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Die EU im Jahr 2017

Finden Sie heraus, was die EU im Jahr 2017 erreicht hat – 60 Jahre nach der Unterzeichnung der Gründungsverträge in Rom. Der Gesamtbericht bringt Sie auf den neuesten Stand über die Fortschritte bei der Verwirklichung der zehn Prioritäten und informiert Sie über Aktionen zur Förderung von Beschäftigung und Wirtschaft und die Handelsabkommen mit Kanada und Japan. Erfahren Sie, wie die EU das Migrationsproblem angeht und wie sie im Bereich Verteidigung und Sicherheit stärker zusammenarbeitet. Der Bericht geht auch auf die Debatte über die Zukunft Europas ein, an der sich bereits Zehntausende Bürgerinnen und Bürger beteiligt haben. Er erläutert den großen Schritt, den die EU zum Schutz und zur Verbesserung der sozialen Rechte unternommen hat. Informationen zu diesen und vielen anderen Themen finden Sie in „Die EU im Jahr 2017“.

Die EU im Jahr 2017 ist als Langfassung („Gesamtbericht“) und als Kurzfassung („Das Wichtigste im Überblick“) in folgenden Formaten verfügbar:

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Die EU im Jahr 2017 – Das Wichtigste im Überblick PDF Highlights EPUB Highlights Paper Highlights

Vorwort

Präsident der Europäischen Kommission 
Jean-Claude Juncker. © European Union

Präsident der Europäischen Kommission
Jean-Claude Juncker

 

2017 war ein entscheidendes Jahr für die Europäische Union. Ein Jahr, in dem wir den 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge gefeiert haben. Ein Jahr, das uns vor Augen geführt hat, wie viel sich in den letzten sechs Jahrzehnten geändert hat: Unsere Union ist größer, stärker und vielfältiger als 1957.

2017 war auch das Jahr, in dem wir bekräftigt haben, wofür wir gemeinsam stehen. Die Werte und Ziele, auf die sich unsere Union gründet, sind auch heute noch die Triebfedern Europas: Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Achtung der Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit – diese Prinzipien einigen und schützen uns.

In den letzten Jahren haben wir viel erreicht. Wir arbeiten an der Umsetzung aller zehn Prioritäten, die die Kommission aufgestellt hat und die das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten gebilligt haben. Damit erfüllen wir den Auftrag, den uns die Bürgerinnen und Bürger Europas und ihr Parlament nach den Wahlen im Jahr 2014 erteilt haben. Im vorliegenden Bericht werden unsere im Jahr 2017 erzielten Fortschritte beschrieben.

Der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments hat festgestellt, dass die aktuelle Kommission in den drei Jahren seit ihrem Amtsantritt bereits 80 % der von ihr angekündigten Initiativen vorgelegt hat. In einigen prioritären Bereichen wie dem digitalen Binnenmarkt beträgt dieser Anteil sogar 94 %, d. h., für fast alle ursprünglich angekündigten Initiativen ist der Gesetzgebungsprozess angelaufen.

Der Wirtschaftsaufschwung dauert mittlerweile fünf Jahre an und ist in wirklich jedem Mitgliedstaat angekommen, und in den Jahren 2016 und 2017 war unser Wachstum größer als in den Vereinigten Staaten und in Japan. Die Beschäftigung ist auf einem Rekordhoch, die Arbeitslosenquote so niedrig wie seit neun Jahren nicht mehr. Unsere Investitionsoffensive für Europa hat bereits neue Investitionen von über 256 Mrd. EUR angestoßen, die zur Schaffung von mehr als 300 000 Arbeitsplätzen beigetragen haben. Ich freue mich sehr, dass das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten grünes Licht dafür gegeben haben, die Laufzeit des Europäischen Fonds für strategische Investitionen bis 2020 zu verlängern und ihn auf mindestens 500 Mrd. EUR aufzustocken.

Bei meinem Amtsantritt habe ich versprochen, dass wir uns ambitioniert großen Fragen widmen und uns in Detailfragen zurückhalten werden. Entsprechend haben wir die Zahl neuer Vorschläge im Vergleich zu früheren Kommissionen reduziert: von jährlich weit über 100 größeren Initiativen auf nur 21 im Jahr 2017. Im Zentrum standen konkrete Maßnahmen, die das Leben der Menschen verbessern. Ein Beispiel ist die Abschaffung der Roaminggebühren, sodass die Bürgerinnen und Bürger bei Reisen innerhalb der EU keinen Aufpreis mehr zahlen müssen, um eine SMS zu versenden, zu telefonieren oder im Internet zu surfen.

Dank der neuen Europäischen Grenz- und Küstenwache, die in Griechenland, Italien, Bulgarien und Spanien im Einsatz ist, sind wir besser für Herausforderungen in den Bereichen Migration und Sicherheit gerüstet. Wir arbeiten daran, die eigentlichen Ursachen der Migration zu bekämpfen, sodass die Menschen bessere Zukunftsperspektiven in ihren Heimatländern haben. Zugleich steht die Solidarität weiterhin im Mittelpunkt der EU-Migrationspolitik. Europa wird niemals diejenigen abweisen, die wirklich schutzbedürftig sind.

Ab Mai 2018 werden erstmals EU-weite Regeln für die Cybersicherheit gelten, um unsere Netze zu schützen und die Sicherheit unserer Informationssysteme zu gewährleisten. Europa setzt sich weltweit für Maßnahmen zum Klimaschutz ein und spielt eine führende Rolle bei der Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens.

Zugleich haben wir Vorhaben umgesetzt, die viele Beobachter zu Beginn unserer Amtszeit noch für utopisch hielten. 25 Mitgliedstaaten haben eine dauerhafte strukturierte Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung und Sicherheit vereinbart. Dies ist ein großer Schritt nach vorn, der dazu beitragen wird, Europa erheblich stärker und sicherer zu machen. Als ich 2014 als designierter Kommissionspräsident einen entsprechenden Vorschlag machte, wurde dies von vielen als frommer Wunsch abgetan. Jetzt ist der Wunsch Wirklichkeit geworden, und es wird deutlich, was man erreichen kann, wenn man zusammensteht und sich ehrgeizige Ziele setzt.

Gleiches gilt für das vor 60 Jahren gegebene Versprechen Europas, für soziale Gerechtigkeit und Fortschritt zu sorgen. Im November 2017 kamen die Staats- und Regierungschefs der EU in Göteborg zu einem Sozialgipfel zusammen, um über gemeinsame Herausforderungen zu diskutieren und wertvolle Erfahrungen auszutauschen. Zugleich proklamierten wir auf dem Gipfel die europäische Säule sozialer Rechte und lösten damit jenes Versprechen ein, für Gerechtigkeit und für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zu sorgen.

Auch was den freien und gerechten Handel angeht, haben wir uns mutig zu unseren Überzeugungen bekannt. Durch das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Japan könnten unsere Gesamtausfuhren nach Japan um über ein Drittel anwachsen, und die Belastung von EU-Unternehmen durch Zölle könnte um 1 Mrd. EUR sinken. Unser Handelsabkommen mit Kanada wird den Unternehmen in der EU Einsparungen von fast 600 Mio. EUR pro Jahr ermöglichen. Zugleich haben wir mit unserem Vorschlag zur Überprüfung von Investitionen und mit der Modernisierung unserer Handelsschutzinstrumente aber auch deutlich gemacht, dass wir keine naiven Freihändler sind.

All dies zeigt, dass Europa 2017 wirklich wieder Wind in den Segeln hatte, sodass wir mit Stolz und Zuversicht in die Zukunft blicken. Dies kam auch zum Ausdruck, als wir diejenigen ehrten, die ihr Lebenswerk in den Dienst unserer gemeinsamen Werte und des Friedens gestellt haben. Für Dr. Helmut Kohl fand im Juli im Europäischen Parlament in Straßburg der allererste europäische Trauerakt statt – ein würdiger Rahmen, um diesem Ehrenbürger Europas Respekt zu zollen.

Doch der beste Weg, um herausragende Europäerinnen und Europäer wie Helmut Kohl oder Simone Veil zu würdigen, die Europa entscheidend mitgestaltet haben, besteht meiner Meinung nach darin, unseren Kindern eine bessere Union zu hinterlassen, genau wie es unsere Eltern und Großeltern für uns getan haben.

Mit diesem Ziel vor Augen veröffentlichten wir im März das Weißbuch zur Zukunft Europas. Es sollte eine offene, ehrliche Debatte über unsere Zukunft anstoßen – darüber, wie sich die Union bis 2025 weiterentwickeln könnte, je nachdem, welche Entscheidungen wir heute treffen. Wir haben diese Debatte im Rahmen von über 300 Bürgerdialogen in 27 Ländern geführt und Millionen von Menschen über die sozialen Medien erreicht. Als zentrale Botschaft wurde uns Folgendes mitgegeben: Europa muss seine Zukunft selbst in die Hand nehmen, sollte sich auf das konzentrieren, was wirklich zählt, und konkrete Ergebnisse für die Bürgerinnen und Bürger erzielen.

Vor diesem Hintergrund habe ich im September in der Rede zur Lage der Union meine Vision einer stärkeren, enger vereinten und demokratischeren Union dargelegt. Ich möchte eine Union, in der wir uns auf Augenhöhe begegnen, die auf die wesentlichen Dinge fokussiert ist und die allen Menschen Hoffnung, Stabilität, Gerechtigkeit und Chancen bietet.

Diese Zukunft darf nicht abstrakt bleiben. Wir müssen heute damit anfangen, sie zu gestalten. Deshalb habe ich auch einen genauen Fahrplan aufgestellt, damit alle Weichen gestellt sind, bis die 27 europäischen Staats- und Regierungschefs am 9. Mai 2019 im rumänischen Sibiu zu einem Sondergipfel zusammenkommen, um das Fundament für unsere gemeinsame Zukunft nach dem Brexit zu legen.

Die ersten Schritte haben wir bereits unternommen: Im Dezember haben wir wichtige Vorschläge vorgelegt, um unsere Wirtschafts- und Währungsunion zu stärken und einen sicheren Wirtschaftsraum zu schaffen, der allen Menschen Chancen bietet. Unsere Vorschläge – von der Gründung eines Europäischen Währungsfonds über die Einrichtung einer eigenen Haushaltslinie für den Euro-Raum bis hin zur Schaffung des Amtes eines europäischen Ministers für Wirtschaft und Finanzen – sind Mittel zum Zweck: Es geht darum, Arbeitsplätze zu schaffen und für Wachstum und Investitionen zu sorgen.

Bei jedem weiteren Schritt auf dem Weg nach Sibiu müssen wir darauf achten, dass Europa geeint bleibt.

Dieses Jahr hat uns gezeigt, dass Europa mehr ist als nur ein Binnenmarkt, mehr als eine einheitliche Währung und mehr als Institutionen und Verträge. Europa ist eine Union der Menschen und der gemeinsamen Kulturen. Und genau dieses vielfältige Mosaik aus Kulturen und Kulturerbe wollen wir 2018 feiern: im Europäischen Jahr des Kulturerbes, das im Dezember in Mailand eröffnet wurde.

Für dieses Europa werden wir auch 2018 weiter kämpfen.

Jean-Claude Juncker

KAPITEL 1

Ein neuer Impuls für Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen

„Meine erste Priorität als Kommissionspräsident gilt der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas und der Belebung der Investitionstätigkeit in Europa, um auf diese Weise neue Arbeitsplätze zu schaffen.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

 © iStockphoto.com/Rawpixel

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Vor dem Hintergrund einer insgesamt positiven Konjunkturentwicklung war die Förderung von Wachstum und Beschäftigung auch im Jahr 2017 oberste Priorität der EU. Um die Wirtschafts- und Finanzkrise vollständig hinter sich lassen zu können, musste die EU widerstandsfähiger und wettbewerbsfähiger werden und gleichzeitig neue Möglichkeiten für diejenigen sicherstellen, die am stärksten von der Krise betroffen waren. Es galt, das richtige Gleichgewicht zwischen nachhaltigen öffentlichen Finanzen und einem haushaltspolitischen Kurs zu finden, der zur Stärkung der wirtschaftlichen Erholung beiträgt.

Die Anstrengungen konzentrierten sich weiterhin darauf, die positive Beschäftigungsentwicklung zu unterstützen. Im November lag die saisonal bereinigte Arbeitslosenquote im Euro-Währungsgebiet bei 8,7 %. Das ist der niedrigste Stand seit Januar 2009.

Im Rahmen des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (erster Pfeiler der Investitionsoffensive für Europa) wurden EU-weit bereits mehr als 256 Mrd. EUR an neuen Investitionen mobilisiert, wodurch die Schaffung von 300 000 Arbeitsplätzen gefördert wurde. Auf der Grundlage der 2015 und 2016 genehmigten Projekte werden bis zum Jahr 2020 durch den Fonds 700 000 Arbeitsplätze unterstützt und das Bruttoinlandsprodukt der EU um 0,7 % angehoben worden sein. Vor dem Hintergrund dieses Erfolgs schlug Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Ausweitung des Fonds vor.

Im Dezember wurde vereinbart, das angestrebte Investitionsvolumen und die Laufzeit des Europäischen Fonds für strategische Investitionen zu erhöhen, und zwar auf mindestens 500 Mrd. EUR bis 2020 – ein erheblicher Anstieg gegenüber dem ursprünglichen Zielwert der Investitionsoffensive von 315 Mrd. EUR an neuen Investitionen. Im November proklamierten das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission die europäische Säule sozialer Rechte, die als Kompass für die Beschäftigungs- und Sozialpolitik und als Bezugsrahmen für die Messung der Leistung der Mitgliedstaaten dienen wird.

Um die Wirtschaft der EU weiter anzukurbeln, leistete die EU das ganze Jahr über einen Beitrag zu den Bemühungen auf nationaler Ebene, u. a. durch die Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen, Bildung, Forschung und Innovation, Regionalpolitik, Verkehr, Beschäftigung, Umwelt, Landwirtschaft und Fischerei.

Die Investitionsoffensive für Europa

2015 lancierten die Europäische Kommission und die Europäische Investitionsbank die Investitionsoffensive für Europa, zu der auch der Europäische Fonds für strategische Investitionen gehört. Eingerichtet wurde der Fonds zunächst mit EU-Geldern in Höhe von 21 Mrd. EUR und dem Hauptziel, private Investitionen zu mobilisieren. Ausgehend von den 2015 und 2016 genehmigten Investitionen werden bis zum Jahr 2020 700 000 zusätzliche Arbeitsplätze und ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts der EU um 0,7 % prognostiziert. Dies zeigt, dass strategische Investitionen in der gesamten Europäischen Union Arbeitsplätze und Wachstum fördern – auch in den Sektoren und Regionen, die vor einem Jahrzehnt von der Krise stark getroffen wurden. Im Anschluss an die grundsätzliche Einigung, die das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten im September erzielt hatten, beschloss das Parlament im Dezember, eine Verordnung zur Verlängerung und Ausweitung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen anzunehmen. Die Laufzeit des neuen und verbesserten Europäischen Fonds für strategische Investitionen 2.0 wurde von Mitte 2018 bis Ende 2020 verlängert und sein Investitionsziel von 315 Mrd. EUR auf mindestens 500 Mrd. EUR erhöht.

WELCHE NEUERUNGEN GIBT ES IM EUROPÄISCHEN FONDS FÜR STRATEGISCHE INVESTITIONEN 2.0?

Infografik: Am 14. September 2016 hat die Kommission gemäß Artikel 18 der Verordnung (EU) 2015/1017 vorgeschlagen, die Laufzeit des Europäischen Fonds für strategische Investitionen bis zum 31. Dezember 2020 zu verlängern und technische Verbesserungen am Fonds und an der Europäischen Plattform für Investitionsberatung vorzunehmen. Der neue Vorschlag sieht eine Aufstockung der EU-Garantie von 16 Mrd. auf 26 Mrd. EUR und der Kapitalausstattung der Europäischen Investitionsbank von 5 Mrd. auf 7,5 Mrd. EUR vor, wodurch bis 2020 private und öffentliche Investitionen in Höhe von 500 Mrd. EUR angestoßen werden sollen (das bisherige Investitionsziel lag bei 315 Mrd. EUR). Weitere Schwerpunkte des Vorschlags betreffen die Nachhaltigkeit der Projekte, die Verbesserung der geografischen Abdeckung und Möglichkeiten, mit denen die Inanspruchnahme in weniger entwickelten Gebieten verstärkt wird. Außerdem zielt er darauf ab, die Transparenz von Investitionsentscheidungen und Entscheidungsverfahren zu erhöhen und die soziale Dimension mithilfe zusätzlicher Finanzierungsinstrumente auszubauen.

Auch im Jahr 2017 war der Fonds auf dem besten Weg, die anvisierte Mobilisierung von mindestens 315 Mrd. EUR an zusätzlichen Investitionen in der Realwirtschaft bis Mitte 2018 zu erreichen. Er kam in allen 28 Mitgliedstaaten zum Einsatz und sollte bis Ende 2017 Gesamtinvestitionen von rund 256 Mrd. EUR generiert haben.

Bis Ende des Jahres wurden im Rahmen des Fonds insgesamt 357 Infrastruktur- und Innovationsprojekte mit einem Finanzierungsvolumen von 39,2 Mrd. EUR genehmigt. Grünes Licht gab es auch für 347 Finanzierungsvereinbarungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Höhe von 11,9 Mrd. EUR. Man geht davon aus, dass rund 539 000 KMU hiervon profitieren.

Darüber hinaus wurde die unterstützende Beratung bei der Projektentwicklung und -vorbereitung durch die europäische Plattform für Investitionsberatung verstärkt, und Projekten, die sich um eine Finanzierung bemühen, wurde auf dem europäischen Investitionsvorhabenportal die erforderliche Sichtbarkeit verliehen.

NEUE WIRTSCHAFTSZWEIGE, DIE FÜR EINE FÖRDERUNG IM RAHMEN DES EUROPÄISCHEN FONDS FÜR STRATEGISCHE INVESTITIONEN 2.0 INFRAGE KOMMEN

Infografik: Unterstützung aus dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen steht künftig ausdrücklich für Wirtschaftszweige wie nachhaltige Landwirtschaft sowie Forstwirtschaft, Fischerei und Aquakultur zur Verfügung. Dies entspricht einer insgesamt stärkeren Fokussierung auf nachhaltige Investitionen in verschiedenen Bereichen, um zur Erreichung der Ziele der Pariser Klimakonferenz und zum Übergang zu einer ressourcenschonenden und CO2-armen Kreislaufwirtschaft beizutragen.
Das Europäische Investitionsprojektportal: den richtigen Projektpartner finden

Das Europäische Investitionsprojektportal: den richtigen Projektpartner finden.

Ferner wurden konkrete Maßnahmen ergriffen, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern und den Binnenmarkt weiter zu stärken. Auf EU-Ebene sind hier Initiativen wie die Binnenmarktstrategie, die Kapitalmarktunion, der digitale Binnenmarkt, die Energieunion und der Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft zu nennen. Im Rahmen des Europäischen Semesters legte die Kommission zudem besonderes Gewicht auf die Ermittlung investitionspolitischer Herausforderungen auf nationaler Ebene und auf vorrangige einschlägige Reformen. In den länderspezifischen Empfehlungen für 27 Mitgliedstaaten, die der Rat am 11. Juli 2017 annahm, kommt dies deutlich zum Ausdruck.

Aufgrund des Erfolgs der Investitionsoffensive und ausgehend vom Vorschlag von September 2016, die Laufzeit zu verlängern und die Finanzierung aufzustocken, vereinbarten das Parlament und der Rat im Dezember, Ziel und Laufzeit des Europäischen Fonds für strategische Investitionen zu erhöhen – auf mindestens 500 Mrd. EUR bis 2020.

Der erfolgreiche Abschluss der Verhandlungen über eine Änderung der Haushaltsordnung Ende 2017 wird zu einer besseren Interoperabilität von Programmen und Fonds führen, mit einfacheren Regeln für die kombinierte Nutzung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds und des Europäischen Fonds für strategische Investitionen. Dadurch bietet sich auch die Möglichkeit, Finanzhilfen und Finanzierungsinstrumente im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ zu kombinieren.

Die Investitionsoffensive in der Realwirtschaft

Der Europäische Fonds für strategische Investitionen unterstützt Investitionen in Sektoren, die für die Wirtschaft der EU von strategischer Bedeutung sind, darunter Energie, Verkehr, digitale Technologien, Forschung, Entwicklung und Innovation, Umwelt und Ressourceneffizienz, soziale Infrastruktur und kleine Unternehmen. Dazu gehören auch Investitionen in soziales Unternehmertum, soziale Auswirkungen und soziale Innovation. So finanzierte die Europäische Investitionsbank mit Fondsmitteln 14 Primärversorgungszentren in Irland sowie den Bau eines neuen Campus für die „Nova School of Business and Economics“ in Portugal. Darüber hinaus wurde mit einer Investition von 10 Mio. EUR im Rahmen der KMU-Komponente des Fonds ein leistungsbasiertes Zahlungssystem in Finnland unterstützt, über das die Eingliederung von Flüchtlingen und Migranten in den Arbeitsmarkt gefördert werden soll.

Wirtschafts- und Finanzpolitik

Die wirtschaftspolitische Koordinierung in der EU erfolgt jährlich im Rahmen des sogenannten Europäischen Semesters. Es wird gegen Ende eines jeden Jahres eingeleitet, unter anderem mit der Veröffentlichung des Jahreswachstumsberichts und eines Vorschlags für eine Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets.

FORTSCHRITTE BEI DER VERRINGERUNG DER ARBEITSLOSIGKEIT IN DER EU

Infografik: In der EU sind in den letzten drei Jahren über acht Millionen Arbeitsplätze entstanden, die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie zuletzt Anfang 2009, und mit 235 Millionen Menschen in Arbeit befindet sich das Beschäftigungsniveau auf einem Rekordhoch. Es besteht jedoch kein Grund zur Selbstgefälligkeit: Mehr als 18 Millionen Menschen sind weiterhin arbeitslos, darunter 17 % der jungen Menschen in Europa.

Im Februar wurden die Länderberichte für das Jahr 2017 veröffentlicht, in denen die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen in allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme Griechenlands analysiert wurden. Die Analyse umfasste auch eine Bewertung makroökonomischer Ungleichgewichte und wurde von einem Bericht über die nationalen Maßnahmen zur Umsetzung des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion begleitet‚ in dem vorgesehen ist, dass die nationalen Haushalte von 22 der 25 Unterzeichnerstaaten, die den Vertrag als verbindlich anerkennen, ausgeglichen sind oder einen Überschuss aufweisen. Die Berichte dienten – vor Vorlage der nationalen Reformprogramme und mittelfristigen Haushaltspläne – als Grundlage für Gespräche mit den Mitgliedstaaten über ihre politischen Optionen. Im späten Frühjahr flossen diese Berichte dann in die an den Rat gerichteten Kommissionsvorschläge für länderspezifische Empfehlungen ein.

Diese Empfehlungen enthalten Leitlinien, die der Rat im Hinblick auf die Förderung von Beschäftigung und Wachstum an die Mitgliedstaaten richtet. Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass die Mitgliedstaaten Fortschritte bei der Umsetzung der 2016 erhaltenen individuellen politischen Leitlinien erzielt haben; diese stellten auf das „magische Dreieck“ der Investitionsförderung, der Fortsetzung der Strukturreformen und der Gewährleistung solider öffentlicher Finanzen ab. Die Arbeitslosenquote in der EU lag im November bei 7,3 % – der niedrigste Wert seit Oktober 2008 (fast neun Millionen Arbeitsplätze wurden während der Amtszeit der Juncker-Kommission geschaffen). Zum 21. Dezember waren 236 Millionen Menschen in der EU erwerbstätig – mehr denn je zuvor. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die Chancen zu nutzen, die sich aus dem mittlerweile fünf Jahre andauernden wirtschaftlichen Aufschwung ergeben.

Auch wenn die Prioritäten in der EU unterschiedlich sind, so wurden weitere Anstrengungen in allen Bereichen als unerlässlich erachtet, um ein inklusiveres, robusteres und nachhaltigeres Wachstum zu erreichen. Zu diesem Ansatz gehörte auch eine stärkere Konzentration auf die sozialen Prioritäten und Herausforderungen in den Mitgliedstaaten. Im November proklamierten die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates der Europäischen Union und der Europäischen Kommission die europäische Säule sozialer Rechte‚ die auf der Basis von 20 Grundsätzen als Kompass für die Politikgestaltung und als Bezugsrahmen für die Messung der Leistung der Mitgliedstaaten in den Bereichen Beschäftigung und Soziales dienen wird.

Im Bereich der Finanzpolitik bestätigten die Empfehlungen, die die Kommission im Mai an den Rat richtete, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt intelligent und flexibel angewandt wird. Bei der Bewertung der mittelfristigen Haushaltspläne der Mitgliedstaaten wurden spezifische Ausgaben im Zusammenhang mit Strukturreformen und außergewöhnlichen Ereignissen, die sich der Kontrolle der Regierungen entziehen, wie Flüchtlingsprogramme und Terrorismusbekämpfung, berücksichtigt. Auf der Grundlage der Empfehlungen der Kommission schloss der Rat die Defizitverfahren gegen Kroatien und Portugal (Juni), gegen Griechenland (September) und gegen das Vereinigte Königreich (Dezember). In diesem Bereich wurden 2017 demnach weitere Fortschritte erzielt, sodass die Zahl der Mitgliedstaaten, bei denen ein übermäßiges Defizit festgestellt wurde, von 24 im Jahr 2011 auf zwei zurückging.

Im Hinblick auf das Euro-Währungsgebiet forderte die Kommission im November einen weitgehend neutralen haushaltspolitischen Kurs und einen ausgewogenen Policy-Mix. Dazu gehört eine Politik, die nachhaltiges und inklusives Wachstum unterstützt, die Widerstandsfähigkeit stärkt, Ungleichgewichte abbaut und die Konvergenz erhöht. Darüber hinaus empfahl die Kommission, intensiv auf die Vollendung des Binnenmarktes hinzuarbeiten, insbesondere im Dienstleistungssektor, u. a. in den Bereichen Finanzen, digitaler Handel, Energie und Verkehr. In Anbetracht der positiven Konjunktur sollten alle Mitgliedstaaten vorrangig Reformen verfolgen, die die Produktivität und das Wachstumspotenzial steigern, das institutionelle Umfeld und die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessern, Investitionsengpässe beseitigen, die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze unterstützen und Ungleichheiten abbauen.

Die Kommission empfahl weiterhin, dass sich Mitgliedstaaten mit Leistungsbilanzdefiziten oder hoher Auslandsverschuldung darum bemühen sollten, das Wachstum der Lohnstückkosten zu begrenzen. Mitgliedstaaten mit hohen Leistungsbilanzüberschüssen sollten das Lohnwachstum unterstützen und hierzu vorrangig Maßnahmen umsetzen, die Investitionen fördern, die Inlandsnachfrage beleben und den Abbau von Ungleichgewichten im Euro-Währungsgebiet erleichtern.

Die Kommission untersuchte außerdem, ob die Haushaltsplanentwürfe der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets für 2018 den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts genügten.

