaten haben eigene Systeme zur Erfassung der Fälle, in denen ermittelt wird, und fast die Hälfte von ihnen unterscheidet nicht zwischen Finanzstraftaten zum Nachteil der nationalen Interessen und Finanzstraftaten zum Nachteil der Interessen der EU. Im Ergebnis verfügen weder die Kommission noch diese Mitgliedstaaten über Daten zum Betrug bei den EU-Ausgaben als eigene Kategorie.
32Im Bereich der direkt von der Kommission verwalteten Ausgaben basiert der Wert der mutmaßlich betrügerischen Ausgaben auf Beträgen, die als betrügerisch gekennzeichnet und im Rechnungsführungssystem der Kommission erfasst sind. Der Hof stellte fest, dass einige Daten nicht im Wert der mutmaßlich betrügerischen Ausgaben enthalten sind. In einigen Fällen fordert die Kommission betrügerisch eingesetzte Mittel zurück, indem sie den entsprechenden Betrag mit zukünftigen Forderungen verrechnet, ohne eine förmliche Einziehungsanordnung auszustellen. Diese Fälle werden nicht immer als betrügerisch gekennzeichnet, obwohl dies in den Leitlinien der Kommission vorgeschrieben ist. Außerdem ist in einigen Fällen mutmaßlichen Betrugs keine Untersuchung durch das OLAF, sondern eine Weiterverfolgung durch die Generaldirektionen im Wege von Audits erforderlich. Diese Fälle sind im gemeldeten Wert der betrügerischen Ausgaben nicht immer enthalten. Die Kommission hat bislang noch keine klaren Leitlinien dazu vorgelegt, wie diese Daten zusammengestellt werden sollen.
Der Kommission hat nicht genügend Erkenntnisse über das Ausmaß des nicht aufgedeckten Betrugs
33Die Kommission nimmt keine Schätzung des nicht aufgedeckten Betrugs vor. Sie hat auch noch niemals eine Opfererhebung und keine Erhebung unter möglichen Beobachtern von Betrug bei den EU-Ausgaben durchgeführt. Wie die Kommission dem Hof mitteilte, hält sie Opfererhebungen, Erhebungen unter möglichen Beobachtern oder Wahrnehmungsumfragen nicht für geeignete Instrumente, um einen besseren Einblick in das gesamte Ausmaß des Betrugs bei den EU-Subventionen zu erlangen, da eine Umfrage unter Opfern des Betrugs zulasten des EU-Haushalts erhebliche Kosten verursachen würde und nicht klar ist, an wen diese soziologischen Fragen gerichtet werden sollten.
34Wahrnehmungsbasierte und erfahrungsbasierte Studien sind jedoch bereits zur Messung von Korruption, bei der es sich ebenfalls um eine verdeckte Straftat handelt, eingesetzt worden. Der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International sowie der Indikator zur Korruptionskontrolle der Weltbank gehören zu den weithin akzeptierten Indikatoren von Korruption. Diese Indizes verwenden die Ergebnisse wahrnehmungsbasierter Studien. Diese Umfragen werden nicht durchgeführt, um offizielle Statistiken zu ersetzen, sondern eher, um sie zu ergänzen.
35Zusätzlich zu den wahrnehmungsbasierten Umfragen gibt es einige Studien jüngeren Datums, in denen unter Heranziehung objektiver Verwaltungsdaten Schätzungen zur Höhe des Korruptionsrisikos oder zur Korruptionskontrolle vorgenommen werden21.
36Im Kohäsionsbereich hat die GD REGIO eine Studie in die Wege geleitet, um unter Verwendung von Daten zum öffentlichen Beschaffungswesen die Regierungsqualität auf regionaler Ebene zu bewerten. Einer der gemessenen Leistungsindikatoren war die Kontrolle der Korruptionsrisiken (Kasten 1) In diesem Zusammenhang ist die Kenntnis regionaler oder sektoraler Divergenzen entscheidend dafür, ein Verständnis der Korruptionsrisiken zu erlangen und ein wirksames Risikomanagement zu leisten.
Kasten 1
Studie zur Regierungsqualität auf regionaler Ebene unter Verwendung von Daten zum öffentlichen Beschaffungswesen
Im Jahr 2017 leitete die GD REGIO eine nach Region gegliederte Studie zur Leistung des öffentlichen Beschaffungswesens in den EU-Mitgliedstaaten ein, wobei sie einen innovativen Korruptionsrisikoindikator zugrunde legte, der im Rahmen des Forschungsprojekts DIGIWHIST an der Universität Cambridge entwickelt wurde. Bei dieser Methode werden "Big Data" (Massendaten) aus Großdatenbanken zum öffentlichen Beschaffungswesen (Tender Electronic Daily), Daten aus Unternehmensregistern sowie Finanzdaten und Daten über Eigentumsverhältnisse verwendet22.
Diese Methode zur Messung von Korruption legt nahe, dass die Unterschiede zwischen Regionen oder Sektoren größer sind als die Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern, da ein Vergleich zwischen Ländern dazu führt, dass ein breites Spektrum an Unterschieden innerhalb dieser Länder selbst nicht mehr erkennbar ist.
Diese Beispiele machen deutlich, dass es de facto möglich ist, Einblicke in das Ausmaß des nicht aufgedeckten Betrugs oder der Korruption zu erhalten.
Die von der Kommission vorgenommene Analyse der Betrugsmuster und Betrugsrisiken ist nicht ausreichend
38Die Kenntnis von Betrugsmustern trägt dazu bei, genaue und aktuelle Bewertungen des Betrugsrisikos vorzunehmen und die relevanten Kontrollen zu bestimmen und durchzuführen, um Betrug zu verhindern und aufzudecken.
39Die Kommission analysiert die verschiedenen Arten von Betrug, um
- ihrer Verpflichtung nachzukommen, dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich (im PIF-Bericht) zu berichten, welche Maßnahmen sie selbst und die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von Betrug ergriffen haben und zu welchen Ergebnissen diese Maßnahmen geführt haben, und um ihren Verpflichtungen gemäß sektorspezifischen Rechtsvorschriften nachzukommen;
- ihren eigenen Rahmen für die interne Kontrolle einzuhalten, in dem eine Bewertung des Betrugsrisikos vorgeschrieben ist.
Der PIF-Bericht zum Jahr 2016 enthält einen Abschnitt zu den Arten von Unregelmäßigkeiten, die für die beiden Fonds im Agrarbereich sowie für die Strukturfonds für den Prioritätsbereich "Forschung und technologische Entwicklung" im Zeitraum 2007-2013 als Betrug gemeldet wurden. Die im Bericht enthaltene Analyse von Vorgehensweisen umfasst verschiedene Arten von Unregelmäßigkeiten, die als Betrug gemeldet werden23.
41Zusätzlich zum PIF-Bericht hat das OLAF mehrere Analysen vorgenommen, die als Fallkompendien bezeichnet werden. Diese Analysen erstrecken sich auf die wichtigsten Betrugsmuster, Schwachstellen und "Red Flags" (Warnsignale). Diese Fallkompendien enthalten eine Liste anonymisierter Fälle auf der Grundlage der Untersuchungsarbeit des OLAF sowie Daten aus den Mitgliedstaaten.
42Dies sind gute Beispiele dafür, wie die im Rahmen seiner Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse des OLAF und anderes Wissen eingesetzt werden können, um zeitnahe Informationen zu den wichtigsten Risiken zu liefern, denen der EU-Haushalt wegen Betrug ausgesetzt ist. Bei diesen Kompendien handelt es sich jedoch um einmalige Dokumente, die nicht kontinuierlich aktualisiert werden. Das OLAF hat vier solcher Fallkompendien zum Thema Betrug erstellt24. Sie wurden in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 veröffentlicht, bisher aber nicht aktualisiert. Das jüngste Fallkompendium für die Strukturfonds beispielsweise wurde 2011 veröffentlicht und betrifft die Programmplanungszeiträume 1994-1999 und 2000-2006.
43Derzeit werden Betrugsrisiken auf der Ebene der Generaldirektionen bewertet. Für die Kommission als Ganzes wird keine Bewertung des Betrugsrisikos auf zentraler Ebene durchgeführt, und es gibt kein zentrales kommissionsweites Register zu Betrugsrisiken. Diese Informationen sollten in die Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission (CAFS) einfließen. Die CAFS, die im Jahr 2011 angenommen wurde, enthält keine Informationen dazu, ob es eine zugrunde liegende Betrugsrisikoanalyse gibt oder welche Ergebnisse diese Analyse hat.
44Der Hof untersuchte die von sieben Generaldirektionen der Kommission vorgenommenen Bewertungen des Betrugsrisikos. Diese Bewertungen beruhten lediglich auf einer Analyse von Fällen festgestellten Betrugs, wobei Informationen aus verschiedenen internen Quellen kombiniert wurden (z. B. IMS, OLAF, Prüfungsergebnisse der Generaldirektionen und Feststellungen des Hofes). Sie verwenden keine sonstigen Informationen aus externen Quellen - wie nationale Kriminalstatistiken oder offizielle Berichte von Regierungen, Analysen und Berichte von NROs, Indikatoren für das Korruptionsrisiko oder Umfragen -, um ihre Betrugsrisikoanalysen zu ergänzen. Die von fünf der sieben Generaldirektionen, die Ausgaben tätigen, gezogene Schlussfolgerung, das Betrugsrisiko sei niedrig, beruht demzufolge nicht auf einer umfassenden Analyse, in der alle erforderlichen Elemente berücksichtigt sind25.
45Die Informationen im globalen Betrugsregister, das vom Chartered Institute of Public Finance and Accountancy in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Moore Stephens erstellt wurde, legen nahe, dass das Betrugsrisiko bei den Ausgaben für Finanzhilfen hoch sein könnte (diese Ausgaben machen einen großen Teil der EU-Ausgaben aus). Das Register beruht auf einer weltweiten Umfrage unter mehr als 150 Fachleuten für die Gebiete Rechnungswesen und Betrugsrisiko aus 37 Ländern, mit der in Erfahrung gebracht werden sollte, welche Risikobereiche weltweit die größte Gefährdung darstellen. Die Befragten bewerteten 18 verschiedene Arten von Betrugs- und Bestechungsrisiken anhand einer Skala von 1 (niedrigstes Risiko) bis 5 (höchstes Risiko). Nahezu die Hälfte (48 %) aller Befragten gab an, dass Betrug im Zusammenhang mit Finanzhilfen ein hohes oder sehr hohes Risiko darstellte; damit steht diese Art von Betrug auf dem ersten Platz des Registers26.
46Einige der vom Hof befragten Experten waren der Ansicht, es sei wichtig, mehrere verschiedene auf die Art der Ausgaben zugeschnittene Methoden zu verwenden, um einen besseren Einblick in Risiko, Ausmaß und Art des Betrugs bei den EU-Ausgaben zu erhalten. Für die Gemeinsame Agrarpolitik beispielsweise, in deren Rahmen die Bereitstellung von Finanzmitteln hauptsächlich auf Ansprüchen basiert und weniger Ermessensspielraum hinsichtlich der Zuweisung von EU-Mitteln besteht, könnte eine Möglichkeit der Messung des Ausmaßes betrügerischer Ausgaben darin bestehen, die durch Betrug verursachten Verluste zu messen. Bei Investitionsprojekten könnte es möglich sein, das Betrugs- und Korruptionsrisiko dadurch zu bestimmen, dass administrative Datensätze ("Big Data") wie Datenbanken zu öffentlichen Ausschreibungen und Aufträgen sowie Finanzhilfeanträge und -beschlüsse analysiert werden. Außerdem könnte eine Beaufsichtigung der Begünstigten von EU-Zahlungen oder der mit der Verwaltung von EU-Mitteln betrauten Einrichtungen zusätzliche Informationen liefern.
Die Kommission hat die Ursachen von Betrug nicht analysiert
47Weder das OLAF noch die Generaldirektionen der Kommission nahmen eine eingehende Analyse der Hauptursachen von Betrug oder der Merkmale der Personen, die betrügen, vor. Die Kommission ist nicht der Auffassung, dass eine Ermittlung der Beweggründe von Betrügern einen erheblichen Mehrwert für ihre Betrugsbekämpfung darstellen würde.
48Die häufigste Art mutmaßlichen Betrugs, die der Hof im Zuge seiner Prüfungen ermittelt, sind Begünstigte, die künstlich die Bedingungen schaffen, um Zugang zu EU-Mitteln zu erhalten. Diese Vorgehensweise zeigt, dass Betrüger nicht immer der organisierten Kriminalität zuzuordnen sind, sondern dass es sich um Einzelpersonen (Empfänger von EU-Finanzmitteln) handelt, die vorsätzlich gegen die Vorschriften verstoßen, um EU-Finanzmittel zu erhalten, auf die sie meinen, einen berechtigten Anspruch zu haben. Einige der Experten betonten, möglicherweise bestehe ein kausaler Zusammenhang zwischen der Komplexität der Vorschriften und Betrug.Kasten 2 enthält ein Beispiel aus dem Jahresbericht des Hofes zum Haushaltsjahr 201427.
Kasten 2
Künstliche Schaffung von Bedingungen, um Beihilfen zur Entwicklung des ländlichen Raums zu erhalten
Eine Reihe von Gruppen von Personen (die zu derselben Familie oder Wirtschaftsgruppe gehörten) richteten mehrere Unternehmen ein, um Beihilfen zu erhalten, die die gemäß den Bedingungen für die Investitionsmaßnahme zulässige Obergrenze überschritten. Die Begünstigten erklärten, diese Unternehmen würden unabhängig voneinander betrieben, doch war dies de facto nicht der Fall, da sie auf einen gemeinsamen Betrieb ausgelegt waren. Tatsächlich waren sie Teil derselben Wirtschaftsgruppe mit demselben Standort und Personal und denselben Kunden, Lieferanten und Finanzierungsquellen.
Eine Studie zu den Korruptionsrisiken in den EU-Mitgliedstaaten deutet darauf hin, dass Ermessensspielräume bei der Mittelverwendung ohne angemessene Kontrollen das Risiko von Korruption bei den Ausgaben erhöhen28. Einige der Experten hoben ähnliche Arten von Risiken hervor. Es wäre daher sinnvoll, dass das OLAF oder die Generaldirektionen der Kommission analysieren, wie sich das Ermessen bei den von der EU kofinanzierten Programmen auf das Betrugsrisiko innerhalb eines gegebenen Ausgabenbereichs auswirkt. Dies trifft insbesondere auf den Bereich der geteilten Mittelverwaltung zu (z. B. die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds), bei denen die Mitgliedstaaten, die diese Mittel verteilen, beim Festlegen der Förderkriterien und -bedingungen über einen Ermessensspielraum verfügen.
Der strategische Ansatz der Kommission in Bezug auf das Betrugsrisikomanagement weist Schwachstellen auf
50Betrug ist ein übergreifendes Problem. Eine erfolgreiche Betrugsminderung erfordert daher von zahlreichen Parteien Bemühungen und ein breites Spektrum von Maßnahmen. Gleichzeitig aber ist die Betrugsbekämpfung normalerweise nicht die Kernaufgabe einer bestimmten operativen Einheit innerhalb einer Organisation. Daher ist es ein empfehlenswertes Verfahren, eine Organisationseinheit oder einen Topmanager zu bestimmen, der die Betrugsbekämpfungsmaßnahmen der Organisation leitet und beaufsichtigt29. Die klare Definition von Rollen und Zuständigkeiten der beteiligten operativen Einheiten ist ebenfalls entscheidend, da sie die einzige Möglichkeit darstellt, die Dopplung von Rollen zu vermeiden und zu beurteilen, was die einzelnen Akteure tatsächlich bewirken.
