Handelspolitische Schutzinstrumente: Wirkungsvoller Schutz von EU-Unternehmen gegen gedumpte und subventionierte Einfuhren
Über den Bericht:
Die EU-Handelspolitik sieht Maßnahmen zum Schutz europäischer Unternehmen gegen unfaire Praktiken im internationalen Handel vor. Bei Vorliegen solcher Fälle kann die Europäische Kommission Antidumping- oder Antisubventionszölle einführen, um den fairen Wettbewerb wiederherzustellen. Der Hof untersuchte, ob die Kommission diese Politik erfolgreich durchgesetzt hat. Er kam zu dem Schluss, dass das System zur Einführung von Handelsschutzmaßnahmen gut funktioniert. Die Kommission hielt die vorgeschriebenen Verfahren während der Untersuchungen ordnungsgemäß ein und untermauerte ihre Entscheidungen in zufriedenstellender Weise. Sie könnte jedoch mehr tun, um die handelspolitischen Schutzinstrumente besser bekannt zu machen, bestimmte Kontrollen besser dokumentieren und die Art und Weise verbessern, wie sie die Maßnahmen und die Gesamtwirksamkeit der Politik überwacht.
Sonderbericht des Hofes gemäß Artikel 287 Absatz 4 Unterabsatz 2 AEUV.
Zusammenfassung
IAls Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) und aufgrund ihrer eigenen Werte ist die Europäische Union dem freien Handel verpflichtet. Sind europäische Wirtschaftszweige jedoch unfairen Handelspraktiken (wie Dumping oder Subventionierung) durch Drittländer ausgesetzt, sollte die EU sie wirksam schützen. Diese Praktiken führen dazu, dass Waren aus Drittländern in der EU zu künstlich niedrig gehaltenen Preisen verkauft werden, sodass die betroffenen Wirtschaftszweige mit unfairen Wettbewerbsbedingungen konfrontiert sind.
IIDie Europäische Union setzt sich gegen unlautere Handelspraktiken mit handelspolitischen Schutzinstrumenten (Trade Defence Instruments, TDI) zur Wehr. Die Europäische Kommission muss untersuchen, ob Subventionierung oder Dumping vorliegt und die von den europäischen Wirtschaftszweigen dadurch erlittene Schädigung sowie die potenziellen Folgen solcher Maßnahmen für die Wirtschaft der EU insgesamt ermitteln. Sind alle rechtlichen Kriterien erfüllt, führt die Kommission im Wege von Durchführungsverordnungen Zölle (oder andere Maßnahmen) ein. Außerdem unterstützt sie europäische Wirtschaftszweige in Antidumping- oder Antisubventionsuntersuchungen, die von Drittländern eingeleitet werden.
IIIDer Hof untersuchte, ob die Kommission die Handelsschutzpolitik erfolgreich durchgesetzt hat. Er überprüfte insbesondere, ob sie die Verfahren ordnungsgemäß einhielt und ihre Entscheidungen auf fundierte Analysen stützte. Außerdem sollte festgestellt werden, ob die Kommission die eingeführten Maßnahmen sorgfältig überwachte und über ihre einschlägigen Tätigkeiten genau berichtete. Darüber hinaus erstreckte sich die Analyse auf die Beteiligung der Kommission am Forum der Welthandelsorganisation und an Untersuchungen, die von Drittländern eingeleitet wurden. Da handelspolitische Schutzinstrumente vor dem Hintergrund wachsender Spannungen in der internationalen Handelspolitik zunehmend an Bedeutung gewinnen, hat der Hof beschlossen, diesen Bereich erstmals zu prüfen.
IVDie Prüfung bezog sich auf die von der Kommission im Zeitraum 2016-2019 ergriffenen Maßnahmen. Die Prüfungsnachweise wurden durch Überprüfung von Unterlagen (einschließlich einer Stichprobe von 10 Untersuchungen) sowie Befragungen von zuständigen Mitarbeitern der Kommission, mitgliedstaatlichen Behörden und Interessenträgern erlangt.
VDer Hof gelangt zu der Gesamtschlussfolgerung, dass die Kommission die Handelsschutzpolitik erfolgreich durchgesetzt hat. Sie hielt die Verfahren während der Untersuchungen ordnungsgemäß ein und stellte die Gleichbehandlung aller betroffenen Parteien sicher. Das Ergebnis der Bewertung des Vertraulichkeitsstatus der eingereichten Unterlagen wurde jedoch nicht systematisch dokumentiert. Die Untersuchungen bedeuten für die Parteien einen sehr großen Verwaltungsaufwand, was aber durch die rechtlichen Anforderungen gerechtfertigt war. Die Kommission hat allerdings wenig unternommen, um die handelspolitischen Schutzinstrumente, die derzeit nur von wenigen Wirtschaftszweigen genutzt werden, besser bekannt zu machen.
VIWie der Hof feststellte, hat die Kommission ihre im Zuge von TDI-Untersuchungen getroffenen Entscheidungen zwar gut begründet, den Wirtschaftszweigen jedoch lediglich informellen Rat erteilt, bevor diese offizielle Anträge stellten. Die Analysen, auf die sich die Kommission für ihre Entscheidungen stützte, waren fundiert und umfassend. Der Hof stellte jedoch fest, dass die Bewertung der einschlägigen Wettbewerbsaspekte im Rahmen der „Prüfung des Unionsinteresses“ verbessert werden könnte.
VIIObwohl die betroffenen Waren in den Durchführungsverordnungen klar angegeben waren, fiel den nationalen Zollbehörden die Umsetzung der Verordnungen mitunter nicht leicht. Dies ist ein gravierendes Problem, wenn TDI-Zölle wirksam erhoben werden sollen. Die Kommission hat die Maßnahmen sorgfältig überwacht, beschränkte ihre Tätigkeit im Wesentlichen aber auf die Kontrollen, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist. Diejenigen Überwachungsinstrumente, bei denen die Kommission größeren Ermessensspielraum hat, wurden kaum genutzt und nicht anhand klarer Kriterien priorisiert.
VIIIWährend die Kommission einige Follow-up-Instrumente (etwa Warnmeldungen an Zollbehörden) ausgiebig nutzte, machte sie von ihrer Befugnis, Untersuchungen auf eigene Initiative einzuleiten, nur begrenzt Gebrauch. Sie erstattete über handelspolitische Schutzinstrumente genau Bericht, legte den Schwerpunkt jedoch eher auf die Tätigkeiten als auf die Wirksamkeit der Maßnahmen.
IXTrotz begrenzter Ressourcen nahm die Kommission die wachsenden Herausforderungen im Bereich der Handelsschutzpolitik in Angriff. Sie hat ihre Befugnisse in Bezug auf die Verteidigung der europäischen Industrie im Forum der Welthandelsorganisation und in Bezug auf von Drittländern eingeleiteten Untersuchungen zwar ausgeübt, könnte ihr Handeln jedoch besser priorisieren. Sie traf Vorbereitungen für die Folgen des Brexit auf operativer Ebene und berücksichtigte zudem in gewissem Maße die Sozial- und Umweltziele der EU.
XUm die handelspolitischen Schutzmaßnahmen effizienter und wirksamer zu gestalten, empfiehlt der Hof der Europäischen Kommission,
- die Ergebnisse, zu denen sie bei ihren Bewertungen des Vertraulichkeitsstatus der ihr von den Parteien übermittelten Unterlagen gelangt, zu dokumentieren;
- die Wirtschaftszweige stärker auf die handelspolitischen Schutzinstrumente hinzuweisen;
- die Leitlinien zu Wettbewerbsaspekten zu verbessern;
- die Überwachungstätigkeiten gezielter auszurichten und den Umfang der Berichterstattung zu erweitern;
- Bedingungen für die Einleitung von Untersuchungen auf ihre eigene Initiative festzulegen;
- die Reaktion der EU auf Maßnahmen von Drittländern anhand klarer Kriterien zu priorisieren.
Einleitung
Handelspolitische Schutzinstrumente
01Der internationale Handel ist ein Schlüsselfaktor für das Wachstum der EU-Wirtschaft, und die EU ist im Warenhandel weltweit führend. Er schafft nicht nur Arbeitsplätze, sondern fördert auch Wettbewerbsfähigkeit und Innovation und sorgt dafür, dass Verbraucher ein breiteres Warenangebot zu niedrigeren Preisen vorfinden. Obwohl der internationale Handel in den letzten Jahrzehnten dynamisch gewachsen ist, haben sich in jüngster Zeit einige damit verbundene Probleme ergeben oder verschärft (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1
Probleme im Welthandel
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Als Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) setzt sich die EU für ein offenes, regelbasiertes Handelssystem ein. Verstoßen Drittländer jedoch durch Anwendung unfairer Handelspraktiken wie Subventionen oder Dumping gegen WTO-Regeln, schützt die EU die betroffenen Wirtschaftszweige mithilfe sogenannter handelspolitischer Schutzinstrumente (TDI).
03Maßnahmen werden in Form von Zöllen verhängt und unterliegen strengen rechtlichen Bedingungen, die von der WTO und der EU selbst festgelegt wurden (siehe Kasten 1 und Anhang 1). Die Handelspolitik fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der EU. Dies bedeutet, dass es Aufgabe der Europäischen Kommission ist, Untersuchungen durchzuführen und im Namen der Mitgliedstaaten Zölle einzuführen.
Kasten 1
Definitionen von Handelsverzerrungen im Kontext handelspolitischer Schutzinstrumente
Dumping – Ein nicht in der EU ansässiges Unternehmen verkauft Waren in der EU unter dem Verkaufspreis auf seinem Heimatmarkt oder, falls das Kriterium „Preis“ nicht angewandt werden kann, unter den Produktionskosten zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne.
Subvention – Die Regierung oder die öffentliche Hand eines nicht zur EU gehörenden Landes gewährt einem bestimmten Wirtschaftszweig oder einer bestimmten Gruppe von Wirtschaftszweigen Zuschüsse, die sich auf die Ausfuhrpreise in die EU auswirken können.
Unter den WTO-Mitgliedern gehört die EU zu den aktiven Nutzern handelspolitischer Schutzinstrumente, auf die 6,5 % aller Maßnahmen entfallen1. Im Zeitraum 2014-2018 leitete die Kommission pro Jahr durchschnittlich 13 neue Antidumping- oder Antisubventionsuntersuchungen ein. Ende 2018 waren 133 Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahmen in Kraft, die meisten davon betrafen Waren aus China (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2
Ende 2018 geltende Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen der EU, aufgeschlüsselt nach Ländern
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission.
Am Beginn des TDI-Verfahrens (siehe Anhang II) steht im Allgemeinen ein Antrag eines Wirtschaftszweigs oder Unternehmens der EU (der „Antragsteller“). Bei der anschließenden Untersuchung erhebt die Kommission Daten von allen Parteien (in der Regel europäischen Herstellern, Exporteuren aus Drittländern, Verwendern, Händlern und Verbrauchern) und überprüft diese Daten vor Ort. Dabei geht es den Kommissionsbediensteten vor allem darum festzustellen, ob die wesentlichen Kriterien für die Einführung von TDI-Zöllen erfüllt sind, also ob
- Dumping oder Subventionierung vorliegt;
- der Wirtschaftszweig der EU eine bedeutende Schädigung (wirtschaftlichen Schaden) erlitten hat oder erleiden könnte;
- ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Schädigung und dem Dumping/der Subventionierung besteht;
- das EU-Interesse gewahrt ist: Maßnahmen dürfen nicht eingeführt werden, wenn die anderen EU-Parteien daraus erwachsenden Nachteile eindeutig größer sind als die schädigenden Auswirkungen des Dumpings oder der Subventionierung (siehe Anhang I).
Die Untersuchung endet entweder damit, dass die Kommission eine Durchführungsverordnung mit Art und Umfang der Maßnahmen erlässt (siehe Kasten 2) oder die Untersuchung ohne die Einführung von Maßnahmen einstellt. Um die Interessen des EU-Wirtschaftszweigs zu schützen, kann die Kommission vor Erlass der endgültigen Maßnahmen vorläufige Maßnahmen einführen.
Kasten 2
Arten von Maßnahmen, die im Anschluss an Handelsschutzuntersuchungen eingeführt werden können
Wertzoll – ein Prozentsatz des Warenpreises (z. B. 20 % des Einfuhrpreises).
Spezifischer Zoll – ein fester Betrag je Wareneinheit (z. B. 15 Euro pro Tonne).
Variabler Zoll/Mindesteinfuhrpreis – die Differenz zwischen einem festgelegten Mindesteinfuhrpreis und dem Ausfuhrpreis des ausländischen Exporteurs.
Preisverpflichtung – der betreffende ausländische Exporteur verpflichtet sich freiwillig, seine Waren zu oder über einem Mindesteinfuhrpreis, der nicht publik gemacht wird, zu verkaufen.
Die Kommission überwacht endgültige Maßnahmen nach deren Einführung und kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Überprüfung beschließen. Dies kann auf Antrag einer Partei oder auf eigene Initiative der Kommission erfolgen:
- Überprüfung der Preise eines neuen Exporteurs;
- Interimsüberprüfung, wenn davon ausgegangen wird, dass die Maßnahme nicht länger nötig oder unzureichend ist;
- Umgehungsuntersuchung, wenn Ausführer die Maßnahme umgehen können, indem beispielsweise der Transport über ein anderes Land erfolgt;
- Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme (Maßnahmen werden gewöhnlich für fünf Jahre eingeführt);
- Wiederaufnahme der Untersuchung, wenn Exporteure die Ausfuhrpreise senken, um die Zölle teilweise oder ganz aufzufangen.
Institutioneller Rahmen
08Da der Handel in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt, ist die Europäische Kommission bei Handelsschutzuntersuchungen der wichtigste Akteur (siehe Abbildung 3). Zuständige Dienststelle der Kommission ist die Generaldirektion Handel (GD TRADE). Während der Untersuchungen arbeitet die GD TRADE mit anderen Kommissionsdienststellen zusammen, die von ihr in entscheidenden Phasen des Verfahrens im Rahmen dienststellenübergreifender Konsultationen förmlich konsultiert werden. Auf der Grundlage von Vorschlägen der GD TRADE beschließt das Kollegium der Kommissionsmitglieder die Einleitung von Untersuchungen und erlässt die Verordnungen der Kommission zur Einführung endgültiger oder vorläufiger Maßnahmen2.
09Die Mitgliedstaaten sind über den Ausschuss für handelspolitische Schutzinstrumente während des Ausschussverfahrens an der Entscheidungsfindung beteiligt. Die Kommission muss den Ausschuss im Zuge des TDI-Verfahrens zu verschiedenen spezifischen Entscheidungen konsultieren oder ihn darüber informieren. Je nach Stadium des Verfahrens kann die Stellungnahme des Ausschusses beratenden oder verbindlichen Charakter haben (letztere Kategorie betrifft die Einführung endgültiger Zölle). Die Kommission kann ihren Vorschlag für Handelsschutzmaßnahmen nicht annehmen, wenn der Ausschuss mit qualifizierter Mehrheit (55 %) dagegen stimmt. In diesem Fall, aber auch bei Ablehnung eines Vorschlags der Kommission mit einfacher Mehrheit, wird ein Berufungsausschuss mit dem Vorschlag befasst. Eine ablehnende Stellungnahme des Berufungsausschusses bedarf der qualifizierten Mehrheit.
Abbildung 3
Institutioneller Rahmen der EU
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Während und nach einer Untersuchung können die Parteien sich mit Beschwerden oder Problemen an den Anhörungsbeauftragten der Kommission für Handelsverfahren, den Europäischen Bürgerbeauftragten sowie den Gerichtshof der Europäischen Union und die WTO wenden.
Rechtlicher Rahmen
11Da der Schutz des Handels eine globale Herausforderung ist, wird er auf globaler Ebene geregelt. Der rechtliche und institutionelle Rahmen für handelspolitische Schutzinstrumente ist daher in WTO-Übereinkommen festgelegt, einschließlich detaillierter Vorgaben dafür, wann sie eingesetzt werden können und welche Regeln bei den Untersuchungen zu befolgen sind. Die EU-Rechtsvorschriften müssen mit den WTO-Regeln voll und ganz in Einklang stehen, können aber eventuell zusätzliche Vorgaben einführen, die vor Erlass von Maßnahmen erfüllt sein müssen, wie z. B. die Prüfung des Unionsinteresses. Die wichtigsten EU-Rechtsvorschriften für handelspolitische Schutzinstrumente sind die Antidumping-Grundverordnung3 und die Antisubventions-Grundverordnung4 aus dem Jahr 2016, die zuletzt in den Jahren 20175 und 20186 erheblich geändert wurden (nachstehend „Grundverordnungen“).
12Durch die 2017 eingeführte Änderung der Methode werden die Dumpingspannen anders berechnet, um „erheblichen staatlichen Eingriffen“ Rechnung zu tragen, die zu Verzerrungen des Marktes des Ausfuhrlandes führen.