Was das Monitoring makroökonomischer Ungleichgewichte anbelangt, wurde beschlossen, zwölf Mitgliedstaaten (Bulgarien, Deutschland, Irland, Spanien, Frankreich, Kroatien, Italien, Zypern, die Niederlande, Portugal, Slowenien und Schweden) im Jahr 2018 einer eingehenden Überprüfung zu unterziehen, um zu ermitteln, ob Ungleichgewichte bzw. übermäßige Ungleichgewichte fortbestehen. Dabei handelt es sich um dieselben Mitgliedstaaten, die in der letzten Runde des Verfahrens ermittelt wurden. Die Kommission wird die eingehenden Überprüfungen Anfang 2018 im Rahmen ihrer jährlichen Länderberichte vorstellen. Der wirtschaftliche Aufschwung trägt zur Korrektur bestehender Ungleichgewichte bei, da er den laufenden Rückgang der In- und Auslandsverschuldung, Fortschritte bei bestimmten verbleibenden Herausforderungen im Finanzsektor und die Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt stützt. In Nettoschuldner-Ländern wurden weitere Fortschritte bei der Bewältigung der Probleme mit Auslandsverschuldung erzielt, und die Lage auf den Arbeitsmärkten sowie die Wachstumsbedingungen haben sich im Allgemeinen weiter verbessert. Ungleichgewichte wurden weiterhin aufgrund einer begrenzten Zahl von Kategorien angegangen, wobei der Schwerpunkt auf beschäftigungs- und sozialpolitischen Erwägungen lag.

Im Juni legte der Europäische Fiskalausschuss seine ersten Ratschläge zur allgemeinen Ausrichtung der Finanzpolitik im Euro-Währungsgebiet vor. Der Ausschuss ist unabhängig und setzt sich aus Sachverständigen zusammen, die nach Anhörung der Mitgliedstaaten, der nationalen Räte für Finanzpolitik und der Europäischen Zentralbank ernannt werden.

Der Ausschuss vertrat die Auffassung, dass ein neutraler haushaltspolitischer Kurs für das Euro-Währungsgebiet als Ganzes im Jahr 2018 angemessen wäre und dass dies durch eine differenzierte nationale Haushaltspolitik im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts erfolgen könnte. Nach dem Dafürhalten des Ausschusses sollten die Regierungen eine Neuausrichtung der Staatsausgaben anstreben, um die Investitionsausgaben zu erhöhen; die sukzessiven Haushaltskonsolidierungsbe­mühungen nach der Finanz- und Wirtschaftskrise gingen vor allem zulasten dieser Ausgaben.

Im November veröffentlichte der Europäische Fiskalausschuss seinen ersten Jahresbericht mit einer unabhängigen Bewertung der Umsetzung des haushaltspolitischen Rahmens der EU und der Angemessenheit des derzeitigen haushaltspolitischen Kurses im Euro-Währungsgebiet und in den Mitgliedstaaten. Der Jahresbericht konzentriert sich auf das Jahr 2016 (den letzten vollständigen Überwachungszyklus) und kommt zu dem Schluss, dass es vor dem Hintergrund sehr schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen einige Unzulänglichkeiten, aber keine groben Fehler bei der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts gab. Die Finanzpolitik leistete eine gewisse Unterstützung für die Erholung im Euro-Währungsgebiet als Ganzes. Jedoch fiel sie aus Sicht des Euro-Währungsgebiets in einigen Mitgliedstaaten übermäßig restriktiv, in anderen wiederum übermäßig locker aus. Auf der Grundlage seiner Bewertung legte der Ausschuss auch eine Reihe von Vorschlägen zur Verbesserung des Stabilitäts- und Wachstumspakts vor.

Im Jahr 2017 verfolgte die Europäische Zentralbank weiterhin ihr Hauptziel, die Preisstabilität zu gewährleisten und den Wert des Euro zu sichern. Preisstabilität ist für das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen von entscheidender Bedeutung; sie stellt den wichtigsten Beitrag dar, den die Geldpolitik in diesem Bereich leisten kann. Die Europäische Zentralbank hat gemeinsam mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus auch an den regelmäßigen Kontrollbesuchen der EU in den Mitgliedstaaten teilgenommen, die nach Abschluss einschlägiger Programme zur Unterstützung durchgeführt werden.

Vollendung der Kapitalmarktunion

Die Kapitalmarktunion – eine Schlüsselpriorität der Investitionsoffensive für Europa – umfasst eine Kombination aus regulatorischen und nicht-regulatorischen Reformen, die darauf abzielen, Sparvermögen und Investitionen besser miteinander zu verknüpfen. Sie soll das Finanzsystem der EU stärken, indem sie alternative Finanzierungsquellen und mehr Möglichkeiten für kleine und institutionelle Anleger bereitstellt. Für Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen und Start-ups, wird die Kapitalmarktunion mehr Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen, wie etwa einen leichteren Zugang zu Risikokapital und zu den Kapitalmärkten. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der nachhaltigen Finanzierung, da der Finanzsektor beginnt, nachhaltigkeitsbewusste Investoren bei der Auswahl geeigneter Projekte und Unternehmen zu unterstützen.

Rund zwei Drittel der im Rahmen der Kapitalmarktunion vorgesehenen 33 Maßnahmen wurden umgesetzt. Sie umfassten eine gründliche Überarbeitung der Vorschriften für Wertpapierfirmen. Kleinere Wertpapierfirmen werden einfacheren Anforderungen unterliegen, die besser mit ihrem Risikoprofil in Einklang stehen. Gleichzeitig sollten größere Firmen mit ähnlichem Risikoprofil wie Banken auch wie solche reguliert und beaufsichtigt werden. Dies wird allen Wertpapierfirmen dabei helfen, Unternehmen die Ersparnisse von Verbrauchern und Anlegern zuzuführen. Mit den neuen Vorschriften wird ein Beitrag zur reibungslosen Funktionsweise der Kapitalmärkte geleistet und gleichzeitig die Finanzstabilität sichergestellt.

Folgende neue Maßnahmen sollen zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden: ein europaweites Produkt für die private Altersvorsorge, das den Menschen dabei helfen soll, ihren Ruhestand zu finanzieren, und das gleichzeitig mehr Ersparnisse in Kapitalmärkte lenken soll; die Fortsetzung der Arbeiten zur Verbesserung des Aufsichtsrahmens für integrierte Kapitalmärkte; eine Überprüfung der Regeln für die Ermittlung des Börsenwerts kleiner und mittlerer Unternehmen; die Nutzung des Potenzials des Finanztechnologiesektors und die Neuausrichtung der Investitionen zur Unterstützung des Übergangs zu einer emissionsarmen, ressourceneffizienteren und stärker kreislauforientierten Wirtschaft.

WER PROFITIERT VON DER KAPITALMARKTUNION?

Infografik: Die Kapitalmarktunion ist ein Plan der Europäischen Kommission, um Kapital in der EU zu mobilisieren und es für alle Unternehmen, auch kleine und mittlere, und für Infrastrukturprojekte zu nutzen, wo es für die Expansion und die Schaffung von Arbeitsplätzen benötigt wird. Vertiefte und stärker integrierte Kapitalmärkte sollen den Unternehmen eine größere Auswahl günstigerer Finanzierungen bieten, Sparern und Investoren neue Möglichkeiten eröffnen und das Finanzsystem widerstandsfähiger machen.

Die EU als Handelspartner

Wie aus dem im Mai 2017 veröffentlichten Reflexionspapier „Die Globalisierung meistern“ hervorgeht, setzt sich die EU für ein offenes, regelbasiertes und multilaterales Handelssystem ein, das als Grundlage für den Wohlstand in der EU dient und das von entscheidender Bedeutung ist, wenn es darum geht, dass der Handel weltweit eine positive Wirkung zeigen soll. In seiner jährlichen Rede zur Lage der Union hat Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, einen neuen EU-Rahmen für die Überprüfung ausländischer Investitionen vorgeschlagen, mit dem die Transparenz erhöht und die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten verstärkt werden soll. Außerdem hat die EU Fortschritte bei der Erschließung neuer Exportmärkte erzielt, indem sie mit einer Reihe von Partnern Verhandlungen über Handelsabkommen aufgenommen hat. Insbesondere zwei Handelsabkommen dürften Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen deutlich ankurbeln: Die EU und Japan haben ihre Verhandlungen über ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EU-Japan abgeschlossen, und die EU und Kanada sind zur vorläufigen Anwendung ihres umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens übergegangen. Weitere Informationen über Entwicklungen in der Handelspolitik im Jahr 2017 finden sich in Kapitel 6.

Förderung eines unverfälschten Wettbewerbs zur Unterstützung von Wachstum und Investitionen

Die Wettbewerbspolitik und die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts in der EU zeigen, dass Investitions- und Geschäftstätigkeiten auf dem Binnenmarkt allen Unternehmen offenstehen, die sich an die Regeln halten. Im Laufe des Jahres fuhr die EU mit der Durchsetzung der Wettbewerbsvor­schriften zum Nutzen der Unternehmen und Haushalte fort.

Im März wurden neue Vorschriften und Instrumente vorgeschlagen, damit die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten die EU-Kartellvorschriften noch wirksamer durchsetzen können. Im Mai wurden vereinfachte Vorschriften genehmigt, die bestimmte öffentliche Fördermaßnahmen für Häfen, Flughäfen, Kultur und Gebiete in äußerster Randlage der EU vom Erfordernis der vorherigen Anmeldung gemäß den Vorschriften für staatliche Beihilfen befreien. Die neuen Vorschriften erleichtern – unter Wahrung des Wettbewerbs – öffentliche Investitionen in die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum.

Im Jahresverlauf erließ die Kommission 338 Fusionskontrollbeschlüsse, vier Antitrust- und sieben Kartellbeschlüsse sowie 263 Beschlüsse über staatliche Beihilfen; diese Beschlüsse brachten den Verbrauchern in der EU erhebliche Vorteile und wirkten sich positiv auf das Wachstum aus. Insgesamt verhängte die Kommission Geldbußen in Höhe von 4,398 Mrd. EUR gegen Unternehmen, die gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen hatten, und ordnete an, dass die betroffenen Mitgliedstaaten rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen in Höhe von schätzungsweise 618,6 Mio. EUR von den begünstigten Unternehmen zurückfordern.

Zur Förderung der Wirtschaftstätigkeit in der EU wurden Einfuhrzölle auf Rohstoffe, Halbfertigwaren und Bauteile in Höhe von über 1,2 Mrd. EUR ausgesetzt. Mit dieser Maßnahme soll auch die Wettbewerbsfähigkeit der nachgelagerten Wirtschaftszweige in der EU verbessert werden, und die entsprechenden Branchen sollen in die Lage versetzt werden, Arbeitsplätze zu erhalten bzw. zu schaffen und ihre Strukturen zu modernisieren.

Nachhaltiges Wachstum zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zum Nutzen der Umwelt

Der Übergang zu einer stärker ausgeprägten Kreislaufwirtschaft, in der Ressourcen wie Energie effizienter genutzt und Abfallmengen reduziert werden, bietet enorme Chancen für Menschen und Unternehmen in der gesamten Europäischen Union.

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, auf der Konferenz der Interessenträger der Kreislaufwirtschaft. Brüssel, 9. März 2017.

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, auf der Konferenz der Interessenträger der Kreislaufwirtschaft. Brüssel, 9. März 2017.

Die EU hat weitere Fortschritte bei der Umsetzung des Maßnahmenpakets zur Kreislaufwirtschaft aus dem Jahr 2015 gemacht. Um den Kreislauf von Konzeption, Produktion, Verbrauch und Abfallbewirtschaftung zu schließen und Investitionen in innovative Kreislauflösungen zu fördern, haben die Kommission und die Europäische Investitionsbank gemeinsam eine Plattform für finanzielle Unterstützung der Kreislaufwirtschaft eingerichtet. Außerdem berät die Kommission die Mitgliedstaaten bei der Energiegewinnung aus Abfällen und hat die Aktualisierung von Rechtsvorschriften vorgeschlagen, um die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten zu beschränken. Schätzungen zufolge können durch die Maßnahmen mehr als 3 000 Tonnen gefährliche Abfälle pro Jahr in der EU vermieden und Energie und Rohstoffe gespart werden. Allein im Gesundheitssektor wären Einsparungen von rund 170 Mio. EUR möglich, wenn Krankenhäuser gebrauchte medizinische Geräte kaufen und weiterverkaufen dürfte.

Als Eckpfeiler des Pakets haben das Parlament und der Rat eine vorläufige Einigung über die Legislativvorschläge zur Abfallthematik erzielt, die ehrgeizige, aber realistische Ziele für die Abfallverringerung und das Recycling bis zum Jahr 2035 setzen.

Fortsetzung der Unterstützung von EU-Mitgliedstaaten

Das Programm zur Unterstützung von Strukturreformen wurde im Mai mit einer Mittelausstattung von 142,8 Mio. EUR für den Zeitraum 2017-2020 eingerichtet. Auf Antrag der Mitgliedstaaten finanziert das Programm maßgeschneiderte fachliche Unterstützung, die den Mitgliedstaaten in den Schlüsselbereichen ihrer Reformbemühungen hilft. Durch das Programm bietet die Kommission gezielte Unterstützung zur Stärkung der Kapazität der Mitgliedstaaten, Reformen zu gestalten und durchzuführen, die sie für notwendig erachten, um ihre Volkswirtschaften wettbewerbsfähiger und investitionsfreundlicher zu machen. Diese fachliche Unterstützung ist vorgesehen für Reformen in den Bereichen Governance und öffentliche Verwaltung, Verwaltung der öffentlichen Finanzen, Geschäftsumfeld, Arbeitsmärkte, Bildung, Gesundheits- und Sozialdienste, Finanzsektor und Zugang zu Finanzmitteln. Die Unterstützung steht allen EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung; sie ist nachfrageorientiert und muss nicht kofinanziert werden.

Das Programm wird vom Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen und anderen zuständigen Kommissionsdienststellen durchgeführt. Bislang hat sich der Dienst mit 15 Mitgliedstaaten über die Durchführung von mehr als 150 Unterstützungsprojekten geeinigt. Für die Projektrunde 2018 hat der Dienst mehr als 400 Förderanträge aus über 20 Mitgliedstaaten erhalten, sodass die Nachfrage die Mittelausstattung für das Jahr in Höhe von 30,5 Mio. EUR deutlich übersteigt.

Die EU bietet nach Abschluss des Programms weiterhin Unterstützung für Irland, Spanien, Zypern, Portugal und Rumänien. Gute Fortschritte wurden im Jahresverlauf bei der Durchführung des griechischen Programms erzielt, mit dem die Voraussetzungen für die Wiederherstellung des Ver­trauens und die Grundlagen für eine dauerhafte wirtschaftliche Erholung in Griechenland geschaffen werden sollen. Nach Abschluss der zweiten Überprüfung im Juli konnte die dritte Finanzierungstranche aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus in Höhe von 8,5 Mrd. EUR genehmigt werden. Eine dritte Überprüfung fand im Dezember statt, und zu Beginn jenes Monats wurde eine Vereinbarung auf Arbeitsebene erzielt.

INVESTITIONEN IN EU-MITGLIEDSTAATEN

Infografik: Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen gehören zu den zehn Prioritäten der Juncker-Kommission. Die Investitionsoffensive für Europa dient dazu, mit Unterstützung der Europäischen Investitionsbank (EIB) und des Europäischen Investitionsfonds, die zusammen die EIB-Gruppe bilden, die Finanzierung von Investitionen anzukurbeln. Diese Strategie ist ein Teil des „magischen Dreiecks“ aus Strukturreformen, verantwortungsvoller Fiskalpolitik und Investitionen. Seit der Vorlage der Investitionsoffensive am 26. November 2014 haben sich die Bedingungen für einen Investitionsanstieg verbessert. Auch das Vertrauen in die EU-Wirtschaft und das Wachstum kehren langsam zurück.

Wirtschaftliche Unterstützung erhielt Griechenland außerdem weiterhin dank der Investitionsoffensive für Europa.

Der Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen hat auch Sonderaufträge übernommen, z. B. zur Unterstützung der Koordinierung der Maßnahmen im Gefolge der Flüchtlingskrise in Griechenland und zur Durchführung des EU-Hilfsprogramms für die türkisch-zyprische Gemeinschaft.

Regionalpolitik

Die Regional- und Stadtentwicklungspolitik der EU investiert weiterhin in Arbeitsplätze und Wachstum durch Projekte unterschiedlichster Art und Größenordnung sowie in wirtschaftsfördernde Infrastruktur wie Breitband und Verkehrsnetze. Außerdem wurden mehrere Initiativen und Strategien umgesetzt, um Wachstum und Innovation in größerem Ausmaß zu fördern, darunter eine Reihe von Maßnahmen, mit denen die EU-Regionen bei Investitionen in ihre Wettbewerbsnischen unterstützt werden, bekannt als „intelligente Spezialisierung“. Zwei im Jahr 2017 gestartete Pilotprojekte werden es den Regionen ermöglichen, gemeinsam mit Teams von Kommissionsexperten an der Verbesserung ihrer Innovationskapazität zu arbeiten, Investitionshemmnisse abzubauen und sich auf den industriellen und gesellschaftlichen Wandel einzustellen. Sie sollen „bankfähige“ interregionale Projekte ermitteln und ausbauen, die EU-Wertschöpfungsketten in vorrangigen Bereichen schaffen können.

EU-Kommissarin Corina Crețu besucht den Biopark Charleroi Brussels South. Belgien, 24. März 2017.

EU-Kommissarin Corina Crețu besucht den Biopark Charleroi Brussels South. Belgien, 24. März 2017.

Im Rahmen der EU-Städteagenda, durch die Städte mehr Einfluss auf die Ausarbeitung von sie betreffenden politischen Maßnahmen bekommen sollen, wurden zwölf neue thematische Partnerschaften zu Themen wie Kreislaufwirtschaft, digitalem Wandel, Beschäftigung und Qualifikationen sowie städtischer Mobilität eingerichtet. Zur Erleichterung von Investitionen in diesen Bereichen hat die Europäische Kommission gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank einen neuen Dienst eingerichtet. Der sogenannte „Urban Investment Support“ bietet maßgeschneiderte finanzielle und fachliche Beratung für Städte in allen wichtigen Phasen der Vorbereitung und Durchführung integrierter Stadtentwicklungsprojekte. Für drei Partnerschaften wurden bereits Aktionspläne veröffentlicht, die übrigen folgen im Jahr 2018.

Die montenegrinische Ministerin für Wirtschaft Dragica Sekulić, EU-Kommissar Johannes Hahn und der montenegrinische Minister für europäische Angelegenheiten Aleksandar Andrija Pejović besuchen die im Bau befindliche Umspannstation des Trans-Balkan-Stromkorridors, Teil der Konnektivitätsagenda, die zum Aufbau eines regionalen Strommarktes beitragen soll. Lastva, Montenegro, 9. Juni 2017.

Die montenegrinische Ministerin für Wirtschaft Dragica Sekulić, EU-Kommissar Johannes Hahn und der montenegrinische Minister für europäische Angelegenheiten Aleksandar Andrija Pejović besuchen die im Bau befindliche Umspannstation des Trans-Balkan-Stromkorridors, Teil der Konnektivitätsagenda, die zum Aufbau eines regionalen Strommarktes beitragen soll. Lastva, Montenegro, 9. Juni 2017.

Die Kohäsionspolitik der EU soll das Entwicklungsgefälle sowie Unterschiede zwischen Mitgliedstaaten und Regionen in der EU verringern. Die Kommission hat eine Initiative zur Förderung der weniger entwickelten Gebiete gestartet. Damit sollen die Wachstumshemmnisse in diesen Gebieten analysiert sowie Empfehlungen und Unterstützung zur Entfaltung des Wachstumspotenzials gegeben werden. Als erste Mitgliedstaaten haben Polen und Rumänien mit je zwei Gebieten im Rahmen von Pilotprojekten an dieser Initiative teilgenommen. Ausgehend von den Ergebnissen der Pilotprojekte wird dieses Modell später auf andere Gebiete mit ähnlichen Problemstellungen übertragen.

Auch die EU-Gebiete in äußerster Randlage kommen in den Genuss einer im Oktober aufgelegten neuen Strategie für eine privilegierte, erneuerte und verstärkte Partnerschaft, damit sie ihre einzigartigen Vorzüge optimal nutzen können.

Forschung und Innovation

Eine Bewertung der ersten Jahre des EU-Programms für Forschung und Innovation Horizont 2020 hat gezeigt, dass es erfolgreich dazu beiträgt, Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen, unsere größten gesellschaftlichen Herausforderungen anzugehen und das Leben der Menschen zu verbessern. Allein im Jahr 2017 wurden im Rahmen von Horizont 2020 8,62 Mrd. EUR investiert. Mehr als 4 900 Projekte mit Partnern aus der EU, den 16 am Programm teilnehmenden Ländern und anderen Ländern aus aller Welt wurden unterstützt. Im Oktober hat die Kommission das letzte Paket von Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen von Horizont 2020 und andere Aktivitäten auf den Weg gebracht, für die etwa 30 Mrd. EUR für Forschung und Innovation zur Verfügung stehen.

EU-Kommissar Carlos Moedas im Gespräch über ein autonomes Unterwasserfahrzeug mit Professor David Lane, Gründungsdirektor des Edinburgh Centre for Robotics während eines Besuchs der Heriot-Watt University. Edinburgh, Vereinigtes Königreich, 18. Oktober 2017. © Mike Wilkinson

EU-Kommissar Carlos Moedas im Gespräch über ein autonomes Unterwasserfahrzeug mit Professor David Lane, Gründungsdirektor des Edinburgh Centre for Robotics, während eines Besuchs der Heriot-Watt University. Edinburgh, Vereinigtes Königreich, 18. Oktober 2017.

Die Fazilität „Connecting Europe“

Die erste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für gemischte Projekte für die Fazilität Connecting Europe wurde im Februar veröffentlicht und stellt 1,35 Mrd. EUR für die Finanzierung von Verkehrsprojekten zur Verfügung. Die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für gemischte Projekte kombiniert Zuschüsse mit Finanzmitteln aus dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen, der Europäischen Investitionsbank, nationalen Förderbanken oder von Investoren aus dem Privatsektor.

Um eine wettbewerbsfähige, saubere und vernetzte Mobilität in Europa zu unterstützen, hat die Kommission eine Liste von 152 Verkehrsprojekten genehmigt, die sich im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ EU-Fördermittel in Höhe von 2,7 Mrd. EUR teilen.

Wachstum und Arbeitsplätze durch Landwirtschaft

Im Agrar- und Lebensmittelsektor der EU sind knapp 44 Millionen Menschen tätig, und die Agrar- und Lebensmittelausfuhren der EU haben einen Wert von über 130 Mrd. EUR pro Jahr. Die Gemeinsame Agrarpolitik unterstützt dies mit einem jährlichen Budget von etwa 59 Mrd. EUR, die auf verschiedene, sich gegenseitig ergänzende Instrumente aufgeteilt werden. Im Jahr 2017 hat die Kommission eine breit angelegte Konsultation über die Vereinfachung und Modernisierung der Gemeinsamen Agrarpolitik durchgeführt. Bei einer umfassenden öffentlichen Konsultation gingen über 322 000 Beiträge ein und mehr als 1 400 Strategiepapiere wurden verfasst.

EU-Kommissar Phil Hogan (Mitte) besucht ein Bewässerungsprojekt in Pozoblanco. Spanien, 8. Juni 2017.

EU-Kommissar Phil Hogan (Mitte) besucht ein Bewässerungsprojekt in Pozoblanco. Spanien, 8. Juni 2017.

Im Ergebnis wurde im November die Mitteilung „Die Zukunft des Nahrungsmittelsektors und der Landwirtschaft“ angenommen, die grobe politische Leitlinien für die zukünftige Entwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik enthält. Die Mitteilung wird auch in Gespräche über die künftige Politik im Hinblick auf die Vorschläge für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen im Jahr 2018 einfließen, ohne diesen jedoch vorzugreifen.

Gut mit unseren Ozeanen umgehen

Im Zuge ihrer Bemühungen, eine globale Ozeanallianz für maritime Angelegenheiten mit internatio­nalen Partnern zu schmieden, hat die EU im Oktober die vierte internationale Konferenz „Unsere Ozeane“ in Malta ausgerichtet. 1 000 hochrangige „Ocean Champions“ versprachen Maßnahmen für intakte und fruchtbare Weltmeere und bilanzierten frühere Zusagen.

Teilnehmer aus Regierungskreisen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft schrieben Geschichte, indem sie mehr als 7 Mrd. EUR für die Gesundheit der Weltmeere zusagten. Darüber hinaus haben die Teilnehmer angekündigt, neue Meeresschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von über 2,5 Mio. km2 einzurichten, und erstmals kam es bei der Konferenz zu einer starken Mobilisierung des Unternehmenssektors für die Erhaltung der Weltmeere. Die EU kündigte 550 Mio. EUR für Maßnahmen in den Bereichen Meeresschutz, Meeresverschmutzung, Klimawandel, nachhaltige Fischerei, maritime Sicherheit und nachhaltige blaue Wirtschaft an.

EU-Kommissar Karmenu Vella (Mitte) bei einem Treffen mit Fischern im Hafen von Zadar. Kroatien, 20. März 2017.

EU-Kommissar Karmenu Vella (Mitte) bei einem Treffen mit Fischern im Hafen von Zadar. Kroatien, 20. März 2017.

Kleinen und mittleren Unternehmen zu neuen Finanzierungsquellen, neuen Partnern und neuen Märkten verhelfen

Jedes Jahr unterstützt die EU mehr als 200 000 Unternehmen durch verschiedene Arten von Finanzierungen, darunter Darlehen, Mikrokredite, Bürgschaften und Risikokapital. EU-Mittel stehen für Start-ups, Unternehmer und Betriebe jeder Größe in sämtlichen Branchen zur Verfügung. Die Entscheidung, EU-geförderte Finanzierungen bereitzustellen, wird von lokalen Finanzinstitutionen wie Banken, Risikokapitalgebern und Business Angels getroffen. Die Unterstützung durch die EU, häufig in Form der Mobilisierung von Mitteln in gleicher Höhe wie von den lokalen Finanzinstitutionen bereitgestellt, gibt Unternehmen Zugang zu mehr finanzieller Förderung, als sie ansonsten bekämen.

Außerdem bietet die EU Beratung und praktische Unterstützung für Unternehmen. 2017 hat das Enterprise Europe Network mehr als 3 500 kleinen Unternehmen mit internationalen Ambitionen geholfen, Finanzmittel, neue Partner und neue Märkte zu erschließen. Das Netzwerk ist weltweit in mehr als 60 Ländern aktiv. Aus mehr als 600 Mitgliedsorganisationen kommen dabei Experten zusammen, um Unternehmen in der EU bei Innovation und internationalem Wachstum zu helfen.

Andrus Ansip, Vizepräsident der Kommission, bei der Auftaktveranstaltung der Startup Europe Week 2017. Brüssel, 6. Februar 2017.

Andrus Ansip, Vizepräsident der Kommission, bei der Auftaktveranstaltung der Startup Europe Week 2017. Brüssel, 6. Februar 2017.