51Der Hof untersuchte, ob die Kommission eine klare Führungsrolle übernimmt, ob die Rollen und Zuständigkeiten klar sind und ob sie das Betrugsrisikomanagement angemessen beaufsichtigt. Darüber hinaus bewertete er, ob die Kommission über eine gut konzipierte Betrugsbekämpfungsstrategie verfügt, die geeignet ist, als Orientierungshilfe für ihre laufenden Betrugsbekämpfungsmaßnahmen zu dienen, und ob sie die Outputs dieser Maßnahmen auf sachgerechte Weise misst.
Im Governance-Modell der Kommission sind die Zuständigkeiten aufgeteilt; die kommissionsweite Beaufsichtigung des Betrugsrisikomanagements ist jedoch nicht ausreichend
52Der Hof analysierte die typischen (häufigsten) Rollen und Zuständigkeiten der verschiedenen Einrichtungen hinsichtlich der wichtigsten Ergebnisse in den einzelnen Phasen der Betrugsbekämpfung: Planung, Umsetzung und Berichterstattung (Anhang V).
53Im Governance-Modell der Kommission sind die Rollen und Zuständigkeiten der an den Betrugsbekämpfungsmaßnahmen beteiligten Kommissionsdienststellen aufgeteilt. Die kommissionsweite Beaufsichtigung ist jedoch nicht ausreichend. Die meisten Einrichtungen haben eine beratende Funktion. Die wichtigsten für Betrugsbekämpfungsmaßnahmen zuständigen Akteure sind das Kollegium der Kommissionsmitglieder, die Generaldirektionen und die Behörden der Mitgliedstaaten.
54Der Kommissionspräsident legt die Zuständigkeiten der einzelnen Kommissionsmitglieder in individuellen Mandatsschreiben dar. Er verlangt von allen Kommissionsmitgliedern, bei den in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Programmen für eine wirtschaftliche Haushaltsführung zu sorgen, wozu auch der Schutz des EU-Haushalts vor Betrug zählt. Laut dem Mandatsschreiben des für das OLAF zuständigen Kommissionsmitglieds für Haushalt und Personal muss es die Untersuchungen zu Betrug zum Nachteil des EU-Haushalts, Korruption sowie schwerwiegendem Fehlverhalten innerhalb der Organe und Einrichtungen der EU stärken und besonders im Auge behalten, indem es die Tätigkeit des OLAF unterstützt, wobei die Unabhängigkeit des OLAF bei seiner Untersuchungsarbeit gewahrt bleiben muss. Das strategische Betrugsrisikomanagement und die Verhinderung von Betrug werden im Portfolio dieses Kommissionsmitglieds oder anderer Kommissionsmitglieder nicht speziell erwähnt.
55Das OLAF ist die wichtigste mit Betrugsbekämpfung betraute Stelle der EU und ist gemäß der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 ("OLAF-Verordnung") verpflichtet, zur Entwicklung der Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission beizutragen. Weder das OLAF noch eine andere Dienststelle der Kommission spielt eine wichtige Rolle bei der Beaufsichtigung der Planung und Umsetzung der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen der Kommission oder bei der Berichterstattung über die Outputs. Im Governance-Modell der Kommission ist eine Zuständigkeit des OLAF für Entscheidungen, die die bevollmächtigten Anweisungsbefugten oder die Mitgliedstaaten betreffen, nicht vorgesehen. Das OLAF gibt den für die verschiedenen Betrugsbekämpfungsmaßnahmen zuständigen Personen Orientierungshilfen und Empfehlungen an die Hand (Anhang V).
56Die Kommission teilt sich die Zuständigkeit für den Schutz der finanziellen Interessen der EU vor Betrug in den Ausgabenbereichen Kohäsion und Landwirtschaft mit den Mitgliedstaaten. Derzeit fehlen der Kommission Verfahren, um regelmäßig zu ermitteln, wie gut die Mitgliedstaaten Fälle mutmaßlichen Betrugs weiterverfolgen. Sie verfügt außerdem über keinen wirksamen Mechanismus, die Mitgliedstaaten aufzufordern, Maßnahmen zur Bekämpfung von Betrug zu ergreifen, oder um solche Maßnahmen zu überwachen oder zu beeinflussen.
57Mehrere andere internationale Organisationen haben die Notwendigkeit solcher Überwachungsmechanismen erkannt. Die OECD-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Bestechung beispielsweise, deren Mitglieder aus Strafverfolgungs- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten stammen, leitet und beaufsichtigt Umsetzung und Durchsetzung des Übereinkommens der OECD über die Bekämpfung der Bestechung30. Diese Arbeitsgruppe hat mehrere Vorgehensweisen und Verfahren entwickelt, mit denen sie und die OECD-Mitgliedstaaten sich gegenseitig beeinflussen können, um ihre jeweiligen Kapazitäten zur Umsetzung des Übereinkommens zu stärken (Kasten 3).
Kasten 3
Überwachungsmechanismen der OECD-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Bestechung
Das wichtigste Instrument der Arbeitsgruppe ist eine Peer Review, bei der externe Experten die Rechtsvorschriften der einzelnen OECD-Mitgliedstaaten und ihre Bemühungen zur Umsetzung bewerten. Diese Berichte zur Überwachung der Länder enthalten auch Empfehlungen, die später mit Sorgfalt weiterverfolgt werden. Darüber hinaus überwacht die Arbeitsgruppe fortlaufend die von Mitgliedstaaten eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungen, erarbeitet Studien und "weiche" rechtliche Maßnahmen, mit denen die Integrität im öffentlichen Sektor und die Kapazitäten der Mitgliedstaaten, grenzübergreifende Korruption aufzudecken und zu untersuchen, gestärkt werden sollen. Dieses System des gegenseitigen Lernens und der gegenseitigen Beaufsichtigung hat die OECD-Mitgliedstaaten motiviert und ihnen dabei geholfen, ihre Leistung bei der Umsetzung des Übereinkommens zu verbessern.
Hinsichtlich der Betrugsbekämpfungsstrategien und der Berichterstattung über ihre Wirksamkeit sind Mängel zu verzeichnen
58Der strategische Rahmen für die Betrugsbekämpfungsmaßnahmen der Kommission umfasst sowohl die Strategie der Kommission als Ganzes (die CAFS), die 2011 angenommen wurde, als auch Betrugsbekämpfungsstrategien auf der Ebene der Generaldirektionen und/oder einzelner Sektoren (die AFS), die von einzelnen Generaldirektionen oder Gruppen von Generaldirektionen entwickelt wurden, die sich mit ähnlichen Betrugsrisiken konfrontiert sehen, z. B. im Bereich der Kohäsionspolitik oder der Forschungsprogramme. Die Begründung der Kommission für die individuellen und sektorspezifischen AFS lautet, dass eine einzige Pauschallösung für alle nicht die effizienteste Art und Weise des Betrugsrisikomanagements wäre, und dass die Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure sich je nach Art der Mittelverwaltung und Politikbereich unterscheiden.
59Obwohl vorgesehen war, die CAFS bis Ende 2014 abzuschließen, sind einige Maßnahmen noch im Gange. Da die Kommission die CAFS seit ihrer Annahme im Jahr 2011 nicht aktualisiert hat, stellt der Hof infrage, ob sie sich eignet, bei den Tätigkeiten der Kommission zur Betrugsbekämpfung als praktische Orientierungshilfe zu dienen. Die Kommission informierte den Hof, dass derzeit eine aktualisierte Fassung der CAFS erarbeitet wird, die demnächst angenommen werden soll.
60Der Hof untersuchte die AFS von sieben Generaldirektionen, die Ausgaben tätigen, für alle großen Ausgabenbereiche: GD AGRI, GD CNECT, GD DEVCO, GD EMPL, GD HOME, GD REGIO und GD RTD. Diese AFS enthielten eine Reihe von Outputindikatoren oder einzelne Outputs zur Förderung der gesetzten Ziele. Diese Ziele sind jedoch nur allgemein und in den meisten Fällen nicht messbar. 18 der 29 vom Hof analysierten Ziele betreffen die "Verstärkung", "Steigerung", "Förderung", "Vertiefung" und "Verbesserung" einiger Betrugsbekämpfungsmaßnahmen, wobei Ausgangspunkt (Ausgangswert) und Zielwert nicht angegeben sind.
61Die drei wichtigsten Berichte, die Informationen zu den Betrugsbekämpfungsmaßnahmen der Kommission enthalten, sind der PIF-Bericht, die Management- und Leistungsbilanz (AMPR) sowie die Jährlichen Tätigkeitsberichte der Generaldirektionen. Das Kollegium der Kommissionsmitglieder ist für die ersten beiden Dokumente zuständig, die einzelnen Generaldirektionen für die Tätigkeitsberichte (Abbildung 6).
Abbildung 6
Berichte der Kommission, die Informationen zu Betrugsbekämpfungsmaßnahmen enthalten
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Im jährlichen PIF-Bericht werden die Outputs der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen der Kommission und der Mitgliedstaaten dargestellt (z. B. geänderte Verordnungen, Strategien, Richtlinien oder Schulungen zur Sensibilisierung für die Betrugsproblematik), doch wird ihre Wirksamkeit hinsichtlich der tatsächlichen Verhinderung, Aufdeckung, Wiedereinziehung oder Abschreckung lediglich in begrenztem Ausmaß bewertet. Der PIF-Bericht dient der Einhaltung der in Artikel 325 Absatz 5 AEUV enthaltenen Verpflichtung, dass die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen Bericht über die Maßnahmen vorlegen muss, die zur Durchführung dieses Artikels getroffen wurden.
63Außerdem enthält die AMPR - eines der wichtigsten Rechenschaftslegungsinstrumente der Kommission - keine Informationen zu den tatsächlichen Ergebnissen der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen des Organs.
64Die Generaldirektionen müssen in ihren Jährlichen Tätigkeitsberichten die Ergebnisse ihrer Betrugsbekämpfungsmaßnahmen auf der Grundlage der in den jährlichen Managementplänen festgelegten Indikatoren darlegen. Die vom Hof untersuchten Generaldirektionen machten keine Angaben zur Wirksamkeit der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen, die auf ihre AFS zurückgingen. Lediglich die GD EMPL und die GD REGIO stellten in ihren Jährlichen Tätigkeitsberichten 2016 Informationen zu den Outputs, die auf ihre Nutzung des Risikobewertungsinstruments ARACHNE31 zurückgingen, und zur von ihnen geleisteten Überwachung der Umsetzung risikobasierter Betrugsbekämpfungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten zur Verfügung.
Der Betrugsverhinderung wurde nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt
65Betrug zu verhindern, bevor er stattfindet, ist ein Kernelement eines wirksamen Rahmens für die Betrugsbekämpfung. Der Hof untersuchte die wichtigsten Maßnahmen der Kommission zur Betrugsverhinderung und insbesondere, wie die Kommission das Betrugsrisiko bewertet, bevor sie Ausgabenvorschriften annimmt und geeignete Betrugskontrollen konzipiert und umsetzt. Außerdem analysierte der Hof, wie die Kommission Daten im Rahmen der Betrugsbekämpfung nutzt.
Vor Kurzem hat die Kommission Betrugskontrollen in die übergeordneten Ausgabenvorschriften aufgenommen
66Die Betrugssicherheitsmaßnahmen der Kommission gehen auf das Jahr 2000 zurück, als die Kommission beschloss, ihre Prüfung der Betrugssicherheit von Rechtsvorschriften wirksamer zu gestalten32. Innerhalb des OLAF wurde ein spezifisches Fachteam "Betrugssicherheit" eingerichtet, das insbesondere sicherstellen sollte, dass die Ausgabenregelungen spezifische rechtliche Bestimmungen zur Verhinderung von Betrug enthielten und dass darin angemessene Betrugskontrollen vorgesehen waren.
67Im Jahr 2007 teilte die Kommission mit, dass sie die Ziele ihres Betrugssicherheitsverfahrens erreicht hatte33 und Standardbetrugsbekämpfungsbestimmungen in die Ausgabenvorschriften aufgenommen worden waren. Im Jahr 2011 machte die Kommission die Betrugssicherheit zur ersten vorrangigen Maßnahme der CAFS. Bis 2011 waren die wichtigsten Ausgabenvorschriften für den Zeitraum 2007-2013 jedoch bereits angenommen worden. Erst seit Beginn des Zeitraums 2014-2020 enthalten die Ausgabenvorschriften in den Bereichen Kohäsion, Landwirtschaft und Forschung die Bestimmung, dass wirksame und angemessene Betrugskontrollen eingeführt sein müssen, bevor Ausgaben getätigt werden (Abbildung 7). Zuvor waren im Bereich Forschung in Legislativakten nachgeordneten Rechtsnormen, z. B. in Musterverträgen und -vereinbarungen, gewisse Kontrollen zur Betrugsbekämpfung vorgesehen.
68Im Kohäsionsbereich hat die GD REGIO beschlossen, die Dienste eines externen Privatunternehmens in Anspruch zu nehmen, um zu bewerten, wie die Mitgliedstaaten der Anforderung nachkommen, für den Programmplanungszeitraum 2014-2020 wirksame und angemessene Betrugsbekämpfungsmaßnahmen einzuführen. Im Dezember 2016 beauftragte die Kommission ein Beratungsunternehmen mit der Untersuchung der Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten zur Prävention und Aufdeckung von Betrug und Korruption bei den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds ergriffen wurden. Diese Ergebnisse hätten bis Ende 2017 vorliegen sollen, doch kam es zu Verzögerungen. Für den Bereich Landwirtschaft ist keine solche Bewertung geplant.
Abbildung 7
Zeitleiste zu den Betrugssicherheitsmaßnahmen der Kommission
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Daher hat die Kommission im Jahr 2014 umfassende Betrugsbekämpfungsbestimmungen in alle übergeordneten Ausgabenvorschriften aufgenommen. Im Programmplanungszeitraum 2007-2013 war dies nicht immer der Fall.
70Auf der Grundlage seiner Untersuchungen unterbreitet das OLAF den Generaldirektionen außerdem administrative Empfehlungen, in denen auf Mängel bei den Kontrollen der Generaldirektionen zur Betrugsprävention und -aufdeckung hingewiesen wird. Zwischen 2014 und 2016 unterbreitete das OLAF verschiedenen Dienststellen der Kommission 113 dieser Empfehlungen. Die Auswirkungen dieser Empfehlungen können nicht bewertet werden, da weder das OLAF noch die Generaldirektionen die Umsetzung dieser Empfehlungen weiterverfolgen.
Eine Bewertung des Betrugsrisikos vor Annahme der Ausgabenvorschriften wird ab 2021 verpflichtend sein
71Die Kommission nimmt Folgenabschätzungen vor, um Nachweise zusammenzutragen, anhand deren bewertet wird, ob eine künftige legislative oder nicht legislative Maßnahme der EU gerechtfertigt ist und wie eine derartige Maßnahme am besten konzipiert werden kann, um die gewünschten politischen Ziele zu erreichen. Ausgehend vom COSO-Rahmen 34, würde der Hof erwarten, dass die Kommission im Rahmen dieser Folgenabschätzungen das Betrugsrisiko bewertet.
72Die Leitlinien für die Durchführung von Folgenabschätzungen für Ausgabenvorschriften (die Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung) wurden im Jahr 2015 aktualisiert. Die Aktualisierung umfasste jedoch keine Bestimmung, wonach im Rahmen von Folgenabschätzungen das Betrugsrisiko bewertet werden muss35. Ein spezifisches Instrument zur Verhinderung von Betrug wurde diesen Leitlinien erst im Juli 2017 hinzugefügt (Abbildung 7).