13Im „Modernisierungspaket“ von 2018 wurden mehrere Themen aufgegriffen. So wurde der Zeitrahmen für Antidumpinguntersuchungen verkürzt, sichergestellt, dass an einer Untersuchung beteiligte Parteien – im Vergleich zu den vor der Modernisierung geltenden Regeln – früher über die Maßnahmen informiert werden und außerdem festgelegt, wann Zölle wegen Verzerrungen in Verbindung mit dem Rohstoffangebot im Ausfuhrland höher angesetzt werden können. Mit dem Paket wurden auch Umwelt- und Sozialstandards eingeführt, die bei bestimmten Aspekten der Untersuchungen zu beachten sind.
Prüfungsumfang und Prüfungsansatz
14In Anbetracht der wachsenden Bedeutung, die handelspolitische Schutzinstrumente für die europäischen Wirtschaftszweige vor dem Hintergrund einer sich ständig wandelnden Welthandelspolitik haben, beschloss der Hof, diesen Politikbereich erstmals zu prüfen. Er untersuchte – mit Blick auf eine Verbesserung der Wirksamkeit und Effizienz – ob die Europäische Kommission die Handelsschutzpolitik erfolgreich durchgesetzt hat. Betrachtet wurden nicht nur die von der EU auf Waren aus Drittländern eingeführten Handelsschutzmaßnahmen, sondern auch, wie die Kommission auf Handelsschutzmaßnamen anderer Länder reagierte. Insbesondere untersuchte der Hof, ob die Kommission
- bei Handelsschutzuntersuchungen die Verfahren und Fristen eingehalten hat;
- bei Handelsschutzuntersuchungen angemessene Analysen vorgenommen und ihre Schlussfolgerungen hinreichend untermauert hat;
- Handelsschutzmaßnahmen angemessen überwacht und über die Ergebnisse der Handelsschutzpolitik berichtet hat;
- auf die Herausforderungen im globalen Handel aktiv reagiert hat.
Der Schwerpunkt der Prüfung lag zwar auf den Aspekten, für die die GD TRADE zuständig ist, es wurde jedoch auch ihre Zusammenarbeit mit anderen Kommissionsdienststellen (wie der GD TAXUD und der GD BUDG) sowie mit den Mitgliedstaaten betrachtet. Die Prüfung bezog sich auf die Tätigkeiten der Kommission im Zeitraum 2016-2019.
16Die Wirksamkeit der Arbeit nationaler Zollbehörden, die allein für die Erhebung der infolge von TDI-Untersuchungen verhängten Zölle zuständig sind, war nicht Gegenstand der Prüfung. Ebenfalls ausgeklammert waren die von anderen Kommissionsdienststellen durchgeführten Tätigkeiten zur Überwachung des Erhebungsverfahrens oder zur Untersuchung damit verbundener Betrugsfälle. Diese Tätigkeiten finden nicht ausschließlich auf TDI-Zölle Anwendung und die entsprechenden Erhebungs- und Überwachungsverfahren unterscheiden sich nicht von denen für andere Arten von Zöllen. Diese Aspekte hat der Hof in anderen Berichten behandelt, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden7.
17Die Prüfungshandlungen bestanden im Wesentlichen in der Auswertung von Unterlagen und der Befragung von Mitarbeitern der GD TRADE und anderer zuständiger Kommissionsdienststellen. Die Bewertung der TDI-Untersuchungen beruhte auf einer Stichprobe von 10 finalisierten Fällen, also Fällen, in denen die Kommission endgültige Handelsschutzmaßnahmen verfügt hatte. Der Hof wählte die Fälle so aus, dass der Vielfalt der Tätigkeiten der GD TRADE in Bezug auf Branchen, betroffene Ländern und Arten von Untersuchungen (Antidumping- bzw. Antisubventionsuntersuchungen, neue Untersuchungen bzw. Überprüfungen) Rechnung getragen wird. Außerdem erlangte er Nachweise bei Informationssitzungen mit mitgliedstaatlichen Behörden, Sachverständigen und Interessenträgern (Branchenverbände und Unternehmen als Vertreter aller an den Untersuchungen beteiligten Parteien).
Bemerkungen
Die Kommission verfolgt bei der Einführung handelspolitischer Schutzmaßnahmen einen soliden Ansatz, leistet aber wenig öffentlichkeitswirksame Arbeit
18Für Untersuchungen zum Schutz des Handels gilt ein stark formalisierter Ablauf, der auf ausführlichen rechtlichen Rahmenwerken der EU und der WTO beruht. Da Handelsschutzmaßnahmen sowohl für Erzeuger innerhalb als auch außerhalb der EU erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben und auch Importeure und Verwender in der EU in der Lieferkette8 davon nicht unberührt bleiben, werden die Untersuchungen der Kommission von den betroffenen Parteien gründlich geprüft. Die Kommission muss die genannten Rahmenwerke einhalten, damit die Maßnahmen gegebenenfalls einer Anfechtung vor Gericht standhalten. Sie muss allerdings auch den Aufwand berücksichtigen, der den betroffenen Parteien durch die Untersuchungen entsteht, damit Unternehmen, die mit unlauteren Handelspraktiken konfrontiert sind, nicht von der Einreichung von Anträgen abgehalten werden.
19Damit der Handelsschutz wirksam funktioniert, müssen die EU-Wirtschaftszweige die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente kennen und Zugang zu genügend Orientierungshilfen haben, um Anträge stellen zu können, deren Qualität ausreicht, um von der Kommission geprüft werden.
20Daher untersuchte der Hof, ob
- die Kommission die Verfahren und Fristen einhielt;
- der Anhörungsbeauftragte die Rechte der betroffenen Parteien gewährleistete;
- die Kommission die Gleichbehandlung und den Zugang der verschiedenen Parteien zu Informationen sicherstellte;
- die Kommission den Verwaltungsaufwand angemessen im Blick hatte und für ausreichende Öffentlichkeitsarbeit sorgte.
Die Kommission hält die für TDI-Untersuchungen geltenden Verfahren ordnungsgemäß ein
21Die Prüfung der Kommissionsuntersuchungen durch die betroffenen Parteien erfolgt auf zwei Ebenen. Zunächst schalten sich die Parteien in die Untersuchungen ein: schriftliche Stellungnahmen und Anhörungen mit der GD TRADE sind jederzeit möglich, und die Parteien können die Einbeziehung des Anhörungsbeauftragten und des Europäischen Bürgerbeauftragten beantragen. Nach den Untersuchungen können sie dann ein Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union oder der WTO anstrengen (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4
Lösung von TDI-Problemen
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Um die Einhaltung der Regeln zu gewährleisten, verwendet die GD TRADE ein Planungssystem, das alle verfahrenstechnischen Schritte und Fristen umfasst, und übermittelt Sachbearbeitern gegebenenfalls Erinnerungen. Das System wird jedoch nicht systematisch als Managementinstrument genutzt, um den Fortgang der Fälle zu verfolgen. Die GD TRADE verlässt sich darauf, dass die Mitarbeiter die Kontrollen (auch der Fristen) durchführen. Wie der Hof feststellte, besteht aber ein geringes Risiko, dass gegen die Regeln verstoßen wird.
23Darüber hinaus gibt die GD TRADE ihren Mitarbeitern ein umfassendes Paket an Leitlinien und Instrumenten an die Hand, die an verschiedenen Stellen abrufbar sind. Wegen der 2017 und 2018 vorgenommenen Änderungen der Rechtsvorschriften (siehe Ziffern 12-13), aber auch weil die Bediensteten Zugang zu Leitlinien zu den zuvor geltenden Regeln und Verfahren benötigen (um beispielsweise Gerichtsurteile umzusetzen, für die die alten Regeln gelten), werden die alten Leitfäden neben den aktualisierten Fassungen aufbewahrt. Der Hof stellte fest, dass einige Aktualisierungen erst längere Zeit nach Änderung der Verordnungen vorgenommen wurden (mehrere Unterlagen hat die GD TRADE im Jahr 2019 auf den neuesten Stand gebracht). Dadurch wird den Bediensteten die Verwendung der Leitlinien zwar nicht eben leicht gemacht, Auswirkungen auf einzelne Fälle konnte der Hof jedoch nicht feststellen. Seine einzelfallbezogenen Prüfungsarbeiten zeigten, dass die Kommission die Verfahren und Fristen eingehalten hat.
Der Anhörungsbeauftragte stellt sicher, dass die Verfahrensrechte der Parteien gewahrt sind
24Ein unabhängiger Anhörungsbeauftragter bietet zusätzliche Sicherheit hinsichtlich der Verfahrensrechte der Parteien. Wendet sich eine interessierte Partei an den Anhörungsbeauftragten, setzt dieser in der Regel eine Anhörung mit der Partei und der GD TRADE an.
25Der Anhörungsbeauftragte wird vom Präsidenten der Kommission ernannt und ist – verwaltungstechnisch – dem für Handel zuständigen Kommissionsmitglied unterstellt. Die beiden anderen vom Anhörungsbeauftragten ausgewählten Bediensteten unterstehen verwaltungstechnisch der GD TRADE, jedoch nicht speziell der mit TDI befassten Direktion. Die vom Hof durchgeführten Prüfungsarbeiten bestätigten, dass diese Zugehörigkeit keinen Einfluss auf die funktionale Unabhängigkeit des Anhörungsbeauftragten hat, der über Anhörungen entscheidet und unabhängig Vermerke zu einzelnen Fällen verfasst, ohne Überprüfung oder Genehmigung durch die GD TRADE oder das für Handel zuständige Kommissionsmitglied.
26Die Prüfungsarbeit des Hofes ergab, dass die Parteien in vier der 10 in der Stichprobe erfassten Fälle den Anhörungsbeauftragten problemlos einschalten konnten. Der Hof stellte fest, dass der Anhörungsbeauftragte die Anliegen der Parteien angemessen analysierte und seine Schlussfolgerungen entsprechend begründete. Auf diese Weise stellte er sicher, dass die Rechte der Parteien bei den TDI-Untersuchungen gewahrt wurden.
Alle Parteien werden zwar gleichbehandelt, die Ergebnisse der Vertraulichkeitsbewertungen werden jedoch unzureichend dokumentiert
27Alle an einer Untersuchung beteiligten Parteien haben dieselben Verfahrensrechte, und die GD TRADE stellt sicher, dass alle Parteien gleichbehandelt werden. Wenn eine Partei der GD TRADE Informationen übermittelt, muss sie diejenigen Informationen, die sie als vertraulich erachtet, kennzeichnen. Vertrauliche Informationen sollten – zum Beispiel aus Wettbewerbsgründen – anderen an der Untersuchung beteiligten Parteien nicht zugänglich sein. Jedoch muss eine Partei den anderen Parteien eine nicht vertrauliche Fassung in ausreichender Qualität (in der die sensiblen Informationen zusammengefasst, gelöscht usw. sind) zukommen lassen.
28Bei seiner Prüfungsarbeit fand der Hof bestätigt, dass die GD TRADE den Parteien gleichen Zugang zu nicht vertraulichen Informationen und dieselben Anhörungsrechte einräumt. Hinweise auf Probleme mit der Gleichbehandlung ergaben sich weder bei der Prüfung noch bei den beim Anhörungsbeauftragen, dem Bürgerbeauftragten oder dem Gerichtshof eingebrachten Beschwerden.
29Als Beispiel für ein vorbildliches Verfahren lässt sich in diesem Zusammenhang anführen, dass die GD TRADE den interessierten Parteien Unterlagen auf der elektronischen Plattform TRON zugänglich macht. Dadurch haben die Parteien direkten Zugriff auf nicht vertrauliche Dossiers und erhalten automatische Benachrichtigungen, wenn neue Unterlagen verfügbar sind. Dass die GD TRADE die Parteien die ihren Entscheidungen zugrunde liegenden Informationen automatisch und nicht erst auf Antrag bereitstellt, ist ein weiteres Beispiel für ein vorbildliches Verfahren.
30Das Vertraulichkeitsgebot bedeutet, dass die Informationen, die den Parteien über die Daten anderer Parteien bereitgestellt werden können, in vielen Fällen nicht ausführlich genug sind, um ihnen eine lückenlose Verfolgung der Dumping-, Subventions- oder Schadensberechnungen zu ermöglichen. So wäre ein Antragsteller in der Regel in der Lage, eine Schadensberechnung (die auf den Daten seines Wirtschaftszweigs beruht) zu überprüfen, nicht aber alle Einzelheiten einer Dumpingberechnung (die auf den Daten eines Exporteurs beruht).
31Über die Zuerkennung des Vertraulichkeitsstatus entscheidet die GD TRADE. Laut den internen Leitlinien9 sollte sie ihn nur gewähren, wenn die Parteien ihn mit entsprechender Begründung für die von ihnen übermittelten Informationen fordern können. Ebenso sollte sie prüfen, ob die nicht vertrauliche Fassung die Qualitätsanforderung erfüllt. Durch diese Prüfung kann die GD TRADE den Rechtsanspruch auf Vertraulichkeit und Transparenz gegeneinander abwägen.
32Angaben der GD TRADE zufolge werden Anträge auf vertrauliche Behandlung geprüft. Der Hof stellte jedoch fest, dass die Ergebnisse dieser Prüfungen nicht systematisch dokumentiert werden (in seiner Stichprobe fand sich ein einziges Beispiel für eine gründliche Prüfung). Der Hof konnte daher weder diese Aussage noch die Intensität dieser Kontrollen bestätigen. Ferner verlässt sich die GD TRADE weitgehend darauf, dass die Parteien sich beschweren, wenn eine nicht vertrauliche Fassung unzulänglich ist. Die Parteien können nach einer Beschwerde zwar Zugang zu weiteren Informationen erhalten, diese Vorgehensweise kann jedoch zu Verzögerungen führen (siehe Kasten 3).
Kasten 3
Beispiele für Verzögerungen beim Follow-up nicht vertraulicher Zusammenfassungen
Fall A: Eine interessierte Partei beschwerte sich über die Qualität zweier nicht vertraulicher Dokumentensätze. Im Fall des ersten Dossiers lagen acht Wochen, im Fall des zweiten dreieinhalb Wochen zwischen dem Zeitpunkt, zu dem das ursprüngliche Dossier zugänglich gemacht wurde und der Beschwerde der Partei. Die GD TRADE verlangte innerhalb von zwei Arbeitstagen, dass die übermittelnde Partei ihre Dossiers verbessert (neue Fassungen); dieser Aufforderung ist die Partei binnen 11 Tagen nachgekommen.
Fall B: Eine interessierte Partei beschwerte sich über die Qualität eines nicht vertraulichen Dossiers. Die Beschwerde ging kurz nach Verfügbarwerden des ursprünglichen Dossiers ein. Die Partei übermittelte ihren Antrag in einem Zeitraum von mehr als drei Monaten drei Mal, bevor die GD TRADE reagierte. Nachdem die übermittelnde Partei aufgefordert worden war, ein verbessertes nicht vertrauliches Dossier vorzulegen, kam sie dem am folgenden Tag nach.
Der hohe Verwaltungsaufwand ist durch die rechtlichen Anforderungen gerechtfertigt, die Kommission unternimmt aber wenig, um die TDI besser bekannt zu machen
33Handelspolitische Schutzinstrumente werden am häufigsten von einigen großen Wirtschaftszweigen genutzt: 50 % der Ende 2018 geltenden Maßnahmen bezogen sich auf Metall und Metallerzeugnisse und 16 % auf chemische Erzeugnisse (siehe Abbildung 5). Betroffen sind in der Regel Industrieprodukte (und nicht Konsumgüter), wobei Fahrräder eine bemerkenswerte Ausnahme darstellen. Damit TDI für die gesamte europäische Wirtschaft zum Tragen kommen, sind Maßnahmen zur Vereinfachung und besseren Bekanntmachung sehr wichtig.
Abbildung 5
Ende 2018 geltende Antidumping- und Antisubventionsmaßnahmen der EU, aufgeschlüsselt nach Warengruppen
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission. Die Tabelle umfasst die Maßnahmen sowie alle Entscheidungen zur Verlängerung der ursprünglichen Maßnahmen.
Die Antragsteller müssen bei Antragstellung alle erforderlichen Beweise, einschließlich der Ausfuhrpreise des betroffenen Landes, vorlegen. Dadurch können Anträge mehr als 100 Anhänge umfassen. In Anbetracht des Umfangs der verlangten Angaben und der Tatsache, dass die meisten Parteien Anwälte engagieren müssen, können die Kosten für die Einreichung eines Antrags sehr hoch sein. Die Einholung der verlangten Informationen bereitet Unternehmen und Verbänden – vor allem mit TDI wenig vertrauten Nutzern und fragmentierten Wirtschaftszweigen – zwar Probleme, die Prüfungsarbeit des Hofes hat aber bestätigt, dass die GD TRADE diese Informationen benötigt.