In Menschen investieren

2017 feierte der Europäische Sozialfonds sein 60-jähriges Bestehen. Der Fonds hilft Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, eine Qualifikation zu erwerben und ihr Kompetenzniveau zu verbessern (er soll von 2014 bis 2020 acht Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU unterstützen).

Vier Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 2013 gehören der Europäischen Ausbildungsallianz (die auch Mitgliedern der Europäischen Freihandelsassoziation und den EU-Kandidatenländern offensteht) mehr als 35 Länder an. Etwa 230 Zusagen wurden von wichtigen Beteiligten wie Unternehmen und Vermittlern gemacht, sodass mehr als 800 000 Ausbildungsplätze und Einstiegsjobs angeboten werden können. In diesem Zusammenhang wurde im Juni ein neues europäisches Auszubildenden-Netzwerk gegründet, das jungen Menschen in der Ausbildung eine stärkere Stimme verleihen soll. Im Oktober hat die Kommission einen Vorschlag für einen Europäischen Rahmen für hochwertige und nachhaltige Berufsausbildungen vorgelegt, und eine neue ErasmusPro-Maßnahme zur Förderung der Langzeitmobilität von Auszubildenden und Lernenden in der Berufsbildung wurde in die Wege geleitet.

Inklusives Wachstum für soziale Gerechtigkeit

Wirtschafts- und Währungsunion: Förderung der sozialen Fairness für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger.

DER EUROPÄISCHE SOZIALFONDS IN AKTION

Infografik: Der Europäische Sozialfonds ist das wichtigste Instrument der EU für die Förderung von Beschäftigung und sozialer Eingliederung. Er hilft Menschen, einen (besseren) Arbeitsplatz zu finden, benachteiligte Gruppen in die Gesellschaft zu integrieren und bessere Chancen für alle zu schaffen. Hierzu investiert er in die Menschen und ihre Kompetenzen – Beschäftigte und Arbeitslose, Jung und Alt. Jedes Jahr verschafft der Fonds etwa zehn Millionen Menschen einen Job, oder er hilft ihnen, ihre Kompetenzen so zu verbessern, dass sie bald einen Arbeitsplatz finden.

Im Juli hat die EU die europäische Klassifikation der Fähigkeiten, Kompetenzen, Qualifikationen und Berufe und das EU-Instrument zur Erstellung von Kompetenzprofilen für Drittstaatsangehörige, darunter Asylsuchende und Flüchtlinge, ins Leben gerufen. Diese beiden neuen Online-Tools fördern die Mobilität von Lernenden und Arbeitskräften innerhalb der EU, indem sie Kompetenzen und Qualifikationen transparenter machen.

Am 20. Dezember hat die Kommission eine neue Richtlinie zur Ergänzung und Modernisierung bestehender Verpflichtungen zur Unterrichtung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über ihre Arbeitsbedingungen vorgeschlagen. Mit dieser Richtlinie würden Mindeststandards geschaffen, die allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, auch denen mit atypischen Beschäftigungsverträgen, mehr Verlässlichkeit und Klarheit gewähren würden. Etwa zwei bis drei Millionen zusätzliche Arbeitskräfte mit atypischen Verträgen würden im Rahmen dieses Vorschlags geschützt.

Förderung digitaler Kompetenzen

Die EU fördert Initiativen, um den Bürgerinnen und Bürgern mehr Gelegenheit zum Erwerb digitaler Kompetenzen zu geben. Im März wurde ein Projekt für Praktika in der digitalen Wirtschaft für 5 000 bis 6 000 Studierende in postgradualen Studiengängen für den Zeitraum 2018-2020 angekündigt. Es wird in Projekte investiert, die Ausbildungskonzepte zur Verbesserung der Kompetenzen von Personen aufzeigen sollen, die in kleinen und mittleren Unternehmen arbeiten. Außerdem sollen Arbeitslose für die Beschäftigung in kleinen Unternehmen umgeschult werden.

Menschen miteinander vernetzen

Im Jahr 2017 hat die EU das 30-jährige Bestehen des Erasmus-Programms mit Veranstaltungen in ganz Europa gefeiert. Was als bescheidene Mobilitätsinitiative für Studierende im Jahr 1987 begann, hat sich zum Erasmus+-Programm für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport entwickelt.

In den letzten 30 Jahren sind etwa neun Millionen Menschen in den Genuss zahlreicher Erasmus-Angebote gekommen. Sie konnten ihren Horizont erweitern und neue Kenntnisse und Kompetenzen durch Studium, Praktikum, Berufsausbildung, Jugendaustausch sowie Lehr- und Sportaktivitäten in ganz Europa und darüber hinaus erwerben. Im Jahr 2017 hat das Programm mit einem Budget von mehr als 2,5 Mrd. EUR etwa 560 000 jungen Menschen und 160 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Bildungseinrichtungen und Jugendorganisationen die Teilnahme ermöglicht. Im Juni gaben die Mitgliedstaaten grünes Licht für die Umsetzung der Initiative ErasmusPro, die in den nächsten drei Jahren bis zu 50 000 neue Angebote für Lernende in der beruflichen Aus- und Weiterbildung für Langzeitpraktika im Ausland bieten wird.

EU-Kommissar Tibor Navracsics beim Auftakt der Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bestehen des Programms Erasmus im Europäischen Parlament. Brüssel, 25. Januar 2017.

EU-Kommissar Tibor Navracsics beim Auftakt der Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bestehen des Programms Erasmus im Europäischen Parlament. Brüssel, 25. Januar 2017.

Mit Unterstützung des Parlaments und des Rates hat die Kommission die Mittelausstattung der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, des einschlägigen Finanzierungsprogramms der EU, finanziell aufgestockt und Mitgliedstaaten beim Abruf ihres Anteils des Europäischen Sozialfonds unterstützt. Insgesamt haben seit Januar 2014 mehr als 18 Millionen junge Menschen an Maßnahmen im Rahmen der Jugendgarantie teilgenommen; elf Millionen haben ein Angebot für eine Arbeitsstelle, einen Ausbildungs- oder Praktikumsplatz oder eine Fortbildungsmaßnahme angenommen.

Junge Menschen auf dem Weg zum eigenen Unternehmen unterstützen

Erasmus für Jungunternehmer verhilft aufstrebenden europäischen Unternehmern zu den erforderlichen Kompetenzen für den Aufbau und/oder die erfolgreiche Leitung eines kleinen Unternehmens in Europa. Über einen Zeitraum von einem bis sechs Monaten erwerben und teilen Jungunternehmer Wissen und Geschäftsideen mit einem erfahrenen Unternehmer. Dabei erwerben die Jungunternehmer die für die Leitung eines kleinen Unternehmens erforderlichen Kompetenzen, während die erfahrenen Unternehmer von frischen Perspektiven auf ihr eigenes Unternehmen profitieren und neue Märkte kennenlernen.

Das Programm wird von der Europäischen Kommission finanziert und ist in den teilnehmenden Ländern mithilfe lokaler Kontaktstellen aktiv, die sich mit Unternehmensförderung befassen (z. B. Handelskammern, Start-up- und Gründerzentren). Im Jahresverlauf haben mehr als 1 000 zukünftige Unternehmerinnen und Unternehmer an diesem Mentoring-Programm teilgenommen.

Das Europäische Solidaritätskorps

Seit seiner Gründung im Dezember 2016 wurde das Europäische Solidaritätskorps durch zügige Maßnahmen einsatzbereit gemacht. Im Mai 2017 hat die Kommission eine eigene Rechtsgrundlage sowie ein Budget für die nächsten drei Jahre vorgeschlagen. Bis Ende Dezember hatten sich mehr als 45 000 Personen registriert und mehr als 2 500 hatten an solidarischen Tätigkeiten in ganz Europa teilgenommen. So kamen beispielsweise im August 16 Freiwillige nach Norcia in Italien, um Schäden zu beseitigen und soziale Dienste für die lokalen Gemeinschaften wieder aufzubauen, die von den schweren Erdbeben im Jahr 2016 betroffen waren. Mitte 2017 liefen außerdem die Beschäftigungsprojekte des Europäischen Solidaritätskorps an. In den nächsten zwei Jahren soll bis zu 6 000 jungen Menschen eine Arbeitsstelle oder ein Praktikum mit Solidaritätsbezug im Rahmen von Projekten angeboten werden, die durch das EU-Programm für Beschäftigung und soziale Innovation finanziert werden, koordiniert von den öffentlichen Arbeitsverwaltungen in Frankreich und Italien.

Freiwilligeneinsätze für Menschen und Gemeinschaften in ganz Europa

Das Europäische Solidaritätskorps: Freiwilligeneinsätze für Menschen und Gemeinschaften in ganz Europa.

Die menschliche Gesundheit schützen und die Wirtschaft unterstützen

Im Juni hat die Kommission den neuen Aktionsplan zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen angenommen. Das Konzept „Eine Gesundheit“ des Aktionsplans betrifft antimikrobielle Resistenzen bei Mensch und Tier, eine wachsende Bedrohung, durch die in der EU jedes Jahr 25 000 Menschen sterben und 1,5 Mrd. EUR Schaden entstehen. Der erste zweijährige Zyklus der Initiative „Gesundheitszustand in der EU“ endete mit der Veröffentlichung länderspezifischer Gesundheitsprofile für alle Mitgliedstaaten und eines flankierenden Kommissionspapiers, das die Verbindung zur übergeordneten EU-Agenda herstellt. Bei der Durchführung dieser Initiative hat die Kommission mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Europäischen Observatorium für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik zusammengearbeitet.

Ein ergebnisorientierter EU-Haushalt

Der EU-Haushalt 2017 hat zur Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere für junge Menschen, und zur Ankurbelung strategischer Investitionen beigetragen. Aufbauend auf den Maßnahmen der Vorjahre lag ein besonderer Schwerpunkt weiterhin auf der Migrationsproblematik. Knapp die Hälfte der Gelder (75 Mrd. EUR) floss in Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit, Förderung von Forschung und Innovation (Horizont 2020), allgemeine und berufliche Bildung und Jugend (Erasmus+), kleine und mittlere Unternehmen (EU-Programm für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere Unternehmen) und Verkehrsinfrastruktur (Fazilität Connecting Europe). Auch der Europäische Fonds für strategische Investitionen, der wichtige Investitionsprojekte in der EU angestoßen hat, wurde aus dem EU-Haushalt unterstützt. Landwirte erhielten etwa 43 Mrd. EUR. Mit fast 6 Mrd. EUR hat die EU zur Verstärkung des Schutzes ihrer Außengrenzen und zum Umgang mit Migration und Flüchtlingsströmen beigetragen.

Im Mai hat die Kommission die Bereitstellung von mehr als 340 Mio. EUR vorgeschlagen, um 100 000 Vermittlungsoptionen für die Teilnahme junger Menschen an solidarischen Tätigkeiten (Freiwilligendienst, Praktika oder Arbeitsstellen) bis 2020 durch das Europäische Solidaritätskorps bereitzustellen.

Jyrki Katainen, Vizepräsident der Kommission, bei der Unterzeichnung der ersten von der Finanzierungsfazilität für Naturkapital garantierten Darlehensvereinbarung. Brüssel, 11. April 2017.

Jyrki Katainen, Vizepräsident der Kommission, bei der Unterzeichnung der ersten von der Finanzierungsfazilität für Naturkapital garantierten Darlehensvereinbarung. Brüssel, 11. April 2017.

Die Halbzeitrevision des laufenden mehrjährigen Finanzrahmens (2014-2020) wurde im Juni angenommen. Durch diese Revision sollen zusätzliche Finanzmittel für den Umgang mit Migrationsströmen und Sicherheitsrisiken, die Förderung von Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit sowie für die Verbesserung der Fähigkeit des EU-Haushalts, auf unvorhergesehene Umstände zu reagieren, bereitgestellt werden.

EU-Kommissar Günther Oettinger bei der Präsentation des Reflexionspapiers der Kommission über die Zukunft der EU-Finanzen. Brüssel, 28. Juni 2017.

EU-Kommissar Günther Oettinger bei der Präsentation des Reflexionspapiers der Kommission über die Zukunft der EU-Finanzen. Brüssel, 28. Juni 2017.

Die Kommission hat auch einen Legislativvorschlag für die Reduzierung des Verwaltungsaufwands für die Empfänger von EU-Mitteln angenommen. Am 28. Juni veröffentlichte die Kommission ein Reflexionspapier, um eine Debatte über die Zukunft der EU-Finanzen anzustoßen.

KAPITEL 2

Ein vernetzter digitaler Binnenmarkt

„Ich bin der Überzeugung, dass wir die herausragenden Möglichkeiten der digitalen und keine Grenzen kennenden Technologien viel besser nutzen müssen.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

© iStockphoto.com/chombosan

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Die EU setzte den Aufbau des digitalen Binnenmarkts fort, um weitere Hindernisse im Online-Umfeld zu beseitigen. Außerdem setzte sie sich dafür ein, dass Bürger, Behörden und Unternehmen die Möglichkeiten des Internets und anderer digitaler Technologien in vollem Umfang für sich nutzen können. Im Jahr 2017 wurden die meisten der Legislativvorschläge und politischen Initiativen vorgelegt, die in der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt von 2015 angekündigt worden waren.

Überdies hat die EU die Roaminggebühren abgeschafft. Das bedeutet, dass die Verbraucher nun, wenn sie innerhalb der Europäischen Union unterwegs sind, für Anrufe, SMS und mobile Datennutzung den gleichen Preis wie zu Hause zahlen.

Ab 2018 werden die Bürger ihre vorbezahlten Filme, Sportsendungen und Musikprogramme auch auf Reisen in der EU empfangen und ihre Videospiele online nutzen können. Außerdem werden Mittel der Europäischen Union dazu beitragen, dass der Wi-Fi-Zugang zum Internet an öffentlichen Orten ermöglicht wird.

Die EU machte von ihren Durchsetzungsbefugnissen Gebrauch, um die Verbraucher besser zu schützen und einen fairen Wettbewerb in der Online-Plattformwirtschaft zu gewährleisten. Sie verhängte eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd. EUR gegen Google, weil das Unternehmen seinen eigenen Preisvergleichsdienst in unzulässiger Weise bevorzugt und dadurch seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht hatte. Im September kündigte der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, in seiner Rede zur Lage der Union mehrere Maßnahmen zum Schutz der EU vor Cyberangriffen an. Im gleichen Monat legte die Kommission Maßnahmen zur Verbesserung des freien Verkehrs nicht personenbezogener Daten vor und stellte Leitlinien und Grundsätze auf, um dem Problem der Nutzung von Online-Plattformen für die Verbreitung illegaler Online-Inhalte zu begegnen.

Der estnische Ratsvorsitz organisierte im September in Tallinn einen Gipfel, auf dem die EU ihre Auffassung bekräftigte, dass sie ihre wirtschaftliche Zukunft auf einer starken und geeinten Politik im digitalen Bereich aufbauen muss.

Ergebnisse auf dem Weg zum digitalen Binnenmarkt

Die Kommission hat alle 43 Legislativvorschläge und politischen Initiativen zur Vollendung des digitalen Binnenmarkts vorgelegt, die sie in der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt vom Mai 2015 angekündigt hatte. Vierundzwanzig dieser Rechtsetzungsinitiativen wurden dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union bis Ende 2017 zugeleitet.

In ihrer Halbzeitbewertung der Fortschritte, die im Mai 2017 veröffentlicht wurde, skizzierte sie weitere Maßnahmen zu Online-Plattformen sowie zur Datenwirtschaft und Cybersicherheit. Im September legte die Kommission als Teil ihres Maßnahmenpakets, das die Rede zur Lage der Union begleitete, einen Vorschlag für neue Vorschriften zur Cybersicherheit und zum freien Verkehr nicht personenbezogener Daten in der EU vor. Außerdem wurde im September eine Mitteilung über die Verantwortung der Plattformen für die Bekämpfung illegaler Online-Inhalte veröffentlicht.

Im Juli 2017 wurde Mariya Gabriel zur neuen EU-Kommissarin für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft ernannt.

Im Juli 2017 wird Mariya Gabriel zur neuen EU-Kommissarin für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft ernannt.

Auf einem sich schnell ändernden Arbeitsmarkt und in einer sich wandelnden Gesellschaft in der EU brauchen die Menschen digitales Know-how. Nach wie vor fehlt es aber 37 % der Arbeitskräfte an digitalen Grundfertigkeiten. Im Rahmen der Koalition für digitale Kompetenzen und Arbeitsplätze sollen bis 2020 eine Million junge Arbeitslose an einer Qualifizierungsmaßnahme teilnehmen. Der eGovernment-Aktionsplan 2016-2020 wird Erleichterungen für die Bürger und Unternehmen bringen und es den Behörden ermöglichen, neue Dienste anzubieten. Nun geht es vorrangig darum, eine politische Einigung mit dem Europäischen Parlament und dem Rat über alle Vorschläge zu erzielen.

Im September wurden auf dem Digital-Gipfel in Tallinn hochrangige Gespräche darüber geführt, wie die Europäische Union ihre führende Position in der technologischen Entwicklung behaupten und in diesem Bereich eine Vorreiterin bleiben kann. In den Gesprächen ging es unter anderem um eine faire Besteuerung in der digitalen Wirtschaft, die Verbesserung der digitalen Kompetenzen der Bürger und den Aufbau einer starken Cybersicherheitsstruktur in der EU. Außerdem einigten sich die Mitgliedstaaten darauf, den Aufbau des digitalen Binnenmarkts bis 2018 abzuschließen, in digitale Infrastrukturen zu investieren und am freien Datenverkehr festzuhalten.

Der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk, der estnische Ministerpräsident Jüri Ratas und der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker auf dem Digital-Gipfel in Tallinn. Estland, 29. September 2017.

Der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk, der estnische Ministerpräsident Jüri Ratas und der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker auf dem Digital-Gipfel in Tallinn. Estland, 29. September 2017.

Stärkung der Cybersicherheit in der EU

Die digitale Technik eröffnet den Bürgerinnen und Bürgern neue Möglichkeiten der Vernetzung. Sie erleichtert den Informationsaustausch und bildet das Rückgrat der EU-Wirtschaft. Sie bringt aber auch neue Risiken mit sich. Die EU ist bei der Online-Sicherheit von Privatnutzern ein gutes Stück vorangekommen, und von 2018 an werden die Bürger und Unternehmen noch besser geschützt sein. Die einschlägigen Vorschriften werden dann auch für neue Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste gelten.

Die EU muss sich jedoch noch besser rüsten, um den besorgniserregenden Anstieg der Cyberangriffe zu bewältigen. Im September schlug die Kommission im Rahmen der Rede von Präsident Juncker zur Lage der Union einen umfassenden Ansatz zur Verbesserung der Cybersicherheit vor. Dazu gehören eine gestärkte EU-Cybersicherheitsagentur, ein Konzept für ein koordiniertes Vorgehen der Mitgliedstaaten im Falle eines Cyberangriffs und ein neues EU-System für die Cybersicherheitszertifizierung, das gewährleistet, dass Produkte und Dienste in der digitalen Welt sicher sind. Zum ersten Mal legt die Kommission auch einen besonderen Schwerpunkt auf die Cyberabwehr – ganz im Sinne ihres erneuerten Engagements für eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion.

ABWEHRFÄHIGKEIT DER EU GEGENÜBER CYBERANGRIFFEN

Infografik: Die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik haben ein breites Spektrum an konkreten Maßnahmen vorgeschlagen, die die Cybersicherheitsstrukturen und -kapazitäten der EU mit verstärkter Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und der beteiligten EU-Strukturen weiter festigen werden. Diese Maßnahmen stellen sicher, dass die EU angesichts der wachsenden Herausforderungen im Bereich Cybersicherheit besser gerüstet ist.

Ausschöpfung des vollen Potenzials der EU-Datenwirtschaft

Bis 2020 werden schätzungsweise 10,4 Millionen Menschen in der EU-Datenwirtschaft beschäftigt sein. Die Kommission hat neue Vorschriften für den freien Verkehr nicht personenbezogener Daten vorgeschlagen. In Verbindung mit den bestehenden Vorschriften über personenbezogene Daten werden die neuen Bestimmungen das Speichern und Verarbeiten nicht personenbezogener Daten in der gesamten EU ermöglichen. Dies wird – in einem funktionierenden EU-Binnenmarkt für Datendienste – die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der EU stärken und eine Modernisierung der öffentlichen Dienste bewirken. Die Beseitigung von Datenlokalisierungsauflagen ist ein wichtiger Faktor für die Datenwirtschaft und könnte im Bereich des Internets der Dinge zu einem Umsatzplus von 112 Mrd. EUR führen und das Bruttoinlandsprodukt der EU bis 2020 um 4 % ansteigen lassen.

Die EU investiert mit Blick in die Zukunft, um Europa im Bereich des Hochleistungsrechnens zu einem Weltklasse-Standort zu machen, an dem riesige Datenmengen in Echtzeit analysiert werden können. Gleichzeitig wird der Weg für den Start einer mit 1 Mrd. EUR ausgestatteten Flaggschiff-Initiative auf dem Gebiet der Quantentechnologien im Jahr 2018 bereitet.

Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs in der Online-Plattformwirtschaft

Für Online-Plattformen gelten die EU-Vorschriften in Bereichen wie Wettbewerbsrecht und Verbraucherschutz. Dies schafft Vertrauen sowohl für die Unternehmen als auch für die breite Öffentlichkeit. Wann immer es nötig ist, greift die EU ein, um diese Vorschriften durchzusetzen.

Im Mai 2017 wurde ein Beschluss erlassen, der die Zusagen von Amazon rechtsverbindlich machte, um die vorläufigen wettbewerbsrechtlichen Bedenken hinsichtlich einer Reihe von Klauseln in Vertriebsverträgen zwischen Amazon und E-Buch-Verlegern in Europa auszuräumen. Im Juni verhängte die Kommission eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd. EUR gegen Google, weil das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber durch eine unzulässige Bevorzugung eines anderen Google-Produkts, nämlich seines eigenen Preisvergleichsdienstes, missbraucht hatte.

DIE KOMMISSION VERHÄNGTE EINE GELDBUSSE GEGEN GOOGLE WEGEN MISSBRAUCHS SEINER MARKTBEHERRSCHENDEN STELLUNG

Infografik: Europäische Kommission verhängt Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd. EUR gegen Google wegen Verstoß gegen EU-Kartellrecht Google hat seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht, indem es einem anderen Google-Produkt – seinem Preisvergleichsdienst – einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft hat.
EU-Kommissarin Margrethe Vestager bei einem Ted Talk in The Town Hall. New York, USA, 20. September 2017. © Ryan Lash / TED

EU-Kommissarin Margrethe Vestager bei einem Ted Talk in The Town Hall. New York, USA, 20. September 2017.

Verbesserung der Internetanbindung

Die EU beschloss ein Förderprogramm, mit dem 6 000 bis 8 000 (pls use fixed spaces for thousands digits) öffentliche Wi-Fi-Zugänge in Städten und Gemeinden in der gesamten EU eingerichtet werden sollen. Die mit 120 Mio. EUR ausgestattete WiFi4EU-Initiative wird helfen, kostenlose Wi-Fi-Hotspots an öffentlichen Orten wie Parks und Plätzen sowie in öffentlichen Gebäuden, Bibliotheken, Gesundheitszentren und Museen bereitzustellen.

„WiFi4EU“ ist Teil des ehrgeizigen Maßnahmenpakets, das die Kommission im September 2016 angenommen hat und das darauf ausgerichtet ist, den wachsenden Konnektivitätsbedarf der Bürger zu decken und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu steigern. Dazu gehört auch ein Aktionsplan zur Förderung des EU-weiten Aufbaus modernster drahtloser 5G-Netze.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde im Mai 2017 unternommen, als das Europäische Parlament und der Rat einen Beschluss fassten, der die Verfügbarkeit des 700-MHz-Bands für drahtlose Breitbanddienste ab 2020 gewährleisten soll.

Die modernisierte Neufassung des gegenwärtigen EU-Telekommunikationsrechts (der vorgeschlagene „Europäische Kodex für die elektronische Kommunikation“) bietet einen attraktiveren Rechtsrahmen, der Investitionen in Spitzeninfrastrukturen in den Mitgliedstaaten begünstigen wird.

Die Roaminggebühren wurden in der Europäischen Union am 15. Juni 2017 abgeschafft. Wer in der EU lebt und in einem anderen Mitgliedstaat unterwegs ist, kann dort jetzt zu Inlandspreisen telefonieren, SMS verschicken und Daten herunterladen.

Das Ende der Roaminggebühren: Roaming zu Inlandspreisen.

Abschied von Roaminggebühren

Am 15. Juni 2017 wurden die Mobilfunk-Roaminggebühren abgeschafft. Das bedeutet, dass Roamingkunden auf Reisen innerhalb der EU mit ihren Mobiltelefonen nun zum gleichen Preis wie zu Hause anrufen, SMS versenden und im Internet surfen können.

ROAMINGGEBÜHREN FÜR REISENDE IN DER EU

Infografik: Die Europäische Kommission hat seit 2007 darauf hingearbeitet, Roamingentgelte in der EU abzuschaffen. Ein erster Schritt war die EU-weite Deckelung der Preise mithilfe des Eurotarifs. Dann wurden die Tarife schrittweise gesenkt und die Roaminggebühren schließlich ganz abgeschafft. Auf Reisen in anderen EU-Mitgliedstaaten bezahlen Nutzer für Anrufe, Textnachrichten und Surfen im Internet seit dem 15. Juni 2017 nur noch den Inlandspreis.

Einfacher Zugang zu digitalen Inhalten

Ab 2018 können Personen, die in der EU leben, auf bezahlte Online-Inhalte überall in Europa zugreifen. Nach den im Juni 2017 erlassenen neuen Vorschriften können Verbraucher, die in ihrem Heimatland für Online-Inhalte bezahlt haben, auch dann auf sie zugreifen, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat unterwegs sind. Frei empfangbare Dienste, etwa die Programme bestimmter öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter, werden von der Verordnung ebenfalls profitieren können, sofern sie das Wohnsitzland ihrer Abonnenten überprüfen.

Im Juli wurden im Zuge der laufenden Modernisierung des EU-Urheberrechts neue EU-Vorschriften verabschiedet, die Millionen von Blinden und anderen lesebehinderten Menschen den Zugang zu Büchern erleichtern werden. Die neuen EU-Vorschriften werden im Oktober 2018 in Kraft treten.

Im November erzielten das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission eine politische Einigung über die Beendigung des ungerechtfertigten Geoblockings für Verbraucher, die EU-weit Produkte oder Dienstleistungen kaufen wollen. Die neuen Vorschriften werden den Online-Handel zum Nutzen sowohl der Verbraucher als auch der Unternehmen fördern.

Förderung einer europäischen Führungsstellung beim Hochleistungsrechnen

Die europäische Erklärung zum Hochleistungsrechnen‚ die auf die finanzielle Förderung der nächsten Generation von Hochleistungsrechen- und Dateninfrastrukturen abzielt, wurde im März von Ministern aus sieben Ländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal und Spanien) unterzeichnet. Im weiteren Jahresverlauf schlossen sich Belgien, Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Slowenien und die Schweiz der Erklärung an.