73Infolgedessen wird diese neue Bestimmung erst für die nächste Generation von Finanzierungsprogrammen (ab 2021) gelten. Abgesehen von dieser Bestimmung gibt es keine ausdrücklichen Anforderungen, wonach das Betrugsrisiko bewertet werden muss, bevor Durchführungsbestimmungen für mehrjährige Finanzierungsprogramme (wie Partnerschaftsvereinbarungen und operationelle Programme im Kohäsionsbereich oder Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums im Agrarbereich) erlassen werden.
74Darüber hinaus analysierte der Hof die Informationen, die er vom OLAF über dessen Rolle im Rahmen der dienststellenübergreifenden Konsultationen verschiedener Kommissionsdienststellen erhalten hatte, bevor diese vorgeschlagene Vorschriften erließen. Das OLAF muss eine Stellungnahme dazu vorlegen, ob das Betrugsrisiko in vorgeschlagenen Rechtstexten angemessen berücksichtigt ist. Im Zeitraum 2014-2016 richteten verschiedene Dienststellen der Kommission 2 160 Ersuchen im Rahmen von dienststellenübergreifenden Konsultationen an das OLAF. In 1 716 Fällen (79 %) gab das OLAF eine positive Stellungnahme ab; in 304 Fällen (14 %) eine positive Stellungnahme mit Anmerkungen. In diesen Fällen war das OLAF mit den vorgeschlagenen Vorschriften oder Verbesserungen zufrieden. In zwei Fällen (0,1 %) gab das OLAF eine negative Stellungnahme ab, und in den übrigen Fällen (6,9 %) erfolgte die Stellungnahme mit Verspätung oder blieb aus. Kasten 4 enthält ein Beispiel für einen Fall, in dem die Stellungnahme des OLAF zu einer Änderung der Vorschriften führte.
Kasten 4
Beispiel für einen Fall, in dem die Stellungnahme des OLAF zu einer Änderung der Vorschriften führte
Als die Partnerschaftsvereinbarungen (PV) für den Programmplanungszeitraum 2014-2020 erstellt wurden, enthielten sie keinen Verweis auf die Anforderung, dass die mitgliedstaatlichen Behörden geeignete Betrugskontrollen einführen müssen. Infolge der Stellungnahme des OLAF wurde den einzelnen Vereinbarungen ein Artikel hinzugefügt, wonach die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 125 Absatz 4 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 (der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen) risikobasierte, wirksame und angemessene Vorbeugungsmaßnahmen gegen Betrug treffen müssen.
Abgesehen von den genannten Outputs fand der Hof keine von der Kommission vorgenommene spezifische Evaluierung, die Aufschluss darüber gibt, welche EU-Rechtstexte einer Betrugssicherheitsprüfung unterzogen worden waren oder angemessene Bestimmungen zur Betrugsrisikoanalyse oder zur Betrugsbekämpfung enthalten. Außerdem wurde der neue Ansatz der Kommission zur Betrugssicherheit nicht analysiert, wie es in der Mitteilung der Kommission aus dem Jahr 2007 vorgesehen war.
Daten zur Betrugsprävention müssen besser genutzt werden
76Daten zu Wirtschaftsteilnehmern, bei denen das Risiko besteht, dass sie betrügen, können genutzt werden, um zu verhindern, dass EU-Mittel potenziellen zukünftigen Betrügern zugewiesen werden.
- Im Bereich der direkten und indirekten Mittelverwaltung betrachtet die Kommission das Früherkennungs- und Ausschlusssystem (EDES) - ein Ausschlusssystem mit schwarzen Listen - als ihr wichtigstes Instrument, um zu vermeiden, dass EU-Mittel insolventen, unzuverlässigen, vorschriftswidrig handelnden oder betrügerischen Wirtschaftsteilnehmern zugewiesen werden.
- ARACHNE ist ein von der Europäischen Kommission entwickeltes integriertes IT-Tool zum Data Mining und zur Datenanreicherung. Im Kohäsionsbereich betrachten die GD REGIO und die GD EMPL das Risikobewertungsinstrument ARACHNE als zentrales Instrument zur Betrugsprävention. Diesen Generaldirektionen zufolge könnte ARACHNE den mitgliedstaatlichen Behörden dabei helfen, im Rahmen von Ex-ante- und Ex-post-Kontrollen die risikoreichsten Projekte und Begünstigten zu ermitteln.
Der Hof analysierte die in diesen beiden Instrumenten enthaltenen Daten.
Wegen rechtlicher Beschränkungen konnte die Kommission Wirtschaftsteilnehmer im Falle von Betrug oder Korruption aus der Zeit vor 2016 nicht ausschließen
78Das Ausschließen von Wirtschaftsteilnehmern hat in der Europäischen Union erheblich an Bedeutung gewonnen. Das liegt daran, dass gemäß den EU-Vergaberichtlinien öffentliche Aufträge nicht an Wirtschaftsteilnehmer vergeben werden dürfen, die an Straftaten beteiligt waren oder die u. a. der Korruption und des Betrugs zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU für schuldig befunden wurden.
79Das Ausschlusssystem der EU stammt aus dem Jahr 2008. Mit Wirkung vom 1. Januar 2016 ersetzte die Kommission die früheren Ausschluss- und Frühwarnsysteme durch das EDES. Während die Generaldirektoren nach wie vor eine Frühwarnung anfordern können, so ist die wichtigste mit diesem System eingeführte Neuerung in Bezug auf den Ausschluss ein Gremium, das mit der zentralen Bewertung der Ausschlussanträge des Generaldirektors der jeweiligen Generaldirektion betraut ist und Empfehlungen zum Ausschluss und zu potenziellen Sanktionen abgibt. Letztlich entscheidet der Generaldirektor, ob ein Wirtschaftsteilnehmer ausgeschlossen wird oder nicht.
80Alle Organe und Einrichtungen der EU können Ausschlussanträge stellen auf der Grundlage von Informationen, die im Rahmen von Verwaltungs- oder Strafverfahren übermittelt werden, sowie auf der Grundlage von Berichten des OLAF, des Europäischen Rechnungshofs oder der Internen Prüfer der Kommission, Entscheidungen der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Investitionsbank, des Europäischen Investitionsfonds oder anderer internationaler Organisationen oder auf der Grundlage von Entscheidungen in Fällen von Betrug oder Unregelmäßigkeiten, die nationale Behörden im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung oder beauftragte Einrichtungen im Rahmen der indirekten Mittelverwaltung getroffen haben. Darüber hinaus sind von Anweisungsbefugten oder von Prüfern des Privatsektors durchgeführte Prüfungen eine wertvolle Informationsquelle. Die Behörden der Mitgliedstaaten haben Zugang zu den Ausschlussentscheidungen, sind aber nicht verpflichtet, diese im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung bei allen Finanzierungsbeschlüssen, die EU-Mittel betreffen, zu berücksichtigen.
81Der Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers ist ein langwieriger Prozess. Mit Stand vom 30. Juni 2018, d. h. zweieinhalb Jahre nach Einführung des EDES, hatte die Kommission insgesamt 19 Wirtschaftsteilnehmer ausgeschlossen und Sanktionen gegen acht öffentlich bekannt gemacht. Zwar meldeten die Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der geteilten Mittelverwaltung über das IMS 820 Fälle mutmaßlichen Betrugs, und das OLAF schloss allein im Jahr 2016 rund 60 Untersuchungen mit Empfehlungen ab36, doch wird der Kommission durch die Haushaltsordnung keinerlei Handlungsbefugnis für Fälle übertragen, in denen die Behörden der Mitgliedstaaten den Ausschluss eines unzuverlässigen Wirtschaftsteilnehmers nicht selbst eingeleitet haben. Aus diesem Grund reichte keine der drei in erster Linie für die Verwaltung der Ausgaben aus den ESI-Fonds zuständigen Generaldirektionen (REGIO, EMPL und AGRI) Ausschlussanträge für nationale Wirtschaftsteilnehmer ein, die eine Kofinanzierung aus diesen Fonds erhielten.
82Was Ausschlüsse wegen Tatbeständen betrifft, die in die Zeit vor 2016 fallen, so waren die Hauptgründe für diese Ausschlüsse schwerwiegende Verstöße gegen Vertragsbestimmungen und im Rahmen der beruflichen Tätigkeit begangene schwere Verfehlungen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es zu diesem Zeitpunkt rechtlich nicht gestattet war, in Ermangelung einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung einen Ausschluss wegen Betrug vorzunehmen. Bisher wurden erst zwei Wirtschaftsteilnehmer wegen Betrug oder Korruption ausgeschlossen, was die Abschreckungswirkung dieses Systems schmälert.
83Angaben zu den Personen, die in betrügerischen Unternehmen über eine Kontroll- oder repräsentative Funktion oder über Entscheidungsbefugnisse verfügen, können im EDES erfasst werden. Jedoch ist es rechtlich erst für Tatbestände, die in die Zeit nach 2016 fallen, möglich einen Wirtschaftsteilnehmer auszuschließen, wenn eine Person, die Mitglied seines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans ist oder im Hinblick auf diesen Teilnehmer Vertretungs-, Beschluss- oder Kontrollbefugnisse hat, selbst zum gegebenen Zeitpunkt ebenfalls ausgeschlossen ist. Tatsächlich ausgeschlossen werden konnten bisher nur Wirtschaftsteilnehmer, die in einem Vertragsverhältnis mit dem Auftraggeber/Anweisungsbefugten standen. In der Vergangenheit gab es Fälle, in denen die Privatpersonen hinter den betrügerischen Unternehmen bis zum Zeitpunkt eines möglichen Ausschlusses des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers das Unternehmen, das in einem Vertragsverhältnis zur Kommission stand, bereits aufgelöst und ein neues gegründet haben.
84Die Weltbank und sonstige internationale Finanzinstitute haben sich in jüngster Zeit verstärkt darum bemüht sicherzustellen, dass betrügerische Wirtschaftsteilnehmer am Agieren gehindert werden und nicht einfach unter einem neuen Namen wieder auftauchen (Kasten 5).
Kasten 5
Suspendierungs- und Ausschlusssystem der Weltbank
Die Weltbank setzt zur Bekämpfung von Korruption und Betrug ein Suspendierungs- und Ausschlusssystem ein. Die Weltbank kann sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen suspendieren und ausschließen, sodass diese für eine Förderung im Rahmen neuer Aufträge, die von der Weltbank finanziert werden, nicht mehr infrage kommen. Alle Sanktionen werden öffentlich bekannt gegeben. Im Jahr 2017 suspendierte die Weltbank 22 Unternehmen und Einzelpersonen vorübergehend und verhängte Sanktionen gegen 6037. Mit Stand von Januar 2018 umfasste die Ausschlussliste 414 ausgeschlossene Unternehmen und Einzelpersonen38. Das System der Weltbank ist seit mehr als zehn Jahren in Betrieb und weist im Vergleich zum EDES weniger rechtliche Beschränkungen auf. Beispielsweise unterliegen die Entscheidungen der Weltbank keiner externen gerichtlichen Kontrolle, und die Bedingungen für eine Veröffentlichung sind weniger streng.
Die Mitgliedstaaten schöpfen das Potenzial von ARACHNE bei der Verhinderung von Betrug nicht vollständig aus
85ARACHNE könnte die Behörden der Mitgliedstaaten dabei unterstützen, bei den Kontrollen vor und nach Tätigung einer Zahlung mit Risiken verbundene Wirtschaftsteilnehmer zu ermitteln. Wie nützlich dieses Instrument ist, hängt davon ab, wie viele Daten die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten darin erfassen und ob es systematisch genutzt wird. Die Mitgliedstaaten können dieses Instrument gebührenfrei nutzen, die Nutzung ist derzeit aber nicht obligatorisch.
86In seinem Sonderbericht aus dem Jahr 2015 über den Umgang der Kommission und der Mitgliedstaaten mit Problemen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe bei EU-Kohäsionsausgaben39 stellte der Hof fest, dass nur 17 der 28 Mitgliedstaaten das Instrument entweder nutzten oder angegeben hatten, es nutzen zu wollen. In diesem Bericht empfahl der Hof der Kommission und den Mitgliedstaaten daher, den Einsatz solcher Instrumente zum Data-Mining weiter zu fördern. Drei Jahre nach der Empfehlung des Hofes wird ARACHNE nach wie vor für rund 170 der insgesamt 429 operationellen Programme in 21 Mitgliedstaaten genutzt (Abbildung 8).
87Derzeit ist es nicht möglich, anhand dieses Systems zu ermitteln, ob ein Wirtschaftsteilnehmer im System der Kommission ausgeschlossen wurde. In anderen EU-Ausgabenbereichen als dem Kohäsionsbereich stehen den mit der Mittelverwaltung betrauten Stellen keine ähnlichen Instrumente zur Bewertung des Betrugsrisikos zur Verfügung.
Abbildung 8
Nutzung von ARACHNE in den Mitgliedstaaten*
* Anzahl der operationellen Programme 2014-2020, für die ARACHNE in den einzelnen Mitgliedstaaten genutzt wird, als Anteil an der Gesamtzahl der operationellen Programme dieses Mitgliedstaats für den Zeitraum 2014-2020.
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Angaben der Kommission.
Der Hof analysierte das Ausschluss- und Sanktionssystem der Kommission und stellte fest, dass es Einschränkungen unterliegt. Außerdem gilt der Ausschluss nur für die direkt und indirekt von der Kommission verwalteten Ausgaben. Dies bedeutet, das ausgeschlossene Unternehmen beispielsweise weiterhin Kohäsionsmittel erhalten können. Zwar ist ARACHNE ein potenziell wirksames Instrument zur Betrugsprävention, doch enthält das System fünf Jahre nach seiner Inbetriebnahme nach wie vor nur eine begrenzte Datenmenge.
Die verwaltungsrechtlichen Untersuchungen des OLAF haben in weniger als der Hälfte der Fälle zu Strafverfolgung geführt; weniger als ein Drittel der Mittel wurden infolge seiner Untersuchungen wiedereingezogen
89Im derzeitigen Rechtsrahmen der EU ist vorgesehen, dass in erster Linie die Mitgliedstaaten für die Durchsetzung der Rechtsvorschriften zur Betrugsbekämpfung zuständig sind, da nur die nationalen Behörden strafrechtlich ermitteln und Anklage gegen Personen erheben können. Die Zuständigkeit für die Wiedereinziehung betrügerisch erlangter EU-Mittel ist je nach EU-Ausgabenbereich verschieden.
90Das OLAF ist derzeit die einzige Einrichtung mit unabhängigen Untersuchungsbefugnissen auf EU-Ebene. Im Einklang mit seinem Mandat nimmt das OLAF Untersuchungsbefugnisse in den Bereichen Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU wahr40. Auf der Grundlage seiner verwaltungsrechtlichen Untersuchungen kann das OLAF justizielle, finanzielle, administrative oder disziplinarrechtliche Empfehlungen aussprechen41. Das OLAF kann auch Sicherungsmaßnahmen empfehlen, um eine Zunahme von Unregelmäßigkeiten zu verhindern.
91Die justiziellen Empfehlungen richten sich an die zuständigen nationalen Justizbehörden und enthalten in erster Linie den Vorschlag, strafrechtliche Ermittlungen gegen die Person einzuleiten, von der (vom OLAF) vermutet wird, dass sie Betrug begangen hat, oder den Vorschlag, die strafrechtlichen Ermittlungen im Lichte der Feststellungen und Empfehlungen des OLAF fortzusetzen. Die Untersuchungen des OLAF sollen es den Mitgliedstaaten erleichtern, in einem konkreten Fall Anklage zu erheben.
92Die finanziellen Empfehlungen werden an die zuständigen Generaldirektionen gerichtet; sie enthalten die Empfehlung, einen bestimmten Geldbetrag wiedereinzuziehen oder zu verhindern, dass Mittel zu Unrecht ausgegeben werden. Da diese Empfehlungen für die GD nicht bindend sind, erleichtert das OLAF hier die Arbeit der GD bei der Erstellung von Einziehungsanordnungen und bei Beantragung des Ausschlusses unzulässiger Wirtschaftsteilnehmer von einer weiteren EU-Förderung mithilfe des EDES42.