35Trotz dieser Einschätzung und in Anerkennung der für TDI-Anträge geltenden rechtlichen Anforderungen stellt der Hof fest, dass die GD TRADE bislang noch nicht untersucht hat, inwieweit sich der Verwaltungsaufwand – und wenn auch nur marginal – verringern ließe. So hat die Kommission die in der EU verlangten Angaben nicht im Detail mit den Informationsanforderungen anderer Länder verglichen.
36Um Unternehmen und Wirtschaftsverbänden die Antragstellung zu erleichtern, hat die GD TRADE auf ihrer Website einiges Informationsmaterial veröffentlicht, darunter Musterfragebögen (mit Angabe der Informationen, die die Parteien der GD TRADE bereitstellen müssen) und einen Leitfaden zur Antragstellung. Die bereitgestellten Leitlinien sind im Großen und Ganzen fundiert und klar. Handelspolitische Schutzinstrumente werden von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zwar eher selten genutzt, der Hof stellte jedoch fest, dass die GD TRADE besondere Anstrengungen unternommen hat, um KMU zu unterstützen, beispielsweise durch Bereitstellung zusätzlicher allgemeiner Leitlinien und Hilfestellung im Zuge einzelner Untersuchungen. Dennoch ist die Unterstützung für KMU sehr begrenzt und wird den von der Kommission bei der Aktualisierung der Grundverordnungen 2018 formulierten Zielen nicht gerecht (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1
Ziele und Maßnahmen zur Vereinfachung der Verfahren für KMU im Vergleich
| Ziele10 | Maßnahmen | |
| Eigene Webseite für KMU | Ja | Eine Webseite wurde eingerichtet11. |
| Leichterer Zugang zu Instrumenten | Ja | Die GD TRADE unterstützt KMU in der Zeit vor Verfahrenseinleitung und während der Untersuchung stärker, und es gibt eigene Fragebögen für KMU. |
| Gestraffte Verfahren | - | Die Verfahren konnten durch kürzere Fristen und einheitlichere Fristverlängerungen gestrafft werden. Spezifische positive Auswirkungen für KMU, die für alle Unternehmen gelten, gibt es nicht. |
| Neuer TDI-Helpdesk | - | Den Helpdesk gab es bereits. |
| Informationen in allen EU-Amtssprachen | Zum Teil | Die wichtigsten Dokumente, darunter der Leitfaden für KMU und der Leitfaden für die Antragstellung, liegen in allen EU-Amtssprachen vor. Andere Dokumente gibt es auf der Webseite nur auf Englisch. |
| Kontaktaufnahme zu Wirtschaftsverbänden in den Mitgliedstaaten | Mit Einschränkungen | Mitarbeiter der GD TRADE besuchten nur zwei Mitgliedstaaten. |
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Die GD TRADE erleichtert den mitwirkenden Parteien zwar die Verfahren, leistet jedoch sehr wenig Öffentlichkeitsarbeit, um Bekanntheit und Nutzung von TDI bei den EU-Wirtschaftszweigen zu fördern. Die Stahl- und die Chemiebranche sind mit TDI bestens vertraut (siehe Ziffer 33), für andere Branchen sind sie hingegen eher Neuland. Dies bedeutet, dass Wirtschaftszweige, die mit unfairen Handelspraktiken konfrontiert sind, Schutzmaßnahmen möglicherweise nicht beantragen und davon profitieren. Wohl gibt es Foren, in denen Unternehmen und Wirtschaftsverbände sich mit der GD TRADE austauschen können, insbesondere um Informationen über Möglichkeiten einer EU-Finanzierung zu erhalten. Die Kommission nutzt diese Foren aber nicht, um TDI stärker bekannt zu machen. Beispiele hierfür sind die Website der GD GROW über internationale Tätigkeiten für Unternehmertum und KMU sowie die Website des Enterprise Europe Network12.
Die Maßnahmen werden ordnungsgemäß begründet, doch könnten einige Aspekte der Prüfung des Unionsinteresses verbessert werden
38Der derzeitige Entscheidungsprozess für TDI (siehe Ziffer 09) bedeutet, dass die Stimme der Kommission bei der Einführung von Zöllen ausschlaggebend ist. Im Zeitraum 2014-2018 wurde der Berufungsausschuss nur mit zwei Fällen befasst; in keinem davon erzielte er die für eine negative Stellungnahme erforderliche qualifizierte Mehrheit, sodass der Vorschlag der Kommission beibehalten wurde.
39Die Kommission sollte in Anbetracht der wirtschaftlichen Auswirkungen und ihrer eigenen Befugnisse, zu denen auch die Prüfung des Unionsinteresses gehört (siehe Ziffer 05), besonders darauf achten, dass sie in TDI-Verfahren verantwortbare Schlussfolgerungen zieht. Diese Verpflichtung besteht gemäß dem Rechtsrahmen. Vor allem sollten die Interessenträger in der Lage sein, die Entscheidungen der Kommission zu überprüfen. Daher untersuchte der Hof anhand seiner Stichprobe, ob die Kommission
- ihre Entscheidungen und Berechnungen ordnungsgemäß begründete;
- im Vorfeld ihrer Entscheidung fundierte Analysen durchführte.
Bei den Untersuchungen selbst waren die Schlussfolgerungen der Kommission angemessen begründet
40Der Hof überprüfte die Begründungen der Kommission in Bezug auf eine Entscheidung über die Einführung einer Handelsschutzmaßnahme und in Bezug auf eine Entscheidung über die Einleitung einer Untersuchung nach Eingang eines Antrags. Die Bewertung des Hofes greift etwaigen Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union oder anderer Justizbehörden nicht vor.
41Der Hof stellte fest, dass die Schlussfolgerungen der in seiner Stichprobe erfassten Durchführungsbeschlüsse ordnungsgemäß begründet wurden. Die Schlussfolgerungen trugen den Stellungnahmen der Parteien Rechnung und enthielten Verweise auf wichtige Entscheidungen in früheren Fällen und der früheren Rechtsprechung. Außerdem enthielten die Verordnungen detaillierte Analysen der Berechnungen und Angaben zur Berechnungsmethode. Aus Gründen der Vertraulichkeit ist es mitunter zwar unmöglich, eine Berechnung so detailliert darzulegen, dass sie von einer externen Partei nachgeprüft werden kann (siehe Ziffer 30), die Logik der Kommission war jedoch stets klar. In der Stichprobe des Hofes fanden sich einige besonders gute Bespiele für Begründungen, jedoch auch einige Schwachstellen (siehe Kasten 4), die allerdings keinen Einfluss auf die Gesamteinschätzung des Hofes haben, wonach die Begründungen der Kommission angemessen waren.
Kasten 4
Beispiele für Begründungen von Entscheidungen
Vorbildliches Verfahren: Eine Untersuchung betraf mehr als ein Ausfuhrland. Sie fand parallel zu einer weiteren Untersuchung statt, die Ausfuhren derselben Ware aus einem anderen Land zum Gegenstand hatte. Bei beiden Untersuchungen wog die GD TRADE ihre Argumente sorgfältig ab und legte zur Begründung, dass die Handelspraktiken der ins Visier geratenen Länder den betroffenen Wirtschaftszweig der EU geschädigt haben, eine eingehende Analyse vor. Da diese Begründungen ordnungsgemäß untermauert waren, konnte die Kommission in beiden Untersuchungen Maßnahmen auferlegen.
Verbesserungsbedarf: Bei der Beurteilung der Schädigung des betroffenen EU-Wirtschaftszweigs ermittelte die GD TRADE die Gewinnspanne des Wirtschaftszweigs anhand der Gewinne, die in einem Jahr des für die Schadensanalyse herangezogenen Bezugszeitraums tatsächlich erzielt worden waren. Der Wert lag über dem im Antrag aufgeführten Wert und auch deutlich über dem Wert in einem vergleichbaren früheren Fall. Die Kommission hätte zusätzlich zu dem Verweis auf den in einem früheren Jahr erzielten Gewinn ihre Entscheidung ausführlicher begründen können.
Der Hof stellte in Bezug auf alle in seiner Stichprobe enthaltenen Fälle fest, dass die Kommission ihre Entscheidung, eine Untersuchung einzuleiten, angemessen begründete. Die Anträge erfüllten ebenfalls alle in den Grundverordnungen festgelegten Kriterien.
43In den Grundverordnungen ist vorgeschrieben, dass die Kommission „die Richtigkeit und die Stichhaltigkeit der dem Antrag beigefügten Beweise [prüft], um festzustellen, ob genügend Beweise vorliegen, um die Einleitung einer Untersuchung zu rechtfertigen"13. Der Hof stellte bei den von ihm untersuchten Fällen fest, dass die GD TRADE diese Aspekte tatsächlich prüfte und ihre Ergebnisse in internen Vermerken festhielt. Aus den internen Vermerken geht jedoch nicht hervor, wie die Beweise in den einzelnen Fällen bewertet wurden, etwa ob die Angaben des Antragstellers mit anderen Informationen (z. B. Kommissionsdatenbanken) abgeglichen wurden.
44Im Zeitraum 2016-2018 wies die Kommission nur einen offiziell eingereichten Antrag zurück. Im selben Zeitraum zogen vier Antragsteller ihre Anträge zurück, bevor die Kommission ihre endgültige Entscheidung hätte treffen sollen. Die geringe Zahl von Zurücknahmen und Zurückweisungen ist auf ein umfassendes – wenn auch informelles – Unterstützungs- und Screening-Verfahren zurückzuführen, in dessen Rahmen Konsultationen stattfinden, ehe ein Antrag offiziell eingereicht wird. Dieses Verfahren ermöglicht es den Parteien, ihren Fall besser zu untermauern und damit die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die GD TRADE eine Untersuchung einleiten wird. Die von der GD TRADE erteilten Ratschläge können eine Partei jedoch davon abhalten, offiziell einen Antrag zu stellen.
45Diese Lösung hat positive und negative Auswirkungen (siehe Abbildung 6). Obwohl sich die informellen Ratschläge auf die Kriterien der Verordnung für Dumping, Subventionierung, Schädigung und Schadensursache sowie auf die internen Vermerke stützen, sind sie nicht transparent und die den Parteien von der GD TRADE erteilten Ratschläge werden weder erfasst noch gibt es spezifische Leitlinien dafür. Der GD TRADE und den Antragstellern ermöglichen sie dagegen erhebliche Effizienzgewinne.
Abbildung 6
Vor- und Nachteile eines informellen Vorlaufs zur Verfahrenseinleitung
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Die den handelspolitischen Schutzmaßnahmen zugrunde liegenden Analysen sind fundiert, hinsichtlich einiger Aspekte der Prüfung des Unionsinteresses könnten sie jedoch verbessert werden
46Die Überprüfung der in der Stichprobe erfassten Fälle ergab, dass den Maßnahmen fundierte Berechnungen und Analysen der Kommission zugrunde liegen. In einigen Fällen betrieb die Kommission bei ihren Analysen besonders großen Aufwand, um sicherzustellen, dass die Berechnungen die Marktgegebenheiten korrekt widerspiegelten (siehe Kasten 5). Bei den Analysen wurde die von der GD TRADE festgelegte detaillierte Methode befolgt, und der Hof fand keine Beispiele für Schlussfolgerungen, die nicht mit der Rechtsprechung der EU oder der WTO in Einklang standen. Durch organisatorische Vorkehrungen stellt die Kommission sicher, dass ihre Vorgehensweise der Rechtsprechung der EU und der internationalen Rechtsprechung voll und ganz entspricht und bei allen Fällen einheitlich zur Anwendung kommt.
Kasten 5
Beispiel für eine angemessene Analyse der GD TRADE
Die zu untersuchende Ware gelangte auf zwei Wegen in die EU: 1) Mit dem ausführenden Hersteller verbundene EU-Unternehmen erwarben die Ware zum Weiterverkauf oder zur Weiterverarbeitung und 2) unabhängige EU-Unternehmen erwarben die Ware. Die weiterverarbeitete Ware fiel nicht unter die Warendefinition.
Die GD TRADE gelangte zu der Schlussfolgerung, dass die direkten Einfuhren der Ware an unabhängige Hersteller zu gering waren, um die Dumpingspanne zu berechnen. Daher wurden die Verkäufe an verbundene Unternehmen einbezogen, allerdings wurden die Kosten auf der Grundlage des Preises der weiterverarbeiteten Ware neu berechnet. Dies ist insofern ein vorbildliches Verfahren als die GD TRADE verschiedene Methoden prüfte und eingehend analysierte, wie die wirtschaftlichen Gegebenheiten in den einzelnen Fällen am besten abgebildet werden konnten.
Die Untersuchungen werden zwar im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen und der Methode der Kommission durchgeführt, bei der Prüfung des Unionsinteresses sind jedoch hinsichtlich der Berücksichtigung der relevanten Wettbewerbsaspekte Verbesserungen nötig. Dies ist angesichts der potenziellen wirtschaftlichen Auswirkungen etwaiger Maßnahmen von besonderer Bedeutung.
48Da bei der Prüfung des Unionsinteresses die potenziellen Auswirkungen von Handelsschutzmaßnahmen auf Importeure, Verwender und Verbraucher in der EU bewertet werden, sollte die GD TRADE u. a. beurteilen, ob in Betracht kommende Maßnahmen unverhältnismäßige Folgen haben könnten. Sie könnten zu erhöhten Risiken für den Wettbewerb – wie Unterbrechungen der Lieferketten – führen. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die von Maßnahmen betroffene Ware zwei Arten von Verwendern hat:
- Verwender, die vertikal in eine Gruppe integriert sind, die die von Maßnahmen betroffene Ware herstellt;
- unabhängige, nicht integrierte Verwender, die innerhalb ihrer eigenen Unternehmensgruppe keinen Zugang zum zentralen Grundstoff (die von Maßnahmen betroffene Ware) für die Herstellung haben und daher auf Lieferungen der herstellenden Branche angewiesen sind.
Unabhängige Verwender könnten dann Probleme bei der Beschaffung ihrer Ausgangsstoffe haben oder gezwungen sein, neue Lieferanten in anderen Drittländern ausfindig zu machen.
49Hinsichtlich der Wettbewerbsaspekte stellte der Hof fest, dass die GD TRADE ihre Analysen auf die von den Parteien übermittelten Informationen stützte. Bei einigen der von ihm geprüften Fälle stellte der Hof fest, dass Argumente der Parteien (z. B. Angst vor Lieferproblemen) ohne ausführliche Begründung zurückgewiesen wurden. Die Kommission konzentrierte sich bei ihrer Analyse auf die Lage zum Zeitpunkt der Untersuchung und die Vergangenheit. Bei den die zukunftsorientierten Aspekte der Prüfung des Unionsinteresses betreffenden Analysen, die zwar in den meisten der vom Hof geprüften Fälle genannt wurden, wurde nicht im Detail betrachtet, i) welche Auswirkungen die Maßnahmen auf die betroffenen Einfuhren haben, und ii) welche potenziellen Folgen sich für die Lieferketten ergeben, etwa ob Einfuhren aus anderen Drittländern möglich sind.
50Der Hof stellte fest, dass die Prüfung des Unionsinteresses stets vorgenommen und in den Durchführungsbeschlüssen erwähnt wurde. Seit Anfang 2012 wurde keine Untersuchung ohne die Einführung von Maßnahmen ausschließlich aufgrund der Prüfung des Unionsinteresses beendet. In zwei Fällen beeinflusste sie jedoch tatsächlich die Art und Dauer der Maßnahmen.
Die Kommission schöpft das Potenzial der Überwachungs- und Follow-up-Instrumente nicht voll aus
51Eingeführte Maßnahmen sind nur dann wirksam, wenn die Zölle letztlich so lange erhoben werden, wie die unfairen Handelspraktiken andauern, und wenn auferlegte spezifische Auflagen (wie ein Mindestpreis oder ein Mengenkontingent) eingehalten werden. Andernfalls wird unfairen Handelspraktiken nicht Einhalt geboten, und der EU-Wirtschaftszweig bleibt ungeschützt.
52Für die Erhebung der Zölle sind die nationalen Zollbehörden zuständig. Damit sie wirksam erfolgen kann, muss die von den Maßnahmen betroffene Ware genau beschrieben sein. Die wirksame Erhebung der Zölle wird auch von anderen Dienststellen der Kommission (GD TAXUD, GD BUDG) überwacht. Doch auch die GD TRADE hat mehrere Instrumente an der Hand, um für eine wirksame Umsetzung der Maßnahmen zu sorgen.
53Der Hof bewertete daher, ob die Kommission
- die Maßnahmen, insbesondere die Warenbezeichnungen zur Erleichterung der Zollerhebung, angemessen konzipierte;
- ihre Überwachungs- und Follow-up-Instrumente wirksam einsetzte;
- über ihre TDI-Tätigkeiten und deren Auswirkungen angemessen berichtete.