Gemeinsame Datennutzung für eine bessere Forschung

Die neue Europäische Cloud für offene Wissenschaft, für die 2017 der Startschuss fiel, wird den 1,7 Millionen Forschern und 70 Millionen technischen Fachkräften eine virtuelle Umgebung bieten, in der sie ihre Daten über Fachbereiche und Grenzen hinweg speichern, gemeinsam nutzen und wiederverwenden können. Aus dem Programm Horizont 2020 werden mehr als 260 Mio. EUR für die Einrichtung der Cloud bereitgestellt.

Bildung und Erziehung

2017 startete die Kommission ein Selbsteinschätzungsinstrument, mit dem Schulen ihre digitalen Kapazitäten leichter selbst beurteilen können. Damit werden Schulen darin unterstützt, digitale Technologien für das Lehren und Lernen zu entwickeln und zu nutzen. Bis Dezember hatten 650 Schulen aus 14 Ländern an dem Pilotprojekt „SELFIE“ teilgenommen. Im Jahr 2018 wird es für Schulen in der gesamten EU zur Verfügung stehen.

Elektronische Behördendienste (eGovernment)

Im Mai wurde ein Vorschlag unterbreitet, der Bürgern und Unternehmen – über eine zentrale digitale Anlaufstelle – einen leichteren Zugang zu hochwertigen Informationen, Online-Verwaltungsverfahren und Unterstützungsdiensten ermöglichen soll. Jahr für Jahr könnte dieses zentrale digitale Zugangstor den Unternehmen helfen, mehr als 11 Mrd. EUR einzusparen und den EU-Bürgern eine Zeitersparnis von bis zu 855 000 Stunden bringen.

Bürger und private Unternehmen können nun leichter nach Informationen über Unternehmen suchen, die in einem EU-Mitgliedstaat oder in Island, Liechtenstein und Norwegen eingetragen sind. Das System zur Verknüpfung von Unternehmensregistern (BRIS) ist Teil des europäischen eJustiz-Portals, der zentralen Anlaufstelle für Bürger, Unternehmen und Juristen in ganz Europa. Es wurde von nationalen Behörden und der Kommission gemeinsam aufgebaut. Es ermöglicht den öffentlichen Zugang zu Informationen über Unternehmen in den beteiligten Staaten und gewährleistet eine sichere elektronische Kommunikation zwischen allen europäischen Unternehmensregistern. Das Ziel besteht letztlich darin, durch Transparenz und aktuelle Informationen das Vertrauen in den Binnenmarkt zu stärken und unnötigen Aufwand für die Unternehmen zu verringern. Seit dem Start im Juni wurde das System bis zum Jahresende bereits über 139 000-mal für Abfragen über Unternehmen genutzt.

Ferner wurde im Juli das System für den elektronischen Austausch von Sozialversicherungsdaten (EESSI) ins Leben gerufen. Diese neue IT-Plattform verbindet rund 15 000 Sozialversicherungsträger in den EU-Mitgliedstaaten, Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz, wodurch es die Bekämpfung von Fehlern und Betrug erleichtert. Die nationalen Sozialversicherungsträger werden standardisierte elektronische Dokumente in ihrer eigenen Sprache verwenden, um sicherzustellen, dass die von ihnen ausgetauschten Daten richtig und vollständig sind. Das neue System kommt auch den Bürgerinnen und Bürgern zugute, die in mehreren beteiligten Ländern gelebt und gearbeitet haben, weil ihre Sozialversicherungsleistungen so einfacher und schneller berechnet werden können.

Im Oktober einigten sich die Mitgliedstaaten darauf, bei der Online-Bereitstellung ihrer öffentlichen Dienste – auch über Grenzen und Politikbereiche hinweg – einen gemeinsamen Ansatz zu verfolgen. Dies wird zum Bürokratieabbau zugunsten der Bürger und Unternehmen beitragen, wenn diese beispielsweise Bescheinigungen beantragen, Dienstleistungen in Anspruch nehmen oder ihre Steuererklärungen abgeben wollen.

Finanzierung der Netzanbindung und des digitalen Unternehmertums

Die europäischen Struktur- und Investitionsfonds und die Kohäsionspolitik der EU leisten einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele des digitalen Binnenmarkts. Auf der Grundlage der maßgeschneiderten Strategien der Mitgliedstaaten und Regionen für das digitale Wachstum fördern die europäischen Struktur- und Investitionsfonds mit über 20 Mrd. EUR die Entstehung von Start-ups im digitalen Bereich. Gerade kleine und mittlere Unternehmen werden dadurch in die Lage versetzt, sich die Vorteile der Digitalisierung zunutze zu machen. Den öffentlichen Verwaltungen wird geholfen, effizienter zu arbeiten und schneller bessere Dienstleistungen für die Bürger und Unternehmen zu erbringen. Und in unterversorgten Gebieten wird für die Bereitstellung eines erschwinglichen Breitbandzugangs gesorgt. Im November 2017 wurde ein Netz von Breitband-Kompetenzbüros eingerichtet, um die Verbreitung schneller Breitbandnetze zu erleichtern und die digitale Kluft zwischen städtischen und ländlichen Gebieten überwinden zu helfen. Sie stehen auf regionaler und nationaler Ebene bereit, um Informationen zum Breitbandausbau zu geben und Unterstützung zu leisten. Im Laufe des Jahres wurden die Bemühungen fortgesetzt, um 18 Mio. Bewohner ländlicher Gebiete bis 2020 mit Breitbandanschlüssen zu versorgen.

Andrus Ansip, Vizepräsident der Kommission, auf dem Mobile World Congress 2017 der GSM Association. Barcelona, Spanien, 27. Februar 2017.

Andrus Ansip, Vizepräsident der Kommission, auf dem Mobile World Congress 2017 der GSM Association. Barcelona, Spanien, 27. Februar 2017.

Digitale Gesundheitsversorgung und Pflege

Im März wurden die ersten 24 europäischen Referenznetze für seltene und komplexe Krankheiten eingerichtet, an denen sich mehr als 900 hoch spezialisierte Gesundheitseinrichtungen aus über 300 Krankenhäusern in 25 EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen beteiligen. Diese Netze befassen sich mit komplexen oder seltenen Erkrankungen, die sehr spezielle Behandlungsmethoden und eine Bündelung von Wissen und Ressourcen erfordern. Sie arbeiten an einer ganzen Reihe von Themen wie Knochenleiden, Krebs im Kindesalter und Immunschwäche.

Die Folgen der Digitalisierung im Finanzsektor

Die digitale Technik verändert den Finanzsektor. Als weltweit größter Nutzer von IT-Produkten und -Diensten wird die Finanzwirtschaft von der Entwicklung neuer Generationen von Verarbeitungs-, Speicher-, Mobilfunk- und Authentifizierungstechnik ebenso profitieren wie von sozialen Netzwerken, künstlicher Intelligenz und dezentralen Systemen. Es entstehen neue Geschäftsmodelle, die dazu beitragen könnten, den EU-Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen gelebte Wirklichkeit werden zu lassen; eine Realität, in der die Beziehungen zwischen Kunden und Anbietern nicht mehr durch physische Entfernungen oder sogar sprachliche Unterschiede eingeschränkt werden. Hieraus ergeben sich wichtige politische und regulatorische Fragen in Bezug auf die EU-Finanzdienstleistungspolitik. Mit einer breit angelegten öffentlichen Konsultation soll nun festgestellt werden, ob konkrete Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich sind.

Digitale Technik auch unterwegs

Auf dem „Digitalen Tag“, der am 23. März in Rom stattfand, unterzeichneten 29 Länder (EU-Mitgliedstaaten und Länder des Europäischen Wirtschaftsraums) eine Absichtserklärung über die Schaffung eines Rechtsrahmens für eine grenzüberschreitende Erprobung des vernetzten und automatisierten Fahrens auf der Grundlage harmonisierter Regeln für Datenzugang, Haftung und Vernetzung. Sie vereinbarten, ihre Zusammenarbeit bei der Erprobung des automatisierten Straßenverkehrs in Grenzgebieten zu verstärken, und arbeiten jetzt gemeinsam mit Partnern aus der Industrie daran, diese Vereinbarung in die Praxis umzusetzen. Die Kommission fördert nun grenzüberschreitende Verkehrskorridore für vernetze Fahrzeuge.

EU-Kommissarin Violeta Bulc begrüßt den Vorstandsvorsitzenden der Airbus SE Tom Enders. Brüssel, 18. Oktober 2017.

EU-Kommissarin Violeta Bulc begrüßt den Vorstandsvorsitzenden der Airbus SE Tom Enders. Brüssel, 18. Oktober 2017.

Im Mai wurden Vorschläge zur Modernisierung der Mobilität und des Verkehrs in der EU vorgelegt. Europa in Bewegung ist ein breites Spektrum von Initiativen, die darauf abzielen, den Verkehr sicherer zu machen, gerechtere Straßenbenutzungsgebühren zu fördern, die Kohlendioxidemissionen, die Luftverschmutzung und die Staubildung zu verringern, den bürokratischen Aufwand für die Unternehmen zu senken, illegale Beschäftigungspraktiken zu bekämpfen und angemessene Arbeitsbedingungen und Ruhezeiten für die Arbeitnehmer zu gewährleisten. Außerdem fördert die Kommission nahtlos ineinandergreifende Mobilitätslösungen, um das Reisen in der ganzen Europäischen Union zu erleichtern. Ein Beispiel ist der Vorschlag, dafür zu sorgen, dass die Mautsysteme zusammenarbeiten, damit die Menschen durch die gesamte EU fahren können, ohne sich um unterschiedliche Verwaltungsformalitäten kümmern zu müssen. Dank gemeinsamer Datenspezifikationen für öffentliche Verkehrsmittel werden Reisende auch grenzüberschreitende Reisen besser planen und ihre Reiseroute optimieren können.

Drohnentechnik

Ein Konzept, wie die Benutzung von Drohnen im bodennahen Luftraum sicherer und umweltfreundlicher gemacht werden kann, wurde im Juni vorgestellt. Das Drohnenmanagementsystem, das zunächst den Luftraum bis zu einer Höhe von 150 m („USpace“) erfasst, wird den Weg für die Entwicklung eines starken und dynamischen EU-Markts für Drohnendienste ebnen. Bis 2019 sollen Drohnen und deren Betreiber registriert und elektronisch identifiziert werden und es sollen virtuelle räumliche Begrenzungen („Geofencing“) für den Drohnenbetrieb geschaffen werden.

Stärkere Kundenauthentifizierung bei elektronischen Zahlungen

Die Erhöhung der Sicherheit elektronischer Zahlungen war auch im Jahr 2017 eines der Hauptziele der EU-Politik im digitalen Bereich. Hierzu führte die Kommission im November eine Reihe von Sicherheitsanforderungen ein, die alle Zahlungsdienstleister – ob Banken oder andere Zahlungsinstitute – bei der Abwicklung von Zahlungen oder der Erbringung von Zahlungsdienstleistungen erfüllen müssen.

KAPITEL 3

Eine robuste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimapolitik

„Ich möchte die Energiepolitik Europas reformieren und neu strukturieren und eine neue europäische Energieunion schaffen. … Wir müssen den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix auf unserem Kontinent erhöhen. Dies ist nicht nur eine Frage verantwortlicher Klimaschutzpolitik, sondern auch industriepolitisch unumgänglich.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

© iStockphoto.com/william87

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Klimaschutz ist ohne eine umweltfreundliche Energieerzeugung und -nutzung nicht möglich. Die Umgestaltung unserer Energiesysteme ist daher Voraussetzung für den Aufbau einer CO2-armen Gesellschaft in der EU. Zwei Jahre nach der Vorlage der Strategie für die Energieunion sind deutliche Fortschritte bei der Modernisierung der EU-Wirtschaft und beim Übergang zu einem CO2-armen Zeitalter zu erkennen.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind hinsichtlich der Ziele der Energieunion weiterhin gut vorangekommen. Dies lässt sich insbesondere bei den Energie- und Klimavorgaben für die Treibhausgasemissionen, die Energieeffizienz und erneuerbare Energien feststellen. Eine umweltfreundliche Energieversorgung kann zur Schaffung von 900 000 neuen Arbeitsplätzen und von 2021 an zu Investitionen von jährlich 177 Mrd. EUR führen. Mit der politischen Einigung auf die Vorschriften für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden sind die Verhandlungen zum ersten von acht Legislativvorschlägen des 2016 vorgelegten Pakets „Saubere Energie für alle Europäer“ inzwischen abgeschlossen.

2017 setzte die EU ihre Anstrengungen zur Eindämmung des Klimawandels fort und wirkte dazu unter anderem beständig darauf hin, die mit dem Übereinkommen von Paris verbundene Dynamik in der internationalen Gemeinschaft aufrechtzuerhalten und somit die Welt bei der Vermeidung gefährlicher Klimaänderungen auf Kurs zu bringen.

In Bezug auf die Legislativvorschläge zur Umsetzung der Klimaschutzverpflichtung der EU, die EU-internen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 % zu senken, waren deutliche Fortschritte zu erkennen.

So wurden im Dezember politische Vereinbarungen zur Lastenteilungsverordnung – Emissionssenkung in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Abfall- und Landwirtschaft – und zu neuen Vorschriften für die Verbuchung von Emissionen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft erzielt. Zusammen mit der Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems für die Zeit nach 2020 bilden diese Einigungen das rechtliche Grundgerüst der EU-Klimapolitik bis 2030.

Zudem legte die Europäische Kommission ihre Agenda für einen sozial verträglichen Übergang zu einem sauberen, wettbewerbsfähigen und vernetzten Mobilitäts- und Verkehrssektor vor.

Aufbau einer modernen und ambitionierten Energieunion

Der Übergang der Europäischen Union zu einer CO2-armen Gesellschaft wird zunehmend Realität. Dank der 2017 erzielten Fortschritte ist die EU bei der Verwirklichung der Energieunion und der Förderung von Wachstum, Beschäftigung und Investitionen auf einem guten Weg. Zwei Jahre nach der Einleitung der Strategie hat die Kommission alle wesentlichen Vorschläge vorgelegt, um die Energieeffizienz zu erhöhen, die weltweite Führungsposition der EU in den Bereichen Klimaschutz und erneuerbare Energien zu stärken und die Stellung der Energieverbraucher zu verbessern.

Der Dritte Bericht zur Lage der Energieunion vom November 2017 zeigt, dass die EU bei der Erreichung ihrer klima- und energiepolitischen Ziele für 2020 gut vorankommt. So liegt der Endenergieverbrauch bereits unter dem Zielwert für 2020. Zudem sind die Treibhausgasemissionen seit 1990 um 23 % zurückgegangen, obwohl die Wirtschaft in der EU im gleichen Zeitraum um 53 % gewachsen ist. Diese Entwicklung beweist, dass Emissionsbekämpfung und Wirtschaftswachstum in der EU Hand in Hand gehen können. Mit einem Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix von mehr als 16 % kommt die EU bei der Umsetzung ihres 20 %-Ziels bis 2020 gut voran. So hatten bis März 2017 insgesamt 11 Mitgliedstaaten ihre nationalen Zielvorgaben für 2020 bereits erreicht.

Bedeutende Fortschritte wurden 2017 auch in Bezug auf das im November 2016 vorgelegte Paket „Saubere Energie für alle Europäer“ erzielt. Dazu zählt etwa die vorläufige Einigung auf die Vorschriften zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Da der Rat der Europäischen Union zu sieben der acht Vorschläge bis Dezember bereits einen allgemeinen Standpunkt festgelegt hatte und die Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu allen acht Dossiers für Anfang 2018 erwartet wird, ist eine politische Einigung zu den anderen Fragen ebenfalls in greifbare Nähe gerückt. Die Vorteile für die Verbraucher in der gesamten EU sind eine größere Auswahl bei der Energieversorgung, Zugang zu verlässlichen Preisvergleichsinstrumenten sowie die Möglichkeit, selbst Strom zu erzeugen und zu verkaufen.

Mit Hilfe der EU sollen die Bewohner europäischer Inseln eine Vorreiterrolle bei der Umstellung auf saubere Energieträger übernehmen

Hilfe für Inselbewohner beim Umstieg auf saubere Energie.

Die im Mai eingeleitete Initiative „Saubere Energie für EU-Inseln“ soll die Abhängigkeit der Inseln in der EU von Energieimporten verringern. Dies soll durch eine bessere Nutzung eigener erneuerbarer Energiequellen und den Einsatz modernerer und innovativer Energiesysteme möglich werden. So profitieren die Inseln nicht nur von geringeren Energiekosten, sondern auch von einer besseren Luftqualität und niedrigeren Treibhausgasemissionen.

Bei der Abkehr unserer Wirtschaft von fossilen Brennstoffen sollte keine Region außen vor bleiben. Daher wurde im Dezember eine neue Plattform zur Unterstützung von Projekten und langfristigen Strategien in Kohleregionen geschaffen. Von ihr sollen Impulse für den Übergangsprozess und die Bewältigung ökologischer und gesellschaftlicher Herausforderungen ausgehen.

Energieeffizienz

Im März wurde eine Vereinbarung über klarere Vorschriften für die Energieverbrauchskennzeichnung unterzeichnet, die auch eine Neuordnung der Produktkategorien umfassen, um dem technischen Fortschritt der letzten Jahre Rechnung zu tragen. Zusammen mit den Ökodesign-Vorschriften ermöglicht das überarbeitete Energieeffizienzlabel den Privathaushalten Einsparungen von bis zu 500 EUR pro Jahr.

Zusammen mit der politischen Einigung auf neue Vorschriften zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden wurde 2017 auch der Leitfaden für die Erfassung von Energieleistungsverträgen in den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen überarbeitet. Schulen, Krankenhäuser und andere öffentliche Gebäude, auf die mehr als 10 % des Gesamtgebäudebestands in der EU entfallen, können somit leichter in Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz investieren.

Im Mai richtete die Europäische Investitionsbank das Europäische Finanzierungsinstrument für nachhaltige Energieprojekte von Städten und Regionen ein. Es unterstützt regionale Behörden bei der Projektentwicklung in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien.

Der Präsident der Europäischen Investitionsbank Werner Hoyer und der Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft Uli Paetzel bei der Unterzeichnung der Vereinbarung über ein Darlehen der Bank in Höhe von 450 Mio. EUR für die umfassende Renaturierung des Emscher-Flusssystems. Oberhausen, Deutschland, 13. Juli 2017. © European Investment Bank

Der Präsident der Europäischen Investitionsbank Werner Hoyer und der Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft Uli Paetzel bei der Unterzeichnung der Vereinbarung über ein Darlehen der Bank in Höhe von 450 Mio. EUR für die umfassende Renaturierung des Emscher-Flusssystems. Oberhausen, Deutschland, 13. Juli 2017.

Im September unterzeichneten alle Mitgliedstaaten die E-Energie-Erklärung von Tallinn, um die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und dem privaten Sektor bei der Entwicklung einer breit angelegten Strategie zur Digitalisierung im Energiebereich zu fördern.

Im November veröffentlichte die EU einen Bericht, in dem sie die Fortschritte der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihrer nationalen Energieeffizienzziele für 2020 bewertete. Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Bericht bestand darin, dass die EU trotz eines höheren Energieverbrauchs im Jahr 2015, der unter anderem auf einen kälteren Winter und niedrigere Brennstoffpreise zurückzuführen war, immer noch auf einem guten Weg ist, ihr Energieeffizienzziel für 2020 zu erreichen.

Sicherheit der Energieversorgung, Solidarität und Vertrauen

Die Sicherheit der Energieversorgung für die Verbraucher in der EU ist eines der wichtigsten Ziele der Energieunion. Dazu sind – rechtzeitig vor Beginn der Heizperiode – am 1. November neue Vorschriften in Kraft getreten, mit denen die Koordination zwischen den Mitgliedstaaten verbessert und eine schnellere und wirksamere Bewältigung möglicher Gaskrisen sichergestellt werden soll. Die Mitgliedstaaten werden dazu verpflichtet, einander bei schweren Krisen Hilfe zu leisten, um die Gasversorgung der Privathaushalte sicherzustellen.

Im Rahmen einer umfassenden Initiative für den Aufbau diversifizierter und sicherer Gasmärkte in den baltischen Staaten öffnete Lettland im April seinen Gasmarkt für den Wettbewerb und beendete so die Abhängigkeit der Gasverbraucher von einem einzigen Anbieter.

Die vierte Ministertagung im Rahmen der Initiative der Kommission zur Vernetzung der Energiesysteme in Mittel- und Südosteuropa brachte wichtige Ergebnisse für die gesamte Region. Die Ministerinnen und Minister unterzeichneten eine Absichtserklärung mit einem gemeinsamen Konzept für die Strommärkte, die Energieeffizienz und den Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien. Dabei wurde auch eine Vereinbarung zum weiteren Vorgehen bei der Suche nach einer Lösung für die Synchronisierung des baltischen Stromnetzes mit dem kontinentaleuropäischen System getroffen, die spätestens bis Ende Mai 2018 festgelegt werden soll.

Auch die nukleare Sicherheit hat in der EU weiterhin höchste Priorität. So veröffentlichte die EU im Mai 2017 ihren ersten Bericht über die sichere und verantwortungsvolle Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle in der EU. Darin zeichnet sie ein klares Bild der derzeitigen Situation. Danach haben sich die Standards in der EU verbessert, wenngleich wichtige Bereiche hervorgehoben werden, in denen noch weitere Verbesserungen und eine genaue Beobachtung erforderlich sind. Auf internationaler Ebene fand am 28. Februar und 1. März in Brüssel ein Seminar zur internationalen Zusammenarbeit im Nuklearbereich mit hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern der EU und des Iran statt.

Ein vollständig integrierter Energiebinnenmarkt

Die Arbeit am Aufbau eines Binnenmarkts, auf dem saubere Energie sicher und ungehindert fließen kann, wurde fortgesetzt. Wie der Dritte Bericht zur Lage der Energieunion bestätigte, ist eine Grundvoraussetzung für die Energiewende die Anpassung der Infrastrukturen an die Erfordernisse des künftigen Energieversorgungssystems. In diesem Zusammenhang wurden bereits beträchtliche Fortschritte erzielt, wenngleich insbesondere im Elektrizitätsbereich nach wie vor noch Engpässe bestehen. Die Kommission legte daher im November eine Mitteilung zu einem Stromverbundziel von 15 % für das Jahr 2030 vor. Zudem veröffentlichte sie die dritte Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse, in der 173 Projekte von europäischer Bedeutung aufgeführt sind. Erstmals umfasst diese Liste auch vier Vorhaben im Bereich grenzübergreifende Kohlendioxidnetze.

Zur Unterstützung der Projektdurchführung hat die EU bisher 1,7 Mrd. EUR in 96 Vorhaben in den Bereichen Strom, Gas und Smart-Grid-Infrastrukturen investiert. Die Mittel stammen aus der Fazilität „Connecting Europe“, in deren Rahmen zwischen 2014 und 2020 insgesamt 5,35 Mrd. EUR für Energievorhaben zur Verfügung stehen. Im April stellte die EU aus dieser Fazilität 800 Mio. EUR für Vorhaben in den Bereichen Strom, Gas und Smart-Grid-Infrastrukturen bereit.

Die EU arbeitete weiterhin an der Stärkung der Verbindungen zwischen den Stromnetzen und Gaspipelines der einzelnen Mitgliedstaaten, etwa durch den Aufbau eines nördlichen Gaskorridors zwischen Norwegen, Dänemark und Polen, den „Celtic Interconnector“ zur Verbindung des französischen und irischen Stromversorgungssystems und den Abbau von Hemmnissen für den ungehinderten Gasfluss in Mittel- und Südosteuropa. Zudem wird die EU 101,4 Mio. EUR in den Bau des LNG-Terminals in Krk, Kroatien, investieren.

2017 setzte die EU ihre beihilferechtliche Sektoruntersuchung zu den nationalen Kapazitätsmechanismen fort. Insbesondere prüfte sie, ob diese Mechanismen eine ausreichende Stromversorgung sicherstellen, ohne den Wettbewerb oder Handel im Binnenmarkt zu verzerren. Einige Mitgliedstaaten haben zur kontinuierlichen Gewährleistung einer ausreichenden Versorgung Kapazitätsmechanismen eingeführt. Die EU arbeitet derzeit mit den Mitgliedstaaten daran, die Übereinstimmung der bestehenden und geplanten Maßnahmen mit den beihilferechtlichen Vorschriften sicherzustellen.

Auf internationaler Ebene erstellte die Kommission einen Vorschlag für ein Mandat für Verhandlungen mit Russland über die betrieblichen Grundsätze für das Vorhaben Nord Stream 2, in dessen Rahmen russisches Gas in den EU-Markt geliefert werden soll.

Zur Verbesserung der Funktionsweise des EU-Energiebinnenmarktes und zur Stärkung der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten legte die Kommission im November ferner einen Vorschlag über gemeinsame Regeln für die in den europäischen Erdgasbinnenmarkt eintretenden Gasfernleitungen vor.

Umstellung auf eine Wirtschaft mit geringen CO2-Emissionen

Fortschritte beim globalen Klimaschutz

Über das gesamte Jahr hinweg wirkte die EU auf internationaler Ebene beständig auf eine Fortsetzung der Klimaschutzbemühungen hin. Im Juni gaben die Vereinigten Staaten ihre Absicht bekannt, sich aus dem wegweisenden globalen Klimaschutzübereinkommen zurückzuziehen, das 2015 in Paris, Frankreich, geschlossen worden war. Die EU und ihre internationalen Partner bekräftigten daraufhin nachdrücklich ihren Willen, das Pariser Übereinkommen vollständig umzusetzen, um den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperaturen gegenüber dem vorindustriellen Niveau auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen.

Gemeinsam mit 79 Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean rief die EU die internationale Gemeinschaft dazu auf, unvermindert auf ihre ambitionierten Klimaschutzziele hinzuarbeiten. Auf einer gemeinsam von der EU, Kanada und China organisierten Ministertagung in Montreal, Kanada, kamen im September Vertreterinnen und Vertreter aus allen Teilen der Welt mit dem Ziel zusammen, den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft weltweit zu beschleunigen.

Die EU nahm auch weiterhin an internationalen Verhandlungen zur Entwicklung der erforderlichen Verfahren und Leitfäden für die Umsetzung des Pariser Übereinkommens teil, insbesondere an der Klimaschutzkonferenz der Vereinten Nationen im November in Bonn.

Der chinesische Sondergesandte Xie Zhenhua, die kanadische Ministerin für Umwelt und Klimawandel Catherine McKenna und EU-Kommissar Miguel Arias Cañete ziehen beim Klimaschutz an einem Strang. Montreal, Kanada, 16. September 2017.

Der chinesische Sondergesandte Xie Zhenhua, die kanadische Ministerin für Umwelt und Klimawandel Catherine McKenna und EU-Kommissar Miguel Arias Cañete ziehen beim Klimaschutz an einem Strang. Montreal, Kanada, 16. September 2017.

Auf dem vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron initiierten Klimagipfel „One Planet Summit“ im Dezember in Paris stellte die Kommission ihren neuen Aktionsplan für den Planeten vor, der zehn Transformationsinitiativen für eine moderne Wirtschaft und eine gerechte Gesellschaft umfasst.