93In den EU-Ausgabenbereichen mit direkter oder indirekter Mittelverwaltung entscheidet die Generaldirektion, die zuvor den betreffenden Zahlungsbeschluss gefasst hat, selbst, ob sie Mittel von einem betrügerischen Begünstigten wiedereinzieht. In den EU-Ausgabenbereichen mit geteilter Mittelverwaltung zieht die zuständige Generaldirektion die Finanzmittel vom betroffenen Mitgliedstaat im Wege von Finanzkorrekturen wieder ein. Die nationalen Behörden sind dann dafür zuständig, die EU-Mittel vom tatsächlichen Begünstigten wiedereinzuziehen. In diesem Abschnitt analysiert der Hof, wie sich die verwaltungsrechtlichen Untersuchungen des OLAF auf die strafrechtliche Verfolgung von Betrügern und auf das Verwaltungsverfahren zur Wiedereinziehung betrügerisch verausgabter EU-Mittel auswirken.
Das derzeitige Betrugsbekämpfungssystem weist inhärente Mängel auf
94Zwischen 2009 und 2016 legte das OLAF insgesamt 541 justizielle Empfehlungen vor. Bisher haben die mitgliedstaatlichen Behörden Entscheidungen zu 308 dieser Empfehlungen getroffen, die in 137 Fällen (44,5 %) zu Anklagen führten; 171 Fälle (55,5 %) wurden abgewiesen. Zur Anzahl der Verurteilungen liegen keine Angaben vor. Bis dato haben die mitgliedstaatlichen Justizbehörden jährlich in rund 17 Fällen Anklage erhoben, ausgelöst durch vom OLAF eingeleitete Untersuchungen (Abbildung 9).
Abbildung 9
Justizielle Empfehlungen des OLAF 2009-2016
Quelle: OLAF-Bericht 2016, S. 33.
Da keine zuverlässigen Daten zur Gesamtzahl der in den Mitgliedstaaten verfolgten EU-Betrugsfälle vorliegen, kann der Hof keine genauen Angaben dazu machen, welchen Gesamtanteil die Anklagen ausmachen, die von nationalen Staatsanwaltschaften infolge von justiziellen Empfehlungen des OLAF erhoben wurden. Öffentlich zugängliche Informationen und Informationen, die dem Hof von den besuchten nationalen Behörden vorgelegt wurden, zeigen, dass die justiziellen Empfehlungen des OLAF, die zu Anklagen führten, einen kleinen Anteil der Gesamtzahl der Anklagen ausmachen, die von nationalen Staatsanwaltschaften im Zusammenhang mit Betrug bei den EU-Ausgaben erhoben werden (Kasten 6).
Kasten 6
Strafrechtliche Verfolgung von Betrug im Zusammenhang mit EU-Mitteln in fünf Mitgliedstaaten
In Polen wurde im Zeitraum 2013-2016 in 446 Fällen Anklage erhoben, und es wurden 50 Fälle bedingt abgewiesen (das entspricht 124 Anklagen pro Jahr).
In Bulgarien wurden im Jahr 2016 im Zusammenhang mit 67 Fällen 72 Personen angeklagt, EU-Mittel betrügerisch verwendet zu haben.
In Estland wurden im Jahr 2016 im Zusammenhang mit 15 Fällen 50 Einzelpersonen und 22 juristische Personen angeklagt, EU-Mittel betrügerisch verwendet zu haben.
In Ungarn wurden der Kriminalstatistik des Innenministeriums zufolge im Jahr 2013 18 Anklagen erhoben, 16 im Jahr 2014, 6 im Jahr 2015, 7 im Jahr 2016 und 1 im Jahr 2017 (insgesamt 48 Anklagen im Zeitraum 2013-2017)43.
In Rumänien erhoben die Staatsanwaltschaften im Jahr 2016 Anklage in 30 Fällen, die auf 39 zuvor vom DLAF untersuchte Fälle zurückgingen44. Im Ergebnis wurden 115 Einzelpersonen und 47 juristische Personen vor Gericht gebracht, und in vier Fällen wurden insgesamt sechs Vereinbarungen über die Anerkennung der Schuld abgeschlossen.
Abbildung 9 zeigt, dass mehr als die Hälfte der Fälle, in denen die Mitgliedstaaten eine Entscheidung trafen, abgewiesen wurden. Das OLAF analysierte die Informationen, die von den Mitgliedstaaten zu den justiziellen Empfehlungen gesammelt wurden. Dieser Analyse zufolge lauteten die Hauptgründe für Abweisungen (Abbildung 10) wie folgt:
- die ursprünglich vom OLAF oder später von der nationalen Ermittlungsbehörde gesammelten Nachweise werden als unzureichend für eine Strafverfolgung angesehen (56 %);
- die vom OLAF untersuchte Handlung gilt gemäß nationalem Recht nicht als Straftat (22 %);
- die Verjährungsfrist (d. h. die Frist, innerhalb deren ein Strafverfahren eingeleitet werden kann) gemäß nationalem Recht ist verstrichen (14 %)45.
Abbildung 10
Hauptgründe für die Abweisung
Quelle: Analyse der Weiterverfolgung der vom OLAF zwischen Januar 2008 und Dezember 2015 vorgelegten justiziellen Empfehlungen durch die Mitgliedstaaten, S. 1.
Wie bereits dargelegt, erachteten entweder die Behörden der Mitgliedstaaten die vom OLAF ermittelte Straftat in 36 % der Fälle als nach nationalem Recht nicht strafbar, oder die Frist für ein Strafverfahren nach nationalem Recht war abgelaufen. Der Hof räumt ein, dass es nicht immer möglich ist, die Verjährung eines Falls zu verhindern; auch können die nationalen Staatsanwaltschaften hinsichtlich der Frage, ob eine Straftat begangen wurde, zu einer abweichenden Schlussfolgerung gelangen. Daher ist die enge Zusammenarbeit zwischen dem OLAF und den nationalen Behörden von größter Bedeutung46.
98Im Rahmen der Befragungen des Hofes in vier Mitgliedstaaten gaben die nationalen Staatsanwälte an, dass sie in den meisten Fällen keinen Kontakt mit dem OLAF haben, bevor sie den Abschlussbericht erhalten. Außerdem gaben sie an, dass sie vorziehen würden, über mutmaßliche Straftaten bereits viel früher als erst am Ende der Untersuchung des OLAF informiert zu werden, und dass sie in diesem Fall das OLAF unterstützen und, falls angemessen, eigene strafrechtliche Ermittlungen einleiten würden, um zu vermeiden, dass die Verjährungsfrist der Fälle abläuft.
99Der Umstand, dass zahlreiche Fälle von den nationalen Staatsanwaltschaften abgewiesen werden, da keine Straftat begangen wurde oder die Verjährungsfrist für die Fälle eingetreten ist, deutet also darauf hin, dass die Zusammenarbeit des OLAF mit den nationalen Behörden bis dato Schwachstellen aufweist.
100Abbildung 10 zeigt, dass 56 % der abgewiesenen Fälle wegen mangelnder Beweise abgewiesen wurden. Dies bedeutet, dass in jedem zweiten abgewiesenen Fall das vom OLAF erhobene Beweismaterial zusammen mit den von den nationalen Behörden später im Zuge der strafrechtlichen Ermittlungen beigebrachten Beweisen die Staatsanwaltschaft nicht veranlasst haben, Anklage zu erheben.
101Die nationalen Behörden, unabhängigen Wissenschaftler und EU-Organe (einschließlich des OLAF) ließen in den Befragungen des Hofes anklingen, dass der Hauptgrund für Abweisungen nicht mangelnde Beweise seien, sondern der Umstand, dass die Fälle bereits zu weit zurückliegen. Dabei geht es nicht zwangsläufig darum, dass die Verjährungsfrist für die Fälle abgelaufen ist oder in Kürze abläuft, sondern vielmehr darum, dass die mutmaßliche Straftat bereits vor Jahren begangen wurde.
102Dies bedeutet nicht, dass die Untersuchungen des OLAF zu lange dauern. In den meisten Fällen führt das OLAF verwaltungsrechtliche Untersuchungen durch, nachdem die betreffende Handlung aufgedeckt und gemeldet wurde. Das OLAF ist daher darauf angewiesen, die Informationen insbesondere von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU sowie den Mitgliedstaaten rechtzeitig zu erhalten. Außerdem muss auf die verwaltungsrechtliche Untersuchung durch das OLAF dann eine weitere strafrechtliche Ermittlung im betroffenen Mitgliedstaat folgen. Eine Person kann nicht verfolgt werden, ohne dass in ihrem Fall gemäß nationalem Recht ermittelt wurde. Der Umfang der Ermittlungen unterscheidet sich zwischen den verschiedenen Ländern, doch in jedem Mitgliedstaat müssen gewisse Maßnahmen ergriffen werden. Daher besteht bei den Untersuchungen des OLAF - unabhängig davon, wie gut sie durchgeführt wurden - oft ein hohes Risiko, dass sie ihr "Verfallsdatum" erreichen.
103Aus Abbildung 11 ist der Zeitrahmen für die vom OLAF untersuchten Fälle zu ersehen. Die vom OLAF vorgelegten Daten zeigen, dass das Amt im Jahr 2017 durchschnittlich zwei Monate benötigte, um Fälle auszuwählen, und rund 22 Monate, um sie zu untersuchen47. Wenn davon ausgegangen wird, dass das OLAF Informationen über Fälle mutmaßlichen Betrugs rund ein Jahr nach der mutmaßlichen Straftat erhält, und dass das Amt seinen Abschlussbericht den Justizbehörden umgehend übermittelt, erhalten die nationalen Behörden die Informationen über die mutmaßlichen Straftaten durchschnittlich drei Jahre, nachdem sie begangen wurden. Bei komplexen Fällen kann dies sogar länger dauern.
Abbildung 11
Zeitrahmen für die vom OLAF untersuchten Fälle
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Nach Ansicht des Hofes nimmt das derzeitige System, wonach auf die verwaltungsrechtliche Untersuchung des OLAF bei Betrugsverdacht strafrechtliche Ermittlungen auf nationaler Ebene folgen, in zahlreichen Fällen viel Zeit in Anspruch und verringert somit die Chancen, das eigentliche Ziel - Strafverfolgung - zu erreichen.
Die verwaltungsrechtliche Wiedereinziehung von Mitteln wird durch unzureichende Nachweise beeinträchtigt
105Stellt das OLAF eine Unregelmäßigkeit (Fälle mutmaßlichen Betrugs oder sonstige Fälle) fest und ist in der Lage, eine Schätzung zur Höhe des wiedereinzuziehenden Betrags vorzunehmen, so legt es eine finanzielle Empfehlung vor.
106In Abbildung 12 sind die Beträge dargestellt, für die das OLAF zwischen 2002 und 2016 Empfehlungen zur Wiedereinziehung aussprach. Auf der Grundlage der verfügbaren Daten schätzt der Hof den Gesamtwert der finanziellen Empfehlungen des OLAF in diesem Zeitraum auf rund 8,8 Milliarden Euro (für die Jahre 2008 und 2009 verwendet er den Durchschnitt aller anderen Jahre). Bis Ende 2016 wurde ein Betrag in Höhe von insgesamt 2,6 Milliarden Euro (30 %) wiedereingezogen. Die Zahlen legen nahe, dass - obwohl der jährliche Gesamtwert der OLAF-Empfehlungen starken Schwankungen unterliegt - der wiedereingezogene Betrag in den meisten Jahren (bis auf die bemerkenswerte Ausnahme 2011) in der Größenordnung von 200 Millionen Euro lag (der Durchschnitt für die letzten 15 Jahre beträgt 173 Millionen Euro).
107Den Statistiken zufolge, die der Hof von den sieben Generaldirektionen erhielt, die Ausgaben tätigen (REGIO, EMPL, AGRI, RTD, CNECT, HOME und DEVCO), empfahl das OLAF zwischen 2012 und 2016 im Zusammenhang mit 358 Fällen die Wiedereinziehung von insgesamt 1,9 Milliarden Euro. Zum Zeitpunkt der Prüfung des Hofes beliefen sich die Wiedereinziehungen und Finanzkorrekturen der Generaldirektionen auf 243 Millionen Euro (13 % des empfohlenen Gesamtbetrags); 153 Fälle (d. h. 43 % der Fälle) waren betroffen. Der Hof räumt ein, dass das Wiedereinziehungsverfahren für eine erhebliche Anzahl der verbleibenden finanziellen Empfehlungen des OLAF möglicherweise noch im Gange ist.
Die Wiedereinziehung von zu Unrecht ausgezahlten EU-Mitteln ist ein langwieriges Verfahren: Der Hof schätzt auf der Grundlage der in seiner Stichprobe enthaltenen Fälle mit erfolgreicher Wiedereinziehung, dass die Abwicklung einer Wiedereinziehung durchschnittlich rund 36 Monate dauert. Vor diesem Hintergrund würde der Hof für die zwischen 2012 und 2014 vorgelegten Empfehlungen eine viel höhere Wiedereinziehungsquote erwarten als die 15 % (des Gesamtbetrags, für den das OLAF Empfehlungen zur Wiedereinziehung vorgelegt hatte), die von den GD bis dato wiedereingezogen wurde.
Abbildung 12
Zur Wiedereinziehung empfohlene Beträge und wiedereingezogene Beträge 2002-2016
*In seinem Jahresbericht 2008 schätzte das OLAF die finanziellen Auswirkungen der Fälle, die es seit seiner Errichtung im Jahr 1999 abgeschlossen hatte, auf mehr als 6,2 Milliarden Euro. Der Durchschnitt über einen Zeitraum von zehn Jahren beläuft sich somit auf rund 620 Millionen Euro pro Jahr; da für 2008 und 2009 keine Daten vorliegen, verwendete der Hof den Durchschnitt für die Jahre 2002-2011.
**Seit 2012 liefert das OLAF in seinem Jahresbericht den für die Wiedereinziehung empfohlenen Gesamtbetrag sowie den im Laufe des Jahres wiedereingezogenen kumulierten Betrag, der auf in früheren Jahren abgeschlossene Untersuchungen des OLAF zurückgeht.
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage der Jahresberichte 2002-2016 des OLAF.
Die Zahlen deuten darauf hin, dass bei einem erheblichen Anteil der Fälle, die das OLAF mit der Empfehlung abschließt, zu Unrecht gezahlte EU-Mittel wiedereinzuziehen, entweder keine Wiedereinziehung stattfindet oder der wiedereingezogene Betrag erheblich niedriger ist als empfohlen.
109Dies wurde im Zuge der Prüfung des Hofes bestätigt: Belegdokumente zeigen, dass die GD in etlichen Fällen nicht der Auffassung waren, dass die Berichte des OLAF genügend Informationen enthielten, um als Grundlage für die Einleitung einer Wiedereinziehung von zu Unrecht ausgezahlten Mitteln zu dienen48. Die Generaldirektionen ergriffen entweder weitere Schritte (oder gaben sie in Auftrag), um zu entscheiden, ob eine Wiedereinziehung möglich war, oder verließen sich auf die im Rahmen ihrer eigenen Audits erlangten Nachweise.
110Wenn das OLAF eine justizielle Empfehlung ausspricht und/oder einen Bericht an die Justizbehörden der Mitgliedstaaten sendet, wird das Wiedereinziehungsverfahren in einigen Fällen ausgesetzt. Der Hof ermittelte mehrere Fälle, in denen das Wiedereinziehungsverfahren ausgesetzt worden war und das OLAF die Generaldirektionen gebeten hatte, den nationalen Behörden oder dem Begünstigten keine Informationen offenzulegen. Der Hof räumt jedoch ein, dass es sich als notwendig erweisen kann, abzuwägen zwischen strafrechtlichen Ermittlungen und einer raschen finanziellen Wiedereinziehung.