Die Kommission hat Anstrengungen zur Bewältigung der mit der Erhebung von TDI-Zöllen verbundenen Herausforderungen unternommen
54Die Erhebung von TDI-Zöllen kann für Zollbehörden eine Herausforderung darstellen, weil dabei zwei Rechtsrahmen beachtet werden müssen: handelsrechtliche Bestimmungen (insbesondere die Verordnungen der Kommission zur Einführung von Zöllen auf bestimmte Waren) und zollrechtliche Bestimmungen (insbesondere der Zollkodex der Union mit den Code-Nummern der Kombinierten Nomenklatur (KN)).
55In den Verordnungen der Kommission zur Einführung von TDI-Zöllen sind die betroffenen Waren ausführlich beschrieben. Dies erleichtert es den nationalen Zollbehörden, die sich in der Regel auf KN-Codes stützen, bei der Einfuhr die Waren herauszufiltern, die zollpflichtig sind. Die GD TRADE arbeitet mit der GD TAXUD zusammen, damit sichergestellt ist, dass die Warenbezeichnungen für die Zollbehörden klar und eindeutig sind. Dies traf auf alle vom Hof überprüften Fälle außer einen zu, bei dem der Titel der Durchführungsverordnung der Kommission und die Warenbezeichnung für die Zollbehörden verwirrend waren (siehe Kasten 6). Die Zollbehörden ersuchten die Kommission daher um Klarstellung.
Kasten 6
Biodiesel
Der Begriff „Biodiesel“ im Sinne des Titels und der Warenbezeichnung in Antidumping-/Antisubventionsdurchführungsverordnungen unterscheidet sich von der in den Zollvorschriften verwendeten Terminologie. In Antidumping-/Antisubventionsverordnungen deckt er eine breitere Palette von Waren ab. So fällt eine bestimmte Art von Biodiesel enthaltenden Waren zollrechtlich nicht unter die Einreihung in den KN-Code 271019, während diese Waren in Antidumping-/Antisubventionsvorschriften als Biodiesel gelten.
KN-Codes können auch eine größere Warenkategorie abdecken als die konkreten Handelsschutzmaßnahmen. Die Kommission legt dann für die Waren, die Gegenstand von Handelsschutzmaßnahmen sind, spezifische, längere Codes (sogenannte TARIC-Codes) fest.
57Wegen der Auswirkungen von TDI-Zöllen auf ihre Umsätze und Gewinne sind die betroffenen Unternehmen versucht, sie zu umgehen. Dies kann beispielsweise geschehen, indem fälschlicherweise angegeben wird, dass die Waren aus einem anderen Land stammen, für das keine TDI-Zölle gelten. Wenn die Kommission von einer solchen Praxis Kenntnis erlangt und sie nachweisen kann, kann sie die Zölle auf Waren aus diesen Ländern ausdehnen, um einen angemessenen Schutz des EU-Wirtschaftszweigs sicherzustellen. In diesen Fällen verwendet die Kommission den Begriff „versandt aus“. Den Zollbehörden der Mitgliedstaaten bereitete die Umsetzung der Rechtsvorschriften unter Verwendung dieses Begriffs in einigen Fällen Probleme, weil es keine einheitliche Definition gibt und er in den Zollvorschriften nicht vorkommt. Trotz mehrerer Präzisierungen der Kommission herrscht in dieser Frage noch immer nicht bei allen nationalen Zollbehörden Klarheit.
Die Überwachung der Maßnahmen folgt einer gründlichen Methode, beschränkt sich jedoch weitgehend auf die rechtlichen Pflichten, und die Tätigkeiten werden nicht priorisiert
58Die Kommission kann eine Reihe von Überwachungs- und Follow-up-Instrumenten einsetzen, um sicherzustellen, dass die Handelsschutzmaßnahmen ordnungsgemäß umgesetzt werden und wirksam sind (siehe Abbildung 7). Gemäß den Rechtsvorschriften muss die Kommission,
- Verpflichtungen überwachen. Dabei handelt es sich um freiwillige Zusicherungen von Unternehmen, die Waren, für die TDI-Zölle gelten, in die EU ausführen. Die Kommission nimmt diese Verpflichtungsangebote an. Bei Verpflichtungen werden Antidumping- und Antisubventionszölle durch einen Mindesteinfuhrpreis ersetzt, d. h. der Einführer verpflichtet sich, zu einem Preis zu verkaufen, der nicht unter dem vereinbarten Mindestpreis liegt;
- sofern die Verordnungen zur Einführung von Handelsschutzmaßnahmen für bestimmte Waren besondere Überwachungsklauseln vorsehen, deren Anwendung sicherstellen. Sie sollen das Umgehungsrisiko minimieren, wenn die Zollsätze für verschiedene Ausführer sehr unterschiedlich sind.
Der Umfang anderer Überwachungstätigkeiten liegt im Ermessen der Kommission.
Abbildung 7
Überwachungs- und Follow-up-Instrumente für Handelsschutzmaßnahmen
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Die Kommission setzt ihre begrenzten Überwachungsressourcen (2,5 Vollzeitäquivalente) vor allem für Verpflichtungen ein. Der Hof stellte fest, dass die Kommission die Einhaltung der Verpflichtungen ordnungsgemäß prüft, und zwar anhand von i) Überprüfungen von Unterlagen, um festzustellen, ob die Vorschriften formal eingehalten sind, und ii) Überprüfungen in den Räumlichkeiten der ausführenden Unternehmen, um festzustellen, ob die Vorschriften faktisch eingehalten werden, da ein Verstoß gegen den Mindesteinfuhrpreis anders nur schwer verifiziert werden kann.
60Die Überprüfungen der Unterlagen nimmt die Kommission hauptsächlich anhand der vierteljährlichen Aufzeichnungen der Ausführer vor. Die in der Stichprobe des Hofes enthaltenen Aufzeichnungen waren vollständig. Bisweilen untersucht die Kommission (z. B. von Branchenverbänden vorgelegte) weitere Beweise, falls die Verpflichtung auch ein jährliches Niveau für die Einfuhren der betreffenden Ware vorsah. Die Überprüfungsbesuche gingen ins Detail und die zugrunde liegenden Analysen waren gründlich und gut dokumentiert. Die Kommission ist zwar bestrebt, alle Unternehmen, die Verpflichtungen eingegangen sind, während der Laufzeit der Maßnahmen zu besuchen, in den beiden jüngsten Fällen ist ihr dies jedoch nicht gelungen. Wie häufig Besuche tatsächlich durchgeführt wurden, hing von den Ressourcen ab, und die Kommission wandte weder spezifische Kriterien an noch nahm sie eine strukturierte Risikoanalyse vor, um zu entscheiden, welche Unternehmen besucht werden sollten.
61Als Ergebnis ihrer Überwachungstätigkeit kann die Kommission eine Verpflichtung zurücknehmen. Sie hat von dieser Möglichkeit bei mehr als 20 Unternehmen in zwei aktuellen Fällen Gebrauch gemacht. Eine vom Hof überprüfte Stichprobe dieser Fälle ergab, dass diese Entscheidungen ordnungsgemäß begründet waren. Die Rücknahme einer Verpflichtung gilt nicht rückwirkend. Theoretisch würden unter Verstoß gegen die Verpflichtung getätigte frühere Warenverkäufe daher sanktionslos bleiben. Angesichts der steigenden Zahl von Verstößen und der Notwendigkeit, sie wirksam zu ahnden, ging die Kommission 2016 dazu über, Rechnungen über Verkäufe, die unter Verstoß gegen eine Verpflichtung getätigt wurden, für ungültig zu erklären. Rechnungen, die sich auf den entsprechenden Zeitraum beziehen, können auch nach Auslaufen der Maßnahmen für ungültig erklärt werden.
62Die Kommission hat also proaktiv dafür gesorgt, dass die Maßnahmen wirksam sind. Dennoch bleibt es für die Zollbehörden schwierig, aus der Ungültigkeitserklärung resultierende Zölle nachträglich zu erheben, weil für Verpflichtungen keine Sicherheiten14 geleistet werden müssen und Zollschulden verjähren können. Vier der 12 Fälle, in denen die Kommission von dieser „Ungültigkeitserklärung“ Gebrauch machte, wurden vor dem Gerichtshof der Europäischen Union angefochten.
63Da die Überwachung von Verpflichtungen mit einem sehr hohen Arbeitsaufwand verbunden ist, befasste sich die Kommission in den letzten Jahren nur eingeschränkt mit anderen Überwachungsformen (siehe Abbildung 8). Sie nahm bei diesen Tätigkeiten keine systematische Analyse zur Ermittlung der risikoreichsten Fälle vor, was bei begrenzten Ressourcen besonders wichtig ist. Was die besonderen Überwachungsklauseln (siehe Ziffer 58) betrifft, so hat die Kommission in detaillierten Regeln festgelegt, wann sie anzuwenden/in eine Verordnung aufzunehmen sind. In ihren internen Leitlinien wurde betont, dass die Bediensteten sich bei der Anwendung der besonderen Überwachungsklausel strikt und durchgängig an die dafür geltenden Bedingungen halten sollten. Der Hof stellt fest, dass die Überwachungstätigkeiten aufgrund von Personalengpässen verringert werden könnten und nicht, weil tatsächlich ein geringes Risiko von Verstößen gegen die Rechtsvorschriften besteht.
Abbildung 8
Umfang der Überwachungstätigkeiten
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Als Nachbereitung zu ihren Überwachungstätigkeiten oder auf Warnungen hin, die sie von Zollbehörden oder aus anderen Quellen erhält, erstellt die Kommission Risikoinformationsformulare, die sie den Zollbehörden übermittelt, um diese auf gewisse Risiken hinzuweisen (etwa von einem bestimmten Unternehmen unter dem Mindesteinfuhrpreis getätigte Verkäufe oder Umladungen). Die Zollbehörden sollten diese Informationen bei ihren eigenen Risikobewertungen berücksichtigen und bei Zollkontrollen auf bestimmte Aspekte stärker achten. Der Hof stellte fest, dass die Kommission dieses Instrument sinnvoll und häufig nutzt.
65Im Einklang mit den Grundverordnungen für Antisubventions- und Antidumpinguntersuchungen ist die Kommission befugt, eigene Untersuchungen („von Amts wegen“) einzuleiten. Sie nutzt diese Möglichkeit in der Regel dann, wenn sich herausstellt, dass Maßnahmen nicht wirksam sind (etwa wegen Umgehung) oder wenn sie im Zuge der Ausgangsuntersuchung Kenntnis von neuen Aspekten erlangt (etwa neuen Subventionsregelungen), sie jedoch nicht berücksichtigen kann (z. B. weil sie nach dem Untersuchungszeitraum eingeführt wurden). In diesen Fällen könnte sich die Beschaffung von Beweismaterial für die Kommission einfacher gestalten als für einen Wirtschaftszweig, oder ein Wirtschaftszweig könnte aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen davor zurückschrecken, einen Antrag zu stellen.
66Für die Aufnahme einer Untersuchung von Amts wegen gelten dieselben rechtlichen Anforderungen wie für andere Untersuchungen auf Antrag eines Wirtschaftszweigs. Die drei von Amts wegen eingeleiteten Untersuchungen, die der Hof überprüfte, erfüllten die allgemeinen Anforderungen der Grundverordnungen.
67Die Kommission hat nie von Amts wegen Antidumping- oder Antisubventionsuntersuchungen von Waren eingeleitet, die zuvor nicht Gegenstand von Maßnahmen waren, obwohl die Grundverordnungen dies unter besonderen Umständen zulassen. Im Zuge der 2018 vorgenommenen Modernisierung wurde außerdem die Möglichkeit ausgeweitet, Untersuchungen von Amts wegen einzuleiten, wenn Unternehmen Vergeltungsmaßnahmen fürchten. Dessen ungeachtet hat die Kommission nicht festgelegt, welche besonderen Umstände ein Eingreifen von Amts wegen auslösen sollten.
68Da die Kommission – nicht einmal theoretisch – eine systematische Marktbeobachtung vornimmt (siehe Abbildung 7), könnte sie proaktiv potenziell unfaire Handelspraktiken in neuen Branchen nicht erkennen. Praktisch heißt das, dass Untersuchungen von Amts wegen auf Interimsüberprüfungen oder Umgehungsuntersuchungen beschränkt sind (siehe Ziffer 07).
Der Schwerpunkt der Kommissionberichterstattung liegt auf den Tätigkeiten und nicht auf den Auswirkungen
69Die Kommission erstattet über ihre Leistung bei der Anwendung handelspolitischer Schutzinstrumente auf unterschiedlichen Wegen Bericht. Sie veröffentlicht fallbezogene Informationen sowie branchenspezifische und statistische Informationsblätter auf ihrer Website, im Jährlichen Tätigkeitsbericht der GD TRADE und einem eigenen Jahresbericht, den sie gemäß den Grundverordnungen dem Parlament und dem Rat übermitteln muss. In den letzten Jahren hat die Kommission die Aktualität des Jahresberichts verbessert (sie veröffentlichte den Bericht für 2018 im März 2019) und alle in der Grundverordnung verlangten Punkte abgedeckt.
70Der Jahresbericht vermittelt einen guten und allgemeinen Überblick über die Tätigkeiten der Kommission auf dem Gebiet der handelspolitischen Schutzinstrumente und darüber, wie erfolgreich sie bei der Verteidigung der Maßnahmen vor Gericht war. Er erfüllt somit die verordnungsrechtlichen Anforderungen, enthält jedoch nur begrenzte qualitative Analysen der eigentlichen Ursachen für die beobachteten Trends (beispielsweise inwieweit Drittländer Handelsschutzmaßnahmen anwenden oder inwieweit die Instrumente KMU zugänglich sind). Desgleichen gibt der Bericht wenig Aufschluss über die Wirksamkeit und die Auswirkungen der Tätigkeiten, insbesondere im Hinblick auf Wachstum und Beschäftigung.
71Die GD TRADE war wie jede Generaldirektion der Kommission verpflichtet, ihre strategischen Ziele für den Zeitraum 2016-2020 mit den allgemeinen politischen Zielen der Kommission abzustimmen. In ihrem Strategieplan für 2016-2020 kam sie zu dem Schluss, dass die Handelsschutzpolitik insgesamt zu dem übergeordneten Ziel der Kommission, Wachstum und Beschäftigung zu fördern, beitragen sollte.
72Die GD TRADE liefert jedoch kein klares und umfassendes Bild der Auswirkungen, die handelspolitische Schutzinstrumente auf Wachstum und Beschäftigung haben, da sie diesbezüglich nur begrenzte Bewertungen durchgeführt hat. Evaluierungen bestimmter Maßnahmen sind gewissermaßen in die Untersuchungen „eingebaut“ und zwar im Wege der Überprüfungsverfahren (einschließlich Interimsüberprüfungen), die – sollten die Umstände sich ändern – jederzeit beantragt werden können. Vor der Modernisierung der Vorschriften (siehe Ziffer 13) bewertete die Kommission auch, welche Folgen sich je nach gewählter Legislativoption möglicherweise für die Beschäftigung ergeben. Dies war allerdings eine einmalige Maßnahme. Die Kommission erstellte auch Teilschätzungen der Auswirkungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen in ausgewählten Branchen (z. B. Stahl oder E-Bikes) und nahm einige Schlussfolgerungen in ihre Jahresberichte auf (z. B. im Jahr 2018). Diese partiellen oder einmaligen Maßnahmen können jedoch eine regelmäßige Bewertung der allgemeinen wirtschaftlichen Auswirkungen der Politik nicht vollständig ersetzen.
73Auf der Grundlage von öffentlich zugänglichen Informationen und Befragungen von Interessenträgern gelangte der Hof zu dem Ergebnis, dass die handelspolitischen Schutzinstrumente gemischte Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der EU-Wirtschaftszweige in den Lieferketten hatten (siehe Abbildung 9):
- Eindeutig positiv sind die Auswirkungen im E-Bike-Sektor. Ohne diese Maßnahmen wäre die Produktion in Europa wahrscheinlich eingestellt worden. Darüber hinaus haben Handelsschutzmaßnahmen für normale Fahrräder und Fahrradteile entscheidend dazu beigetragen, dass EU-Fahrradhersteller in die Entwicklung ihrer E-Bike-Produktion investieren konnten15.
- TDI waren wichtig für die Stützung der Stahlindustrie. Durch Handelsschutzmaßnahmen für eine Reihe von Waren konnte ein erheblicher Teil der EU-Stahlindustrie im Wettbewerb bestehen, und die Einfuhren aus den betroffenen Ländern sind deutlich zurückgegangen16. Allerdings wurde der Rückgang durch Einfuhren aus anderen Drittländern größtenteils wettgemacht. Der Hof stellte außerdem negative Auswirkungen auf bestimmte Marktsegmente fest, in denen es zu Lieferengpässen kam. Darüber hinaus führten die Handelsschutzmaßnahmen für ein Stahlerzeugnis dazu, dass China ein anderes Stahlerzeugnis in größeren Mengen ausführte.