So kündigte die Kommission beispielsweise ihre Absicht an, im Rahmen der EU-Investitionsoffensive für Drittländer – mit der bis 2020 nachhaltige Investitionen in Afrika und Ländern der europäischen Nachbarschaft in Höhe von mindestens 44 Mrd. EUR mobilisiert werden sollen – Investitionen in drei Zielbereichen vorzunehmen. Diese dürften bis 2020 Investitionen von bis zu 9 Mrd. EUR nach sich ziehen.

Die EU setzt sich weiterhin für das gemeinsame weltweite Ziel ein, ab 2020 und bis ins Jahr 2025 jährlich aus mehreren Quellen 100 Mrd. USD für Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Zudem wird sie die Finanzmittel für Maßnahmen zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels auch weiterhin deutlich aufstocken. 2016 leisteten die EU und ihre Mitgliedstaaten im Klimabereich finanzielle Beiträge in Höhe von insgesamt 20,2 Mrd. EUR – also über 15 % mehr als 2015.

WAS DENKEN DIE EU-BÜRGERINNEN UND -BÜRGER ÜBER KLIMASCHUTZ UND SAUBERE ENERGIE?

Infografik: Eine EU-Umfrage im Jahr 2017 ergab, dass 92 % der EU-Bürgerinnen und -Bürger den Klimawandel als ernstes Problem betrachten und dass knapp 80 % meinen, dass der Kampf gegen den Klimawandel und eine effizientere Nutzung von Energie gut für die Wirtschaft sind.

Umsetzung der Klimazusagen von Paris

Die EU ist international federführend beim weltweiten Ausstieg aus der Erzeugung und dem Verbrauch von Fluorkohlenwasserstoffen (FKW). Dabei handelt es sich um gefährliche, häufig in Heiz- und Kühlgeräten eingesetzte klimaschädliche Gase. Durch eine Umkehr des schnellen Anstiegs der FKW-Emissionen, deren klimaschädliche Wirkung die von Kohlendioxid mehrere Tausend Mal übersteigt, können wir einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der Temperaturvorgabe im Rahmen des Übereinkommens von Paris leisten. Im Oktober 2016 einigten sich daher knapp 200 Länder in Kigali, Ruanda, auf eine schrittweise Verringerung der Produktion und Nutzung dieser Gase. Im November 2017 schufen die EU-Mitgliedstaaten die Voraussetzungen dafür, dass die Vereinbarung ab Januar 2019 Anwendung findet. Für die politische Führungsrolle bei der Verabschiedung dieser Vereinbarung erhielt die EU eine Auszeichnung.

EU-intern wurden alle wesentlichen Vorschläge vereinbart, um die Zusage der EU im Rahmen des Pariser Übereinkommens einzuhalten, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 % zu senken. Dazu zählen die Überarbeitung des Emissionshandelssystems der EU, nationale Emissionsziele für die Mitgliedstaaten, die Einbeziehung des Landnutzungssektors in die EU-Klimavorschriften und Maßnahmen zur Senkung der Emissionen im Luftverkehr.

Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission, nimmt während des One Planet Summit an einer Facebook Live-Session teil. Paris, Frankreich, 11. Dezember 2017.

Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission, nimmt während des One Planet Summit an einer Facebook-Live-Session teil. Paris, Frankreich, 11. Dezember 2017.

Im November trafen das Parlament und der Rat eine vorläufige Vereinbarung über eine Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems für die Zeit nach 2020. Diese Reform des wichtigsten Instruments der EU für eine kostenwirksame Verringerung der Treibhausgasemissionen wird wesentlich dazu beitragen, die EU bei der Umsetzung ihrer Zusage, die Emissionen bis 2030 um mindestens 40 % zu senken, auf Kurs zu bringen.

Die Überarbeitung umfasst erhebliche Änderungen des Systems, um die Senkung der Emissionen zu beschleunigen und das derzeitige Überangebot an Emissionshandelszertifikaten zu verringern; gleichzeitig soll die Industrie in der EU erforderlichenfalls vor dem Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen geschützt werden. Zudem sollen mehrere Fördermechanismen Industrie und Stromerzeugungssektor dabei unterstützen, die nötigen Innovationen und Investitionen vorzunehmen, um die Herausforderungen des Übergangs zu einer CO2-armen Wirtschaft zu bewältigen.

Darüber hinaus hat die EU Maßnahmen verabschiedet, um die Umweltwirksamkeit des Emissionshandelssystems auch dann sicherzustellen, wenn die EU-Vorschriften im Vereinigten Königreich aufgrund des EU-Austritts nicht mehr gelten.

Die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation hat eine Einigung auf eine weltweite marktgestützte Maßnahme erzielt, mit der die Emissionen im internationalen Luftverkehr durch Aufrechnung auf dem Niveau des Jahres 2020 gehalten werden sollen. Die EU änderte daher ihr Emissionshandelssystem, um dessen Geltungsbereich auf innereuropäische Flüge zu begrenzen. So hält sie den Beitrag des Luftverkehrssektors zu den Klimazielen der EU aufrecht und trägt gleichzeitig zur reibungslosen Umsetzung der weltweiten marktgestützten Maßnahme bei.

Eine Verknüpfung des EU-Emissionshandelssystems mit ähnlichen Systemen kann dazu beitragen, den Markt für die Verringerung der Treibhausgasemissionen zu vergrößern und die Kosten für die Bekämpfung des Klimawandels somit zu senken. Die EU und die Schweiz haben daher im November eine Vereinbarung über die Verknüpfung ihrer Systeme unterzeichnet. Dabei handelt es sich um die erste Vereinbarung dieser Art für die EU sowie um die erste derartige Vereinbarung zwischen zwei Vertragsparteien des Pariser Klimaschutzübereinkommens. Darüber hinaus verstärken die EU und China ihre Zusammenarbeit hinsichtlich der CO2-Märkte vor der Einführung eines eigenen Emissionshandelssystems in China.

Im Dezember wurde ferner eine politische Einigung zur Lastenteilungsverordnung erzielt mit der die Emissionen in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Abfall- und Landwirtschaft im Einklang mit dem EU-Klimaziel für 2030 verringert werden sollen. Auch über neue Vorschriften zur Verbuchung der Emissionen in den Bereichen Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft wurde eine Vereinbarung getroffen. Die neuen Vorschriften stärken die Rolle von Land und Wäldern als CO2-Senkern, schaffen Anreize für deren produktive und nachhaltige Nutzung und tragen so zu einer biobasierten Wirtschaft und einer klimaschonenden Landwirtschaft bei.

Auf dem Weg zu einer sauberen, wettbewerbsfähigen und vernetzten Mobilität

Klimaschutz durch Förderung sauberer Verkehrsmittel

Paket für saubere Mobilität: Klimaschutz durch Förderung sauberer Verkehrsmittel.

FÖRDERUNG EINER SAUBEREN UND NACHHALTIGEN MOBILITÄT

Infografik: Der Straßenverkehr ist für fast 20 % der Treibhausgasemissionen der EU verantwortlich und die Hauptursache für die Luftverschmutzung in Städten. Alternative Kraftstoffe werden dringend benötigt, um die Abhängigkeit des Verkehrssektors der EU von Erdöl zu durchbrechen. Die EU hängt bei ihrem Energiebedarf derzeit zu 94 % von Erdöl ab, das zu 84 % aus dem Ausland eingeführt wird. Die jährliche Rechnung für Rohölimporte beläuft sich Schätzungen zufolge auf rund 187 Mrd. EUR.

Im Jahr 2017 legte die Kommission eine Reihe von Vorschlägen zur Modernisierung des Mobilitäts- und Verkehrssektors in der EU vor. Ziel dieser Vorschläge ist es, den Sektor beim Übergang zu einer sauberen Energieversorgung und bei der Digitalisierung zu unterstützen und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und soziale Inklusion sicherzustellen.

So wurde im Mai das Paket „Europa in Bewegung“ vorgestellt. Zu seinen wichtigsten Zielen zählen ein sichererer Verkehr, geringere CO2-Emissionen sowie die Verringerung der Luftverschmutzung und Verkehrsüberlastung.

Im November schloss sich ein weiteres Maßnahmenpaket an, das Innovationen in neue Technologien und Geschäftsmodelle sowie eine effizientere Nutzung aller Verkehrsträger für den Güterverkehr fördern soll. Zu den Maßnahmen zählt auch ein Vorschlag mit neuen CO2-Emissionsvorgaben für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, der die Umstellung auf emissionsarme und freie Fahrzeuge beschleunigen soll. Nach dem Vorschlag sollen die CO2-Emissionen aller neuen, in der EU verkauften Pkw und leichten Nutzfahrzeuge im Jahr 2030 durchschnittlich 30 % niedriger sein als 2021.

Die Kommission leitet derzeit eine Reihe von Initiativen zur Förderung einer sauberen, vernetzten und wettbewerbsfähigen Mobilität ein. Mit einer weiteren Verbreitung der Elektromobilität in der gesamten EU wird auch die Nachfrage nach Batterien deutlich steigen. Die Kommission plant daher, auf dem Industrieforum für saubere Energie im Februar 2018 eine Batterieallianz mit den Mitgliedstaaten und der Industrie entlang der Batterie-Wertschöpfungskette in der EU ins Leben zu rufen.

Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission, beim Aufladen eines Elektroautos. Im Hintergrund der portugiesische Minister für Umwelt João Pedro Matos Fernandes. Lissabon, Portugal, 17. Juli 2017.

Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission, beim Aufladen eines Elektroautos. Im Hintergrund der portugiesische Minister für Umwelt João Pedro Matos Fernandes. Lissabon, Portugal, 17. Juli 2017.

Integration von Klimaschutzmaßnahmen in andere Politikbereiche

Mit Blick auf den Übergang der EU zu einer nachhaltigeren und CO2-armen Zukunft hat die Kommission im Rahmen des LIFE-Programms für Umwelt- und Klimaschutz ein Investitionspaket von 222 Mio. EUR genehmigt, das aus dem EU-Haushalt finanziert wird. Zusammen mit den dadurch mobilisierten zusätzlichen Investitionen ergibt sich so ein Gesamtinvestitionsbetrag von 379 Mio. EUR für 139 neue Vorhaben in 20 Mitgliedstaaten. Die Projekte sollen die Mitgliedstaaten beim weiteren Übergang zur Kreislaufwirtschaft unterstützen und zur Umsetzung des EU-Aktionsplans für die Natur beitragen. So werden die Finanzmittel beispielsweise dazu genutzt, die Resilienz des Mündungsgebiets der Schelde in Belgien, einer der am meisten befahrenen Wasserstraßen Europas, zu verbessern, Instrumente zur Vorhersage von Wüstensandstürmen zu entwickeln und dem Wärmeinseleffekt in den Städten entgegenzuwirken.

KAPITEL 4

Ein vertiefter und fairerer Binnenmarkt mit gestärkter industrieller Basis

„In Zeiten zunehmender Globalisierung ist der Binnenmarkt Europas größter Trumpf. Deshalb soll die nächste Kommission nach meinem Willen auf die Stärke unseres Binnenmarkts bauen und sein Potenzial in alle Richtungen ausschöpfen.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

© iStockphoto.com/GlobalStock

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Der Binnenmarkt ist eine der größten Errungenschaften der EU. Als Motor des Wirtschaftswachstums in den EU-Mitgliedstaaten erleichtert er den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen den Alltag. Dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts stehen jedoch nach wie vor Hindernisse entgegen, sodass Potenzial für mehr Wachstum und Beschäftigung noch brachliegt.

Die EU ist bestrebt, den Binnenmarkt in zweierlei Hinsicht besser zu gestalten: Zunächst soll sichergestellt werden, dass die geltenden Vorschriften auch wirklich eingehalten werden. Zweitens soll es Dienstleistern in bestimmten Branchen erleichtert werden, ihre Leistungen in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu erbringen. Zudem gilt es zu vermeiden, dass Handelswaren an Grenzübergängen blockiert werden. All dies soll in einem System verwirklicht werden, in dem fairer Wettbewerb herrscht, Betrug bekämpft und die grenzüberschreitende Besteuerung unkompliziert gehalten wird.

Im Jahr 2017 wurden Maßnahmen zum Ausbau von EURES ergriffen, dem europäischen Portal zur beruflichen Mobilität, mit dem Arbeitsuchende eine Stelle und Unternehmen die benötigten Talente finden können. Da die Bürgerinnen und Bürger in einem Mitgliedstaat arbeiten und gleichzeitig im Sozialversicherungssystem eines anderen Mitgliedstaats registriert sein können, wurde über einen Legislativvorschlag weiterverhandelt, mit dem für Gerechtigkeit und soziale Nachhaltigkeit gesorgt werden soll. Dies ging mit Maßnahmen zur Eindämmung der Schwarzarbeit und zur weiteren Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz einher.

Damit Waren und Personen problemlos über Ländergrenzen kommen, bedarf es guter Verkehrsnetze. Die Bemühungen um einen weiteren Ausbau dieser Netze, insbesondere in den weniger gut erschlossenen Regionen, wurden das ganze Jahr hindurch fortgesetzt. Die betreffenden Regionen erhalten auch Unterstützung, damit sie ihre Stärken zur Geltung bringen können. Somit können selbst die entlegensten Gebiete am Binnenmarkt teilhaben.

Erneuerung der EU-Industriepolitik

In seiner Rede zur Lage der Union im September kündigte der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, eine neue industriepolitische Strategie an, mit der die Industrie in der EU in die Lage versetzt werden soll, weiterhin nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Strategie führt sämtliche bestehenden und neuen Initiativen in einer umfassenden Industriepolitik zusammen und verdeutlicht für alle Beteiligten, welche Aufgaben anstehen.

Der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr in der Praxis

Die meisten zwischen den Mitgliedstaaten gehandelten Erzeugnisse unterliegen harmonisierten Vorschriften. Dies bedeutet, dass Produktnormen für alle gleich sind und dass es keine Hindernisse für den grenzüberschreitenden Handel gibt. In Bereichen, in denen es keine gemeinsamen Regeln gibt, gilt jedoch der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung. Demnach darf ein Produkt, das in einem Mitgliedstaat zum Verkauf zugelassen wird, in allen Mitgliedstaaten verkauft werden. Dies funktioniert in der Praxis nicht immer reibungslos. Waren können nämlich an der Grenze gestoppt werden, obwohl sie in allen Ländern des Binnenmarkts frei gehandelt werden sollten. Wie in einem neuen Legislativvorschlag dargelegt ist, könnten Anbieter in einem Land mit einer Erklärung über die gegenseitige Anerkennung nachweisen, dass das jeweilige Erzeugnis alle Anforderungen in einem anderen Land erfüllt. Dieser Vorschlag wurde parallel zu einem weiteren Vorschlag zum Ausbau der Marktüberwachung erstellt, damit die nationalen Behörden die in ihrem Land verkauften Waren besser kontrollieren können.

DAMIT DIENSTLEISTER IHRE DIENSTE IN DER EU SCHNELL und bequem ANBIETEN KÖNNEN

Infografik: Der Dienstleistungssektor macht zwei Drittel der EU-Wirtschaft aus und schafft 90 % der Arbeitsplätze. Damit der Binnenmarkt Menschen und Unternehmen in Europa noch mehr Nutzen bringt, hat die Kommission ein Bündel von Maßnahmen vorgelegt, die es Unternehmen und Dienstleistern erleichtern sollen, jedermann in der EU Dienstleistungen zu erbringen.

Die EU arbeitet weiter gezielt darauf hin, dass der Binnenmarkt sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für Unternehmen besser funktioniert. Hindernisse bestehen jedoch nach wie vor bei der Gründung und beim Ausbau von Unternehmen und können höhere Preise sowie eine geringere Auswahl für die Verbraucher zur Folge haben. Um dem entgegenzuwirken und mehr Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen, müssen die Mitgliedstaaten das Potenzial des Binnenmarkts für Dienstleistungen besser nutzen.

Im Jahr 2017 wurde ein Maßnahmenpaket vorgelegt, das Unternehmen und Fachkräften die Erbringung von Dienstleistungen für alle in der EU erleichtern könnte. Zu dem Paket gehört eine neue Elektronische Europäische Dienstleistungskarte: ein vereinfachtes elektronisches Verfahren, das es Anbietern von Unternehmens- und Baudienstleistungen erleichtert, die für die Erbringung von Dienstleistungen im Ausland erforderlichen Verwaltungsformalitäten zu erledigen. Durch einen weiteren Vorschlag soll sichergestellt werden, dass die Anforderungen, die die Mitgliedstaaten bei der Reglementierung von Berufen anwenden, verhältnismäßig und gerechtfertigt sind.

Förderung von Auftragsvergabe und Innovation

Im Zuge der Bestrebungen zum Ausbau des Binnenmarkts legte die Kommission, auch im Rahmen der fortlaufenden Anstrengungen zur Belebung der Investitionen in der EU, im Oktober einen Vorschlag zur „öffentlichen Auftragsvergabe in und für Europa“ vor. Darin wird ein Konzept für eine effizientere und nachhaltigere Vergabe öffentlicher Aufträge dargelegt, bei dem digitale Technologien zur Vereinfachung und Beschleunigung von Verfahren in vollem Umfang genutzt werden.

Damit Unternehmen, insbesondere KMU sowie Start-ups, ermutigt werden, in Innovationen und Kreativität zu investieren, schlug die Kommission auch Maßnahmen vor, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Rechte des geistigen Eigentums gut geschützt sind. Dank dieser Maßnahmen gehen der EU insgesamt mehr „große Fische“ ins Netz, die hinter gefälschten Waren und Raubkopien stecken, die sich wiederum nachteilig auf die Unternehmen und die Beschäftigung auswirken. Die Maßnahmen dienen auch dem Gesundheitsschutz und der Sicherheit der Verbraucher etwa in der Arzneimittel- und der Spielzeugbranche. Mit dem Vorschlag eines Patentlizenzsystems soll darüber hinaus die Einführung von Technologien unterstützt werden, die Zusammenschaltung und Vernetzung (das Internet der Dinge) ermöglichen, von Smartphones bis zu vernetzten Fahrzeugen.

Finanzdienstleistungen: bessere Produkte und mehr Auswahl für die Verbraucher

Die EU ist entschlossen, den Binnenmarkt auch durch digitale Medien zu vertiefen und fairer zu gestalten. Auf der Ebene der finanziellen Dienstleistungen bedeutet dies mehr Wettbewerb und eine größere Auswahl. Dadurch profitieren die Verbraucher von niedrigeren Preisen und besserer Qualität, unabhängig davon, ob sie sich im In- oder Ausland nach Finanzdienstleistungen wie Bankkonten, Autoversicherungen, Geldüberweisungen und Rentenversicherungen umschauen. Die Finanzdienstleister ihrerseits sollten ebenfalls in der Lage sein, die Vorteile des gesamten EU-Markts zu nutzen.

In diesem Zusammenhang hat die Kommission in ihrem Aktionsplan „Finanzdienstleistungen für Verbraucher“ festgestellt, in welchen Bereichen mehr getan werden muss, damit Verbraucher den bestmöglichen Gegenwert für ihr Geld erhalten. Der Plan zielt unter anderem darauf ab, die Übertragung von Schadenfreiheitsrabatten der Kfz-Versicherung ins Ausland zu erleichtern, die Gebühren für grenzüberschreitende Transaktionen mit anderen Währungen als dem Euro zu senken und rechtliche und regulatorische Hindernisse für Unternehmen, die ins Ausland expandieren wollen, zu beseitigen.

NEUE FORMEN DER PRIVATEN ALTERSVORSORGE IN DER EU

Infografik: Die Europäische Kommission schlägt ein neues Modell der freiwilligen privaten Altersvorsorge vor, das den Menschen ermöglichen soll, ihre Altersvorsorge zu ergänzen und dabei verbraucherrechtlich gut geschützt zu sein. Gleichzeitig dürften es Anbieter von Finanzdienstleistungen interessant finden, die Vorteile eines EU-weiten Marktes auszuschöpfen.

Bald werden die Verbraucher in der EU beim Sparen für den Ruhestand mehr Auswahl haben. Die Kommission plant nämlich, eine neue Art von Altersvorsorgeprodukten einzuführen. Derzeit ist der Markt für die private Altersvorsorge in der EU fragmentiert und uneinheitlich. Die Verbraucher können mit dem vorgeschlagenen neuen Modell der freiwilligen privaten Altersvorsorge ihre Altersvorsorge ergänzen und sind dabei verbraucherrechtlich gut geschützt.

Erleichterung der Arbeitssuche, sichere und legale Arbeitsplätze

Der Binnenmarkt funktioniert für Arbeitnehmer am besten, wenn die Menschen einen ihren Bedürfnissen entsprechenden Arbeitsplatz auch in anderen Mitgliedstaaten finden können. Im Laufe des Jahres wurden bedeutende Fortschritte beim Ausbau von EURES erzielt, dem europäischen Portal zur beruflichen Mobilität, das Arbeitsuchende, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die eine Stelle oder Personal in der gesamten EU suchen, kostenlos nutzen können. Im Laufe des Jahres 2018 wird das Netz für weitere Partner geöffnet, z. B. für private Arbeitsvermittlungen, und mehr Arbeitsplätze und Lebensläufe werden auf dem Portal eingestellt.

Die EU engagiert sich auch weiterhin für Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz. Karzinogene und Mutagene waren 2017 Gegenstand eines neuen Legislativvorschlags, mit dem die berufsbedingte Exposition gegenüber sieben Stoffen wie z. B. gebrauchten Motorenölen und Trichlorethylen verringert werden soll. Ein 2016 zu 13 anderen Stoffen unterbreiteter Vorschlag wurde im Oktober vom Europäischen Parlament gebilligt.

Jungen Menschen bei der Arbeitssuche in anderen EU-Mitgliedstaaten helfen

Dein erster EURES-Arbeitsplatz: jungen Menschen bei der Arbeitssuche in anderen EU-Mitgliedstaaten helfen.

ENTSANDTE ARBEITNEHMER IN DER EU

Infografik: Die Zahl der von ihrem Unternehmen vorübergehend in einen anderen EU-Mitgliedstaat entsandten Arbeitnehmer hat zwischen 2010 und 2015 um mehr als 40 % zugenommen. Im Jahr 2015 gab es über zwei Millionen entsandte Arbeitnehmer. Die Entsendungsdauer beträgt durchschnittlich weniger als vier Monate. Das EU-Recht enthält eine Reihe verbindlicher Bestimmungen zu den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die auf entsandte Arbeitnehmer anzuwenden sind.

Die Kommission unterstützte die Mitgliedstaaten auch bei der Durchsetzung der Vorschriften über die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Gleichzeitig wurden die Regelungen zur Entsendung von Arbeitnehmern unter dem Aspekt der Zukunftstauglichkeit weiter überarbeitet. Diese Vorschriften schützen die Rechte von Arbeitnehmern, die von ihrem Arbeitgeber entsandt werden, damit sie vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten. Die überarbeiteten Vorschriften zielen darauf ab, den Grundsatz der gleichen Entlohnung für die gleiche Arbeit am gleichen Ort festzulegen, für mehr Fairness und soziale Nachhaltigkeit im Binnenmarkt zu sorgen und zum Nutzen von Unternehmen und Arbeitnehmern gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Im Oktober einigte sich der Rat der Europäischen Union auf ein allgemeines Konzept zur Überarbeitung der bestehenden Richtlinie, und im November nahmen das Parlament und der Rat Verhandlungen auf, um zu einer Einigung über dieses Dossier zu gelangen. Die Verhandlungen waren Ende 2017 noch nicht abgeschlossen.

Außerdem bemühten sich das Parlament und der Rat weiterhin um eine Einigung über den 2016 von der Kommission vorgelegten Vorschlag zur Modernisierung der Vorschriften für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Der Vorschlag soll im Interesse grenzüberschreitend tätiger Personen und der Steuerzahler in der EU faire, klare und leichter durchsetzbare Regeln gewährleisten.

Einhaltung von Vorschriften und einfachere Verfahren

Die Rechte, die sowohl natürlichen Personen als auch Unternehmen aus dem Binnenmarkt erwachsen, können nur dann vollständig ausgeübt werden, wenn die gemeinsam vereinbarten Regeln ihren Zweck erfüllen und in der gesamten EU korrekt angewandt werden. Dafür ist ein rechtzeitiger Zugang zu genauen Marktinformationen ebenso wie die Unterstützung in Problemsituationen von entscheidender Bedeutung. Über das Portal Ihr Europa riefen Bürger und Unternehmen 2017 mehr als 20 Millionen Mal praktische Informationen über ihre Rechte im Binnenmarkt ab. Im Laufe des Jahres beantwortete Ihr Europa – Beratung mehr als 22 000 Fragen zu Binnenmarktvorschriften, und SOLVIT bearbeitete mehr als 2 000 konkrete Fälle, in denen Bürger und Unternehmen Probleme mit Behörden in der EU hatten. Darüber hinaus informiert SOLVIT auf der Grundlage dieser Anfragen die Kommission über die Bereiche, in denen bei der Anwendung des EU-Rechts Verbesserungsbedarf besteht.

Die Kommission hat im Mai einen Vorschlag für ein zentrales digitales Zugangstor vorgelegt, um den Bürgern und Unternehmen durch ein einziges digitales Zugangsportal hochwertige Informationen, Online-Verwaltungsverfahren und -Hilfsdienste besser zugänglich zu machen. Jedes Verfahren, das derzeit in einem Land online zur Verfügung steht, wird nun für Nutzer aus anderen Mitgliedstaaten und in einer zusätzlichen EU-Sprache zugänglich sein. Somit wird es aus anderen Mitgliedstaaten leichter genutzt werden können.

Unter bestimmten Umständen könnten im Falle ernsthafter Schwierigkeiten bei der Anwendung der Binnenmarktvorschriften mit dem ebenfalls vorgeschlagenen Binnenmarkt-Informationstool entsprechende Daten erhoben werden.

Im Juli nahm die Kommission eine Bekanntmachung zur Marktüberwachung von online verkauften Produkten an. Die rasche Entwicklung des elektronischen Handels stellt die Behörden der Mitgliedstaaten bei der Prüfung, ob die Produkte sicher sind und den EU-Vorschriften entsprechen, vor große Herausforderungen. Die Bekanntmachung soll Unklarheiten beseitigen und Lösungen anbieten. Dies wird dazu beitragen, die Marktüberwachung online verkaufter Produkte zugunsten der Verbraucher zu verbessern und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen zu gewährleisten.

Intelligente, sozial verträgliche und wettbewerbsfähige Mobilität

Verkehr und Mobilität sind für die Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit der EU von entscheidender Bedeutung. Der Sektor sieht sich allerdings vor ganz neue Herausforderungen gestellt: Das bestehende Sozialrecht wird in der EU nicht einheitlich angewandt und durchgesetzt. Briefkastenfirmen werden in Mitgliedstaaten gegründet, in denen sie eigentlich nicht tätig sind, aber von laxeren Vorschriften profitieren. Allein auf den Straßenverkehr entfällt fast ein Fünftel der Treibhausgasemissionen der EU. Im Mai legte die Kommission eine langfristige Strategie für eine wettbewerbsfähige, saubere und vernetzte Mobilität bis 2025 fest.

EU-Kommissar Pierre Moscovici besucht ein Kfz-Werk, um über EU-Hilfen zu sprechen. Bourgogne-Franche-Comté, Frankreich, 6. Oktober 2017.