111Dennoch sind Verwaltungsverfahren zur Wiedereinziehung von zu Unrecht gezahlten EU-Mitteln immer noch effizienter und weniger kostenaufwendig als eine Wiedereinziehung dieser Mittel im Wege von Strafverfahren unter Rückgriff auf das Einfrieren und die Sicherstellung von Vermögenswerten. Einer jüngeren Umfrage von Europol über die Abschöpfung von Vermögen aus Straftaten in der Europäischen Union zufolge entspricht der derzeit in der EU wiedereingezogene Betrag nur einem kleinen Anteil der geschätzten Erträge aus Straftaten49.
Geteilte Mittelverwaltung
112Im Bereich der geteilten Mittelverwaltung ziehen die Generaldirektionen Mittel nicht direkt bei den Begünstigten ein; vielmehr kommen verschiedene Finanzverfahren zum Schutz des EU-Haushalts zur Anwendung. In den meisten Fällen wenden die GD REGIO und die GD EMPL Finanzkorrekturen an, wenn das OLAF eine finanzielle Empfehlung ausspricht. Es obliegt dem betroffenen Mitgliedstaat, zu entscheiden, welche Korrekturmaßnahmen er gegen die Begünstigten ergreift, nachdem die Generaldirektion eine Finanzkorrektur angewandt hat. Im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung sind die GD REGIO und EMPL nicht verpflichtet, die bei den Begünstigten wiedereingezogenen Beträge zu überprüfen.
113Aus den Vorschriften der GD AGRI geht nicht klar hervor, welches die wichtigsten Schritte einer Weiterverfolgung der finanziellen Empfehlungen des OLAF sind. Beispielsweise gibt es keine Frist, innerhalb derer die Mitgliedstaaten den im OLAF-Bericht empfohlenen Betrag für Wiedereinziehungen infrage stellen können. Die GD AGRI betrachtet es als ihre Aufgabe, die Wiedereinziehung zu beaufsichtigen, wobei die Wiedereinziehung selbst vollständig in den Zuständigkeitsbereich des betroffenen Mitgliedstaats fällt.
114Abbildung 13 zeigt den Gesamtwert der finanziellen Empfehlungen, die das OLAF den GD REGIO, EMPL und AGRI zwischen 2012 und 2016 unterbreitet hat, sowie die zum Zeitpunkt der Prüfung des Hofes wiedereingezogenen Beträge. Das OLAF unterbreitete den drei GD im Zeitraum 2012-2016 268 finanzielle Empfehlungen. In 125 (47 %) dieser Fälle wurden Mittel wiedereingezogen. Die Wiedereinziehungsquote ist nicht wesentlich höher, wenn ausschließlich die finanziellen Empfehlungen des OLAF berücksichtigt werden, die bei den drei GD zwischen 2012 und 2014 eingingen. Bezüglich dieser Fälle gelang es den drei GD, 15 % des kumulierten vom OLAF empfohlenen Gesamtbetrags wiedereinzuziehen (GD REGIO - 10 %; GD EMPL - 19 %; GD AGRI - 33 %). Der Hof stellt fest, dass das OLAF im Oktober 2016 neue Anweisungen zur Formulierung und Berechnung von finanziellen Empfehlungen herausgegeben hat. Da diese Anweisungen relativ neu sind, werden sich ihre vollen Auswirkungen im System erst noch zeigen.
Abbildung 13
Von den GD REGIO, EMPL und AGRI vorgenommene Wiedereinziehungen, die auf Empfehlungen des OLAF aus dem Zeitraum 2012-2016 zurückgehen
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Zahlenangaben der Kommission.
Wird Empfehlungen zur Wiedereinziehung eines Betrags nicht Folge geleistet, so ist dies nach Aussage der GD REGIO und EMPL in erster Linie darin begründet, dass der Abschlussbericht des OLAF keine ausreichenden Beweise zur Untermauerung des empfohlenen Betrags enthält. In einem Fall beauftragte die GD beispielsweise ein externes Unternehmen, eine weitergehende rechtliche Analyse der Feststellung des OLAF vorzunehmen. In einem anderen Fall, der damit zusammenhing, beschloss die GD nach Konsultation der GD MARKT und des Juristischen Diensts der Kommission, den vom OLAF empfohlenen Betrag nicht wiedereinzuziehen, da das Prozessrisiko zu hoch war. Ein weiterer Grund, aus dem der empfohlene Betrag in einigen Fällen nicht vollständig wiedereingezogen wurde, war, dass das OLAF in der Vergangenheit höhere Korrekturen bei Verstößen gegen die Vergabevorschriften empfohlen hatte, als von den betroffenen GD auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission tatsächlich angewendet wurden 50.
Direkte Mittelverwaltung (GD CNECT und RTD)
116Aus Abbildung 14 sind der Gesamtwert der den GD CNECT und RTD im Zeitraum 2012-2016 übermittelten finanziellen Empfehlungen des OLAF und der entsprechende bis zum Zeitpunkt der Prüfung des Hofes wiedereingezogene Betrag ersichtlich. Das OLAF unterbreitete den beiden GD im Zeitraum 2012-2016 36 finanzielle Empfehlungen. In neun Fällen (25 % der Fälle) fand eine Wiedereinziehung in voller Höhe statt. In einem außergewöhnlichen Fall zog die GD RTD das Achtfache des vom OLAF empfohlenen Betrags ein, da der insgesamt beim Begünstigten wiedereingezogene Betrag auch die hochgerechneten Beträge umfasste, die auf den eigenen Audits der Generaldirektion beruhten. In diesem Fall betrachtet der Hof den vom OLAF empfohlenen Betrag als vollständig wiedereingezogen. Die Wiedereinziehungsquote liegt ein wenig höher, wenn ausschließlich die finanziellen Empfehlungen des OLAF berücksichtigt werden, die bei den zwei GD zwischen 2012 und 2014 eingingen. Es gelang den beiden GD, in diesen Fällen insgesamt 34 % des vom OLAF empfohlenen Gesamtbetrags wiedereinzuziehen.
Abbildung 14
Von den GD CNECT und RTD vorgenommene Wiedereinziehungen, die auf Empfehlungen des OLAF aus dem Zeitraum 2012-2016 zurückgehen
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Zahlenangaben der Kommission.
Der Hof untersuchte 20 finanzielle Empfehlungen des OLAF (10 an die GD CNECT und 10 an die GD RTD gerichtete Empfehlungen), die sich auf 37 Fälle beziehen und 86 % des kumulierten Gesamtbetrags ausmachen, den das OLAF diesen beiden GD zur Wiedereinziehung empfahl. Auf dieser Grundlage ermittelte der Hof die folgenden Hauptgründe für Verzögerungen bei der Wiedereinziehung und für nicht erfolgte Wiedereinziehungen von Fördermitteln nach Untersuchungen des OLAF:
- laufende strafrechtliche Ermittlungen oder Strafverfahren;
- unzureichendes Beweismaterial, das in den Berichten des OLAF geliefert wurde;
- Unternehmen, die zu dem Zeitpunkt, zu dem das OLAF den Fall abschließt, bereits liquidiert sind.
Die von einer Ausgaben tätigenden GD benötigte Zeit, um dem OLAF einen Fall zu melden, sowie die Geschwindigkeit der Ermittlung des OLAF können wichtige Faktoren sein, die über den Erfolg eines Wiedereinziehungsverfahrens entscheiden, da die Zeitdauer in Fällen, in denen GD Mittel direkt von Begünstigten wiedereinziehen, sehr wichtig ist. Für Fälle, in denen die Wiedereinziehung noch im Gange ist, liegt die durchschnittliche Zeitdauer ab Beginn der Untersuchung des OLAF bei fünf Jahren. Wenn Betrüger Unternehmen liquidieren oder auflösen - häufig unmittelbar, nachdem ein Audit oder eine OLAF-Untersuchung angekündigt wurde - sind die Chancen auf Wiedereinziehung eher begrenzt.
119Die Generaldirektionen können schneller reagieren und die Kosten für die Wiedereinziehung von Fördermitteln vermeiden, wenn sie im Rahmen ihrer eigenen Audits beweisen können, dass vertragliche Verpflichtungen nicht eingehalten wurden. In diesen Fällen stützt sich die zuständige Generaldirektion bei ihren Vorbereitungsarbeiten für die Einziehungsanordnung auf ihre eigenen Prüfungsergebnisse und nicht auf den Bericht des OLAF. Der Hof stellte fest, dass es in Fällen, in denen die Generaldirektion kein Audit durchgeführt hatte und die Untersuchungsakte des OLAF die einzige Quelle für Beweise darstellte, für die Generaldirektion schwieriger war, die Einziehungsanordnung für den vom OLAF empfohlenen Betrag auszustellen, da die Generaldirektion das verfügbare Beweismaterial für unzureichend hielt.
120Außerdem kommt es mitunter vor, dass Schuldner beim Europäischen Gerichtshof Klage erheben, um einen Teil der abgelehnten Kosten und/oder des Schadensersatzes von der Kommission zurückzuerhalten. In diesem Fall kann der wiedereingezogene Betrag erst dann als endgültig betrachtet werden, wenn der EuGH den Fall abschließt.
Indirekte Mittelverwaltung (GD DEVCO)
121Im Rahmen der indirekten Mittelverwaltung überträgt die GD DEVCO Haushaltsvollzugsaufgaben an Empfängerländer, internationale Organisationen und Entwicklungsagenturen in Nicht-EU-Ländern.
122Abbildung 15 zeigt den Gesamtwert der finanziellen Empfehlungen des OLAF, die der GD DEVCO im Zeitraum 2012-2016 unterbreitet wurden, sowie den Betrag, der bis zum Zeitpunkt der Prüfung des Hofes wiedereingezogen wurde. Das OLAF unterbreitete der GD DEVCO im Zeitraum 2012-2016 53 finanzielle Empfehlungen. In 20 Fällen kam es zu Wiedereinziehungen (38 % der Fälle) 51. Die Wiedereinziehungsquote ist nicht wesentlich höher, wenn ausschließlich die finanziellen Empfehlungen des OLAF berücksichtigt werden, die bei den GD zwischen 2012 und 2014 eingingen. Es gelang der GD DEVCO, in diesen Fällen insgesamt 6 % des vom OLAF empfohlenen Gesamtbetrags wiedereinzuziehen.
Abbildung 15
Von der GD DEVCO vorgenommene Wiedereinziehungen, die auf Empfehlungen des OLAF aus dem Zeitraum 2012-2016 zurückgehen
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Zahlenangaben der Kommission.
In Fällen, deren Wert sich auf 58 % des Gesamtwerts der finanziellen Empfehlungen des OLAF beläuft, zog die GD DEVCO die betreffenden EU-Mittel nicht wieder ein - entweder war sie der Auffassung, dass die rechtliche Grundlage dafür fehlte oder sie beschloss, keine Einziehungsanordnung auszustellen52. Die Untersuchung von 10 finanziellen Empfehlungen des OLAF durch den Hof ergab, dass die GD DEVCO die vom OLAF empfohlenen Beträge hauptsächlich aus dem Grund nicht wiedereinzog, dass der GD DEVCO ihrer Einschätzung nach keine ausreichenden Beweise vorlagen.
124In drei von 10 Fällen, die einen beträchtlichen Wert der finanziellen Empfehlungen des OLAF betreffen, entschied sich die GD DEVCO gegen eine Wiedereinziehung. Da diese GD in einem Umfeld tätig ist, das hohe Risiken birgt, und angesichts der potenziellen Risiken bei der Umsetzung ihrer Politik kann die GD DEVCO unter bestimmten Umständen beschließen, EU-Mittel bei den Begünstigten nicht wiedereinzuziehen. In Ländern mit instabilen politischen und Justizsystemen liegt klar auf der Hand, dass die Chancen auf Wiedereinziehung im Wege strafrechtlicher oder zivilrechtlicher (verwaltungsgerichtlicher) Verfahren gering sind. Hier kann eine Untersuchung des OLAF oft die einzige Möglichkeit sein, mutmaßlichem Betrug nachzugehen. Das OLAF analysiert nicht genau genug, in welchen Fällen es zu erfolgreichen Wiedereinziehungen gekommen ist und aus welchen Gründen die Generaldirektionen Wiedereinziehungen entweder nicht vornehmen oder nur einen viel geringeren Betrag als den vom OLAF empfohlenen wiedereinziehen. Eine solche Analyse könnte dem OLAF dabei helfen, seine Untersuchungen gezielter auszurichten.
Damit die EUStA ihre Arbeit aufnehmen kann, sind koordinierte Bemühungen erforderlich
125Im Oktober 2017 nahmen 20 Mitgliedstaaten eine Verordnung an, um die Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft ("EUStA") zu verstärken 53. Dabei wird es sich um die Einrichtung der EU handeln, die befugt ist, gegen die finanziellen Interessen der EU gerichtete Straftaten zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen.
126Ihrem Aufbau entsprechend soll die EUStA auf zwei Ebenen tätig sein: auf zentraler und auf dezentraler Ebene. Die zentrale Ebene umfasst einen Europäischen Generalstaatsanwalt sowie pro Mitgliedstaat einen Europäischen Staatsanwalt (zwei von ihnen werden Stellvertreter des Europäischen Generalstaatsanwalts sein), die bei der zentralen Dienststelle der EUStA in Luxemburg angesiedelt sind, während auf dezentraler Ebene Delegierte Europäische Staatsanwälte tätig sind, die in den Mitgliedstaaten arbeiten. Die Europäischen Staatsanwälte, die Kammern zugeteilt sind, beaufsichtigen die Delegierten Europäischen Staatsanwälte und führen in Ausnahmefällen selbst Ermittlungen. Die Delegierten Europäischen Staatsanwälte sind für die Ermittlungen zuständig, die in den betroffenen Mitgliedstaaten durchgeführt werden (Abbildung 16).
Abbildung 16
Struktur der EUStA

Quelle: Europäische Kommission.
Der Hof analysierte die Verordnung über die Errichtung der EUStA im Lichte seiner Bemerkungen zu den derzeitigen Strukturen zur Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung von Betrug bei den EU-Ausgaben. Der Hof bewertete, ob mit der EUStA die folgenden zentralen Probleme behoben werden:
- der mit dem derzeitigen System, wonach auf die verwaltungsrechtlichen Untersuchungen des OLAF bei Betrugsverdacht strafrechtliche Ermittlungen auf nationaler Ebene folgen, verbundene Zeitaufwand, der in zahlreichen Fällen erheblich ist, und
- die Mängel bei der Zusammenarbeit zwischen dem OLAF und nationalen Behörden.
Allgemein ist der Hof der Auffassung, dass die Einrichtung der EUStA ein Schritt in die richtige Richtung ist. Er möchte jedoch hervorheben, dass mehrere Risiken vorhanden sind, die darauf hindeuten, dass die EUStA möglicherweise nicht zur Lösung der genannten Probleme beitragen wird:
- Gemäß der Verordnung unterliegt die operative Arbeit der Delegierten Staatsanwälte der Aufsicht durch die Kammern der EUStA. Um die Auffassung eines Delegierten Staatsanwalts zu hinterfragen oder allein schon, um sie mit ihm zu diskutieren, benötigt die Kammer in spezifischen Fällen möglicherweise mehr Sachkenntnis im nationalen Strafrecht und Strafprozessrecht; darüber hinaus besteht Bedarf an Übersetzungen. Dies bedeutet, dass die zentrale Dienststelle der EUStA Personal und Ressourcen in ausreichendem Umfang benötigen wird, um ihre Aufsichtsfunktion wahrnehmen zu können, darunter Rechtssachverständige aus den Mitgliedstaaten54. Die umfassenden internen Konsultationen und Übersetzungen im Rahmen der strafrechtlichen Verfahren können letzten Endes zu viel Zeit in Anspruch nehmen - und Zeit ist hier oft die am stärksten begrenzte Ressource.