- Die Auswirkungen auf die Solarpaneelindustrie waren sehr gering. Obwohl seit einigen Jahren Maßnahmen für Solarpaneele und -module gelten, ist es in dieser EU-Branche zuletzt zu Insolvenzen und einer deutlichen Schrumpfung gekommen. Die Errichtung von Solarstromanlagen entwickelt sich in der EU dagegen sehr positiv, und der Wirtschaftszweig profitiert von (derzeit nicht mit Maßnahmen belegten) Einfuhren aus China17. Zusätzlich zu den handelspolitischen Schutzinstrumenten wird der Solarenergiesektor insgesamt stark von politischen Entscheidungen im Zusammenhang mit Umwelt und Klimawandel beeinflusst.
Abbildung 9
Auswirkungen von TDI-Entscheidungen in bestimmten Branchen
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Schließlich weist der Hof darauf hin, dass eine analytische Auswertung der Daten zur Erhebungsgeschwindigkeit der Zölle (also der finanziellen Auswirkungen) durch die GD TRADE nicht nur über Ineffizienzen im Verfahren Aufschluss geben würde, sondern auch dazu beitragen könnte, die künftige Entscheidungsfindung zu verbessern (insbesondere die Maßnahmenkonzeption). Diese Möglichkeit wird derzeit nicht genutzt, da die GD TRADE folgende Daten nicht analysiert:
- den Umfang, in dem Zölle erhoben werden und Probleme auftreten;
- die Höhe der wiedereingezogenen Beträge, die auf für ungültig erklärte Rechnungen zurückzuführen sind (siehe Ziffern 61-62).
Die Kommission spielt im Welthandel eine aktive Rolle, priorisiert ihre Tätigkeiten aber nicht systematisch
75Der Handel ist ein dynamischer Bereich. Die Kommission muss daher gut gerüstet und flexibel sein, um wirksam auf globale Herausforderungen reagieren zu können. Zu diesen Herausforderungen gehören die derzeitige Krise bei der WTO (insbesondere in Bezug auf das Berufungsgremium), der Brexit sowie die zunehmende Bedeutung von Arbeits- und Umweltstandards für die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung. Über die Entgegennahme von Anträgen europäischer Wirtschaftszweige hinaus kann die Kommission auch bei der Verteidigung von EU-Wirtschaftszweigen, die Gegenstand von Untersuchungen durch Drittländer sind, eine Rolle spielen.
76Der Hof bewertete daher, ob die GD TRADE
- über ausreichende Humanressourcen verfügte;
- angemessen auf Maßnahmen von Drittländern gegen EU-Branchen reagierte;
- für Handelsschutzmaßnahmen relevante globale Herausforderungen gut meisterte.
Durch gutes Arbeitsmanagement hatten Personalengpässe keine Auswirkungen auf die Untersuchungen
77In den letzten Jahren sah sich die Kommission einer Reihe neuer oder größerer Herausforderungen auf dem Gebiet der handelspolitischen Schutzinstrumente gegenübergestellt. Dazu zählen die allgemeine technische Entwicklung (komplexere Produkte) und die Modernisierung des Handels (siehe Ziffer 13). Gleichzeitig befassen sich um mehr als 14 % weniger Bedienstete mit TDI als vor 10 Jahren. Auf die daraus resultierende erhebliche Personalknappheit hat die GD TRADE in ihren jüngsten Stellenanträgen hingewiesen. In Anbetracht der Prioritäten der Kommission wurde das Personal der unmittelbar für TDI zuständigen Direktion in den Jahren 2016 bis 2018 nur marginal (eine oder zwei Stellen pro Jahr) aufgestockt.
78Die Personalengpässe wurden teilweise durch das gute Arbeitsmanagementsystem der GD TRADE aufgefangen und hatten keine Auswirkungen auf die Qualität oder Aktualität der Untersuchungen. Sie bedeuteten jedoch, dass die GD TRADE Tätigkeiten wie Öffentlichkeitsarbeit und Überwachung einschränken musste (siehe Ziffern 37 und 63), was erhebliche Folgen für die allgemeine Wirksamkeit der Handelsschutzpolitik haben kann. Der Hof stellt außerdem fest, dass die Kommission über keinen Personalpuffer verfügt, auf den sie zurückgreifen könnte, sollte die Zahl der Anträge unerwartet steigen (beispielsweise wenn sich die Handelspraktiken in einem wichtigen Drittland ändern).
Die Kommission verteidigt die Interessen der europäischen Branchen, setzt bei ihren Handlungen aber nicht systematisch Prioritäten
79Der internationale Handel war in den letzten Jahren alles andere als stabil. Dies hat dazu geführt, dass Länder handelspolitische Schutzinstrumente häufiger eingesetzt haben, auch gegen die EU (siehe Abbildung 10). Die meisten dieser Fälle sind den USA zuzurechnen (34 im Jahr 2018 gegenüber 18 im Jahr 2015), doch bei der geografischen Verteilung der TDI-Fälle war zuletzt ein Zuwachs zu verzeichnen, da mehr Länder von den Instrumenten Gebrauch machen (z. B. Kolumbien, Madagaskar und einige Golfstaaten).
Abbildung 10
Anzahl der von Drittländern gegen die EU ergriffenen Handelsschutzmaßnahmen
Quelle: Europäische Kommission.
Die EU bedient sich einer Reihe von Instrumenten, um diese Entwicklungen zu überwachen und darauf zu reagieren. Im Allgemeinen lässt sich die Kommission als interessierte Partei registrieren und ist dann direkt an bestimmten Untersuchungen, die von Drittländern eingeleitet wurden, beteiligt. Sie kann auch eine diplomatische Reaktion wählen und/oder beschließen, einen WTO-Ausschuss mit einer Angelegenheit zu befassen (siehe Abbildung 11).
Abbildung 11
Interventionsinstrumente der Kommission bei von Drittländern durchgeführten Untersuchungen
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Der Hof stellte fest, dass die Kommission die ihr zu Gebote stehenden Instrumente aktiv nutzt. Sie unterrichtet die zuständigen EU-Partner auch gebührend über die Einleitung von Untersuchungen und erfasst die Fälle in einer öffentlich zugänglichen Datenbank, sodass ihr Status überwacht werden kann. Im TDI-Jahresbericht wird dann ein umfassenderes statistisches Bild der Maßnahmen von Drittländern geliefert, die eigentlichen Ursachen der beobachteten Trends werden darin jedoch nicht erklärt (siehe Ziffer 70).
82Bei ihren Interventionen – sowohl im Rahmen der von Drittländern durchgeführten Untersuchungen als auch in WTO-Ausschüssen – legte die Kommission detaillierte technische Analysen vor und äußerte unter verschiedenen Gesichtspunkten Bedenken. Dazu gehörten formale (z. B. das Recht auf Auskunft und die korrekte Verwendung von Indizes) und inhaltliche Aspekte (z. B. die Art der angeblichen Subventionen, die Berechnung der Schädigung und der ursächliche Zusammenhang zwischen Schädigung und Dumping/Subventionierung). In mehreren Fällen führten die Interventionen der Kommission zu vorteilhafteren Ergebnissen für die EU-Wirtschaftszweige (siehe Tabelle 2).
Tabelle 2
Auswirkungen der Teilnahme der Kommission an Untersuchungen durch Drittländer: ausgewählte Fälle aus dem Jahr 2018
| Ware | Maßnahmen auferlegendes Land | Art der Maßnahmen | Ergebnisse | Wirtschaftliche Auswirkungen |
| Reifen | Türkei | Schutzmaßnahmen | Abschluss ohne Einführung von Zöllen | Wert der EU-Ausfuhren – 450 Millionen Euro |
| Acrylfasern | Indien | Antidumping | Abschluss ohne Einführung von Zöllen | Wert der EU-Ausfuhren – 7 Millionen Euro |
| Nicht überzogenes Papier (Portugal) | USA | Antidumping | Senkung des Zollsatzes von 37 % (endgültige Feststellung) auf 1,75 % (endgültiger Zollsatz) | Wert der EU-Ausfuhren – 160 Millionen USD |
Quelle: Europäische Kommission.
Die Schutzmaßnahmen der EU sind zwar solide, unterscheiden sich in Intensität (z. B. Anzahl der Interventionen) und Umfang (z. B. Zeitpunkt des Eingreifens und Art der vorgebrachten Argumente) je nach Fall und den zugrunde liegenden Problemen jedoch erheblich. Auf welche Art und in welchem Umfang konkret reagiert wird (oder nicht), wird auf Einzelfallbasis entschieden. Bei der Kommission gibt es keine Leitlinien, in denen Regeln oder Kriterien für die Prioritätensetzung festgelegt sind. Dieser Aspekt ist jedoch wichtig, insbesondere in Anbetracht der begrenzten verfügbaren Ressourcen (lediglich vier bis fünf Vollzeitäquivalenten sind Aufgaben im Zusammenhang mit Drittländern zugewiesen) und der wachsenden Zahl von Fällen. Die Kommission teilte den Prüfern des Hofes mit, die wichtigen – wenngleich informellen – Kriterien bei der Entscheidung über den Umfang einer Intervention seien die wirtschaftliche Bedeutung eines Falles und seine systemische Dimension.
Die EU ist bestrebt, die Herausforderungen der Zukunft anzugehen
84Zusätzlich zu ihrer normalen Tätigkeit in WTO-Ausschüssen, in denen sie die EU-Mitgliedstaaten aktiv vertritt, hat die Kommission kürzlich Schritte unternommen, um die allgemeine Funktionsweise des WTO-Systems zu verbessern. Diese Verbesserungen waren vor dem Hintergrund der tiefen Krise des auf den WTO-Regeln basierenden Handelssystems notwendig. Auf viele der zentralen handelspolitischen Herausforderungen von heute – etwa die Frage, wie mit Chinas staatlich gesteuertem Wirtschaftsmodell umgegangen werden soll – bieten die WTO-Regeln keine wirksame Antwort. Deshalb veröffentlichte die Kommission 2018 ein Konzeptpapier, das als Grundlage für Gespräche mit anderen Einrichtungen und Interessenträgern dienen sollte. Das Papier enthält Vorschläge zur allgemeinen Funktionsweise der WTO, zur Streitbeilegung und zu den TDI-spezifischen Verfahren (siehe Kasten 7).
Kasten 7
TDI-Fragen im Konzeptpapier der Kommission zur Reform der WTO
- Verbesserung der Transparenz und Qualität von Notifizierungen (die Mitglieder sind immer weniger gewillt, die Berichtspflichten zu erfüllen, was ihnen die Überprüfung der von den anderen Mitgliedern ergriffenen Maßnahmen erschwert und so die Durchsetzung der Regeln behindert).
- Bessere Erfassung der Tätigkeiten staatseigener Unternehmen (aufgrund ihres Einflusses auf Märkte), indem klargestellt wird, wie die derzeitigen WTO-Regeln auf sie anzuwenden sind. So wird sichergestellt, dass sie sich dem WTO-Subventionsübereinkommen nicht länger entziehen können.
- Wirksamere Erfassung der Arten von Subventionen, die den Handel am stärksten verzerren, insbesondere jener, die in verschiedenen Wirtschaftszweigen zu Überkapazitäten führen.
Obwohl die Vorschläge der EU an der politischen Realität ausgerichtet waren (ehrgeizige Ziele wie die stärkere Berücksichtigung von Umweltaspekten bei Handelsschutzuntersuchungen wurden beispielsweise ausgespart), haben sie noch nicht zu den erwünschten Änderungen geführt:
- Überlegungen zur allgemeinen Funktionsweise der WTO haben die EU und andere Länder veranlasst, im WTO-Forum eine Reihe spezifischer Vorschläge einzubringen (z. B. zum Berufungsgremium);
- Legislativvorschläge wurden zur Qualität der TDI-Notifizierungen vorgelegt, nicht jedoch zu anderen TDI-bezogenen Fragen (siehe Kasten 7). Sie müssen aber noch auf politischer Ebene im Rahmen der WTO verhandelt werden.
Der Wirkung, die das Handeln der EU in dieser Hinsicht entfalten kann, sind jedoch durch die hochgradig formalisierte internationale Zusammenarbeit und die höchst unterschiedlichen Interessen der WTO-Mitglieder Grenzen gesetzt. All dies macht Kompromisse ausgesprochen schwierig.
87Auch der Brexit ist mit erheblichen Unwägbarkeiten für den internationalen Handel verbunden. Die GD TRADE hat die praktischen Folgen des Brexit für die Handelsschutzpolitik gebührend analysiert und ihre Mitarbeiter mehrfach in Form von Personalmitteilungen über den letzten Stand in Kenntnis gesetzt. Was die praktischen Vorbereitungen betrifft, so legt die Kommission bestimmte Analysen bereits getrennt für das Vereinigte Königreich vor (etwa zur Bedeutung des britischen Marktes für den betreffenden Fall, zum Volumen und Wert des Handels mit dem Vereinigten Königreich und zu etwaigen interessierten Parteien). Durch die getrennte Erhebung dieser Daten soll eine reibungslose Fortführung der Handelsschutzmaßnahmen der Kommission nach Auslaufen des Übergangszeitraums Ende 2020 gewährleistet werden.
88Das Engagement der EU für hohe Sozial- und Umweltstandards bedeutet, dass sich diese nach Möglichkeit in allen Politikbereichen widerspiegeln sollten. Mit der neuen Methode zur Dumpingberechnung und der Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente haben einige entsprechende Aspekte Eingang in die Handelsschutzpolitik gefunden. Inwieweit solche Erwägungen in TDI-Untersuchungen berücksichtigt werden können, ist allerdings durch den WTO-Rahmen begrenzt. Die WTO betrachtet Dumping als rein wirtschaftliches Phänomen und lässt folglich nicht zu, dass diese Standards direkt in Dumpingberechnungen einfließen. Die EU-Rechtsvorschriften sehen die Berücksichtigung von Sozial- und Umweltaspekten daher nur unter bestimmten Umständen vor (siehe Kasten 8).
Kasten 8
Sozial- und Umweltstandards in TDI-Untersuchungen
- Berechnung des Normalwerts der eingeführten Ware: Wenn es infolge staatlicher Eingriffe nachweislich zu Preisverzerrungen gekommen ist, muss ein anderes sogenanntes repräsentatives Land ausgewählt werden, um den Normalwert einer Ware zu ermitteln. Gemäß EU-Recht können nennenswerte Verzerrungen mit arbeitsrechtlichen Standards in Zusammenhang stehen, Umweltstandards können jedoch nicht einbezogen werden. Dennoch sollten bei der Wahl eines repräsentativen Landes Sozial- und Umweltschutzaspekte berücksichtigt werden.
- Für die Bestimmung der Schadensspanne herangezogener Zielpreis (also der theoretische Preis bei angenommenem Nichtvorliegen von Dumping/Subventionierung): gemäß den modernisierten Handelsschutzregeln dürfen in die Herstellungskosten von EU-Unternehmen die Kosten für Sozial- und Umweltstandards einfließen.
- Verpflichtungen: Die Kommission kann Sozial- und Umweltstandards berücksichtigen, wenn sie Verpflichtungsangebote annimmt, und diese ablehnen, wenn die Standards nicht erfüllt sind.
Der Hof überprüfte (den zum Zeitpunkt der Prüfung einzigen abgeschlossenen) Fall, bei dem die neue Methode für die Dumpingberechnung angewandt worden war, und gelangte zu dem Ergebnis, dass die Kommission im Hinblick auf die Wahl des für die Berechnung des Normalwerts der Ware herangezogenen repräsentativen Landes eine quantitative Bewertung der Sozial- und Umweltstandards vornahm. Konkret verglich die Kommission, wie viele Arbeits- und Umweltübereinkommen zwei Länder übernommen hatten, und wählte das Land, das die meisten Übereinkommen unterzeichnet oder ratifiziert hatte. Dies ist ein eher formalistischer Ansatz, da die Ratifizierung eines Übereinkommens nicht unbedingt etwas über seine praktische Durchsetzung und das tatsächliche Umweltschutzniveau aussagt.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
90Der Hof gelangt zu der Gesamtschlussfolgerung, dass die Kommission die Handelsschutzpolitik erfolgreich durchgesetzt hat. Aufgrund der Untersuchungen wurden zeitnah Maßnahmen eingeführt, um eine Reihe europäischer Wirtschaftszweige vor unfairen Handelspraktiken (wie Dumping oder Subventionierung) durch Drittländer zu schützen.
91Die vom Hof gezogene Stichprobe von Fällen hat gezeigt, dass die Kommission die in den TDI-Grundverordnungen vorgeschriebenen Verfahren ordnungsgemäß und zügig befolgt hat. Die internen Kontrollen der GD TRADE gewährleisteten trotz einiger Mängel in den internen Leitlinien für das Personal die Einhaltung der Vorschriften. Während der Untersuchungen stellte die Kommission die gleichen Rechte der Parteien sicher, die durch den Anhörungsbeauftragten zusätzlich wirksam gewährleistet wurden (siehe Ziffern 21-26).