EU-Kommissar Pierre Moscovici besucht ein Kfz-Werk, um über EU-Hilfen zu sprechen. Bourgogne-Franche-Comté, Frankreich, 6. Oktober 2017.

Diese Strategie wird in der Mitteilung der Kommission „Europa in Bewegung“ vorgestellt. Der Mitteilung liegen acht Legislativvorschläge bei, die sich speziell auf den Straßenverkehr beziehen. Die Vorschläge zielen unter anderem darauf ab, die Funktionsweise des Güterkraftverkehrsmarkts zu verbessern, die Sozial- und Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmer zu verbessern und die Anwendung der nationalen Mindestlohn-Vorschriften zu vereinfachen. Das übergeordnete Ziel der Kommission besteht darin, einen nachhaltigeren Straßenverkehr mit Mautgebühren zu fördern, die die Luftverschmutzung als externe Kosten berücksichtigen, und dabei digitale Lösungen zum Bürokratieabbau und zur Integration verschiedener Verkehrsträger zu nutzen. Der langfristige Nutzen dürfte dank der Impulse für Beschäftigung, Wachstum und Investitionen weit über den Verkehrssektor hinausgehen.

Im Juni verabschiedete die Kommission eine Reihe von Initiativen zur Verbesserung des Luftverkehrs, die mit der Luftfahrtstrategie für Europa im Einklang stehen. Zu diesen Initiativen gehört auch ein Vorschlag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Luftfahrtunternehmen, mit dem ferner Be­schäftigung und Wachstum auf der Ebene der Flughäfen und Flugsicherungsorganisationen gefördert werden sollen. Die Kommission listete darüber hinaus eine Reihe praktischer Schritte zur Verbesserung der Dienstkontinuität im Flugverkehrsmanagement im Falle von Arbeitskampfmaßnahmen auf. Diese praktischen Maßnahmen beeinträchtigen das Streikrecht in keiner Weise, können aber Störungen minimieren.

Darüber hinaus wurden Leitlinien zu den Eigentums- und Kontrollanforderungen für Luftfahrtunternehmen in der EU aufgestellt. Sie sollen zu einem besseren Verständnis dieser Vorschriften beitragen und damit ausländische Investitionen erleichtern, was wiederum der Beschäftigung in der Luftverkehrsbranche der EU zugutekommt. Des Weiteren forderte die Kommission das Parlament und den Rat auf, die im Rahmen der Initiative zur Schaffung des einheitlichen europäischen Luftraums vorgeschlagenen Maßnahmen zu verabschieden. Diese Maßnahmen würden die Effizienz des Flugverkehrsmanagementsystems verbessern, die Fragmentierung verringern und Verkehrsunterbrechungen so gering wie möglich halten.

Das Parlament und der Rat kamen überein, die Sicherheitsvorschriften für Fahrgastschiffe in EU-Gewässern zu vereinfachen und zu verbessern. Diese Rechtsvorschriften werden aufgrund von Erkenntnissen aktualisiert, die unter anderem aus Unfällen und der technischen Entwicklung gewonnen wurden. Dadurch können die zuständigen Behörden dann zum Beispiel in Notfällen sofort auf die relevanten Daten zugreifen.

EU-Kommissarin Elżbieta Bieńkowska mit Flugkapitän Yann Lardet im Airbus-Schulungszentrum in Singapur. 10. Oktober 2017.

EU-Kommissarin Elżbieta Bieńkowska mit Flugkapitän Yann Lardet im Airbus-Schulungszentrum in Singapur. 10. Oktober 2017.

Ein Wettbewerb, der Innovationen fördert

Als Wettbewerbsbehörde im Bereich der Fusionskontrolle hat die Kommission dafür zu sorgen, dass ein Zusammenschluss die Bürgerinnen und Bürger in der EU nicht um die Vorteile des Wettbewerbs bringt – also niedrigere Preise, eine größere Auswahl für die Verbraucher und vermehrte Produktinnovation. Im Jahr 2017 wurden zwei bedeutende Zusammenschlüsse in der agrochemischen Industrie mit Auflagen genehmigt. Dabei handelte es sich um die Übernahme von Syngenta durch ChemChina und den Zusammenschluss von Dow und DuPont. Innovation ist ein Schlüsselfaktor in der agrochemischen Industrie, und die Kommission bewertete, wie sich die Fusionen künftig auf Innovationen auswirken würden. Im Fall der Fusion von Dow-DuPont verfolgten beide Unternehmen mehrere ähnliche Projekte zur Entwicklung neuer Pestizide. Ein wichtiger Teil der Abhilfemaßnahme, die die Genehmigung des Zusammenschlusses ermöglichte, war die Veräußerung der weltweiten FuE-Kapazitäten von DuPont für Pestizide.

Im Juni genehmigte die Kommission staatliche Beihilfen in Höhe von 377 Mio. EUR aus Deutschland und Frankreich zur Entwicklung des innovativen Hubschraubers Airbus X6. Begründet wurde dies mit der zögerlichen Haltung der Finanzmärkte gegenüber einem solch ehrgeizigen Projekt, bei dem nur über einen langen Zeitraum hinweg mit einer Rendite zu rechnen ist; eine Unterstützung des Projekts würde hingegen weitere Investitionen anstoßen.

Die Kommission kam im Oktober zu dem Schluss, dass Luxemburg Amazon rechtswidrige Steuervergünstigungen von rund 250 Mio. EUR gewährt hatte. Das ist nach den EU-Beihilfevorschriften unzulässig, weil Amazon dadurch wesentlich weniger Steuern zahlen musste als andere Unternehmen. Die rechtswidrige Beihilfe muss Luxemburg nun zurückfordern.

Außerdem beschloss die Kommission im Oktober, Irland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, rechtswidrige staatliche Beihilfen von bis zu 13 Mrd. EUR von Apple zurückzufordern. Im August 2016 hatte die Kommission festgestellt, dass die steuerlichen Vorteile Irlands für Apple nach den EU-Beihilfevorschriften rechtswidrig waren. Sie gestatteten es dem Unternehmen nämlich, wesentlich weniger Steuern zu zahlen als andere Unternehmen. Diese selektive steuerliche Behandlung ermöglichte es Apple im Jahr 2003, auf seine in Europa erzielten Gewinne einen effektiven Körperschaftsteuersatz von 1 % zu zahlen. Bis 2014 ging dieser Steuersatz weiter auf 0,005 % zurück.

Im Juni wurde gegen Google wegen Verletzung der EU-Kartellvorschriften eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd. EUR verhängt, da Google seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschine missbraucht hatte (siehe auch Kapitel 2).

Vereinfachung der Besteuerung und Bekämpfung von Betrug

Im Sinne eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts wurden neue Transparenzvorschriften für Intermediäre wie Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Banken und Rechtsanwälte vorgelegt, die Steuerplanungsstrategien für ihre Kunden ausarbeiten und empfehlen. Grenzübergreifende Strategien, die bestimmte Merkmale aufweisen und zu Verlusten für Staaten führen könnten, müssen unaufgefordert den Steuerbehörden gemeldet werden, bevor sie zum Einsatz kommen.

Mit 360 Millionen Menschen in der EU, die täglich das Internet nutzen, benötigt der digitale Binnenmarkt einen modernen und stabilen Steuerrahmen. Im September hat die Kommission mit einer neuen EU-Agenda dafür gesorgt, dass die digitale Wirtschaft fair und wachstumsfreundlich besteuert wird.

Die Kommission legte ferner einen Legislativvorschlag zur Einführung eines endgültigen MwSt.-Systems zur Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten vor. Das neue System basiert auf dem Grundsatz der Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat der Waren, wobei der Lieferant die Mehrwertsteuer dieses Staates in Rechnung stellt.

Die Mehrwertsteuer einfacher und gerechter gestalten

Der einheitliche Mehrwertsteuerraum: die Mehrwertsteuer einfacher und gerechter gestalten.

Jedes Jahr gehen über 150 Mrd. EUR an MwSt.-Einnahmen verloren. Den Mitgliedstaaten entgehen somit Einnahmen, die beispielsweise für Schulen, Straßen und die Gesundheitsversorgung verwendet werden könnten. Davon dürften rund 50 Mrd. EUR (beziehungsweise etwa 100 EUR pro EU-Bürger und pro Jahr) auf den grenzüberschreitenden MwSt.-Betrug zurückzuführen sein.

Im November wurde ein Legislativvorschlag zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs vorgelegt, der darauf abzielt, die Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden und den Zoll- und Strafverfolgungsbehörden zu intensivieren. Im Dezember erließ der Rat einen Beschluss zur Unterzeichnung eines Abkommens über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die Amtshilfe bei der Beitreibung und die Bekämpfung des MwSt.-Betrugs zwischen der EU und Norwegen.

Bekämpfung von grenzüberschreitendem Steuerbetrug

Bekämpfung von grenzüberschreitendem Steuerbetrug.

Stärkung der EU-Regionen, damit sie ihr Potenzial entfalten können

Die Globalisierung hat den weniger entwickelten Volkswirtschaften der Welt enorme Vorteile gebracht und den Bürgerinnen und Bürgern der EU viele Chancen eröffnet. Während sich die Vorteile weithin bemerkbar machen, sind die Kosten allerdings häufig nicht gleichmäßig verteilt. Die Europäische Union muss widerstandsfähiger werden und ihre Regionen stärken, um deren Wertschöpfung zu unterstützen. Dabei sollten Innovation, Digitalisierung und Dekarbonisierung ebenso berücksichtigt werden wie die Entwicklung menschlicher Fähigkeiten. Stärkung der Regionen heißt auch, dass EU-Mittel allen EU-Regionen zur Verfügung gestellt werden. Diese können dann in ihre jeweiligen Nischenbereiche im Rahmen von Partnerschaften zwischen den Innovationsakteuren investieren, was zu einer intelligenten Spezialisierung führt. Im Jahr 2017 hat die Kommission zwei Pilotprojekte zur Erprobung innovativer Ansätze für die interregionale Zusammenarbeit ins Leben gerufen.

Bewohner von Gebieten in äußerster Randlage der EU können durch ihre relative Isolierung auch benachteiligt sein. Durch vereinfachte Vorschriften können Behörden Unternehmen, die in Gebieten in äußerster Randlage der EU tätig sind, leichter einen Ausgleich für die daraus entstehenden Mehrkosten gewähren. Dabei werden die Probleme und Besonderheiten dieser Unternehmen (z. B. ihre Abgelegenheit und Abhängigkeit von wenigen Erzeugnissen) in den Fördermaßnahmen berücksichtigt.

KAPITEL 5

Eine vertiefte und fairere Wirtschaftsund Währungsunion

„In den nächsten fünf Jahren möchte ich die Reform unserer Wirtschafts- und Währungsunion weiterführen, um unsere einheitliche Währung stabil zu halten und die Konvergenz der Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik der an der einheitlichen Währung teilnehmenden Mitgliedstaaten zu erhöhen.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

© iStockphoto.com/instamatics

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Auf dem Weg zur Schaffung einer vertieften und faireren Wirtschafts- und Währungsunion mit einer umfassenden Bankenunion hat die EU im Jahr 2017 mehrere Etappenziele erreicht. Nach der Vollendung dieses Vorhabens wird die EU aktuellen und neuen Herausforderungen besser begegnen können und durch starke Institutionen und demokratische Rechenschaftspflicht gewährleisten, dass Europa auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene weiter zusammenwächst und Wachstum und Beschäftigung steigen.

Aufbauend auf dem Bericht der fünf Präsidenten vom Juni 2015 und im Rahmen der breiten Debatte, die im März mit dem Weißbuch zur Zukunft Europas angestoßen wurde, veröffentlichte die Europäische Kommission im Mai 2017 ein Reflexionspapier zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion.

Im Oktober rief die Kommission dazu auf, die Bankenunion als festen Bestandteil ihres Plans für eine vertiefte Wirtschafts- und Währungsunion mit den damit einhergehenden greifbaren Vorteilen für Bürger und Unternehmen zu vollenden.

Im Dezember wurde mit der Vorlage des Maßnahmenpakets der Kommission für die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion ein weiteres Etappenziel erreicht. Mit einem Fahrplan und mehreren konkreten Maßnahmen ist die Europäische Kommission der Ankündigung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Union 2017 nachgekommen, die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vertiefen zu wollen.

Zu den Vorschlägen gehört die Umwandlung des Europäischen Stabilitätsmechanismus in einen Europäischen Währungsfonds innerhalb des Rechtsrahmens der EU, um Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im Fall finanzieller Schwierigkeiten zu unterstützen. Ferner ist in diesem Paket ein Konzept der Kommission enthalten, wie bestimmte, für das Euro-Währungsgebiet und die EU insgesamt maßgebliche Haushaltsfunktionen wahrgenommen werden können, um zusätzliche Unterstützung zu bieten. Dies würde den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihrer Strukturreformen helfen.

Die Wirtschafts- und Währungsunion vertiefen

Das Jahr 2017 verlangte von all jenen, die an der Gestaltung einer stärkeren, demokratischeren und geeinteren Europäischen Union beteiligt waren, Durchhaltevermögen und Zielstrebigkeit. Die Wirtschafts- und Währungsunion ist ein zentraler Bestandteil der Debatte und trägt maßgeblich dazu bei, eine EU der Gleichgestellten zu schaffen, die sich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentriert.

Am 1. März legte die Kommission ein Weißbuch mit fünf Szenarien vor, wie sich die EU bis 2025 entwickeln könnte und welche Konsequenzen die einzelnen Varianten hätten. Jedes Szenario hätte Auswirkungen auf die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion. Wollen wir als Union so weitermachen wie bisher? Sollten wir uns nur auf den Binnenmarkt konzentrieren? Sollten wir jenen, die voranschreiten und mehr gemeinsam tun wollen, dies ermöglichen? Sollten wir uns um weniger Angelegenheiten kümmern, dafür aber effizienter? Oder sollten wir versuchen, noch viel mehr gemeinsam zu erreichen?

Mit der Veröffentlichung des einschlägigen Reflexionspapiers im Mai regte die Kommission die Diskussion über die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion weiter an. Die in diesem Papier dargelegten Ideen reihen sich in die Vision einer stärkeren, demokratischeren und geeinteren EU ein. Im September zeichnete Präsident Juncker in seiner Rede zur Lage der Union ein umfassenderes Bild: das Bild einer Union, die Hoffnung und Stabilität bietet und Gerechtigkeit und Chancen für alle schafft.

Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, mit dem neuen 50-Euro-Schein, der seit dem 4. April 2017 in Umlauf ist, am Sitz der Bank in Frankfurt, Deutschland. © European Central Bank

Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, mit dem neuen 50-Euro-Schein, der seit dem 4. April 2017 in Umlauf ist, am Sitz der Bank in Frankfurt, Deutschland.

Im Reflexionspapier wurde hervorgehoben, dass für eine wirksame und stabile Wirtschafts- und Währungsunion ein integriertes und gut funktionierendes Finanzsystem von entscheidender Bedeutung ist. Es ist nun an der Zeit, sich darauf zu verständigen, wie es bis 2025 weitergehen soll, und dabei auf den Errungenschaften der letzten Jahre aufzubauen. Die Vollendung der Bankenunion, die Risikominderung und -teilung im Bankensektor und eine weitere Stärkung der Krisenfestigkeit der Banken in der EU sind dabei ebenso notwendige Schritte wie die Eröffnung vielfältigerer und innovativer Finanzierungsmöglichkeiten für die Realwirtschaft in einer echten Kapitalmarktunion.

Die Bankenunion vollenden

Die Bankenunion ist ein Garant für die Finanzstabilität, und sie ist für ein reibungsloses Funktionieren des Euro-Währungsgebiets und der EU insgesamt von entscheidender Bedeutung. Für ihre Vollendung sind sowohl Risikominderung als auch Risikoteilung notwendig. Bei dem Vorhaben, Banken in der EU krisenfester zu machen und dadurch die Risiken im Bankensektor zu verringern, wurden bereits erhebliche Fortschritte erzielt, und weitere Maßnahmen sind in Vorbereitung. Seit der Krise hat die Kommission mehr als 50 Vorschläge zur Stärkung der Krisenfestigkeit des Finanzsektors vorgelegt.

Vollendung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion

Vollendung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.

Nun ist es an der Zeit, die Vollendung der Bankenunion anzugehen. 2013 haben sich die Mitgliedstaaten auf die Schaffung einer Letztsicherung, d. h. eines Sicherheitsnetzes für den einheitlichen Abwicklungsfonds, geeinigt. Vier Jahre später ist diese allerdings immer noch nicht einsatzbereit. In seiner Rede zur Lage der Union 2017 betonte Präsident Juncker, dass der Inbetriebnahme der Letztsicherung Vorrang eingeräumt werden müsse. Die Kommission schlägt vor, die Letztsicherung zum Bestandteil des künftigen Europäischen Währungsfonds zu machen. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion.

Ein weiterer Aspekt, der als zentrales Element für eine langfristig erfolgreiche Wirtschafts- und Währungsunion ermittelt wurde, ist die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen in den Mitgliedstaaten. Als ausschlaggebende Elemente gelten zudem die weitere Konsolidierung des Europäischen Semesters – des Rahmens für die Koordinierung der Wirtschafts- und Fiskalpolitik der EU-Mitgliedstaaten – sowie die Knüpfung der finanziellen Unterstützung aus dem EU-Haushalt an die Umsetzung von Strukturreformen. Des Weiteren wurde vorgeschlagen, eine zentrale Kapazität einzurichten, die Euro-Ländern bei makroökonomischen Schocks unter die Arme greift.

Im Reflexionspapier der Kommission wurde betont, dass eine Reform der Wirtschafts- und Währungsunion nur in Verbindung mit einer erhöhten demokratischen Rechenschaftspflicht und einer Stärkung der Institutionen des Euro-Währungsgebiets möglich ist. Es gilt daher, künftig in Angelegenheiten des Euro-Währungsgebiets innerhalb eines gemeinsamen Rechtsrahmens mehr Zuständigkeiten zu teilen und mehr Entscheidungen gemeinsam zu treffen.

DIE WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION EUROPAS VOLLENDEN

Infografik: Die Europäische Kommission legt einen Fahrplan zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion vor. Übergeordnetes Ziel ist die Stärkung der Einheit‚ der Effizienz und der demokratischen Rechenschaftspflicht von Europas Wirtschafts- und Währungsunion bis 2025.

Zudem hat man sich im Reflexionspapier erneut zu einer realen Annäherung der reicheren und der ärmeren Teile der EU bekannt.

Im Dezember brachte die Kommission das Paket zur Wirtschafts- und Währungsunion auf den Weg und legte Vorschläge vor, die eine Umwandlung des Europäischen Stabilitätsmechanismus in einen im Rechtsrahmen der EU verankerten Europäischen Währungsfonds vorsehen. Durch den Fonds wäre gewährleistet, dass die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im Fall finanzieller Schwierigkeiten weiterhin unterstützt würden. Außerdem würde der Währungsfonds eine gemeinsame Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds bereitstellen und als letzter Kreditgeber fungieren, um die geordnete Abwicklung notleidender Banken zu erleichtern. Zudem sind eine raschere Beschlussfassung in dringenden Fällen und eine direktere Einbindung in die Verwaltung der Finanzhilfeprogramme vorgesehen. Im Laufe der Zeit könnte der Europäische Währungsfonds auch neue Finanzinstrumente entwickeln, beispielsweise zur Unterstützung einer möglichen Stabilisierungsfunktion.

Die Kommission hat darüber hinaus eine Debatte über neue Haushaltsinstrumente für ein stabiles Euro-Währungsgebiet innerhalb des Rechtsrahmens der Europäischen Union angestoßen. Sie zeigt auf, wie bestimmte Haushaltsfunktionen, die für das Euro-Währungsgebiet und die EU insgesamt von wesentlicher Bedeutung sind, im Rahmen der öffentlichen Finanzen der EU wahrgenommen werden können. Diese Haushaltsfunktionen sind:

  • Unterstützung der Mitgliedstaaten bei Strukturreformen durch ein Instrument zur Umsetzung von Reformen und technische Unterstützung auf Antrag der Mitgliedstaaten;
  • eine besondere Konvergenzfazilität für Mitgliedstaaten, die dem Euro-Währungsgebiet beitreten;
  • eine Letztsicherung für die Bankenunion über den Europäischen Währungsfonds/den Europäischen Stabilitätsmechanismus, die bis Mitte 2018 vereinbart und bis 2019 betriebsbereit sein sollte;
  • eine Stabilisierungsfunktion‚ die bei großen asymmetrischen Schocks in den Mitgliedstaaten die Investitionen schützen soll.

Die Kommission wird die erforderlichen Initiativen im Mai 2018 im Rahmen ihrer Vorschläge für den mehrjährigen Finanzrahmen für die Zeit nach 2020 vorlegen. Für den Zeitraum 2018-2020 hat die Kommission außerdem vorgeschlagen, die im Rahmen des Programms zur Unterstützung von Strukturreformen gewährte technische Unterstützung zu stärken und dazu die bis 2020 verfügbaren Mittel auf 300 Mio. EUR zu verdoppeln.

64 % DER BÜRGER IM EURO-RAUM HALTEN DEN EURO FÜR EINE GUTE SACHE

Infografik: 64 % der Bürgerinnen und Bürger im Euro-Raum halten den Euro für eine gute Sache.
„Europa hat Wind in den Segeln“ – das gilt nicht nur mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung‚ sondern auch in Bezug auf die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zur einheitlichen Währung. Aus einem Eurobarometer-Flash zum Euro-Raum vom Dezember 2017 geht hervor, dass 64 % der Befragten den Euro als gut für ihr Land bewerteten.

Die Kommission hat vorgeschlagen, das neue Instrument zur Umsetzung von Reformen in einer Pilotphase zu testen. Zu diesem Zweck hat die Kommission gezielte Änderungen der Dachverordnung mit gemeinsamen Bestimmungen über die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds vorgeschlagen, sodass die Mitgliedstaaten die leistungsgebundenen Reserven in den Fonds für die Umsetzung vereinbarter Reformen nutzen können.

Ferner hat die Kommission vorgeschlagen, den Inhalt des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion in das EU-Recht zu übernehmen, wobei dem im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen nötigen Maß an Flexibilität Rechnung getragen werden soll.

Im Paket zur Wirtschafts- und Währungsunion wurde zudem dargelegt, welche möglichen Funktionen die Kommission für das Amt eines europäischen Wirtschafts- und Finanzministers mit Doppelfunktion vorsieht. Dieser Minister, der gleichzeitig Vizepräsident der Kommission und Vorsitzender der Euro-Gruppe wäre, würde bestehende Zuständigkeiten und verfügbares Fachwissen in einem Amt vereinen. Diese neue Position würde die Kohärenz, Effizienz, Transparenz und demokratische Rechenschafts­pflicht der wirtschaftspolitischen Entscheidungsfindung für die EU und das Euro-Währungsgebiet unter uneingeschränkter Achtung der nationalen Zuständigkeiten stärken.

Die Gunst der Stunde für Wachstum und Beschäftigung nutzen

2017 wurden die Abläufe des Europäischen Semesters erneuert und gestrafft. Nach den Empfehlungen, die im Mai von der Kommission angenommen und anschließend vom Rat der Europäischen Union verabschiedet wurden, gab die Kommission allen Mitgliedstaaten sowie dem Euro-Währungsgebiet als Ganzes Leitlinien an die Hand. Die Kernbotschaft lautete: Angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs sollte die Gunst der Stunde genutzt werden, um durch Reformen, die die Beschäftigung erhöhen, das Zusammenwachsen und die Widerstandsfähigkeit stärken und eine gerechtere Gesellschaft schaffen, ein inklusiveres, kräftigeres und nachhaltigeres Wachstum zu erzielen.

Trotz unterschiedlicher Prioritäten in den einzelnen Mitgliedstaaten wurden im Rahmen des Semesters Strukturreformen, die Förderung der Investitionstätigkeit und die weitere Konsolidierung der öffentlichen Finanzen als unverzichtbare Instrumente ausgemacht, um den wirtschaftlichen Aufschwung zu stützen und aufrechtzuerhalten.

Am 22. November 2017 wurde der Zyklus des Europäischen Semesters für das Jahr 2018 eingeleitet. Die Kommission empfiehlt die Durchführung weiterer Strukturreformen und fordert die Mitgliedstaaten auf, Investitionen anzukurbeln und dadurch die Expansionstätigkeit zu fördern und die Produktivität sowie das langfristige Wachstum zu steigern. In diesem Zyklus wird erstmals nach dem sozialpolitischen Scoreboard verfahren, das als eines von mehreren Instrumenten die europäische Säule sozialer Rechte umsetzen soll.

Für einen unverfälschten Wettbewerb sorgen und staatliche Beihilfen kontrollieren

Die Fälle staatlicher Beihilfen des Jahres 2017 haben gezeigt, dass mit fortschreitender Umsetzung des Rahmens für die Bankenunion die Belastung der Steuerzahler im Fall einer Banken-Rettung allmählich abnimmt. Auch andere laufende Verbesserungsmaßnahmen, insbesondere der Aufbau von Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, werden den Rückgriff auf Steuergelder in Zukunft weiter verringern.

Der erste Fall, der unter den Abwicklungsrahmen der Bankenunion fiel, ereignete sich im Jahr 2017 und betraf die spanische Banco Popular. Nachdem der Einheitliche Abwicklungsausschuss die Kapitalinstrumente der Bank umgewandelt und herabgeschrieben hatte, wurde diese an die Santander Group verkauft. Da keine Mittel aus dem Fonds bereitgestellt wurden, musste die Kommission in ihrer Rolle als Kontrollbehörde staatlicher Beihilfen nicht einschreiten.

Die Kontrolle staatlicher Beihilfen im Bankensektor bleibt aber nach wie vor wichtig. So finden die einschlägigen Beihilfevorschriften für Banken etwa bei der vorsorglichen Rekapitalisierung Anwendung, d. h., wenn ein Staat einer solventen Bank Staatsgelder zuführt, um deren Finanzstabilität zu gewährleisten. Ein Beispiel hierfür ist die Banca Monte dei Paschi di Siena, die im Jahr 2017 im Rahmen des EU-Beihilferechts und auf der Basis eines tief greifenden Umstrukturierungsplans staatliche Beihilfe erhalten hatte.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann Abwicklungsbeihilfe im Rahmen nationaler Insolvenzverfahren genehmigt werden. Im Juni genehmigte die Kommission eine Beihilfe, die Italien der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca gewährte, um einen geordneten Marktaustritt zu ermöglichen und dadurch wirtschaftliche Störungen in der Region Venetien sowie ein ungebührliches Risikoverhalten und eine Verzerrung des Wettbewerbs im Bankensektor zu vermeiden.

In den drei Fällen knüpfte die Kommission die Genehmigung der Beihilfe an die Bedingung, dass sich Anteilseigner und Inhaber nachrangiger Schuldtitel an den Lasten beteiligen, sodass die Steuerzahler weniger stark belastet werden.