- Gemäß der EUStA-Verordnung werden in erster Linie die Ermittler der Mitgliedstaaten unter der Aufsicht der EUStA die Ermittlung übernehmen. In der Verordnung ist kein Mechanismus vorgesehen, der es der EUStA (oder einer anderen Einrichtung der EU) gestattet, die Behörden der Mitgliedstaaten dazu anzuhalten, Ressourcen für die im Rahmen der Untersuchung von Betrug bei den EU-Ausgaben erforderlichen proaktiven Arbeiten oder für die Fälle, die von den Delegierten Staatsanwälten bearbeitet werden, zuzuweisen. Da die Delegierten Staatsanwälte die Unterstützung ihrer jeweiligen nationalen Behörde benötigen, um die für die Anklageerhebung erforderlichen Ermittlungen durchzuführen, wird ihre Wirksamkeit in hohem Maße von den nationalen Behörden abhängen.
- Die EUStA-Verordnung55 ermöglicht es den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU, das OLAF für eine erste Bewertung der Fälle, die an die EUStA weitergeleitet werden sollen, in Anspruch zu nehmen. Da Zeit für den Erfolg einer strafrechtlichen Ermittlung entscheidend ist, kann ein übermäßiger Gebrauch dieser Option der Rechtzeitigkeit etwaiger nachfolgender Maßnahmen abträglich sein. Die künftigen Regelungen für die Zusammenarbeit des OLAF mit der EUStA sollten eine schnelle Entscheidung darüber ermöglichen, ob ein Strafverfahren eingeleitet werden soll oder ob der Fall zur Ermittlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens an den betroffenen Mitgliedstaat oder eine zuständige Einrichtung der EU weitergeleitet werden soll.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
129Im Rahmen der Prüfung bewertete der Hof, ob das Risikomanagement der Kommission in Bezug auf den Betrug zulasten des EU-Haushalts angemessen ist. Der Hof untersuchte insbesondere die Maßnahmen, die die Kommission ergreift, um potenzielle Betrüger am Betrug zu hindern und davon abzuschrecken, sowie die Maßnahmen, um Mittel wiedereinzuziehen, wenn Betrug vorliegt.
130Auf der Grundlage seiner Bemerkungen gelangt der Hof zu der Auffassung, dass in der EU mehr Tatkraft erforderlich ist, um einen wirksamen strategischen Rahmen für ein Betrugsrisikomanagement auf der Grundlage fundierter Bewertungen einzurichten. Die Kommission muss daher nach Auffassung des Hofes ihre Maßnahmen zur Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten unbedingt verstärken, indem sie die Zuständigkeiten der verschiedenen an der Betrugsbekämpfung beteiligten Parteien klärt und ausbaut.
Die Kommission hat nicht in ausreichendem Maße Einblick in Umfang, Art und Ursachen von Betrug
131Der Kommission liegen keine umfassenden und vergleichbaren Informationen zum Ausmaß des aufgedeckten Betrugs bei den EU-Ausgaben vor. Die eigene Berichterstattung der Kommission über aufgedeckten Betrug in von ihr direkt verwalteten Bereichen ist unvollständig. Im Bereich der geteilten Mittelverwaltung verwenden die Mitgliedstaaten verschiedene Methoden, um ihre offiziellen Statistiken über aufgedeckten Betrug zu erstellen, und die Informationen, die im Berichterstattungssystem der Kommission für Unregelmäßigkeiten (IMS) erfasst werden, sind unvollständig. Die Kommission führt keine umfassenden Kontrollen durch, um sich über die Qualität der im IMS gemeldeten Daten zu vergewissern, noch fordert sie die Behörden der Mitgliedstaaten auf, Prüfungssicherheit bezüglich der Zuverlässigkeit der gemeldeten Daten zu liefern. Die Generaldirektionen, die Ausgaben tätigen, führen im Rahmen der Systemprüfungen Teilkontrollen zu den Systemen zur Berichterstattung über Unregelmäßigkeiten auf nationaler Ebene durch (siehe Ziffern 21-32).
132Bisher hat die Kommission noch keine Methode festgelegt, um Einblicke bezüglich des nicht aufgedeckten Betrugs zu erhalten und so die offiziellen Statistiken zu ergänzen, obwohl es mehrere anerkannte Wege gibt, Kenntnis über das Ausmaß von Betrug zu erhalten Ziffern 33-37).
133Außerdem ist der Hof der Ansicht, dass die verfügbaren qualitativen Informationen über Art und Ursachen von Betrug unzureichend sind. Es liegen einige Informationen zu den Betrugsmustern und -systemen in verschiedenen Sektoren vor, aber die verfügbaren Informationen werden nicht systematisch aktualisiert. Darüber hinaus fand der Hof weder eingehende Analysen noch Studien der Kommission dazu vor, aus welchen Gründen einige Empfänger von EU-Mitteln Betrug begehen.
134Studien, in denen objektive Korruptionsindikatoren verwendet werden, haben ferner ergeben, dass das Korruptionsrisiko möglicherweise durch einen Ermessensspielraum bei den Ausgaben und exzessive bürokratische Kontrollen erhöht wird - diese stellen ein Hindernis für den Marktzugang anderer Lieferanten dar, wodurch korrupte Geschäfte einfacher aufrechterhalten werden können Ziffern 38-49).
Empfehlung 1 - Verbesserte Einsicht in Ausmaß, Art und Ursachen von Betrug bei den EU-Ausgaben gewinnen
Mit Blick auf einen angemessen gestalteten Ansatz zur Bekämpfung von Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU sollte die Kommission ein solides System zur Berichterstattung über Betrug einrichten, über das Informationen bereitgestellt werden, die Aufschluss über Umfang, Art und zugrunde liegende Ursachen von Betrug geben. Insbesondere sollte sie
- das Berichterstattungssystem für Unregelmäßigkeiten (IMS) verbessern, damit die Informationen zu strafrechtlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU von allen zuständigen Behörden zeitnah gemeldet werden;
- ihre Kapazität aufbauen, um aus verschiedenen Quellen Informationen zum Betrugs- und Korruptionsrisiko zulasten des EU-Haushalts zusammenzutragen, dieses Risiko regelmäßig mithilfe verschiedener Methoden messen (Erhebungen unter möglichen Beobachtern von Betrug und auf administrativen Daten beruhende Indizes) und in Betracht ziehen, Risikoindikatoren nach Ausgabenbereich, Staat und Sektor zu erstellen.
Zeitrahmen: bis Ende 2022.
Der strategische Ansatz der Kommission in Bezug auf das Betrugsrisikomanagement weist Schwachstellen auf
135Die Betrugsbekämpfungsstrategien der Kommission und die Berichterstattung über ihre Wirksamkeit weisen Schwachstellen auf. Zwar verfügt die Kommission über eine formelle Betrugsbekämpfungsstrategie - die "Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission" (CAFS) -, doch hat sie diese seit 2011 nicht aktualisiert. Der Hof stellt deshalb infrage, ob diese Strategie geeignet ist, bei den Tätigkeiten der Kommission zur Betrugsbekämpfung als praktische Orientierungshilfe zu dienen. Er nimmt die Absicht der Kommission zur Kenntnis, die CAFS zu aktualisieren Ziffern 58-64).
136Im Governance-Modell der Kommission sind die Rollen und Zuständigkeiten bezüglich Betrugsbekämpfungsmaßnahmen aufgeteilt. Die verschiedenen Generaldirektionen und Dienststellen der Kommission verfügen jeweils über eigene Betrugsbekämpfungsstrategien. Es gibt keine zentrale Stelle, die eine geeignete kommissionsweite Aufsicht über die Betrugsbekämpfungsmaßnahmen sicherstellt. Dies könnte potenziell eine Aufgabe für das OLAF darstellen Empfehlung 4. Das strategische Betrugsrisikomanagement und die Verhinderung von Betrug werden im Portfolio keines einzigen Kommissionsmitglieds speziell erwähnt Ziffern 52-57).
Empfehlung 2 - Eine Führungsrolle bezüglich der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen der Kommission gewährleisten
2.1. Um die Betrugsbekämpfung vor dem Hintergrund ihrer kollegialen Verantwortung für die Verhinderung und Aufdeckung von Betrug besser zu koordinieren, sollte die Kommission sicherstellen, dass das strategische Betrugsrisikomanagement und die Verhinderung von Betrug ausdrücklich in das Portfolio eines Kommissionsmitglieds aufgenommen werden.
2.2. Die Kommission sollte sicherstellen, dass ihre neue Betrugsbekämpfungsstrategie
- sich auf eine ausführliche Analyse der Betrugsrisiken stützt, bei der ein breites Spektrum von Daten aus verschiedenen Quellen verwendet wird, um Ausmaß, Art und Ursachen von Betrug bei den EU-Ausgaben zu ermitteln;
- aussagekräftige Ziele und messbare Indikatoren enthält;
- eine Berichterstattung erfasst, die auf der Erreichung von Zielen basiert.
Zeitrahmen: bis Ende 2022.
Der Betrugsverhinderung wurde nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt
137Obwohl die Betrugssicherheitsmaßnahmen der Kommission auf das Jahr 2000 zurückgehen, enthielten erstmals alle übergeordneten Verordnungen für den Zeitraum 2014-2020 umfassende Bestimmungen zur Betrugsbekämpfung Ziffern 66-70).
138Die Bewertung des Betrugsrisikos vor der Annahme von Ausgabenregelungen und der Einrichtung von Kontrollen zur Betrugsbekämpfung ist eine potenziell wirksame Art und Weise, durch Betrug verursachte Verluste zu reduzieren. Für die Ausgabenprogramme 2014-2020 verlangte die Kommission eine solche Bewertung der Vorschriftsentwürfe aber erst zu einem späten Zeitpunkt des Verfahrens. Daher werden diese erst für die nächste Generation von Finanzierungsprogrammen nach 2021 eingeführt. Bei der geteilten Mittelverwaltung hat die Kommission die Mitgliedstaaten nicht aufgefordert, das Betrugsrisiko in ihren Programmen für den Zeitraum 2014-2020 zu bewerten, bevor die Programme angenommen werden. Dies ist jedoch der Bereich, in dem rund 70 % der EU-Haushaltsmittel verausgabt werden Ziffern 71-75).
139Die Nutzung von Daten zur Verhinderung von Betrug sowie zur Abschreckung kann eine wirksame Art und Weise sein, mit hohen Risiken verbundene Wirtschaftsteilnehmer zu bestimmen, bevor Mittel zugewiesen werden, oder die zukünftige Einhaltung der Vorschriften zu verbessern, indem Wirtschaftsteilnehmer und Einzelpersonen, denen Betrug nachgewiesen wurde, ausgeschlossen werden. Innerhalb der Kommission gibt es Initiativen auf Ebene der Generaldirektionen, solche Datenbanken einzurichten, doch werden diese Instrumente bisher eher in begrenztem Umfang eingesetzt, und ihre Nutzung wird nicht ausreichend koordiniert. Insbesondere die präventive und abschreckende Wirkung des Ausschluss- und Sanktionssystems der Kommission ist begrenzt, da die für Kohäsionspolitik und Landwirtschaft zuständigen Generaldirektionen nicht befugt sind, Ausschlussanträge für Wirtschaftsteilnehmer auf den Weg zu bringen, die Fördermittel aus diesen Fonds erhalten. Außerdem sind die Behörden der Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, Ausschlussentscheidungen zu berücksichtigen, wenn sie Finanzierungsbeschlüsse zulasten des EU-Haushalts treffen.
140Seit 2013 verfügen die GD EMPL und die GD REGIO über ihr eigenes intern entwickeltes Instrument zur Betrugsprävention, ARACHNE. Dieses Instrument ist potenziell wirksam, enthält derzeit aber nach wie vor keine ausreichenden Daten. Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, Informationen zu betrügerischen Wirtschaftsteilnehmern und den mit ihnen in Verbindung stehenden Privatpersonen bereitzustellen Ziffern 76-88).
Empfehlung 3
3.1. Was die Vorschriften zur Durchführung der Ausgabenprogramme im Zeitraum nach 2020 betrifft, so sollte die Kommission eine Betrugsrisikobewertung durchführen und auch die Mitgliedstaaten auffordern, eine eingehende Betrugsrisikobewertung vorzunehmen, bevor sie Programme annehmen.
Zieldatum für die Umsetzung: 2020.
3.2. Mit Blick auf ihr Ausschlusssystem sollte die Kommission
- sicherstellen, dass die Generaldirektionen das Früherkennungs- und Ausschlusssystem im Rahmen der direkten und der indirekten Mittelverwaltung nutzen;
- die Mitgliedstaaten dazu auffordern, betrügerische Wirtschaftsteilnehmer und die mit ihnen in Verbindung stehenden Privatpersonen zu ermitteln und kenntlich zu machen.
Die Kommission sollte alle Mitgliedstaaten mit Nachdruck dazu auffordern, sich aktiv an der Datenbank ARACHNE zu beteiligen, indem sie Daten zeitnah übermitteln und die Möglichkeiten von "Big Data" nutzen, um den betrügerischen und vorschriftswidrigen Einsatz von EU-Mitteln zu verhindern39.
Zeitrahmen: bis Ende 2019.
Die verwaltungsrechtlichen Untersuchungen des OLAF haben in weniger als der Hälfte der Fälle zu Strafverfolgung geführt; weniger als ein Drittel der Mittel wurden infolge seiner Untersuchungen wiedereingezogen
141Die justiziellen Empfehlungen des OLAF führen in rund 45 % der Fälle zu einer Strafverfolgung der Betrüger. Das derzeitige System, wonach das OLAF Untersuchungen einleitet, nachdem es Informationen aus anderen Quellen erhalten hat, und wonach auf die verwaltungsrechtlichen Untersuchungen des OLAF bei Betrugsverdacht häufig strafrechtliche Ermittlungen auf nationaler Ebene folgen, nimmt in zahlreichen Fällen viel Zeit in Anspruch und verringert somit die Chancen darauf, das eigentliche Ziel - Strafverfolgung - zu erreichen Ziffern 94-104).
142In etlichen Fällen, die Betrug oder Unregelmäßigkeiten betrafen, waren die GD nicht der Auffassung, dass die Berichte des OLAF genügend Informationen enthielten, um als Grundlage für die Einleitung einer Wiedereinziehung von zu Unrecht ausgezahlten Mitteln zu dienen. In diesen Fällen ergreifen die GD weitere Schritte (oder geben sie in Auftrag), um zu entscheiden, ob eine Wiedereinziehung möglich ist, oder sie stützen sich auf die im Rahmen ihrer eigenen Audits erlangten Nachweise Ziffern 105-124).
Empfehlung 4 - Rolle und Zuständigkeiten des OLAF bei der Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben im Lichte der Errichtung der EUStA überdenken
Die Kommission sollte die Rolle und die Zuständigkeiten des OLAF bei der Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben im Lichte der Errichtung der EUStA überdenken.
Insbesondere sollte sie dem Europäischen Parlament und dem Rat Maßnahmen vorschlagen, um dem OLAF eine strategische und Aufsicht führende Rolle bei den Betrugsbekämpfungsmaßnahmen der EU einzuräumen.