92Die Kommission hat kürzlich eine neue webbasierte Anwendung eingeführt, um den verschiedenen Parteien den Zugang zu nicht vertraulichen Unterlagen zu erleichtern. Die Parteien entscheiden selbst, welche Teile der von ihnen übermittelten Unterlagen als vertraulich anzusehen sind. Die Kommission dokumentiert ihre Kontrollen, ob der Vertraulichkeitsstatus gerechtfertigt ist, nicht systematisch. Daher konnte der Hof den Umfang dieser Kontrollen nicht überprüfen (siehe Ziffern 27-32).
Empfehlung 1 – Dokumentation der VertraulichkeitsbewertungUm Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien hinsichtlich der Vertraulichkeit wenig Raum zu lassen, sollte die Kommission ihre Überprüfungen der von den Parteien vorgelegten vertraulichen und nicht vertraulichen Dossiers hinreichend dokumentieren.
Zeitrahmen: 2021
93TDI-Untersuchungen sind für die betroffenen Parteien zwar mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden, die Kommission verlangte jedoch nicht mehr Unterlagen als sie tatsächlich benötigt, um die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen zu verifizieren (siehe Ziffer 34).
94Die Kommission gab den Parteien ausreichende Orientierungshilfen an die Hand, wenngleich die Unterstützung für KMU den von ihr bei der Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente formulierten Zielen nur in begrenztem Umfang gerecht wurde. Derzeit kommen TDI vor allem in einigen wenigen Branchen zum Einsatz, und die Kommission hat wenig unternommen, um Unternehmen in anderen Branchen stärker darauf hinzuweisen, wie sich ihre Interessen auf globalen Märkten mithilfe von TDI wirksam schützen lassen (siehe Ziffern 33 und 35-37).
Empfehlung 2 – Bessere Bekanntmachung handelspolitischer SchutzinstrumenteDamit möglichst vielen Interessenträgern bekannt ist, dass auf handelspolitische Schutzinstrumente zurückgegriffen werden kann, sollte die Kommission zusätzliche Kommunikationswege suchen, um die Interessenträger stärker darauf hinzuweisen. So könnte die Kommission beispielsweise regelmäßige Veranstaltungen für Interessenträger organisieren und dabei besonders auf die spezifischen Bedürfnisse von KMU achten.
Zeitrahmen: 2021
95In Anbetracht der Auswirkungen von Zöllen und der Tatsache, dass Entscheidungen angefochten werden können, muss die Kommission bei der Rechtfertigung der Maßnahmen besonders sorgfältig vorgehen. Die Stichprobe des Hofes hat gezeigt, dass die Arbeit der Kommission diese Erwartungen erfüllte. Ungeachtet dieser Einschätzung stellte der Hof fest, dass die Kontakte der Kommission mit potenziellen Antragstellern, bevor diese ihren Antrag einreichen, meist informeller Natur sind. In der Praxis haben die informellen Ratschläge der Kommission eine selektive Wirkung, da viele potenzielle Antragsteller von einer Antragstellung absehen. Den Antragstellern steht es jedoch ungeachtet des Ratschlags der Kommission nach wie vor frei, ihre Fälle vorzulegen und förmlich bewerten zu lassen (siehe Ziffern 40-45).
96Die Schlussfolgerungen der Kommission bei TDI-Untersuchungen waren insofern überzeugend dargelegt, als sie der Methode der GD TRADE folgten und den Marktgegebenheiten entsprachen. Der Hof stellte jedoch fest, dass die im Rahmen der Prüfung des Unionsinteresses vorgenommene Bewertung der potenziellen Auswirkungen der Maßnahmen auf den Wettbewerb in der EU nicht immer detailliert genug war. Außerdem wurden die Argumente der Parteien bisweilen mit nur schwacher Begründung zurückgewiesen (siehe Ziffern 46-50).
Empfehlung 3 – Verbesserung der Leitlinien für die Bewertung von WettbewerbsaspektenDamit im Zuge der Prüfung des Unionsinteresses vorgebrachte relevante Wettbewerbsfragen angemessen analysiert werden, sollte die Kommission i) in die Fragebögen, mit denen sie Informationen von Verwendern und Einführern einholt, mehr Hinweise u. a. zu Wettbewerbsbedenken aufnehmen und ii) den Bediensteten zusätzliche interne Leitlinien dazu an die Hand geben, wie wettbewerbsrechtliche Bedenken der Parteien analysiert werden sollten, und diese Analyse dokumentieren.
Zeitrahmen: 2021
97Gemäß den Rechtsvorschriften muss die Kommission die mit den Handelsschutzmaßnahmen verbundenen Verpflichtungen und Sonderklauseln überwachen. Sie hat diese Aufgabe zwar wirksam erfüllt, konnte wegen der Ressourcenknappheit jedoch selten über die rechtlichen Anforderungen, also die allgemeine Überwachung der Maßnahmen und Ad-hoc-Marktbeobachtungen, hinausgehen. Da die Kommission zudem nicht dokumentierte, wie sie Maßnahmen für eine fakultative Überwachung auswählte, konnte der Hof nicht beurteilen, ob dies anhand klarer Kriterien erfolgte. Gleiches gilt für die Auswahl der Unternehmen, denen Besuche abgestattet werden sollen, um die Einhaltung der Preisverpflichtungen zu überprüfen (siehe Ziffern 58-60 und 63).
98Der Jahresbericht über die handelspolitischen Schutzinstrumente vermittelt ein vollständiges und zutreffendes Bild der Tätigkeiten der Kommission in diesem Bereich; einen Überblick über die allgemeine Wirksamkeit dieser Instrumente enthält er bislang jedoch nicht. Darüber hinaus werden die von den Mitgliedstaaten zur Erhebung von Zöllen (oder durch Follow-up-Instrumente wie die Ungültigkeitserklärung von Rechnungen generierte Einnahmen) übermittelten Daten von der GD TRADE nicht analysiert (siehe Ziffern 69-74).
Empfehlung 4 – Verbesserung der ÜberwachungZur Verbesserung der Art und Weise, wie die Handelsschutzmaßnahmen und ihre Wirksamkeit überwacht werden, sollte die Kommission
- Kriterien festlegen, anhand deren die Maßnahmen mit dem höchsten Umgehungsrisiko oder andere Probleme mit negativen Folgen für die Wirksamkeit ermittelt werden können. Sie sollte somit auf der Grundlage dieser Kriterien nicht nur Maßnahmen für eine eingehende Überwachung auswählen, sondern diese Auswahl auch dokumentieren. Wenn die Einhaltung der Verpflichtungen nicht bei allen betroffenen Unternehmen vor Ort überprüft werden kann, sollte die Kommission nach derselben Logik klare Kriterien für die Auswahl der zu kontrollierenden Unternehmen anwenden;
- regelmäßige Evaluierungen (mindestens alle fünf Jahre) zur Einschätzung der allgemeinen Wirksamkeit von Handelsschutzmaßnahmen vornehmen, gegebenenfalls auch für einzelne Wirtschaftszweige.
Zeitrahmen: 2021 für 1) und 2023 für 2)
99Die Kommission hat ihre Instrumente zur Nachverfolgung der Ergebnisse des Überwachungsprozesses wirksam eingesetzt (z. B. Rücknahme von Verpflichtungen und Warnmeldungen an Zollbehörden). Von der Möglichkeit, Untersuchungen von Amts wegen einzuleiten hat sie hingegen nur in begrenztem Umfang Gebrauch gemacht. Sie hat auch nicht festgelegt, welche besonderen Umstände ihr Eingreifen im Fall von Waren, die in der Vergangenheit nicht Gegenstand von Maßnahmen waren, auslösen sollten (siehe Ziffern 61-62 und 64-68).
Empfehlung 5 – Umfassende Nutzung der Möglichkeit, Verfahren von Amts wegen einzuleitenZum besseren Schutz der EU-Wirtschaftszweige sollte die Kommission von ihren Befugnissen, Untersuchungen von Amts wegen einzuleiten, umfassender Gebrauch machen. Zu diesem Zweck sollte sie festlegen, nach welchen Kriterien Untersuchungen in Bezug auf neue Waren von Amts wegen eingeleitet werden sollten. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, sollte die Kommission rasch tätig werden und in jedem einzelnen Fall die genauen Umstände angeben, die Anlass für die von Amts wegen eingeleitete Untersuchung waren.
Timeframe: 2021
100Obwohl bei den TDI-Tätigkeiten in den letzten 10 Jahren ein Anstieg zu verzeichnen war, stellte die Kommission dafür weniger Personal bereit. Durch ein gutes Arbeitsmanagementsystem konnte vermieden werden, dass die Untersuchungen durch die knappen Personalressourcen beeinträchtigt wurden; andere Tätigkeiten, insbesondere die Überwachung, wurden hingegen in Mitleidenschaft gezogen (siehe Ziffern 77-78).
101Die Kommission führt nicht nur eigene Handelsschutzuntersuchungen durch, sondern reagiert auch auf die von Drittländern vorgeschlagenen Maßnahmen, indem sie an ausgewählten Untersuchungen unmittelbar teilnimmt und im WTO-Forum die Interessen der EU-Wirtschaftszweige vertritt. Sie priorisiert ihre Handlungen jedoch nicht anhand klarer Kriterien. Die Kommission nutzte das WTO-Forum auch, um eine Reihe grundlegenderer Probleme im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit im internationalen Handel und der Arbeitsweise der WTO selbst anzugehen (siehe Ziffern 79-86).
102Was andere aktuelle Herausforderungen betrifft, so hat die Kommission Vorbereitungen für die Folgen des Brexit getroffen und Sozial- und Umwelterwägungen in Handelsschutzuntersuchungen einbezogen. Hinsichtlich Letzterer bedient sie sich jedoch hauptsächlich eines formalistischen Ansatzes. Da der WTO-Rahmen die Einbeziehung von Sozial- und Umwelterwägungen in die Dumpingberechnungen nicht gestattet, muss die Kommission diese gemäß den Rechtsvorschriften bei Randthemen (z. B. der Wahl des für die Berechnung des Normalpreises einer Ware herangezogenen Landes) berücksichtigen. Die Kommission beschränkte sich bei ihren Überprüfungen allerdings darauf, welche einschlägigen internationalen Übereinkommen ein Land ratifiziert hat (siehe Ziffern 87-89).
Empfehlung 6 – Priorisierung der Reaktion der EU auf Maßnahmen von DrittländernDie Kommission sollte ihre Reaktion auf Maßnahmen von Drittländern wirksamer priorisieren, sowohl bei den Untersuchungen als auch im WTO-Forum. Sie sollte spezifische Kriterien festlegen und die Maßnahmen auf dieser Grundlage bewerten, um Klarheit hinsichtlich der Gründe für ihre Reaktion und deren Umfang zu schaffen.
Zeitrahmen: 2021
Dieser Bericht wurde von Kammer IV unter Vorsitz von Herrn Alex Brenninkmeijer, Mitglied des Rechnungshofs, in ihrer Sitzung vom 30. Juni 2020 in Luxemburg angenommen.
Für den Rechnungshof
Klaus-Heiner Lehne
Präsident
Anhänge
Anhang I – Handelsverzerrungen und die entsprechenden handelspolitischen Schutzinstrumente
| Dumping | Subventionierung | Sprunghafter Anstieg der Einfuhren | |
| Welches handelspolitische Schutzinstrument? | Antidumping- maßnahmen | Antisubventions- maßnahmen | Schutzmaßnahmen |
| Worin besteht die Verzerrung? | Ein nicht in der EU ansässiges Unternehmen verkauft Waren in der EU unter dem Verkaufspreis auf seinem Heimatmarkt oder, falls das Kriterium „Preis“ nicht angewandt werden kann, unter den Produktionskosten zuzüglich einer angemessenen Gewinnspanne. | Die Regierung oder die öffentliche Hand eines nicht zur EU gehörenden Landes gewährt einem bestimmten Wirtschaftszweig oder einer bestimmten Gruppe von Wirtschaftszweigen Zuschüsse, die sich auf die Ausfuhrpreise in die EU auswirken können. | Sprunghafter unerwarteter Anstieg der absoluten oder relativen Einfuhren einer bestimmten Ware in die EU. |
| Bedingungen für die Einführung von Maßnahmen | 1) Dumping/Subventionierung müssen vorliegen. 2) Der die Ware herstellende Wirtschaftszweig der EU muss durch die niedrigen Einfuhrpreise entweder eine bedeutende Schädigung erleiden oder es muss eine bedeutende Schädigung drohen. 3) Das Dumping/die Subventionierung ist Ursache dieser bedeutenden Schädigung. | Es kommt aufgrund unvorhergesehener Entwicklungen zu einem sprunghaften Anstieg der Einfuhren, durch den der EU-Wirtschaftszweig eine bedeutende Schädigung erfährt oder davon bedroht ist. | |
| Form der Maßnahmen | 1) Wertzoll – ein Prozentsatz des Preises. 2) Spezifischer Zoll – ein fester Betrag je Wareneinheit. 3) Variabler Zoll/Mindesteinfuhrpreis – Der Zoll entspricht der Differenz zwischen einem festgelegten Mindestpreis und dem Verkaufspreis des Ausführers. 4) Preisverpflichtung – Der Ausführer verpflichtet sich, seine Waren zu oder über einem Mindesteinfuhrpreis zu verkaufen. | Mengenmäßige Beschränkungen auf die Einfuhr einer Ware aus allen Ländern. 1) Einfuhrkontingente mit Begrenzung der zulässigen Einfuhren. 2) Zollkontingente mit Erhebung von Zöllen bei Überschreitung der zulässigen Einfuhrmengen. | |
| Zusatzbedingung in den EU-Verordnungen | Die Maßnahme darf dem Unionsinteresse nicht zuwiderlaufen. Die Vorteile der Maßnahme für den die Ware herstellenden EU-Wirtschaftszweig müssen größer sein als die anderen EU-Parteien, wie Importeuren oder Verwendern der Ware, entstehenden Kosten. | ||
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Anhang II – Handelspolitische Schutzinstrumente – Ablaufbeschreibung
Von der Einreichung eines Antrags zur Einstellung der Maßnahmen – ein Überblick
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
Grob- und Detaildarstellung der Ausgangsuntersuchung: Aufgaben der Kommission
Quelle: Europäische Kommission (vom Europäischen Rechnungshof angepasst).
Akronyme und Abkürzungen
GD: Generaldirektion
GD TAXUD: Generaldirektion Steuern und Zollunion
GD TRADE: Generaldirektion Handel
GD BUDG: Generaldirektion Haushalt
KMU: Kleine und mittlere Unternehmen
OLAF: Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung
TDI: Handelspolitisches Schutzinstrument
WTO: Welthandelsorganisation
Glossar
Anhörungsbeauftragter für Handelsverfahren: Unabhängiger Mediator bei der Europäischen Kommission, den an Handelsverfahren beteiligte Parteien konsultieren können.
Antidumpingmaßnahme: Auf eingeführte Waren erhobener Zoll oder einem Unternehmen auferlegter Mindestverkaufspreis, wenn zum Wiederverkauf bestimmte Waren unter dem Marktwert in die EU eingeführt werden.
Antisubventionsmaßnahme: Zoll oder andere Sanktion, mit dem/der in einem Drittland mithilfe unfairer Subventionierung hergestellte Waren belegt werden.
Ausschussverfahren: Verfahren, bei dem die Kommission einen Ausschuss aus Vertretern der Mitgliedstaaten förmlich zu vorgeschlagenen Maßnahmen konsultiert.
Berufungsgremium der WTO: Unabhängiges siebenköpfiges Gremium, das im Rahmen von WTO-Streitbeilegungsverfahren die Rechtsmittel prüft.
Dienstübergreifende Konsultation: Förmliches Verfahren, bei dem eine Kommissionsdienststelle den Rat oder die Stellungnahme anderer Dienststellen zu einem Vorschlag einholt.
Dumping: Ein nicht in der EU ansässiges Unternehmen verkauft Waren in der EU unter dem Verkaufspreis auf seinem Heimatmarkt oder, falls das Kriterium „Preis“ nicht angewandt werden kann, unter den Produktionskosten und einer angemessenen Gewinnspanne („Normalwert“).
Dumpingspanne: Differenz zwischen dem Einfuhrpreis einer Ware und ihrem Normalwert (siehe Dumping).
Eigenmittel: Zur Finanzierung des EU-Haushalts dienende Mittel, die sich größtenteils aus Beiträgen der Mitgliedstaaten zusammensetzen.
Handelspolitisches Schutzinstrument: Von einem Land oder einem Handelsblock (einschließlich der EU) eingeführte Maßnahme zum Schutz der Hersteller gegen unfair gehandelte oder subventionierte Einfuhren sowie plötzliche und erhebliche Zunahmen der Einfuhrmengen.
Handelsverfahren: Von der Kommission durchgeführte Untersuchung zwecks Feststellung, ob eine Handelsschutzmaßnahme eingeführt werden soll. Auch als „Handelsschutzuntersuchung“ bezeichnet.