Und schließlich kann eine Würdigung nach den Beihilfevorschriften ergeben, dass der Staat letztlich als normaler Marktteilnehmer agiert und eine risikogerechte marktübliche Vergütung erhalten dürfte, sodass es sich nicht um eine staatliche Beihilfe handelt. Dies war bei der Bank Caixa Geral de Depósitos der Fall, die zur Unterstützung einer tief greifenden Trendwende eine Kapitalspritze vom portugiesischen Staat erhielt.

Die Bankenunion

Europäische Aufsichtsbehörden

Im September veröffentlichte die Kommission Vorschläge, wie die EU-Aufsicht über Banken, Finanzmärkte, Versicherungen und Rentenversicherungen gestärkt und besser integriert werden kann. Ziel ist es, eine einheitlichere Umsetzung der EU-Vorschriften sicherzustellen und die betroffenen Märkte widerstandsfähiger zu machen. Die Vorschläge tragen den neuen finanztechnologischen Entwicklungen sowie der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeitserwägungen Rechnung.

Wenn die Bankenunion ihr volles Potenzial entfalten und die Wirtschafts- und Währungsunion stabiler und widerstandsfähiger machen soll, muss sie vollendet werden. Gleichzeitig gilt es, eine Übernahme von Risiken durch die öffentliche Hand in Grenzen zu halten. Zusammen mit der Kapitalmarktunion wird eine vollendete Bankenunion zu einem stabilen und integrierten Finanzsystem in der EU beitragen.

Aufbauend auf den bereits erzielten erheblichen Fortschritten zeigt die Kommission einen ehrgeizigen, aber realistischen Fahrplan auf, wie eine Einigung über alle noch ausstehenden Elemente der Bankenunion auf der Grundlage der bestehenden Zusagen des Rates erzielt werden kann. Auf der Grundlage der Vorschläge der Kommission vom November 2016 haben sich das Europäische Parlament und der Rat im Jahresverlauf auf weitere wichtige Maßnahmen zur Verringerung der Risiken im Bankensektor geeinigt. Diese geben etwa den Banken mehr Klarheit darüber, welche Puffer sie aufbauen müssen, um Verluste auffangen zu können, ohne auf Steuergelder zurückgreifen zu müssen.

DAS BRINGT DIE BANKENUNION

Infografik: Im Rahmen der Bankenunion der EU geht die Zuständigkeit für die Bankenpolitik in mehreren EU-Mitgliedstaaten von der nationalen auf die EU-Ebene über. Sie wurde 2012 als Antwort auf die Krise im Euro-Raum geschaffen. Die Gründe für die Schaffung der Bankenunion waren die Instabilität zahlreicher Banken im Euro-Raum sowie die Entdeckung eines Teufelskreises zwischen den Kreditbedingungen für diese Banken und den Staatsanleihen ihrer jeweiligen Heimatländer. In mehreren Ländern wurden aus privaten, durch eine Immobilienblase verursachten Schulden aufgrund von Bankenrettungsmaßnahmen und Reaktionen der Regierungen auf Konjunkturabschwächungen nach dem Platzen der Blase Staatsschulden. Die Bankenunion war eine Antwort der Politik auf diese Herausforderung.

Bei der Verringerung des Bestands an notleidenden Krediten in den Bankbilanzen wurden bereits wesentliche Fortschritte erzielt, aber es muss noch mehr getan werden. Notleidende Kredite wirken sich auf die Rentabilität von Banken und ihre Fähigkeit zur Kreditvergabe an die Wirtschaft aus. Auch wecken sie Zweifel an der Stabilität des Bankensystems. Die EU ist daher im Begriff, einen Aktionsplan umzusetzen, um die Zahl der notleidenden Kredite weiter zu verringern und durch eine ganze Reihe von Maßnahmen von vornherein zu verhindern, dass Kredite toxisch werden.

Finanzdienstleistungen für Privatkunden

Die neuen Finanztechnologien haben große Auswirkungen auf den Finanzsektor, und das sowohl für die Verbraucher als auch für die Dienstleister. Im März veröffentlichte die Kommission einen Aktionsplan Finanzdienstleistungen für Verbraucher, um den Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen für Privatkunden zu stärken. Der Aktionsplan zielt darauf ab, den Verbraucherschutz in dieser Branche zu verbessern und das Potenzial der Digitalisierung und der technologischen Entwicklungen so zu nutzen, dass Verbraucher eine bessere Auswahl und einen besseren Zugang zu Finanzdienstleistungen in der EU bekommen. Auch die Öffentlichkeit wurde zu den technologischen Innovationen im Bereich Finanzdienstleistungen (FinTech), etwa zu den Chancen, die mit dem Zugang zu Finanzdienstleistungen, der Kosteneffizienz oder dem Wettbewerb einhergehen, aber auch zu den Risiken in Bezug auf Cybersicherheit und Datenschutz, konsultiert. Die Konsultation war auch dazu gedacht, die Hindernisse auszumachen, die einer weiteren Verbreitung solcher Innovationen in ganz Europa im Wege stehen könnten.

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Kommission, präsentiert den Aktionsplan „Finanzdienstleistungen für Verbraucher“. Brüssel, 23. März 2017.

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Kommission, präsentiert den Aktionsplan „Finanzdienstleistungen für Verbraucher“. Brüssel, 23. März 2017.

Die europäische Säule sozialer Rechte

Als weiterer Schritt auf dem Weg zu einer gerechteren EU mit einer starken sozialen Dimension legte die Kommission im April ein umfassendes Sozialpaket vor. Im Mittelpunkt dieser Initiative stand der Vorschlag für eine europäische Säule sozialer Rechte. Darin werden 20 zentrale Grundsätze und Rechte formuliert, die faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialsysteme sicherstellen sollen. Die Säule ist als Kompass für einen erneuerten Konvergenzprozess in Richtung besserer Arbeits- und Lebensbedingungen in der EU angelegt.

Die Säule wird von einer Reihe legislativer und nichtlegislativer Initiativen flankiert, die insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben von Eltern und pflegenden Angehörigen, die Arbeitsbedingungen, den Zugang zu Sozialschutz und die Arbeitszeiten zum Gegenstand haben.

Mit dem von der Kommission im Dezember vorgelegten Vorschlag für transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen wurde die bereits bestehende Verpflichtung der Arbeitgeber, alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schriftlich über ihre Arbeitsbedingungen zu informieren, ergänzt und modernisiert. Darüber hinaus sieht der Vorschlag die Einführung neuer Mindeststandards vor, die gewährleisten sollen, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auch solche mit atypischen Arbeitsverträgen, mehr Planungssicherheit und Klarheit hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen erhalten.

Außerdem wurde ein sozialpolitisches Scoreboard eingerichtet, mit dem Tendenzen und Leistungen der EU-Mitgliedstaaten in zwölf Bereichen erfasst werden, um die Fortschritte der gesamten EU in Richtung des angestrebten sozialen „AAA-Ratings“ zu bewerten. Die Ergebnisse des sozialpolitischen Scoreboards werden in das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung einfließen und dazu beitragen, den Schwerpunkt stärker auf Beschäftigung und Soziales zu legen. Die europäische Säule sozialer Rechte wurde auf dem Sozialgipfel zu den Themen faire Arbeitsplätze und Wachstum, der auf Initiative des Präsidenten der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker und des schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven am 17. November 2017 in Göteborg stattfand, proklamiert.

DAS BIETET DIE EUROPÄISCHE SÄULE SOZIALER RECHTE

Infografik: In der europäischen Säule sozialer Rechte werden 20 zentrale Grundsätze und Rechte formuliert, die im 21. Jahrhundert für faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialsysteme unerlässlich sind. Sie lassen sich drei Kategorien zuordnen: (1) Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, (2) faire Arbeitsbedingungen und (3) Sozialschutz und Inklusion. Der Schwerpunkt liegt auf der Erfüllung des Versprechens einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt.

DIE 12 BEREICHE DES SOZIALPOLITISCHEN SCOREBOARDS

Infografik: Die Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte wird mithilfe eines sozialpolitischen Scoreboards überwacht, das Trends und Leistungen in den EU-Mitgliedstaaten in zwölf Bereichen verfolgt. Die Ergebnisse werden in den EU-Zyklus der wirtschafts- und haushaltspolitischen Koordinierung einfließen.

Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben

Im April legte die Kommission einen Vorschlag zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben vor, in dem einige neue oder höhere Mindeststandards für Eltern-, Vaterschafts- und Pflegeurlaub festgelegt werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen insbesondere Männern mehr Möglichkeiten geben, Eltern- und Pflegeverantwortung wahrzunehmen. Dies kommt den Kindern zugute und fördert die Erwerbsbeteiligung von Frauen, wodurch sich der Unterschied zwischen Frauen und Männern bei der Beschäftigung verringert. Der Vorschlag räumt außerdem Eltern von Kindern bis zwölf Jahren und pflegenden Angehörigen das Recht ein, flexible Arbeitsregelungen zu beantragen.

Die soziale Dimension Europas

Nachdem im März das Weißbuch zur Zukunft Europas veröffentlicht worden war, präsentierte die Kommission im April ein Reflexionspapier zur sozialen Dimension Europas, das sich den folgenden Fragestellungen widmet: Wie können wir in der Gesellschaft und Arbeitswelt der Zukunft unseren Lebensstandard aufrechterhalten, mehr und bessere Arbeitsplätze schaffen, die Menschen mit den richtigen Kompetenzen ausstatten und einen größeren Zusammenhalt unserer Gesellschaft sicherstellen? Maßgeblich geprägt wurde diese Debatte vom Sozialgipfel zu den Themen faire Arbeitsplätze und Wachstum, der im November in Göteborg stattfand und dessen Höhepunkt die Proklamation zur europäischen Säule sozialer Rechte war.

Im Oktober wurde eine Sensibilisierungskampagne zu den Themen Energieeffizienz und Energiearmut auf den Weg gebracht. Diese Kampagne umfasste den Entwurf und die Verbreitung von Informationsmaterial sowie Veranstaltungen mit wichtigen Akteuren und Multiplikatoren, z. B. Gemeinden und Verbraucherorganisationen, sowie ein Pilotprojekt in vier Mitgliedstaaten (Tschechische Republik, Griechenland, Portugal und Rumänien). Sollte sich dieses Pilotprojekt bewähren, wird eine Ausweitung auf andere Mitgliedstaaten in Erwägung gezogen. In einer Zeit, in der viele Haushalte in der EU immer noch unter den Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise leiden, hat die Kampagne hohe Priorität. Die Energiearmut ist in vielen Mitgliedstaaten nach wie vor hoch. Alleinerziehende mit unterhaltsberechtigten Kindern sind dabei häufig besonders stark betroffen.

EU-Kommissarin Marianne Thyssen (rechts) in Begleitung von Alastair Macphail (Europäische Stiftung für Berufsbildung, zweiter von rechts) und Oren Lamdan (Lehrer, Mitte) im Gespräch mit einem Aussteller auf der Konferenz „Changing Skills for a Changing World“ (Turin-Prozess 2016-2017). Turin, Italien, 8. Juni 2017.

EU-Kommissarin Marianne Thyssen (rechts) in Begleitung von Alastair Macphail (Europäische Stiftung für Berufsbildung, Zweiter von rechts) und Oren Lamdan (Lehrer, Mitte) im Gespräch mit einem Aussteller auf der Konferenz „Changing Skills for a Changing World“ (Turin-Prozess 2016-2017). Turin, Italien, 8. Juni 2017.

Der europäische soziale Dialog

Weitere Fortschritte gab es auch beim Neubeginn für den sozialen Dialog und der gemeinsamen Erklärung vom Juni 2016 zur grundlegenden Rolle des europäischen sozialen Dialogs als wesentlicher Bestandteil der Beschäftigungs- und Sozialpolitik der EU. Zu entscheidenden Initiativen konsultierte die Kommission Gewerkschaften, Arbeitgeber und andere Sozialpartner. Entsprechend dem in der europäischen Säule sozialer Rechte formulierten Grundsatz zum sozialen Dialog wird den Sozialpartnern während der Durchführungsphase eine wichtige Rolle zukommen.

Steigerung des Humanpotenzials durch allgemeine und berufliche Bildung

Wirksame Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung vermitteln jungen Menschen die nötigen Kenntnisse, Kompetenzen und Fertigkeiten, um eine erfüllende Arbeit zu finden und zu unabhängigen engagierten Bürgern heranzureifen. Zudem geben sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zu erweitern, um mit den sich ändernden Arbeitsmethoden und den Erfordernissen des Arbeitsmarkts Schritt zu halten und zur Steigerung von Produktivität und Wachstum beizutragen.

Den Reformen der Bildungssysteme wird in den meisten Mitgliedstaaten eine hohe Priorität eingeräumt und auch im Europäischen Semester 2017 große Bedeutung beigemessen (für weitere Einzelheiten zum Semester siehe Kapitel 1). Insgesamt haben 14 Mitgliedstaaten eine länderspezifische Empfehlung im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung erhalten.

Reformen standen auch bei der im Mai angenommenen EU-Strategie für eine hochwertige Bildung für alle im Mittelpunkt, die auch neue Initiativen zur Schulentwicklung und zu einer europäischen Erneuerungsagenda für die Hochschulbildung umfasst. Im November verabschiedete der Rat den Vorschlag für die Nachverfolgung des Werdegangs von Bildungsabsolventen, um die Mitgliedstaaten bei der Erhebung von Daten über die Tätigkeiten von Absolventinnen und Absolventen nach ihrem Studium zu unterstützen. Die Kommission legte den Staats- und Regierungschefs der EU einen Vorschlag vor, wie sich durch die Stärkung der europäischen Identität durch Bildung und Kultur gemeinsam ein europäischer Bildungsraum aufbauen lässt. Im Dezember forderten die Staats- und Regierungschefs der EU die Kommission auf, sich durch ein erweitertes „Erasmus+“-Programm stärker für Mobilität einzusetzen, bis 2024 20 europäische Universitäten einzurichten, den Spracherwerb zu fördern, einen europäischen Studentenausweis zu entwerfen, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten auf eine gegenseitige Anerkennung von Schul- und Hochschulabschlüssen hinzuarbeiten und im Rahmen des Europäischen Jahres des Kulturerbes 2018 die Kultur zu fördern.

Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern

Höhepunkte der Bürgerdialoge im Jahr 2017

Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, bei einem Bürgerdialog. St. Vith, Belgien, 15. November 2017.

Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, bei einem Bürgerdialog. St. Vith, Belgien, 15. November 2017.

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, während eines live aus den Studios von TV Slovenija übertragenen Bürgerdialogs. Ljubljana, Slowenien, 4. September 2017.

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, während eines live aus den Studios von TV Slovenija übertragenen Bürgerdialogs. Ljubljana, Slowenien, 4. September 2017.

Die Hohe Vertreterin und Vizepräsidentin der Kommission Federica Mogherini und der maltesische Premierminister Joseph Muscat bei einem Bürgerdialog. Rom, Italien, 24. März 2017.

Die Hohe Vertreterin und Vizepräsidentin der Kommission Federica Mogherini und der maltesische Premierminister Joseph Muscat bei einem Bürgerdialog. Rom, Italien, 24. März 2017.

Andrus Ansip, Vizepräsident der Kommission, bei einem Bürgerdialog zu den Chancen des digitalen Binnenmarkts. Budapest, Ungarn, 9. November 2017.

Andrus Ansip, Vizepräsident der Kommission, bei einem Bürgerdialog zu den Chancen des digitalen Binnenmarkts. Budapest, Ungarn, 9. November 2017.

Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission, erläutert die Energieunion während eines Bürgerdialogs. Tallinn, Estland, 21. September 2017.

Maroš Šefčovič, Vizepräsident der Kommission, erläutert die Energieunion während eines Bürgerdialogs. Tallinn, Estland, 21. September 2017.

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Kommission, bei einem Bürgerdialog über Investitionen und über die aktuellen haushalts- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen der EU. Tartu, Estland, 31. Oktober 2017.

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Kommission, bei einem Bürgerdialog über Investitionen und über die aktuellen haushalts- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen der EU. Tartu, Estland, 31. Oktober 2017.

Jyrki Katainen, Vizepräsident der Kommission, bei einem Bürgerdialog über die Zukunft Europas. Kuopio, Finnland, 24. November 2017.

Jyrki Katainen, Vizepräsident der Kommission, bei einem Bürgerdialog über die Zukunft Europas. Kuopio, Finnland, 24. November 2017.

KAPITEL 6

Eine ausgewogene und fortschrittliche Handelspolitik – Meistern der Globalisierung

„Ich bin nicht bereit, europäische Standards im Bereich Sicherheit, Gesundheit, Soziales, Datenschutz oder unsere kulturelle Vielfalt auf dem Altar des Freihandels zu opfern. Insbesondere die Sicherheit unserer Lebensmittel und der Schutz personenbezogener Daten der EU-Bürgerinnen und -Bürger sind für mich als Kommissionspräsident nicht verhandelbar. Ebenso wenig werde ich akzeptieren, dass die Rechtsprechung der Gerichte in den EU-Mitgliedstaaten durch Sonderregelungen für Investorenklagen eingeschränkt wird. Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz müssen auch in diesem Kontext gelten.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

© iStockphoto.com/ake1150sb

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Die EU ist einer der offensten Wirtschaftsräume weltweit. Entsprechend ambitioniert ist ihre Agenda für Handelsverhandlungen. Die EU will Märkte öffnen und für ihre Unternehmen in allen Teilen der Welt faire Wettbewerbsbedingungen schaffen. Die EU-Wirtschaft ist auf Handel angewiesen. Jede im Export erwirtschaftete Milliarde Euro sichert in Europa 14 000 zusätzliche Arbeitsplätze. Offenheit in Verbindung mit hohen Standards ist und bleibt der beste Weg, um zu erreichen, dass die Globalisierung allen EU-Bürgerinnen und -Bürgern zugutekommt.

Angesichts dessen, dass 31 Millionen Arbeitsplätze in der EU am Export hängen, dass vier Fünftel der Einfuhren in die EU als Vorleistungen für in der EU produzierte Waren und Dienstleistungen benötigt werden und dass 90 % des globalen Wachstums in den kommenden Jahrzehnten außerhalb der EU generiert werden dürften, ist ein offener Handel für die Europäische Union wichtiger denn je.

Die EU setzt auf ein regelbasiertes multilaterales Handelssystem als Grundlage für ihren Wohlstand und spielt nach wie vor eine führende Rolle in der Welthandelsorganisation. Wenn andere gegen die Welthandelsregeln verstoßen oder unfaire Handelspraktiken anwenden, setzt sich die EU dafür ein, die Interessen der europäischen Unternehmen und Beschäftigten zu verteidigen.

Im Jahr 2017 haben die EU und Japan ihre Verhandlungen über ein Wirtschaftspartnerschaftsab­kommen zum Abschluss gebracht. Außerdem hat 2017 die vorläufige Anwendung des zwischen der EU und Kanada geschlossenen Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens begonnen. Die EU kann gute Fortschritte bei verschiedenen bilateralen Handelsverhandlungen vermelden und hat Handelsgespräche mit Chile aufgenommen. Die Europäische Kommission hat darüber hinaus die Aufnahme von Handelsgesprächen mit Australien und Neuseeland vorgeschlagen.

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben eine Einigung über einen Vorschlag zur Modernisierung der Handelsschutzinstrumente erzielt, und es wurde eine neue Methode zur Berechnung von Dumping eingeführt, um dem der EU zur Verfügung stehenden Instrumentarium größere Durchschlagskraft zu verleihen. Die Kommission hat einen neuen Rahmen für die Überprüfung strategischer Investitionen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union vorgeschlagen, und die EU hat konkrete Schritte unternommen, um gegen unethische Praktiken wie den Handel mit Mineralien aus Konfliktgebieten (sogenannten „Konfliktmineralien“) vorzugehen.

Eine ausgewogene und fortschrittliche Handelspolitik

In den vergangenen Jahren sah sich der internationale Handel wachsenden Herausforderungen gegenüber: Nicht nur, dass zunehmend Skepsis bezüglich der Auswirkungen der Globalisierung herrscht und Zweck und Wert von Handelsabkommen infrage gestellt werden, auch zeichnet sich die reale Gefahr eines wiedererstarkenden Protektionismus ab. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, bedarf es aus Sicht der Kommission mehr denn je einer wirksamen, transparenten und wertebasierten Handelspolitik. Den Orientierungsrahmen für die EU-Handelspolitik bildeten daher auch im Jahr 2017 die Vorgaben der im Oktober 2015 vorgestellten Strategie „Handel für alle“. Offenheit in Verbindung mit hohen Standards ist und bleibt der am besten geeignete Weg, wenn man erreichen will, dass die Globalisierung allen in der EU zugutekommt.

Im Kontext der von Jean-Claude Juncker, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, im September gehaltenen Rede zur Lage der Union, der im Mai die Veröffentlichung eines Reflexionspapiers mit dem Titel „Die Globalisierung meistern“ vorausgegangen war, präsentierten Vizepräsident Jyrki Katainen und Kommissarin Cecilia Malmström ein umfassendes Paket handelsbezogener Initiativen. Es enthielt eine Mitteilung zur Handelspolitik, Mandatsentwürfe für Verhandlungen mit Australien und Neuseeland sowie für Verhandlungen über die Errichtung eines multilateralen Investitionsgerichtshofs und einen Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen, der sicherstellen soll, dass einerseits ausländische Direktinvestitionen auch künftig eine wesentliche Wachstumsquelle in der EU bleiben, dass andererseits aber gleichzeitig grundlegende Unionsinteressen geschützt werden. Darüber hinaus wurde im Rahmen des Handelspakets ein Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Strategie „Handel für alle“ vorgelegt. Im November veröffentlichte die Kommission zudem einen Bericht über die Umsetzung der Freihandelsabkommen der EU.

Die EU spielte weiterhin eine führende Rolle in der Welthandelsorganisation (WTO), insbesondere auch bei der 11. WTO-Ministerkonferenz, die im Dezember in Buenos Aires (Argentinien) stattfand. Die Konferenz erbrachte zwar keine Ergebnisse auf multilateraler Ebene, doch bot sie der EU Gelegenheit, ihr klares Bekenntnis zur WTO zu bekräftigen und zu demonstrieren, dass sie bei der Suche nach Lösungen in wichtigen Belangen des weltweiten multilateralen Handelssystems nach wie vor eine Stütze ist.

Mit ihrer Marktzugangsstrategie zielt die EU darauf ab, durch die Beseitigung von Marktzugangsbarrieren rund um den Globus Märkte zu öffnen. Gleichzeitig bleibt die EU einem ausgewogenen, regelbasierten und verantwortungsbewussten Handel verpflichtet.

Das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada tritt in Kraft

Das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada tritt in Kraft.

Ein Europa, das schützt

Die EU setzt auf ein regelbasiertes multilaterales Handelssystem, das die Grundlage für ihren Wohlstand bildet und dem eine zentrale Bedeutung dabei zukommt, Handel überall in der Welt zu einer positiven Kraft zu machen. In ihrer Handelspolitik verteidigt sie konsequent die Interessen der Unternehmen und der Beschäftigten in der EU, wenn andere gegen die Welthandelsregeln verstoßen oder unfaire Handelspraktiken anwenden.

Die EU gehört zu denen, die den Streitbeilegungsmechanismus der Welthandelsorganisation am intensivsten in Anspruch nehmen, und dies mit Erfolg. Wenn diplomatische Bemühungen scheitern, zögert die EU nicht, auf die in diesem Rahmen zur Verfügung stehenden Verfahren zurückzugreifen, um ihre Rechte nach den WTO-Regeln durchzusetzen und die aus ihrer WTO-Mitgliedschaft erwachsenden Vorteile in vollem Umfang zugunsten ihrer Unternehmen, Arbeitnehmer und Landwirte zu nutzen. So wurde im Jahr 2017 unter anderem erreicht, dass die Welthandelsorganisation das russische Einfuhrverbot für Schweinefleisch und Schweinefleischprodukte aus der EU für rechtswidrig erklärt hat, dass China seine Beschränkungen für Ausfuhren bestimmter kritischer Rohstoffe aufgehoben hat und dass Russland seine Einfuhrzölle auf verschiedene Waren aus der EU gesenkt hat.

Im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation und den Rechtsvorschriften der Union hat die EU, um gegen unfaire Handelspraktiken von Drittstaaten vorzugehen, 34 Handelsschutzmaßnahmen verhängt, unter anderem Antidumpingzölle auf Stahl aus China (ein Antidumpingzoll ist ein Zoll, mit dem die Regierung eines Landes Einfuhren aus dem Ausland belegt, wenn sie der Auffassung ist, dass deren Preis unter dem fairen Marktwert liegt). Im Jahr 2017 hat die EU elf Maßnahmen zum Schutz der europäischen Stahlindustrie getroffen. Allgemein verfügbaren Berichten zufolge kehrt die Stahlindustrie der EU mittlerweile wieder in die Rentabilitätszone zurück.

Zudem verteidigt die EU die Interessen ihrer Industrie, wenn Drittstaaten Untersuchungen durchführen, um Ausfuhren aus der EU mit Antidumping- oder Ausgleichszöllen zu belegen, wie dies in jüngster Zeit in Australien (verarbeitete Tomaten), China (Kartoffelstärke) und den Vereinigten Staaten (Oliven) der Fall war.

Jyrki Katainen, Vizepräsident der Kommission, stellt auf einer Pressekonferenz die Agenda der Kommission für eine ausgewogene und fortschrittliche Handelspolitik vor. Brüssel, 14. September 2017.

Jyrki Katainen, Vizepräsident der Kommission, stellt auf einer Pressekonferenz die Agenda der Kommission für eine ausgewogene und fortschrittliche Handelspolitik vor. Brüssel, 14. September 2017.

Im Dezember hat die EU eine Modernisierung ihrer Antidumpingverordnung und ihrer Antisubventionsverordnung beschlossen, um ihre Handelsschutzinstrumente besser auf die Bewältigung der Herausforderungen der globalen Wirtschaft auszurichten. Diese Instrumente werden damit wirksamer, transparenter und benutzerfreundlicher für die Unternehmen, und in einigen Fällen wird die EU gedumpte Waren künftig mit höheren Zöllen belegen können. Außerdem hat die EU ihre Methode zur Dumpingberechnung in Antidumpinguntersuchungen geändert, die Einfuhren aus WTO-Mitgliedstaaten zu durch staatliche Eingriffe verzerrten Preisen und Kosten betreffen.

Ausführer in der EU sehen sich nach wie vor weltweit mit Handelshemmnissen konfrontiert. Der jährliche Bericht der Kommission über Handels- und Investitionshindernisse wies für 2016 einen Anstieg der Handelshindernisse, denen sich Ausführer in der EU gegenübersahen, um 10 % aus. Im Einzelnen wurden 372 Hindernisse in über 50 Ländern weltweit ausgemacht. Wie in dem Bericht dargelegt, könnten von den 36 im Jahr 2016 neu hinzugekommenen Hindernissen EU-Ausfuhren in einem Wert von 27 Mrd. EUR betroffen sein. Dank der Marktzugangsstrategie der Kommission ist es dem Bericht zufolge allerdings gelungen, 20 weitere Hindernisse zu beseitigen, von denen Ausfuhren in einem Wert von 4,2 Mrd. EUR betroffen gewesen wären.