Dazu könnte gehören, dass das OLAF als Aufsicht führende Einrichtung zuständig ist für
- die Leitung der Gestaltung, die Überwachung und Beaufsichtigung der Umsetzung der Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission, mit einem spezifischen Schwerpunkt auf der Bereitstellung einer detaillierten Analyse von Betrugsmustern (Vorgehensweisen) und Betrugsursachen in Echtzeit;
- die Koordinierung und Überwachung von Betrugsbekämpfungsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten.
Zeitrahmen: bis Ende 2022.
Dieser Bericht wurde von Kammer V unter Vorsitz von Herrn Lazaros S. LAZAROU, Mitglied des Rechnungshofs, in ihrer Sitzung vom 14. November 2018 in Luxemburg angenommen.
Für den Rechnungshof

Klaus-Heiner LEHNE
Präsident
Anhänge
Anhang I
Auszüge aus einschlägigen Rechtstexten
Artikel 3 der PIF-Richtlinie
"Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union
2. Für die Zwecke dieser Richtlinie sollte Folgendes als 'Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union" angesehen werden:
- in Bezug auf Ausgaben, die nicht im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe stehen, jede Handlung oder Unterlassung betreffend
- die Verwendung oder Vorlage falscher, unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen oder Unterlagen mit der Folge, dass Mittel oder Vermögenswerte aus dem Gesamthaushalt der Union oder aus den Haushalten, die von der Union oder in deren Auftrag verwaltet werden, unrechtmäßig erlangt oder zurückbehalten werden,
- das Verschweigen einer Information unter Verletzung einer spezifischen Pflicht mit derselben Folge oder
- die missbräuchliche Verwendung dieser Mittel oder Vermögenswerte zu anderen Zwecken als denen, für die sie ursprünglich gewährt wurden;
- in Bezug auf Ausgaben im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe, zumindest wenn sie in der Absicht begangen wird, dem Täter oder einer anderen Person durch Schädigung der finanziellen Interessen der Union einen rechtswidrigen Vorteil zu verschaffen, jede Handlung oder Unterlassung betreffend
- die Verwendung oder Vorlage falscher, unrichtiger oder unvollständiger Erklärungen oder Unterlagen mit der Folge, dass Mittel oder Vermögenswerte aus dem Gesamthaushalt der Union oder aus den Haushalten, die von der Union oder in deren Auftrag verwaltet werden, unrechtmäßig erlangt oder zurückbehalten werden,
- das Verschweigen einer Information unter Verletzung einer spezifischen Pflicht mit derselben Folge oder
- die missbräuchliche Verwendung dieser Mittel oder Vermögenswerte zu anderen Zwecken als denen, für die sie ursprünglich gewährt wurden, wodurch die finanziellen Interessen der Union geschädigt werden."
Artikel 325 AEUV
"Die Union und die Mitgliedstaaten bekämpfen Betrügereien und sonstige gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen mit Maßnahmen nach diesem Artikel, die abschreckend sind und in den Mitgliedstaaten sowie in den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union einen effektiven Schutz bewirken."
Anhang II
Am Betrugsrisikomanagement beteiligte Stellen der EU und der Mitgliedstaaten
Einrichtungen | Verhinderung (Governance und Führung im Bereich der Betrugsbekämpfung, Betrugsrisikobewertung, Betrugsbekämpfungsstrategien, präventive Kontrollen, Informationen) | Aufdeckung (aufdeckende Betrugskontrollen, Beschwerdeverfahren bei Betrug) | Untersuchung (verwaltungs- und strafrechtliche Untersuchung) | Reaktion (Sanktionen, Wiedereinziehungen, Strafverfolgung, Leistungsmessung und Berichterstattung) |
---|---|---|---|---|
OLAF | √ | √ | √ | |
Untersuchungs- und Disziplinaramt | √ | √ | ||
Generaldirektionen der Kommission | √ | √ | √ | |
Eurojust | √ | |||
Europol | √ | |||
Nationale Verwaltungsbehörden | √ | √ | √ | √ |
Nationale Justiz- und Strafverfolgungsbehörden | √ | √ | √ | |
EUStA | √ | √ |
Anhang III
Jüngste Gesetzgebungsinitiativen im Bereich der Betrugsbekämpfung in der EU
- Die Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (PIF-Richtlinie) wurde von den Mitgesetzgebern am 5. Juli 2017 angenommen. Die Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit (bis zum 6. Juli 2019), sie in nationales Recht umzusetzen. Sie dient der Harmonisierung der Definition von vier Straftatbeständen (Betrug, Korruption, Geldwäsche und missbräuchliche Verwendung) sowie der Sanktionen und Verjährungsfristen.
- Die Verordnung 2017/1939 zur Errichtung der EUStA wurde im Oktober 2017 angenommen. Die EUStA wird ihre Arbeit voraussichtlich Ende 2020 oder Anfang 2021 in 22 Mitgliedstaaten aufnehmen und wird für die Ermittlungen in Straftaten zum Nachteil des EU-Haushalts einschließlich schwerwiegenden grenzüberschreitenden MwSt.-Betrugs in Höhe von mehr als 10 Millionen Euro zuständig sein.
- Der Vorschlag zur Änderung der OLAF-Verordnung Nr. 883/2013 (COM(2018) 338) über die Untersuchungen des OLAF im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der EUStA und die Wirksamkeit der Untersuchungen des OLAF wurde im Mai 2018 angenommen.
- Die neue Haushaltsordnung trat im Juli 2018 in Kraft.
Anhang IV
Ereignisse, die dazu führen, dass Mitgliedstaaten der Kommission Fälle von Betrug melden, in denen strafrechtlich ermittelt wird
Verfahrensschritt | BE | BG | CZ | DK | DE | EE | IE | EL | ES | FR | HR | IT | CY | LV | LT | LU | HU | MT | NL | AT | PL | PT | RO | SI | SK | FI | SE | UK |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Nach der Anklage | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | ||||||||||||||||||||
Nach dem Urteil in erster Instanz | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | |||||||||||||||||||||
Nach dem rechtskräftigen Urteil - rechtkräftige Gerichtsentscheidung | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | |||||||||||||
Sonstiges | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ | √ |
Anhang V
Rollen und Zuständigkeiten innerhalb der Kommission in Bezug auf die Ergebnisse der Bekämpfung von Betrug bei den EU-Ausgaben
* Die Konsultation des OLAF zu allen anderen Maßnahmen in der Planungs- und Durchführungsphase ist fakultativ, es sei denn, die Maßnahmen beruhen auf einer Empfehlung des OLAF.
** Der Interne Auditdienst hat, basierend auf seiner Charta und internationalen Standards, zu keinerlei Zeitpunkt des Zyklus der Betrugsbekämpfung Managementverantwortung.
*** Die Clearing House Group kann auf Einzelfallbasis informiert werden, nicht einem allgemeinem systemischen Ansatz folgend.
**** Der Auditbegleitausschuss wird über in diesen Bereichen auftretende Probleme indirekt informiert, d. h. auf der Grundlage interner und/oder externer Prüfungsfeststellungen. Er wird über die zentralen Punkte der JTB und den Entwurf der AMPR informiert.
Der Hof hat die wichtigsten an der Betrugsbekämpfung beteiligten Akteure in die folgenden vier Kategorien unterteilt:
- Verantwortlich: Person oder Einrichtung, die eine bestimmte Aufgabe tatsächlich erfüllt und/oder der Öffentlichkeit gegenüber letztlich verantwortlich ist für die Umsetzung einer Tätigkeit oder Entscheidung.
- Konsultiert: Person oder Einrichtung, die zu einer bestimmten Maßnahme oder Entscheidung Stellung nimmt, bevor diese ergriffen oder getroffen wird; dazu gehören die Erstellung/Überarbeitung oder Vorstellung von Dokumentenentwürfen für die Entscheidungsträger.
- Informiert: Person oder Einrichtung, die zu informieren ist, nachdem eine Entscheidung getroffen oder eine Maßnahme ergriffen wird. Sie muss möglicherweise je nach Ergebnis tätig werden.
- Nicht beteiligt.
Anhang VI
Literaturverzeichnis
Alina Mungiu-Pippidi (2013), "The Good, the Bad and the Ugly: Controlling corruption in the European Union", Berlin.
Fabio Giuffrida, "The European Public Prosecutor’s Office: King without kingdom?" (2017), CEPS Research Report No 3/2017, S. 14, https://www.ceps.eu/publications/european-public-prosecutor %E2 %80 %99s-office-king-without-kingdom.
Golden, Miriam und Picci, Lucio (2005), "Proposal for a New Measure of Corruption, and Tests using Italian Data", Economics and Politics. Bd. 17, 2005, S. 37-75.
Mark Button und Jim Gee (2015), "The financial cost of fraud 2015 - What the latest data from around the world shows", PKF Littlejohn LLP & PKF; siehe auch Brooks, G., Button, M. und Gee, J. (2012), "The scale of healthcare fraud: a global evaluation", Security Journal, Bd. 25 Nr. 2, S. 76-87.
Mark Button, Chris Lewis, David Shepherd, Graham Brooks und Alison Wakefield (2012), "Fraud and Punishment: Enhancing Deterrence Through More Effective Sanctions", Centre for Counter Fraud Studies, Universität Portsmouth.
Mihaly Fazekas und Peter Lawrence King (2018), "Perils of development funding? The tale of EU Funds and grand corruption in Central and Eastern Europe". Regulation & Governance 2018, S. 14-15.
Mihaly Fazekas und Gábor Kocsis (2017), "Uncovering High-Level Corruption: Cross-National Corruption Proxies Using Public Procurement Data". British Journal of Political Science, online verfügbar.
Mihaly Fazekas, István János Tóth und Peter Lawrence King (2016), "An Objective Corruption Risk Index Using Public Procurement Data". European Journal of Criminal Policy and Research, 22(3), S. 369-397.
Mihaly Fazekas und István János Tóth (2017), "Corruption in EU Funds? Europe-wide evidence on the corruption effect of EU-funded public contracting". In: J. Bachtler et al. (Hrsg.), EU Cohesion Policy. Reassessing performance and direction. Kap. 13. Routledge, London, S. 186-205.
Paulo Mauro (1996), "The Effects of Corruption on Growth, Investment and Government Expenditure", Internationaler Währungsfonds, WP/96/98.
Paulo Mauro (1998), "Corruption and the composition of government expenditure", Internationaler Währungsfonds, Journal of Public Economics 69.
Jajkowicz, O. und Drobiszova, A. (2015), "The Effect of Corruption on Government Expenditure Allocation in OECD Countries", Acta Universitatis Agriculturae et Silviculturae Mendelianae Brunensis, Bd. 63.
Akronyme und Abkürzungen
AFCOS: Anti-fraud coordination services (Koordinierungsstellen für die Betrugsbekämpfung)
AFS: Anti-fraud strategy (Betrugsbekämpfungsstrategie)
AMPR: Annual management and performance report (Management- und Leistungsbilanz)
CAFS: Commission anti-fraud strategy (Betrugsbekämpfungsstrategie der Kommission)
EDES: Early detection and exclusion system (Früherkennungs- und Ausschlusssystem)
EuGH: Gerichtshof der Europäischen Union
EUStA: Europäische Staatsanwaltschaft
GD: Generaldirektion
IMS: Irregularity management system (Berichterstattungssystem für Unregelmäßigkeiten)
JTB: Jährlicher Tätigkeitsbericht
MFR: Mehrjähriger Finanzrahmen
OLAF: Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung
PACA: Premier acte de constat administratif ou judiciaire (erste amtliche oder gerichtliche Feststellung)
PIF: Protection des intérêts financiers de l'Union européenne (Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union)
Glossar
Anklageschrift: Offizielle Benachrichtigung einer natürlichen oder juristischen Person durch die Staatsanwaltschaft über die gegen sie erhobene Beschuldigung, dass ihr eine Straftat zur Last gelegt wird. Mit der Anklageschrift wird das Strafverfahren eingeleitet.
Aufgedeckter Betrug: Aufgedeckter Betrug schließt mutmaßliche und festgestellte Fälle von Betrug ein.
Berichterstattungssystem für Unregelmäßigkeiten (Irregularity management system, IMS): Das Berichterstattungssystem für Unregelmäßigkeiten ist ein sicheres elektronisches Tool zur Berichterstattung über Unregelmäßigkeiten sowie zu ihrer Verwaltung und Analyse. Das IMS ist Teil des Informationssystems für die Betrugsbekämpfung (Anti-fraud Information System, AFIS), das vom OLAF entwickelt wurde und betrieben wird und den Informationsaustausch zwischen dem OLAF und den zuständigen Verwaltungsstellen erleichtert.
Bessere Rechtsetzung: Gestaltung von Politik und Rechtsvorschriften in einer Weise, dass die damit angestrebten Ziele mit einem möglichst geringen Kostenaufwand erreicht werden. Mit einer besseren Rechtsetzung soll sichergestellt werden, dass die EU die ehrgeizigen politischen Ziele, die sie sich selbst gesetzt hat, tatsächlich verwirklicht. Bessere Rechtsetzung heißt, zu gewährleisten, dass die gewählte politische Lösung die beste und aufwandärmste Möglichkeit ist, um diese Ziele zu erreichen. So soll gewährleistet werden, dass politische Entscheidungen offen und transparent vorbereitet werden, sich auf die besten verfügbaren Fakten stützen und von allen Beteiligten, die umfassend einbezogen werden, mitgetragen werden. (Quelle: "Better Regulation toolbox" - Instrumentarium für eine bessere Rechtsetzung.)
Betrug: Betrug ist eine vorsätzliche Täuschung in der Absicht, sich selbst zu bereichern oder einem Dritten Schaden zuzufügen (Anhang I).
Betrugsrisiko: Im Einklang mit dem Leitfaden zum Betrugsrisikomanagement des Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission (COSO) aus dem Jahr 2016 sollten Organisationen umfassende Bewertungen des Betrugsrisikos vornehmen, um spezifische Betrugssysteme und -risiken zu ermitteln, ihre Wahrscheinlichkeit und ihre Implikationen zu beurteilen, eine Evaluierung der vorhandenen Betrugskontrollen vorzunehmen und Maßnahmen zur Minderung von Betrugsrestrisiken umzusetzen.
Erste amtliche oder gerichtliche Feststellung (Premier acte de constat administratif ou judiciaire, PACA): "Erste amtliche oder gerichtliche Feststellung" bezeichnet eine erste schriftliche Bewertung einer zuständigen Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde, in der diese anhand konkreter Tatsachen zu dem Schluss kommt, dass eine Unregelmäßigkeit vorliegt. Dieser Schluss kann aufgrund des weiteren Verlaufs des Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens möglicherweise revidiert oder zurückgezogen werden.
Fehler: Unregelmäßigkeit, die sich aus einem Verstoß gegen rechtliche oder vertragliche Anforderungen ergibt.
Festgestellter Betrug: Festgestellter Betrug ist gegeben, wenn ein Strafgericht in einem rechtskräftigen Urteil entschieden hat, dass "Betrug" vorliegt.
Finanzkorrekturen: Finanzkorrekturen können von einem Mitgliedstaat durch Abzug vorschriftswidriger Ausgaben von seinem Zahlungsantrag, durch Zahlung einer Einziehungsanordnung der Kommission oder durch Aufhebung der Mittelbindung umgesetzt werden. Der Abzug kann auf zwei Arten erfolgen - durch Herausnahme oder Wiedereinziehung bei den Begünstigten.
Folgenabschätzung: Folgenabschätzungen tragen durch systematische Sammlung und Analyse von Informationen zu geplanten Interventionen und durch Abschätzung ihrer voraussichtlichen Auswirkungen zur Entscheidungsfindung der EU bei. Folgenabschätzungen müssen - mit einigen klar festgelegten Ausnahmen - für alle wichtigen politischen Initiativen (d. h. die in der Jährlichen Strategieplanung bzw. in weiterer Folge im Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission (Commission’s legislative work programme, CLWP) enthaltenen Initiativen) durchgeführt werden. Darüber hinaus können andere wesentliche Initiativen auf Einzelfallbasis Folgenabschätzungen unterzogen werden.