Interessierte Partei: Partei, die einen objektiven Zusammenhang zwischen ihren Tätigkeiten und einer Ware nachweisen kann, die Gegenstand einer Handelsschutzuntersuchung ist. Bei diesen Parteien handelt es sich in der Regel um EU-Hersteller und ihre Branchenverbände, Gewerkschaften, Einführer und Ausführer und deren repräsentative Verbände, Verwender und Verbraucherorganisationen sowie die Regierung des Ausfuhrlandes.
Kombinierte Nomenklatur: Einreihung von Waren in den Gemeinsamen Zolltarif. Dient als Grundlage für Zollanmeldungen und die EU-Handelsstatistik.
Prüfung des Unionsinteresses: Im Zuge einer Handelsschutzuntersuchung vorgenommene Bewertung, mit der festgestellt werden soll, ob die Einführung einer Handelsschutzmaßnahme im Interesse der EU läge.
Von Amts wegen: Von der Kommission auf eigene Initiative, ohne Vorliegen eines förmlichen Antrags, eingeleitete Untersuchung.
Welthandelsorganisation: Internationale Organisation, die sich mit der Regelung der Handelsbeziehungen zwischen Staaten befasst und als Forum für die Verhandlung von Handelsübereinkommen und die Beilegung von Handelsstreitigkeiten fungiert.
Zollkodex der Union: Kernstück des EU-Zollrechts.
Antworten der Kommission
Zusammenfassung
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern I-IX.
Handelspolitische Schutzinstrumente sind ein entscheidendes Element der europäischen Handelspolitik und unterstreichen das Engagement für einen offenen, auf Regeln beruhenden internationalen Handel. Die handelspolitischen Schutzinstrumente der EU wirken schädlichen unlauteren Handelspraktiken sowie plötzlichen Einfuhrsteigerungen entgegen und basieren auf den international anerkannten Regeln der Welthandelsorganisation (WHO). In den vergangenen Jahren hat die EU auf Vorschlag der Europäischen Kommission das handelspolitische Schutzsystem der EU mit zwei wichtigen Gesetzesänderungen im Dezember 2017 und Juni 2018 gestärkt und ausgebaut.
Die Europäische Kommission, die mit der Anwendung der handelspolitischen Schutzinstrumente beauftragt ist, tut dies auf einem sehr hohen Niveau und erfüllt diese Aufgabe erfolgreich, wie vom Europäischen Rechnungshof (EuRH) bestätigt wurde. Der EuRH hat zwar eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen, bestätigte jedoch, dass die Kommission die EU-Gesetzgebung korrekt anwendet, die einschlägige Rechtsprechung der WHO- und Unionsgerichte einhält und bei der Anwendung der handelspolitischen Schutzinstrumente (TDI) nach einem strukturierten und transparenten Verfahren angemessene Entscheidungen trifft, ohne die Beteiligten im Prozess übermäßig zu belasten. Diese Elemente sind von entscheidender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass die von der EU auferlegten handelspolitischen Schutzmaßnahmen den schädigenden Einfuhren in angemessener und zuverlässiger Weise gerecht werden.
Der Bekanntheitsgrad der handelspolitischen Schutzinstrumente hat in den letzten Jahren, ausgelöst durch die Stahlkrise sowie die in den Jahren 2017 und 2018 durchgeführten Gesetzesänderungen, deutlich zugenommen. Dies hat das Bewusstsein der Wirtschaftsbeteiligten in allen Wirtschaftszweigen für die Rolle der Instrumente, insbesondere bei der Bekämpfung der durch unlautere Einfuhren verursachten Schäden, geschärft. Die Kommission stellt sicher, dass alle Wirtschaftszweige, unabhängig davon, ob es sich hierbei hauptsächlich um Großunternehmen oder KMU handelt, von den ersten Kontakten an während des gesamten Prozesses Zugang zu den Instrumenten haben, wobei der Schwerpunkt auf dem Schutz der Rechte aller interessierten Parteien bei voller Transparenz aller Schritte und Entscheidungen liegt. Aufbauend auf Initiativen wie der gezielten Unterstützung von KMU sowie dem Online-Zugang zu nichtvertraulichen Dokumenten ist die Kommission fest entschlossen, bestehende Verfahren zu stärken.
Die vollständige Einhaltung der geltenden Handelsschutzvorschriften der EU bei gleichzeitiger Einhaltung ihrer internationalen Verpflichtungen ist das Kernstück der Verwaltung der handelspolitischen Schutzinstrumente der EU durch die Kommission. Die handelspolitischen Schutzinstrumente der EU erfordern eine Prüfung des öffentlichen Interesses, die über die Anforderungen der WHO hinausgeht. Die Prüfung, die eine angemessene Anwendung der Instrumente gewährleistet, ermöglicht es der Kommission zu untersuchen, ob die Einführung von Maßnahmen im Allgemeinen wirtschaftlichen Interesse der Union liegt. In diesem Zusammenhang liegt der Schwerpunkt auf der Beseitigung des unlauteren Wettbewerbs infolge gedumpter oder subventionierter Einfuhren.
Die Europäische Kommission setzt sich uneingeschränkt für einen offenen und fairen Handel ein, der auf weltweiten Regeln beruhen muss, die wirksam und durchsetzbar sind und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle schaffen. Diese zeichnet sich durch eine korrekte und robuste Umsetzung der Handelsschutzvorschriften aus. Gleichzeitig unternimmt die Kommission jegliche Anstrengung, um zu gewährleisten, dass unsere Handelspartner die Instrumente korrekt anwenden.
XDie Kommission stimmt allen Empfehlungen des EuRH zu, mit Ausnahme von Empfehlung 5, der die Kommission teilweise zustimmt, da sie beabsichtigt, weiterhin Untersuchungen von Amts wegen gemäß ihrer derzeitigen Praxis einzuleiten.
Beobachtungen
32Die Kommission setzt sich voll und ganz dafür ein, die Verteidigungsrechte aller interessierten Parteien in ihren TDI-Untersuchungen zu respektieren. TRON – eine elektronische Plattform, die als zentrale Anlaufstelle für die elektronische Kommunikation zwischen interessierten Parteien und der GD Handel in Handelsschutzverfahren dient – spielt in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle. Sie gewährleistet den Zugang interessierter Parteien zu den nichtvertraulichen Unterlagen, was einen bedeutenden Fortschritt gegenüber der früheren Praxis darstellt, bei der die Parteien zur Einsichtnahme in die Räumlichkeiten der Kommission kommen mussten. Darüber hinaus werden den Parteien automatisch die vollständigen Ergebnisse der Fälle offengelegt. Eine aussagekräftige nichtvertrauliche Akte mit allen eingegangenen Stellungnahmen ist ein weiteres wichtiges Element, wenn es darum geht, die Verteidigungsrechte in handelsschutzrechtlichen Untersuchungen zu gewährleisten. Die Kommission überprüft Anträge auf vertrauliche Behandlung, um zu gewährleisten, dass die Rechte der Parteien nicht durch ungerechtfertigte Anträge auf eine solche Behandlung untergraben werden. Ohne die Belastung für die interessierten Parteien zu erhöhen, dokumentiert die Kommission diese Überprüfungen und bekräftigt damit ihr Engagement für einen uneingeschränkten Zugang zu den Informationen, die ihren Ergebnissen und Entscheidungen zugrunde liegen.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 35-37.
Alle Wirtschaftszweige der Union, unabhängig von der Unternehmensgröße, die durch gedumpte oder subventionierte Einfuhren geschädigt werden, haben Zugang zu den handelspolitischen Schutzinstrumenten. Die Kommission unterhält regelmäßige Kontakte mit Wirtschaftsverbänden wie Business Europe, spezifischen Branchenverbänden sowie der Zivilgesellschaft im Rahmen von Sitzungen, die der Erläuterung des Zwecks, der Anwendung und der Entwicklungen der handelspolitischen Schutzinstrumente gewidmet sind. Zu diesen Gruppen gehören Vertreter von Herstellern, Einführern, Anwendern usw. aus zahlreichen Wirtschaftszweigen und Unternehmen unterschiedlicher Größe. Die Kommission hat besondere Anstrengungen unternommen, um KMU den Weg zu weisen. Dazu gehört die Erstellung einer Webseite, die Informationen wie einen eigenen Leitfaden für KMU, der in allen offiziellen Sprachen veröffentlicht wurde, sowie Entwürfe für Fragebögen enthält. Ferner betreibt die Kommission eine spezielle Informationsstelle für KMU, die den KMU, die TDI in Anspruch nehmen wollen, umfassende Unterstützung bietet. Im Einklang mit ihre Zusage, die europäischen Wirtschaftszweige vor unlauteren Handelspraktiken zu schützen, hat sich die Kommission verpflichtet, ihre Kommunikationskanäle weiter zu verbessern, um das Verständnis der Interessengruppen für die Instrumente zu erhöhen, wobei sie sich im Rahmen ihrer begrenzten Ressourcen insbesondere auf KMU konzentriert.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf Absatz 41 und Kasten 4 – „Beispiele für Begründungen von Entscheidungen“.
Im Zusammenhang mit der Bestimmung der Schadensspanne in Antidumping-Fällen wählt die Kommission in der Regel einen Zielgewinn aus. Bei dieser Auswahl sind mehrere Erwägungen ausschlaggebend; eine davon ist die Gewinnspanne, die der Gewinnspanne entsprechen sollte, die der Wirtschaftszweig unter normalen Wettbewerbsbedingungen, d. h. ohne die gedumpten Einfuhren, hätte erzielen können. Das Ergebnis hängt von den jeweiligen besonderen Umständen des Einzelfalls und insbesondere von den erhobenen Beweisen ab. Infolgedessen schwankt der Zielgewinn in der Regel von einer Untersuchung zur anderen, auch innerhalb desselben Wirtschaftszweigs. Die Antragsteller können zwar eine Gewinnspanne vorschlagen, diese ist jedoch nicht bindend. Die Gründe für die Wahl der einschlägigen Gewinnspanne werden stets in den Durchführungsbestimmungen erläutert, so wie dies auch bei dem in Feld 4 angeführten konkreten Beispiel der Fall war. Im Zuge der im Juni 2018 verabschiedeten Gesetzesänderungen wurde eine Mindestgewinnspanne von 6 % eingeführt.
43Die Richtigkeit der von den Antragstellern übermittelten Informationen und Beweismittel wird, soweit möglich, anhand von Quellen wie statistischen Datenbanken der Kommission (insbesondere COMEXT18 und die Datenbanken für die Marktüberwachung19 in Bezug auf Einfuhrmengen und -preisen), öffentlich zugänglichen Markt- und Unternehmensinformationen, Ergebnissen früherer Untersuchungen usw. überprüft und verifiziert. Die Einzelheiten dieser Überprüfungen und Analysen werden stets vollständig in den Fallakten der Kommission dokumentiert.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 49 und 50.
Der Einsatz von handelspolitischen Schutzinstrumenten durch die EU beruht zwar auf den Regeln der Welthandelsorganisation, doch wendet sie eine Reihe zusätzlicher Regeln an, die in der WHO lediglich fakultativ sind. Dazu gehört eine Prüfung des Interesses der Union, bei der die Kommission untersucht, ob die Einführung von Maßnahmen nicht dem Interesse der Union zuwiderläuft.
Zur Durchführung der Prüfung des Interesses der Union fordert die Kommission alle interessierten europäischen Parteien, einschließlich der Hersteller innerhalb der Union, der Gewerkschaften, der Einführer und ihre repräsentativen Verbände sowie der repräsentativen Verwender- und der repräsentativen Verbraucherorganisationen auf, Informationen über die Auswirkungen einer etwaigen Einführung von Maßnahmen zu übermitteln. In Bezug auf die Durchführung einer solchen Überprüfung, wird in Artikel 21 Absatz 1 und Artikel 31 Absatz 1 der Antidumping-20 bzw. der Antisubventionsgrundverordnung21 der „Notwendigkeit, die handelsverzerrenden Auswirkungen des die Schädigung verursachenden Dumpings zu beseitigen und einen fairen Wettbewerb wiederherzustellen, besonders Rechnung getragen“. Dies bezieht sich auf das Ziel, den unlauteren Wettbewerb durch gedumpte/subventionierte Einfuhren zu beseitigen.
Das Ziel des Schutzes des ordnungsgemäßen Funktionierens der Märkte vor Wettbewerbsverzerrungen fällt in die Zuständigkeit der EU-Wettbewerbspolitik, wenn für eine solche Analyse spezifische Regeln gelten.
In Handelsschutzuntersuchungen verwendet die Kommission hauptsächlich Informationen, die sie von interessierten Parteien auf freiwilliger Basis erhält, und ist nicht befugt zur Durchführung einer vollständigen Wettbewerbsanalyse die Parteien zur Übermittlung von Daten zu verpflichten.
Die Kommission weist darauf hin, dass es derzeit einen internen Kontaktkanal zwischen den zuständigen Dienststellen gibt, der den Informationsaustausch über wettbewerbsbezogene Fragen erleichtert, die sich bei den jeweiligen Untersuchungen ergeben können.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf Absatz 55 und Kasten 6 – „Biodiesel“.
Die Kommission ist der Ansicht, dass der vom EuRH erwähnte Fall bei den Zollbehörden keine Unklarheiten verursacht hat.
Da die Warenbeschreibung in den Handelsschutzvorschriften und die Warenbeschreibung im Zolltarifschema zwei unterschiedlichen Zielen dienen, kann und muss die Warenbeschreibung in den Handelsschutzvorschriften nicht mit den Beschreibungen des Zolltarifschemas übereinstimmen. Die Warenbeschreibung im Handelsschutz, die den Anwendungsbereich der handelspolitischen Schutzmaßnahmen festlegt, muss hinreichend genau und umfassend sein, damit die Zollbehörden die Ware nach den Regeln des Zolltarifschemas in die Zolltarife einordnen können.
Die Überschriften der Durchführungsverordnungen der Kommission enthalten eine kurze Beschreibung der betroffenen Waren, die hauptsächlich zu Zwecken der Kommunikation im Rahmen des Verfahrens dient.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 60-63.
Was die Überwachungstätigkeiten anbelangt, so schwanken die Art der Überwachungsmaßnahmen und ihre Ressourcenintensität, was in der Regel auf die Anzahl der geltenden Preisverpflichtungen zurückzuführen ist. Die von der Kommission für die Überwachung eingesetzten Ressourcen spiegeln diese besondere Art der Überwachung wider. Die Kommission wird weiterhin alle ihr für die Überwachung zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, und sie wird auch künftig auf Informationen zurückgreifen, die ihr von den Wirtschaftszweigen der Union, vom OLAF, von den nationalen Zollbehörden usw. zugetragen werden. Die Aufstellung präziserer Kriterien zur Ermittlung von Fällen, die für eine allgemeine Überwachung infrage kommen oder bei denen das Risiko einer Umgehung am höchsten ist, könnte die Überwachungstätigkeit der Kommission weiter stärken.
In diesem Zusammenhang ist die Kommission bestrebt, allen Unternehmen, die Verpflichtungen eingegangen sind, Kontrollbesuche abzustatten. Bis auf eine Ausnahme, in der die Zahl der Unternehmen außergewöhnlich hoch war, gelang dies in allen Fällen. In Bezug auf diese Ausnahme, in der Verpflichtungen für Unternehmen bestehen, die demselben Konzern angehören, kann die Überprüfung auf Konzernebene durchgeführt werden.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 67 und 68.
Die Kommission stellt fest, dass das geltende EU-Recht sowie das einschlägige WHO-Übereinkommen vorsehen, dass Handelsschutzuntersuchungen auf Beschwerden hin eingeleitet werden, es sei denn, es liegen „besondere Umstände“ vor. Daher bleibt die Einleitung von Untersuchungen von Amts wegen eine Ausnahme. In der Praxis verfügt die Kommission in der Regel nicht über die notwendigen Marktinformationen, um Untersuchungen auf eigene Initiative einzuleiten. Andererseits hat die Kommission immer dann, wenn ihr ausreichende Informationen vorlagen, die Untersuchungen eingeleitet, wie z. B. im Falle der Untersuchung zur Prüfung des Tatbestandes der Umgehung, bei dem sich die relevanten Daten bereits in den Kommissionsakten befanden.
Für alle praktischen Absichten und Zwecke bedeutet dies, dass die Kommission gelegentlich in der Lage sein wird, von Amts wegen Untersuchungen zur Prüfung des Tatbestandes der Umgehung einzuleiten. Die dafür benötigten Informationen sind begrenzt, und die Überwachung von Einfuhren (im Gegensatz zur Marktüberwachung) offenbart bisweilen solche Informationen. Im Gegensatz dazu wird die Überwachung der Einfuhren nicht die Art von Informationen liefern, die die Kommission für die Einleitung einer vollwertigen neuen Antidumping- oder Antisubventionsuntersuchung benötigt.
Daher ist die Kommission zuversichtlich, dass sie ihren rechtlichen Verpflichtungen und politischen Zusagen in Bezug auf die Einleitung von Untersuchungen von Amts wegen in vollem Umfang nachgekommen ist.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 72-74.