Früherkennungs- und Ausschlusssystem (Early Detection and Exclusion System, EDES): Das EDES ist das neue Ausschlusssystem, das die Kommission zum 1. Januar 2016 eingerichtet hat, um die finanziellen Interessen der EU vor unzuverlässigen Wirtschaftsteilnehmern zu schützen. Es dient der frühzeitigen Erkennung dieser Wirtschaftsteilnehmer, ihrem Ausschluss vom Erhalt von EU-Mitteln, der Verhängung von Geldstrafen und in besonders schweren Fällen der Veröffentlichung von Informationen über den Ausschluss oder Sanktionen.
Korruption: Korruption ist der Missbrauch einer Machtposition zur Erlangung privater Vorteile. Dazu gehört jegliche Handlung oder Unterlassung, mit der eine Vertrauensstellung in einer öffentlichen Funktion missbraucht oder versucht wird, den Missbrauch einer solchen Vertrauensstellung herbeizuführen, um einen ungerechtfertigten Vorteil zu erlangen.
Mutmaßlicher Betrug (auch: Betrugsverdacht): Eine Unregelmäßigkeit, die im betreffenden Mitgliedstaat zur Einleitung eines Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren führt, um festzustellen, ob ein vorsätzliches Verhalten vorliegt, wird von der Kommission und den Mitgliedstaaten als "mutmaßlicher Betrug"/"Betrugsverdacht" eingestuft.
Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union (Protection des intérêts financiers de l'Union européenne, PIF): Der Schutz der finanziellen Interessen der EU ist ein zentraler Punkt auf der politischen Agenda der EU, der der Stärkung und Steigerung des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger dienen und gewährleisten soll, dass ihr Geld ordnungsgemäß verwendet wird. Der Schutz erstreckt sich nicht nur auf die Verwaltung von Haushaltsmitteln, sondern auch auf sämtliche Maßnahmen, die die Vermögenswerte der Union beeinträchtigen oder die Vermögenswerte der Mitgliedstaaten, soweit diese Maßnahmen für die Politiken der EU von Belang sind.
Strafrechtliche Verurteilung: Gerichtsurteil, in dem der Angeklagte für schuldig befunden wird, eine Straftat begangen zu haben. Eine Person gilt erst dann als verurteilt, wenn das Urteil rechtskräftig ist.
Strafverfolgung: Entscheidung der Staatsanwaltschaft, einem Beschuldigten eine Straftat zur Last zu legen.
Unregelmäßigkeit: Eine Unregelmäßigkeit ist eine Handlung, die den EU-Vorschriften zuwiderläuft und potenziell den finanziellen Interessen der EU schadet. Sie kann Folge eines versehentlichen Fehlers sein, der sowohl den Begünstigten bei der Beantragung von Mitteln und der Behörde bei der Entscheidung über die Zahlung unterlaufen ist. Eine bewusst begangene Unregelmäßigkeit ist Betrug.
Endnoten
1 Siehe die Legaldefinition in Artikel 3 der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (PIF-Richtlinie).
2 Siehe Erwägungsgrund 8 der PIF-Richtlinie.
3 Siehe die Legaldefinition in Artikel 4 der Richtlinie (EU) 2017/1371 (PIF-Richtlinie).
4 Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates.
5 Siehe Artikel 32 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (Haushaltsordnung).
6 Siehe Artikel 3 der PIF-Richtlinie.
7 Siehe Artikel 17 der PIF-Richtlinie.
8 Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates.
9 Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Österreich, Portugal, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik und Zypern. Die Niederlande und Malta haben sich im Laufe des Jahres 2018 an der EUStA beteiligt.
10 Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA).
11 Siehe Ziffern 1.35-1.36 des Jahresberichts des Hofes zum Haushaltsjahr 2016.
12 Siehe die Stellungnahme Nr. 1/2018 des Hofes zu dem Vorschlag vom 2. Mai 2018 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten, die Stellungnahme Nr. 9/2018 des Hofes zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Aufstellung des Betrugsbekämpfungsprogramms der EU sowie die Stellungnahme Nr. 8/2018 des Hofes zu dem Vorschlag der Kommission vom 23. Mai 2018 zur Änderung der OLAF-Verordnung Nr. 883/2013 im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft und die Wirksamkeit der Untersuchungen des OLAF.
13 Im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Kommission zur Betrugsprävention untersuchte der Hof außerdem die administrativen Empfehlungen des OLAF.
14 Bei den einschlägigen Bestimmungen handelt es sich um Artikel 122 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013; Artikel 50 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013; Artikel 30 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 223/2014; Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 514/2014 und Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 1309/2013.
15 Jahresbericht über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union und die Betrugsbekämpfung (2017), COM(2018) 553 final.
16 In Punkt 2.4 der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen (2016)237 final sind die methodologischen Annahmen erklärt, die der Analyse der gemeldeten Unregelmäßigkeiten zugrunde liegen.
17 Siehe Artikel 1 Absatz 2 und Artikel 7 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften; Artikel 2 Absatz 37 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013; Artikel 2 Absatz 17 der Verordnung (EU) Nr. 223/2014; Erwägungsgrund 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/1971 der Kommission und Erwägungsgrund 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/1973 der Kommission.
18 Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Delegierten Verordnungen 2015/1970, 2015/1971, 2015/1972, 2015/1973.
19 "Handbook on requirement to report irregularities", COCOLAF/23-05-17/8.2/EN; Artikel 2 Buchstabe b der delegierten Verordnungen (EU) 2015/1970, 2015/1971 und 2015/1973 der Kommission.
20 Artikel 2 Buchstabe b der delegierten Verordnungen (EU) 2015/1970, 2015/1971, 2015/1972 und 2015/1973 der Kommission enthält eine Bestimmung des Begriffs "erste amtliche oder gerichtliche Feststellung". Diese delegierten Verordnungen werden auf der Grundlage der Befugnisse angenommen, die in den einschlägigen Basisrechtsakten übertragen werden; einer davon ist die Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen (Artikel 122).
21 Fazekas, M., und Kocsis, G., (2017); Fazekas, M., Tóth, I. J., und King, P. L., (2016); Golden, M., und Picci, L. (2005). Außerdem hat das Centre for Counter Fraud Studies der Universität Portsmouth eine Methode zur Messung der durch Betrug verursachten Verluste entwickelt. Siehe Button, M., und Gee, J. (2015).
22 Fazekas, M., und Kocsis, G., (2017); Fazekas, M., Tóth, I. J., und King, P. L., (2016); S. 369-397.
23 Siehe beispielsweise die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2017) 266 final, Teil 2/2, Tabelle CP16, S. 64, Begleitunterlage zum PIF-Bericht.
24 Im Jahr 2017 veröffentlichte das OLAF ein fünftes Fallkompendium zu internen Untersuchungen.
25 GD EMPL, REGIO, AGRI, RTD und HOME.
26 https://www.moorestephens.co.uk/services/governance-risk-and-assurance/rhiza-risk-management-tool/global-fraud-risk-register#.
27 Jahresbericht des Hofes zum Haushaltsjahr 2014, S. 229.
28 Mungiu-Pippidi, A., (2013), S. 10f.
29 "A Framework for Managing Fraud Risks in Federal Programmes", GAO, Juli 2015, GAO-15-593SP, S. 10.
30 Übereinkommen der OECD über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr.
31 http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=325&intPageId=3587&langId=de.
32 KOM(2000) 200 endg./2 - Die Reform der Kommission - Ein Weißbuch - Teil II - Aktionsplan, Maßnahme 94.
33 Betrugsprävention auf der Grundlage operativer Ergebnisse: ein dynamisches Konzept für die Betrugssicherheit von Rechtsvorschriften, SEK(2007) 1676.
34 Gemäß Grundsatz 8 des "Internal Control - Integrated Framework" des Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission aus dem Jahr 2013 müssen Organisationen bei der Bewertung der Risiken hinsichtlich der Erreichung von Zielen das Betrugspotenzial berücksichtigen.
35 Bessere Ergebnisse durch bessere Rechtsetzung - Eine Agenda der EU - COM(2015) 215 final.
36 PIF-Bericht 2016, COM(2017) 383 final.
37 World Bank, "Annual Update, Integrity Vice-Presidency", S. 28, http://pubdocs.worldbank.org/en/703921507910218164/2017-INT-Annual-Update-FINAL-spreads.pdf.
39 Siehe Sonderbericht des Hofes Nr. 10/2015 - Die Bemühungen um eine Lösung der Probleme im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe bei Kohäsionsausgaben der EU sollten verstärkt werden.
40 Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates.
41 Im Zeitraum 2012-2016 sprach das OLAF in rund 21 % der von ihm mit einer finanziellen Empfehlung abgeschlossenen Untersuchungen gleichzeitig eine justizielle Empfehlung aus.
42 Zusätzlich zu den externen Untersuchungen ist das OLAF auch befugt, interne Untersuchungen innerhalb der EU-Organe durchzuführen. Diese spezielle Aufgabe des OLAF hat der Hof im Zuge dieser Prüfung nicht bewertet. Zu den administrativen Empfehlungen siehe Ziffer 70.
43 https://bsr.bm.hu/SitePages/Nyitolap.aspx, eingesehen am 15. Februar 2018.
44 Die Abteilung für Betrugsbekämpfung (DLAF) ist eine nationale rumänische Behörde, die über Ermittlungsbefugnisse verfügt und für den Schutz der finanziellen Interessen der EU in diesem Land zuständig ist. Siehe die Statistik im Jahresbericht 2016 der DLAF, S. 11.
45 Analyse der Weiterverfolgung der vom OLAF zwischen Januar 2008 und Dezember 2015 vorgelegten justiziellen Empfehlungen durch die Mitgliedstaaten, S. 1.
46 Gemäß Artikel 12 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 "kann das Amt innerhalb einer angemessenen Frist den zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten die im Laufe externer Untersuchungen erlangten Informationen übermitteln, damit sie geeignete Maßnahmen gemäß ihren nationalen Rechtsvorschriften ergreifen können".
47 Siehe den OLAF-Bericht 2017, S. 53.
48 Bei 59 von 150 Fällen mit Wiedereinziehung infolge finanzieller Empfehlungen des OLAF beläuft sich der wiedereingezogene Betrag auf 70 % oder weniger als vom OLAF empfohlen.
49 "Does crime still pay? Criminal asset recovery within the EU; Survey of statistical information 2010-2014", Europol, 2016.
50 Beschluss der Kommission vom 19.12.2013 zur Festlegung und Genehmigung der Leitlinien für die Festsetzung von Finanzkorrekturen, die die Kommission bei Verstößen gegen die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge auf von der EU im Rahmen der geteilten Mittelverwaltung finanzierte Ausgaben anwendet, C(2013) 9527 final.
51 Die GD DEVCO vergibt außerdem Finanzhilfeverträge und Aufträge sowie Budgethilfen im Rahmen der direkten Mittelverwaltung. Der Schwerpunkt der Prüfung des Hofes lag jedoch auf der indirekten Mittelverwaltung.
52 Werden ausschließlich die vom OLAF im Zeitraum 2012-2014 vorgelegten finanziellen Empfehlungen berücksichtigt, so steigt dieser Anteil auf 82 %.
53 Die Niederlande und Malta haben sich im Laufe des Jahres 2018 an der EUStA beteiligt.
54 Die Kommission veranschlagt die Kosten der EUStA mit 115 Mitarbeitern auf 21 Millionen Euro pro Jahr.
55 Siehe Erwägungsgrund 51 der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA).
56 Siehe Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA).
57 2005 wurde die Meldeschwelle von 4000 EUR auf 10 000 EUR erhöht. Damals wurde die Höhe der dadurch verlorenen Informationen geschätzt: Die heraufgesetzte Schwelle hätte zu einem Rückgang von etwa 45 % bei der gemeldeten Zahl von Verstößen, jedoch zu einem Verlust von nur 5 % der damit verbundenen finanziellen Beträge geführt. Übertragen auf die Betrugsaufdeckungsquote im Jahr 2017 würde dies einen Wert von 0,22 % statt von 0,21 % bedeuten.
58 https://www.moorestephens.co.uk/news-views/november-2017/misspending-public-money-is-top-risk-area-for-frau
59 Bezüglich der Bedeutung von Betrug bei der Auftragsvergabe siehe OLAF-Bericht 2016, S. 15-18.
60 SEK(2007) 1676.
61 Verordnung (EG) Nr. 2035/2005 der Kommission vom 12. Dezember 2005, ABl. L 328 vom 15.12.2005, S. 8.
62 https://ec.europa.eu/info/files/better-regulation-toolbox-25_en.
63 Vgl. Artikel 325 AEUV.
64 Vgl. die jüngste Version des Berichts der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: „29. Jahresbericht über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union und die Betrugsbekämpfung (2017)“, Brüssel, 3.9.2018, COM(2018) 553 final. Eine ähnliche Tendenz lässt sich auch bei anderen Systemen beobachten, die auf ergänzenden Untersuchungen auf EU- und nationaler Ebene beruhen (z. B. die Durchsetzung von EU-Wettbewerbsregeln, siehe http://ec.europa.eu/competition/ecn/statistics.html).
65 Siehe OLAF-Bericht 2017.
66 KOM(2011) 376 endgültig, S. 9, Abschnitt über Betrugsverhütung.
Verfahrensschritt | Datum |
---|---|
Annahme des Prüfungsplans/Prüfungsbeginn | 4.4.2017 |
Offizielle Übermittlung des Berichtsentwurfs an die Kommission (oder eine andere geprüfte Stelle) | 26.6.2018 |
Annahme des endgültigen Berichts nach Abschluss des kontradiktorischen Verfahrens | 14.11.2018 |
Eingang der offiziellen Antworten der Kommission (oder einer anderen geprüften Stelle) in allen Sprachen | EN: 8.1.2019 |
Prüfungsteam
Die Sonderberichte des Hofes enthalten die Ergebnisse seiner Prüfungen zu Politiken und Programmen der Europäischen Union oder zu Fragen des Finanzmanagements in spezifischen Haushaltsbereichen. Bei der Auswahl und Gestaltung dieser Prüfungsaufgaben ist der Hof darauf bedacht, maximale Wirkung dadurch zu erzielen, dass er die Risiken für die Wirtschaftlichkeit oder Regelkonformität, die Höhe der betreffenden Einnahmen oder Ausgaben, künftige Entwicklungen sowie das politische und öffentliche Interesse abwägt.
Diese Wirtschaftlichkeitsprüfung wurde von Prüfungskammer V "Finanzierung und Verwaltung der Union" unter Vorsitz von Lazaros S. Lazarou, Mitglied des Hofes, durchgeführt. Die Prüfung stand unter der Leitung von Juhan Parts, Mitglied des Hofes. Herr Parts wurde unterstützt von seinem Kabinettchef Ken-Marti Vaher, seinem Attaché Margus Kurm, der Leitenden Managerin und Aufgabenleiterin Judit Oroszki, dem stellvertretenden Aufgabenleiter Tomasz Plebanowicz sowie den Prüferinnen und Prüfern Rogelio Abarquero Grossi, Daria Bochnar, Jana Janeckova und Anzela Poliulianaite. Michael Pyper leistete sprachliche Unterstützung und Valérie Tempez-Erasmi erledigte Sekretariatsaufgaben.

Von links nach rechts: Ken-Marti Vaher, Judit Oroszki, Tomasz Plebanowicz, Juhan Parts, Michael Pyper, Daria Bochnar, Anzela Poliulianaite, Jana Janeckova, Rogelio Abarquero Grossi, Valérie Tempez-Erasmi, Margus Kurm.
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