In Bezug auf die Auswirkungen der Handelsschutzpolitik auf Wachstum und Beschäftigung weist die Kommission darauf hin, dass der konkrete und greifbare Indikator für durch Handelsschutzmaßnahmen geschützte Arbeitsplätze in alle Handelsschutzuntersuchungen einbezogen wird, da das Beschäftigungskriterium ein untrennbarer Bestandteil der Analyse der durch gedumpte oder subventionierte Einfuhren verursachten Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union ist. Darüber hinaus ist die Zahl der durch Handelsschutzmaßnahmen geschützten Arbeitsplätze ein regelmäßiger Bestandteil der Rückmeldungen, die die Kommission vom Wirtschaftszweig der Union erhält. Die Auswirkungen von Handelsschutzmaßnahmen hängen zwangsläufig davon ab, ob Dumping oder eine Subventionierung vorliegt und ob der Wirtschaftszweig der Union beschließt, Maßnahmen zu ergreifen. In Bezug auf das Beispiel der Solarpaneele merkt die Kommission an, dass die Binnennachfrage in der EU stark zurückgegangen ist, was die Hauptursache für die angemeldeten Insolvenzen gewesen sein könnte.
73Jede Untersuchung der Auswirkungen von TDI auf Wachstum und Beschäftigung wäre ressourcenintensiv, nicht nur für die Kommission, sondern auch für die Wirtschaftsbeteiligten.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 84-86.
In Bezug auf die Funktionsfähigkeit der WHO weist die Kommission auf die Belastung hin, die durch einige bedeutende weltweit tätige Beteiligte in den letzten Jahren auf das auf internationalen Regeln basierende System ausgeübt wurde. Die Kommission weist ferner auf die inhärenten Beschränkungen aller multilateralen Verhandlungen hin, die sich aus dem Konsensprinzip der WHO ergeben.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 88 und 89.
Die Kommission erkennt die Bedeutung von Arbeits- und Umweltstandards im Zusammenhang mit dem internationalen Handel an. Folglich ist die Kommission entschlossen, eine anspruchsvolle Agenda für nachhaltige Entwicklung weiter zu verfolgen, insbesondere durch die Aufnahme eigener Kapitel in neue Freihandelsabkommen, die die höchsten Standards des Klima-, Umwelt- und Arbeitsschutzes gewährleisten. Im Bereich der handelspolitischen Schutzinstrumente können diese Standards jedoch nur innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens der WHO eine Rolle spielen. Die Aufnahme von Arbeits- und Umweltstandards in das kürzlich geänderte Handelsschutzgesetz spiegelt diese Grenzen wider und trägt ihr Rechnung. Die Gesetzgeber haben derartige Standards zwar in Teilen in eine Reihe von zentralen Handelsschutzkonzepten, wie z. B. die Dumpingberechnung, aufgenommen, jedoch in sehr eingeschränkter Form: (1) Die Kommission kann Lohnverzerrungen im Rahmen ihrer Analyse der Frage nachgehen, ob ein Land erhebliche vom Staat verursachte Verzerrungen aufweist. (2) Bei der Auswahl eines repräsentativen Landes betrachtet die Kommission die Arbeits- und Umweltbilanz der einzelnen Länder. Während sich einige Aspekte einer derartigen Analyse angesichts des Mangels an verfügbaren Daten über die tatsächliche Anwendung, der überaus knappen gesetzlichen Fristen sowie der begrenzten Ressourcen auf die formelle Ratifizierung konzentrieren, werden andere Parameter, wie z. B. Lohnverzerrungen, je nach den spezifischen Anforderungen in der individuellen Untersuchung eingehender analysiert.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
91Es wird großer Wert darauf gelegt, dass die für den Handelsschutz zuständigen Mitarbeiter einfachen Zugang zu aktualisierten umfassenden Informationen und Leitlinien über die Anwendung der handelspolitischen Schutzinstrumente haben. Unterstützt wird dies durch umfangreiche und regelmäßige Schulungen, die weiter ausgebaut wurden, um zu gewährleisten, dass die Entwicklungen, die insbesondere durch die Gesetzesänderungen im Dezember 2017 und Juni 2018 herbeigeführt wurden, konsequent und nach höchsten Standards umgesetzt werden.
92Siehe Antwort der Kommission auf Ziffer 32.
Empfehlung 1 – Dokumentation der Bewertung der VertraulichkeitDie Kommission akzeptiert die Empfehlung.
Die Kommission setzt sich uneingeschränkt dafür ein, dass die Rechte der Parteien nicht durch ungerechtfertigte Anträge auf vertrauliche Behandlung untergraben werden. Die Kommission wird diese Ansprüche weiterhin überprüfen und versuchen, diese Überprüfungen besser zu dokumentieren, um zu gewährleisten, dass den interessierten Parteien die vollständigen Informationen zur Verfügung stehen, die ihren Ergebnissen und Entscheidungen zugrunde liegen.
94Die Kommission setzt die Verbreitung von Informationen über handelspolitische Schutzinstrumente durch regelmäßige spezielle Sitzungen mit repräsentativen Organisationen der Wirtschaft fort, die alle Wirtschaftsbeteiligten, verschiedene Wirtschaftszweige und Unternehmensgrößen, einschließlich KMU, abdecken. Darüber hinaus hat die Kommission einen Leitfaden für KMU sowie eine spezielle Webseite und eine Informationsstelle eingerichtet, um diese Unternehmen bei der Bewältigung der Herausforderungen zu unterstützen, denen sie sich im Umgang mit TDI gegenübersehen. Die Kommission kann Möglichkeiten zur Vertiefung/Verstärkung der Zusammenarbeit mit Interessengruppen ausloten und dabei den spezifischen Bedürfnissen der KMU mehr Aufmerksamkeit widmen. Die Kommission wird sich jedoch weiterhin darauf konzentrieren, allen interessierten Parteien die Funktion der TDI näher zu bringen.
Empfehlung 2 – Förderung des Bewusstseins über handelspolitische SchutzinstrumenteDie Kommission akzeptiert die Empfehlung.
Die Kommission setzt sich uneingeschränkt dafür ein, das Bewusstsein für die Funktion und die Anwendung der handelspolitischen Schutzinstrumente bei allen Wirtschaftsbeteiligten in allen Wirtschaftszweigen zu schärfen. In diesem Zusammenhang wird sie die KMU weiterhin beim Zugang zu den Instrumenten und beim Verständnis der Instrumente unterstützen, indem sie weiter auf den spezifischen KMU-bezogenen Initiativen aufbaut, die nach den Gesetzesänderungen im Juni 2018 umgesetzt wurden.
96Siehe Antworten der Kommission auf die Absätze 49-50.
Empfehlung 3 – Verbesserte Orientierungshilfen in WettbewerbsfragenDie Kommission akzeptiert die Empfehlung.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 97-99.
Die Kommission betont, dass hinsichtlich ihrer Überwachungstätigkeiten ein System zur Festlegung von Prioritäten vorhanden ist, auch wenn es in Bezug auf ihre Dokumentation verbessert werden könnte.
Die Kommission hält jedoch eine Ad-hoc-Marktforschung im Hinblick auf die Einleitung neuer Untersuchungen aus eigener Initiative nicht für angebracht. Dies ist auf die einzige Restfunktion zurückzuführen, die die Gesetzgebung Untersuchungen von Amts wegen beimisst, aber auch auf die Tatsache, dass die für Handelsschutzuntersuchungen in der Regel erforderlichen Informationen nicht durch Marktforschung gewonnen werden können. Die Kommission erinnert daran, dass sie bereits in der Vergangenheit Untersuchungen von Amts wegen eingeleitet hat, wenn ihr ausreichende Informationen vorlagen, die die Einleitung rechtfertigten, und dass sie sich weiterhin dafür einsetzt, diese bewährte Verfahrensweise auch in Zukunft beizubehalten. Angesichts der Art der Informationen, die durch die Überwachung gewonnen werden können, wird dies vor allem für die Einleitung von Untersuchungen zur Bekämpfung der Umgehung gelten.
Im Hinblick auf die Bewertung der Wirksamkeit der Handelsschutzpolitik betont die Kommission, dass die Auswirkungen von Handelsschutzmaßnahmen auf die Beschäftigungsmerkmale in den einzelnen Untersuchungen ein fester Bestandteil der Analyse sind. In diesem Zusammenhang erinnert die Kommission daran, dass der Jahresbericht über handelspolitische Schutzmaßnahmen Informationen über Industriearbeitsplätze enthält, die durch die geltenden Maßnahmen geschützt werden, sowie einen Überblick und eine Analyse der allgemeinen Entwicklungstendenzen in Bezug auf handelspolitische Schutzmaßnahmen von Drittländern und die diesbezüglichen Interventionen der Kommission im Namen des Wirtschaftszweigs der Union.
Empfehlung 4 – Verbesserung der ÜberwachungDie Kommission akzeptiert Empfehlung 4, Unterpunkt 1. Zwar gibt es tatsächlich eine Priorisierung der Überwachungstätigkeiten auf der Grundlage vordefinierter Kriterien, doch kann die Dokumentation, wie diese Priorisierung erfolgt, die Transparenz der Maßnahmen der Kommission weiter erhöhen; dies trägt zu dem im Strategischen Plan 2016-2020 der GD HANDEL festgelegten Ziel der Erhöhung der Transparenz bei Handelsschutzuntersuchungen bei.
Die Kommission akzeptiert Empfehlung 4, Unterpunkt 2. Die Kommission erinnert daran, dass der aktuelle mehrjährige Bewertungsplan der Generaldirektion Handel diese Empfehlung bereits berücksichtigt und daher für 2022 eine Bewertung der handelspolitischen Schutzinstrumente der EU vorgesehen ist.
Empfehlung 5 – Umfassende Anwendung der Verfahren von Amts wegenDie Kommission akzeptiert diese Empfehlung in Teilen.
Die Kommission weist darauf hin, dass nach ihrer derzeitigen Verfahrensweise immer dann, wenn sie über Informationen verfügte, die die Einleitung eines Handelsschutzverfahrens rechtfertigen würden, eine Untersuchung eingeleitet worden ist. Angesichts der Art der benötigten Informationen ist dies jedoch mit Untersuchungen zur Bekämpfung von Umgehungen verbunden. Darüber hinaus wird die Kommission im Rahmen von Gegenmaßnahmen von Amts wegen Untersuchungen einleiten, wenn der Wirtschaftszweig der Union (oder Teile davon) der Kommission die erforderlichen Informationen in vertraulicher Form zur Verfügung stellt.
Abgesehen von diesen beiden Szenarien sieht die Kommission in der Regel nicht vor, von Amts wegen Untersuchungen einzuleiten. Die Kommission betont, dass in den geltenden Rechtsvorschriften eindeutig festgelegt ist, dass Handelsschutzuntersuchungen auf der Grundlage von Beschwerden des Wirtschaftszweigs der Union durchgeführt werden müssen und dass Untersuchungen aus eigener Initiative der Kommission nur unter besonderen Umständen eingeleitet werden können.
Unter Berücksichtigung des vorstehend Genannten erkennt die Kommission jedoch an, dass eine präzisere Formulierung der Kriterien für die Einleitung von Amts wegen weitere Klarheit bringen, bestimmte bestehende Missverständnisse ausräumen und dem Wirtschaftszweig der Union zusätzliche Orientierungshilfen bieten wird.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 101 und 102.
Angesichts der gegenwärtigen Krisen des Streitbeilegungssystems der WHO hält es die Kommission für wesentlich, dass die EU ihre Bemühungen um den Erhalt und die Reform des regelbasierten Systems des internationalen Handels fortsetzt. Aus diesem Grund hält die Kommission an ihrer regulären Arbeit in der WHO sowie an ihrer führenden Rolle bei den Reformbemühungen der WHO fest. Die Kommission erkennt ferner die Bedeutung von Arbeits- und Umweltstandards an. Die Kommission ist daher nach wie vor entschlossen, sie bei ihren Handelsschutzuntersuchungen zu berücksichtigen. Der geltende Rechtsrahmen der WHO sowie die praktische Durchführbarkeit setzen der Tätigkeit der Kommission in dieser Hinsicht jedoch klare Grenzen.
Empfehlung 6 – Prioritäten für die Reaktion der EU auf Maßnahmen von Drittstaaten setzenDie Kommission akzeptiert diese Empfehlung.
Im Einklang mit ihren fortgesetzten Bemühungen, dem Wirtschaftszweig der Union, der Handelsschutzverfahren von Drittländern ausgesetzt ist, die wirksamste und zielgerichtetste Unterstützung zu gewähren, weiß die Kommission die Vorteile zu schätzen, die eine größere Klarheit über die Art der Maßnahmen, die von der Kommission ergriffen werden können, und die Kriterien für solche Maßnahmen mit sich bringen können. Einerseits werden klarere Kriterien dem Wirtschaftszweig der Union helfen, den Umfang und die Grenzen der Interventionsmöglichkeiten der Kommission besser zu verstehen. Andererseits können derartige Kriterien die internen Prioritäten der Kommission für Maßnahmen im Rahmen der WHO weiter optimieren.
Endnoten
1 https://www.wto.org/english/res_e/statis_e/itip_e.htm
2 Die Maßnahmen sind Durchführungsrechtsakte zur Antidumping-/Antisubventionsgrundverordnung.
3 Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 21).
4 Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 55).
5 Verordnung (EU) 2017/2321 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 (ABl. L 338 vom 19.12.2017, S. 1).
6 Verordnung (EU) 2018/825 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 (ABl. L 143 vom 7.6.2018, S. 1).
7 Siehe Sonderbericht Nr. 19/2017 "Einfuhrverfahren: Schwachstellen im Rechtsrahmen und eine unwirksame Umsetzung wirken sich auf die finanziellen Interessen der EU aus", und Sonderbericht Nr. 02/2014 "Werden die Präferenzhandelsregelungen angemessen verwaltet?" (www.eca.europa.eu).
8 Die Einfuhren aus den betroffenen Ländern können drastisch sinken, während die Verkaufszahlen der EU-Hersteller steigen.
9 Die Leitlinien wurden aufgrund eines Berichts des WTO-Berufungsgremiums von Februar 2016 (DS397) aktualisiert.
10 „Europe’s Trade Defence Instruments now stronger and more effective“, abrufbar unter https://trade.ec.europa.eu/doclib/html/156921.htm.
11 https://ec.europa.eu/trade/policy/accessing-markets/trade-defence/actions-against-imports-into-the-eu/help-for-smes/
12 https://ec.europa.eu/growth/industry/international-aspects_en und https://een.ec.europa.eu/
13 Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2016/1036, in der durch die Verordnung (EU) 2017/2321 und die Verordnung (EU) 2018/825 geänderten Fassung.
14 Sicherheiten gewährleisten, dass Zölle innerhalb eines bestimmten Zeitraums gezahlt werden.
15 „European bicycle market employment and investment figures in 2018“. Verband der europäischen Fahrradhersteller und Verband der europäischen Fahrradindustrie. Abrufbar unter http://ebma-brussels.eu/wp-content/uploads/2019/03/OPEN-EU-Bicycle-Industry-Employment-and-Investment-Study-2019-with-2018-data.pdf.
16 „Making sense of steel’s turbulent trade climate“, BCG. Abrufbar unter https://www.bcg.com/publications/2019/steel-turbulent-trade-climate.aspx.
17 „The European PV market outlook“, Pietro Radoia, März 2019. Abrufbar unter https://www.solarpowersummit.org/wp-content/uploads/2019/03/Day-1-European-Market-Outlook.pdf.
18 Referenzdatenbank von Eurostat für detaillierte Statistiken über den internationalen Warenverkehr.
19 Gemäß Artikel 56 der Verordnung (EU) 2015/2447 der Kommission zur Festlegung der Einzelheiten zur Umsetzung des Zollkodex der Union (ABl. L 343 vom 29.12.2015, S. 558).
20 Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (1) (im Folgenden „Antidumpinggrundverordnung“).
21 Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (1) (im Folgenden „Antisubventionsgrundverordnung“).
Zeitschiene
| Verfahrensschritt | Datum |
|---|---|
| Annahme des Prüfungsplans/Beginn der Prüfung | 19.3.2019 |
| Offizielle Übermittlung des Berichtsentwurfs an die Kommission (bzw. die sonstigen geprüften Stellen) | 20.3.2020 |
| Annahme des endgültigen Berichts nach Abschluss des kontradiktorischen Verfahrens | 30.6.2020 |
| Eingang der offiziellen Antworten der Kommission (bzw. der sonstigen geprüften Stellen) in allen Sprachfassungen | 17.7.2020 |
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| ISBN 978-92-847-4970-6 | ISSN 1977-5644 | doi:10.2865/10346 | QJ-AB-20-015-DE-N | |
| HTML | ISBN 978-92-847-4998-0 | ISSN 1977-5644 | doi:10.2865/461844 | QJ-AB-20-015-DE-Q |
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