Im September hat die EU drei wichtige Kooperations- und Unterstützungsprogramme mit China, Lateinamerika und Südostasien im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums auf den Weg gebracht. Ziel ist es, den illegalen Handel mit Waren, durch den Rechte des geistigen Eigentums von Künstlern, Erfindern und Markeninhabern aus der Europäischen Union verletzt werden, einzudämmen und den internationalen Schutz solcher Rechte zu fördern.

Ferner hat die EU konkrete Schritte unternommen, um gegen unethische Praktiken wie den Handel mit Mineralien aus Konfliktgebieten vorzugehen. Im April wurde eine neue Verordnung zur Unterbindung des Handels mit natürlichen Ressourcen verabschiedet, durch deren Verkauf bewaffnete Konflikte in Kriegsgebieten angeheizt und genährt werden; zwei Monate später trat die Verordnung in Kraft. Die Verordnung erlegt Unternehmen, die Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erze und Gold einführen, bestimmte Sorgfaltspflichten auf. Solche Metalle und Erze werden bei der Herstellung von alltäglichen Produkten wie Mobiltelefonen, Kraftfahrzeugen oder Schmuck verwendet. Durch die neuen Vorschriften werden ab Januar 2021 bis zu 95 % der betreffenden EU-Einfuhren abgedeckt.

Die EU engagiert sich auch im Kampf gegen Folter und Todesstrafe und hat zusammen mit Argentinien und der Mongolei auf der Vollversammlung der Vereinten Nationen im September die Allianz zur Beendigung des Handels mit Folterwerkzeugen ins Leben gerufen. Delegationen aus 58 Ländern unterzeichneten eine politische Erklärung, in der sie sich verpflichteten, Maßnahmen – beispielsweise in Form von Rechtsvorschriften und wirksamen Durchsetzungsmechanismen – einzuführen, um den Handel mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zur Folter verwendet werden könnten, zu beschränken bzw. zu unterbinden.

Ein Europa, das eine führende Rolle übernimmt

Mit den Handelsabkommen, die die EU mit Ländern rund um den Globus ausgehandelt hat oder derzeit aushandelt, soll sichergestellt werden, dass alle vom Handel profitieren. Handelsabkommen öffnen Märkte und fördern die Verbreitung der Werte, für die die EU steht, beispielsweise in den Bereichen Arbeitnehmerrechte und Umweltschutz.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die Aufnahme von Verhandlungen über die Errichtung eines multilateralen Gerichtshofs für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten vorgeschlagen, was eine entscheidende Neuerung in der globalen Governance wäre.

Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EU-Japan

Japan ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Im Juli haben die EU und Japan eine Grundsatzeinigung über die Eckpunkte des Wirtschaftspartnerschaftsabkommens EU-Japan erzielt; im Dezember wurde der erfolgreiche Abschluss der Gespräche verkündet. Das Abkommen wird Handelshindernisse beseitigen und die EU und Japan bei der gemeinsamen Gestaltung globaler Handelsregeln unterstützen. Das Handelsabkommen mit Japan wird das bedeutendste bilaterale Abkommen sein, das die EU jemals geschlossen hat.

Erstmals wird ein EU-Handelsabkommen ein Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzübereinkommen enthalten sowie ein Kapitel, das eigens kleinen Unternehmen gewidmet ist und in dem Fragen der Transparenz und eines spezifischen institutionellen Rahmens behandelt werden.

Mit dem Wirtschaftspartnerschaftsabkommen wird die überwiegende Mehrheit der bisher von EU-Unternehmen zu entrichtenden Zölle (1 Mrd. EUR jährlich) abgeschafft. Es wird zu einem Anstieg der Ausfuhren beitragen und neue Möglichkeiten für Unternehmen in der EU, seien sie groß oder klein, bieten, wovon auch deren Beschäftigte und die Verbraucher profitieren werden. Der japanische Markt wird für wichtige Agrarausfuhren der EU geöffnet, und es werden in zahlreichen Sektoren neue Geschäftsmöglichkeiten geschaffen. Die EU-Ausfuhren könnten sich wertmäßig um bis zu 20 Mrd. EUR erhöhen. Das Abkommen wird es zudem für EU-Unternehmen leichter machen, in Japan Dienstleistungen in Sektoren wie dem Seeverkehr oder der Telekommunikation zu erbringen.

DIE EU UND JAPAN HABEN EIN HANDELSABKOMMEN AUSGEHANDELT

Infografik: Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Japan wird beiden Seiten gewaltige Marktchancen eröffnen und die Zusammenarbeit auf zahlreichen Gebieten verbessern. Mit dem Abkommen wird die überwiegende Mehrheit der bisher von EU-Unternehmen zu entrichtenden Zölle (das sind 1 Mrd. EUR jährlich) abgeschafft, der japanische Markt wird für wichtige Agrarausfuhren der EU geöffnet, und es werden in zahlreichen Sektoren neue Geschäftsmöglichkeiten geschaffen. 
Das Abkommen setzt höchste Standards in den Bereichen Arbeit, Sicherheit sowie Umwelt- und Verbraucherschutz; es schützt öffentliche Dienstleistungen und es enthält ein eigenes Kapitel über nachhaltige Entwicklung. Parallel zum Abkommen haben sich die EU und Japan verpflichtet, den Datenaustausch zwischen den beiden Volkswirtschaften zu erleichtern.
Infografik: Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Japan wird beiden Seiten gewaltige Marktchancen eröffnen und die Zusammenarbeit auf zahlreichen Gebieten verbessern. Mit dem Abkommen wird die überwiegende Mehrheit der bisher von EU-Unternehmen zu entrichtenden Zölle (das sind 1 Mrd. EUR jährlich) abgeschafft, der japanische Markt wird für wichtige Agrarausfuhren der EU geöffnet, und es werden in zahlreichen Sektoren neue Geschäftsmöglichkeiten geschaffen. 
Das Abkommen setzt höchste Standards in den Bereichen Arbeit, Sicherheit sowie Umwelt- und Verbraucherschutz; es schützt öffentliche Dienstleistungen und es enthält ein eigenes Kapitel über nachhaltige Entwicklung. Parallel zum Abkommen haben sich die EU und Japan verpflichtet, den Datenaustausch zwischen den beiden Volkswirtschaften zu erleichtern.

Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen setzt höchste Standards in den Bereichen Arbeit, Sicherheit sowie Umwelt- und Verbraucherschutz, bietet einen vollumfänglichen Schutz öffentlicher Dienstleistungen und enthält ein eigenes Kapitel über nachhaltige Entwicklung. Parallel zum Abkommen haben sich die EU und Japan verpflichtet, den Datenaustausch zwischen beiden Volkswirtschaften zu erleichtern.

Das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen mit Kanada

Das zwischen der EU und Kanada geschlossene Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen wird seit dem 21. September vorläufig angewandt.

Das Handelsabkommen EU-Kanada wird den Unternehmen in der EU Einsparungen von jährlich über 500 Mio. EUR bescheren – Geld, das sie früher in Form von Zöllen für die von ihnen nach Kanada ausgeführten Waren zahlen mussten. Nahezu 99 % dieser Einsparungen kamen bereits ab dem ersten Tag der Anwendung des Abkommens zum Tragen. Mit dem Abkommen erhalten die EU-Unternehmen auch einen besseren Zugang als jemals zuvor zu öffentlichen Aufträgen in Kanada, und zwar auf Bundes-, Provinz- und Kommunalebene.

Alle Unternehmen werden Zeit und Geld sparen, da sich die Ausfuhrkosten pro Einheit reduzieren, wenn beispielsweise doppelte Prüfanforderungen, langwierige Zollverfahren und hohe Rechtskosten wegfallen.

Das Abkommen mit Kanada wird Landwirten und Lebensmittelherstellern in der EU neue Möglichkeiten bieten. Bei bestimmten Produkten hat die EU ihren Markt in beschränktem Umfang behutsam weiter geöffnet. Dem verbesserten Zugang Kanadas zum EU-Markt steht auf der anderen Seite die Öffnung des kanadischen Marktes in Bereichen gegenüber, in denen Hersteller in der Europäischen Union eine Erhöhung ihrer Ausfuhren anstreben, wie etwa bei Käse, Wein und Spirituosen, Obst und Gemüse und verarbeiteten Erzeugnissen. Darüber hinaus werden durch das Handelsabkommen 143 hochwertige regionaltypische Nahrungsmittel und Getränke (die sogenannten „geografischen Angaben“) auf dem kanadischen Markt geschützt, sodass Nachahmerprodukte nicht unter derselben Bezeichnung verkauft werden dürfen. Das Abkommen schützt geistiges Eigentum und bringt die kanadischen Vorschriften in Einklang mit den EU-Vorschriften über den Schutz neuer Technologien und die Verwaltung digitaler Rechte.

Auch die 500 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU werden von dem Abkommen profitieren, da nur Waren und Dienstleistungen auf den Markt gelangen werden, die in vollem Umfang den EU-Vorschriften entsprechen. Somit wird das Abkommen nichts an der Art und Weise der EU-Regulierung im Bereich Lebensmittelsicherheit ändern. Dies gilt auch für die Vorschriften für Bestimmungen für Erzeugnisse, die genetisch veränderte Organismen enthalten, oder für das Verbot von hormonbehandeltem Rindfleisch.

Das Abkommen wird zudem die Rechtssicherheit in der Dienstleistungswirtschaft verbessern, Beschäftigten in Unternehmen mehr Mobilität ermöglichen und einen Rahmen für die Anerkennung von Berufsqualifikationen – vom Architekten bis zum Kranführer – vorgeben.

DAS UMFASSENDE WIRTSCHAFTS- UND HANDELSABKOMMEN EU-KANADA IN 60 SEKUNDEN

Infografik: Das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada bietet in der EU ansässigen Unternehmen jeder Größe neue Möglichkeiten für Exporte nach Kanada. Durch das Abkommen werden die Unternehmen in der EU jährlich 590 Mio. EUR einsparen, die derzeit als Zölle auf Warenausfuhren nach Kanada fließen. Von dem Abkommen werden ganz besonders die kleineren Unternehmen profitieren, die sich den mit Exporten nach Kanada verbundenen bürokratischen Aufwand am wenigsten leisten können. Kleinunternehmen werden Zeit und Geld sparen, wenn beispielsweise doppelte Prüfanforderungen für Produkte, langwierige Zollverfahren oder hohe Rechtskosten wegfallen. 
Die Vereinbarung wird Landwirten und Lebensmittelherstellern in der EU neue Möglichkeiten eröffnen und dabei einen umfassenden Schutz für sensible Branchen in der EU gewährleisten. Die Europäische Union hat ihren Markt für bestimmte Konkurrenzprodukte aus Kanada in beschränktem Umfang behutsam weiter geöffnet. Gleichzeitig wird der Zugang zum kanadischen Markt für wichtige europäische Exporterzeugnisse, etwa Käse, Wein und Spirituosen, Obst und Gemüse oder verarbeitete Erzeugnisse, verbessert. 
Das Abkommen verbessert auch die Rechtssicherheit in der Dienstleistungswirtschaft, wird Beschäftigten in Unternehmen mehr Mobilität ermöglichen und einen Rahmen für die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen – vom Architekten bis zum Kranführer – vorgeben.

TRANSPARENZ VON HANDELSVERHANDLUNGEN

Infografik: Um die Handelsverhandlungen so transparent wie möglich zu gestalten, verfassten die EU-Beamten im letzten Jahr 17 Verhandlungsberichte, erarbeiteten 82 Texte über Handelsverhandlungen und legten 65 Vorschläge für Verhandlungstexte vor. Es fanden 23 Treffen mit Organisationen der Zivilgesellschaft statt und 14 offizielle Treffen mit dem Ausschuss des Europäischen Parlaments für internationalen Handel.

Ein transparentes und inklusives Verhandlungsverfahren

Im Interesse von Demokratie, öffentlichem Vertrauen und Rechenschaftspflicht in der Handelspolitik waren Transparenz und Einbeziehung der Öffentlichkeit auch im Jahr 2017 zentrale Anliegen. Transparenz und Einbeziehung müssen sowohl vor, während und nach den Verhandlungen als auch bei der Umsetzung der Abkommen gewährleistet sein. Im Jahr 2017 unternahm die EU weitere zielführende Schritte, womit sie in puncto Transparenz der Handelspolitik eine Vorreiterrolle übernahm.

Im September veröffentlichte die Kommission ihre Empfehlungen zur Aufnahme von Verhandlungen über Handelsabkommen mit Australien und Neuseeland sowie zur Errichtung eines multilateralen Investitionsgerichtshofs. Die Empfehlungen wurden dem Rat und gleichzeitig automatisch dem Europäischen Parlament und allen nationalen Parlamenten in den Mitgliedstaaten übermittelt. Dies wird es den nationalen Parlamenten und Interessenträgern erleichtern, ihren Regierungen, durch die sie bei den Erörterungen im Rat vertreten werden, möglichst frühzeitig ihren Standpunkt mitzuteilen. Der Rat hat die Verhandlungsrichtlinien für das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EU-Japan öffentlich bekannt gemacht.

Die Kommission hat weiterhin Berichte über Verhandlungsrunden, Positionspapiere und Textentwürfe zu in Aushandlung befindlichen Handelsabkommen veröffentlicht. Um Öffentlichkeit und Unternehmen über die Abkommen und die sich mit ihnen bietenden Chancen zu informieren, hat die Kommission außerdem umfangreiche zusätzliche Materialien zu den EU-Handelsabkommen mit Kanada und Japan veröffentlicht.

Im Jahr 2017 hat die Kommission ihren ersten umfassenden Jahresbericht zur Bewertung der Umsetzung der EU-Handelsabkommen vorgelegt. Der Bericht ermöglicht es anderen EU-Organen, Interessenträgern und der Zivilgesellschaft, sich ein Bild von der Umsetzung der Abkommen zu verschaffen. Darüber hinaus nimmt die Kommission regelmäßig Folgenabschätzungen, Nachhaltigkeitsprüfungen und Bewertungen ihrer Handelsverhandlungen sowie der daraus hervorgegangenen Abkommen vor. In diesem Rahmen hält sie auch über den gesamten Prozess hinweg eingehende Konsultationen mit den Interessenträgern und regelmäßige Treffen mit Gruppen der Zivilgesellschaft ab.

Im Dezember setzte die Kommission die Sachverständigengruppe für EU-Handelsabkommen ein. Dabei handelt es sich um ein Beratungsgremium, in dem Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Verbraucherverbände und andere Nichtregierungsorganisationen vertreten sind. Aufgabe der Gruppe ist es, der Kommission in Handelsbelangen unterschiedliche Sichtweisen sowie Einblicke in die Materie zu vermitteln.

Sonstige Handelsverhandlungen

Im Laufe des Jahres wurden Arbeiten fortgesetzt, die darauf abzielen, durch eine Erhöhung der Zahl der Partner, mit denen die EU Handelsabkommen geschlossen hat (derzeit 91), neue Märkte für EU-Ausfuhren zu erschließen. Die EU hat neue Handelsverhandlungen aufgenommen und konnte bei den laufenden Gesprächen gute Fortschritte verzeichnen. Nachdem die Verhandlungen über ein Transatlantisches Handels- und Investitionsabkommen mit den Vereinigten Staaten eingestellt wurden, verlagerte sich der Fokus der EU-Handelspolitik gegenüber den Vereinigten Staaten auf die Ermittlung von Bereichen, in denen eine engere Zusammenarbeit sinnvoll wäre, um gemeinsam globale Herausforderungen besser angehen zu können. Inzwischen haben beide Seiten ein bilaterales Abkommen über Versicherung und Rückversicherung unterzeichnet, das den Verbraucherschutz stärken und den in den Vereinigten Staaten tätigen Versicherern und Rückversicherern aus der EU eine Reduzierung ihrer Kosten und ihres Verwaltungsaufwands ermöglichen wird.

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Kommission, auf dem EU/Asien-Pazifik-Forum. Hongkong, 1. Dezember 2017.

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Kommission, auf dem EU-Asien-Pazifik-Forum. Hongkong, 1. Dezember 2017.

Südliche und östliche Nachbarregionen

Die Aktivitäten in den südlichen Nachbarregionen konzentrierten sich auf die Verhandlungen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone mit Tunesien, die das Tempo für weitere Fortschritte in Nord­afrika vorgeben werden. Parallel zu den Verhandlungen haben die Kommission und das Internationale Handelszentrum in Genf im Juni den EuroMed Trade Helpdesk ins Leben gerufen. Aufgabe des Helpdesks ist es, für die Unternehmen grundlegende Informationen über Märkte, Zölle und Einfuhrbestimmungen bereitzustellen und auf diese Weise zur Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und neun Partnern im Mittelmeerraum wie auch der Beziehungen der Mittelmeerländer untereinander beizutragen.

In den östlichen Nachbarländern lag der Schwerpunkt auf der Umsetzung der Abkommen über eine vertiefte und umfassende Freihandelszone, die die EU mit Georgien, der Republik Moldau und der Ukraine geschlossen hat.

Lateinamerika

Die EU setzte die im Jahr 2016 aufgenommenen Verhandlungen über die Modernisierung des mit Mexiko unterzeichneten Handelsabkommens von 2000 fort. Es fanden fünf Verhandlungsrunden statt, in denen gute Fortschritte erzielt wurden. Das neue Abkommen wird auf beiden Seiten den Verwaltungsaufwand reduzieren, Bürokratie abbauen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit steigern, die Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher erweitern, Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig die nachhaltige Entwicklung fördern. Im Einklang mit der fortschrittlichen Handelsagenda der EU enthält das Abkommen spezielle Vorschriften zur Korruptionsbekämpfung.

Die Handelsgespräche mit den vier Gründungsmitgliedern des Mercosur-Handelsblocks (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) wurden 2017 fortgeführt. Ziele dieser Gespräche sind die Integration zweier regionaler Märkte, Zollsenkungen, signifikante Verbesserungen der Geschäftsmöglichkeiten im Mercosur, die Erweiterung der Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher, eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands, Bürokratieabbau, die Steigerung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen auf beiden Seiten.

EU-Kommissarin Cecilia Malmström begrüßt den brasilianischen Außenminister Aloysio Nunes Ferreira. Brüssel, 28. August 2017.

EU-Kommissarin Cecilia Malmström begrüßt den brasilianischen Außenminister Aloysio Nunes Ferreira. Brüssel, 28. August 2017.

Im November hat die EU Verhandlungen mit Chile aufgenommen mit dem Ziel, das Freihandelsabkom­men EU-Chile aus dem Jahr 2002 zu aktualisieren. Im Rahmen der Modernisierung des bestehenden Abkommens wird die EU die Aufnahme von Gleichstellungsklauseln mit Pilotcharakter vorschlagen.

Asien und Australasien

Auch die Verhandlungen über Handelsabkommen mit Indonesien und den Philippinen wurden fortgesetzt. Die Gespräche zielen auf einen Ausbau des Handels zwischen der EU und diesen beiden Ländern sowie auf die Ausweitung der Direktinvestitionen ab. Angestrebt werden Abkommen, wie sie 2014 mit Singapur und 2015 mit Vietnam unterzeichnet wurden. Im Verlauf des Jahres hat die EU drei Verhandlungsrunden mit Indonesien und zwei Verhandlungsrunden mit den Philippinen geführt.

Im März haben die EU und der Verband südostasiatischer Nationen vereinbart, erneute Schritte zur Wiederaufnahme von Freihandelsgesprächen zwischen beiden Regionen zu unternehmen.

Im Rahmen ihrer Verhandlungen über ein Investitionsabkommen mit China hat die EU vier Gesprächsrunden abgehalten. Die Verhandlungen über ein Investitionsabkommen mit Myanmar/Birma hingegen wurden ausgesetzt. Die Kommission hat die Aufnahme von Handelsgesprächen mit Australien und Neuseeland vorgeschlagen.

Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean

Das Partnerschaftsabkommen der EU mit der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika wird seit Anfang 2017 umgesetzt. Im Frühjahr sind ähnliche Abkommen mit der Republik Côte d’Ivoire und Ghana angelaufen. Im Juli wurde das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit den ost- und südafrikanischen Ländern Madagaskar, Mauritius, Seychellen und Simbabwe auf die Komoren ausgeweitet.

KAPITEL 7

Ein auf gegenseitigem Vertrauen basierender Raum des Rechts und der Grundrechte

„Ich habe die Absicht, die Vorrechte der Kommission dazu zu nutzen, unsere gemeinsamen Werte, die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte innerhalb unseres Zuständigkeitsbereichs zu bewahren, wobei ich gleichzeitig der Vielfalt der verfassungsrechtlichen und kulturellen Traditionen der 28 Mitgliedstaaten gebührend Rechnung tragen werde.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

© iStockphoto.com/bowie15

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Die Bekämpfung des Terrorismus war nach wie vor eine politische Priorität der EU für das Jahr 2017, wobei bereits große Fortschritte beim Aufbau einer wirksamen und echten Sicherheitsunion unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte erzielt wurden.

Die EU hat die Europäische Sicherheitsagenda umgesetzt, indem sie Reisen und Ausbildung zu terroristischen Zwecken unter Strafe gestellt hat und entschlossener gegen Terrorismusfinanzierung sowie Schusswaffen-, Drogen- und Menschenhandel vorgeht. Zudem wurden neue Verbesserungen vorgeschlagen, um die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, Informationen über Straftäter effizienter auszutauschen.

Es wurde weiter an der Umsetzung neuer Vorschriften zum Schutz der personenbezogenen Daten von EU-Bürgern in der gesamten EU und darüber hinaus gearbeitet, die 2018 in Kraft treten werden. Parallel dazu machte sich die EU insbesondere mit Japan, Südkorea und den Vereinigten Staaten auf internationaler Ebene weiterhin für Datenschutzstandards stark. Die erste jährliche Überprüfung des Rahmens für den EU-US-Datenschutzschild, der einen stärkeren Schutz der transatlantischen Datenströme bietet, war ein wichtiger Meilenstein für die Zusammenarbeit in Datenschutzfragen.

Eine Reihe bekannter Internetunternehmen reagierte auf den EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hetze im Internet und ging schneller und rigoroser gegen illegale Inhalte auf ihren Seiten vor.

Zwanzig Mitgliedstaaten vereinbarten, eine Europäische Staatsanwaltschaft einzurichten, um intensiver Straftaten zu bekämpfen, die den EU-Haushalt beeinträchtigen.

Die EU hat überdies Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz ergriffen und das Übereinkommen von Istanbul zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt unterzeichnet.

Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität in Europa

Neue Vorschriften zur Bekämpfung von Terrorismus und Geldwäsche

Seit Verabschiedung der Europäischen Sicherheitsagenda arbeitet die Europäische Kommission kontinuierlich am Aufbau einer wirksamen und echten Sicherheitsunion. Im Jahr 2017 ergriff die EU Maßnahmen, um Terroristen an der Durchführung von Anschlägen zu hindern, den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern und ihre Bürgerinnen und Bürger im Internet zu schützen.

Im März wurde ein neues Gesetz zur strafrechtlichen Verfolgung von Auslandsreisen und Ausbildung zu terroristischen Zwecken angenommen. Es stärkt auch die Rechte der Opfer des Terrorismus und stellt sicher, dass sie unmittelbar nach einem Anschlag und so lange wie nötig besondere Hilfe erhalten.

Die Gespräche mit dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union über strengere EU-Vorschriften zur strafrechtlichen Verfolgung der Geldwäsche, zur Verschärfung der Kontrollen von Geldtransfers und zur Sicherstellung und Einziehung von Vermögenswerten von Straftätern sind gut vorangekommen.

Im Dezember erzielten das Parlament und der Rat eine politische Einigung über den Vorschlag der Kommission zur Änderung der vierten Geldwäscherichtlinie. Dies wird die Transparenz in Bezug auf wirtschaftliches Eigentum von juristischen Personen und Konglomeraten erheblich erhöhen und der Anonymität für verschiedene Finanzprodukte einen Riegel vorschieben. Durch diese Maßnahmen werden sehr nützliche Instrumente für die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismus­finanzierung bereitgestellt.

Nach einem Bericht vom Juni über die Auswirkungen der grenzüberschreitenden Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf den Binnenmarkt wurden Empfehlungen an die Mitgliedstaaten und die europäischen Aufsichtsbehörden gerichtet.

EU-Kommissar Julian King zu Besuch im Präsidium der belgischen Bundespolizei, wo er mehrere Übungen zur Terrorismusbekämpfung mitverfolgte. Brüssel, 10. Februar 2017.

EU-Kommissar Julian King zu Besuch im Präsidium der belgischen Bundespolizei, wo er mehrere Übungen zur Terrorismusbekämpfung mitverfolgte. Brüssel, 10. Februar 2017.

Bekämpfung des Terrorismus im Internet

Auf dem Juli-Gipfel der G20 in Hamburg gehörte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu den Politikern, die einen Aktionsplan zur Bekämpfung des Terrorismus vorschlugen und vereinbarten. Gemäß Aktionsplan soll auch gegen die Nutzung des Internets zu terroristischen Zwecken vorgegangen werden. Seit dem Start des EU-Internetforums im Jahr 2015 wurden konkrete Schritte unternommen, um internationale terroristische Gruppierungen daran zu hindern, das Internet zu missbrauchen. Etwa 86 % der Inhalte, die die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung Internetunternehmen gemeldet hatte, wurden gelöscht. Im Juli legte das Forum seinen eigenen Aktionsplan zur Bekämpfung terroristischer Internetinhalte vor, in dem rasche Fortschritte in einer Vielzahl von Bereichen gefordert und ein regelmäßiger Berichterstattungsmechanismus zur Messung und Bewertung der Ergebnisse eingeführt wurde.

Im Dezember unterstützte die Kommission im Rahmen ihres Programms zur Stärkung der Zivilgesellschaft weiterhin zivilgesellschaftliche Organisationen dabei, im Internet positive Gegennarrative zu Botschaften gewaltbereiter Extremisten und Terroristen zu verbreiten. Das Programm wurde mit Mitteln in Höhe von 6 Mio. EUR ausgestattet.

Bekämpfung illegaler Drogen

2017 wurden eine neue Verordnung über ein Frühwarnsystem und ein Risikobewertungsverfahren für neue psychoaktive Substanzen sowie eine neue Richtlinie zur Einbeziehung neuer Substanzen in die Drogendefinition erlassen. Daraufhin schlug die Kommission im Dezember vor, sieben neue psychoaktive Substanzen unionsweit zu verbieten, zusätzlich zu neun weiteren, die bereits 2017 verboten worden waren.

Menschenhandel

Im Dezember nahm die Kommission eine Mitteilung zur Bekämpfung des Menschenhandels an und setzte neue Prioritäten, die in nächster Zeit umgesetzt werden sollen. Darin werden Schlüsselbereiche benannt, in denen die EU und die Mitgliedstaaten unverzüglich handeln müssen, um die Methoden der Menschenhändler zu unterbinden, die Opferrechte zu stärken sowie die innen- und außenpolitischen Anstrengungen der EU zu intensivieren, damit eine koordinierte und kohärente Reaktion gewährleistet ist.

Straf- und Ziviljustiz

Verstärkte Bekämpfung von Straftaten zulasten des EU-Haushalts

Im Juli erzielte die EU einen bedeutenden Durchbruch bei Straftaten zulasten des EU-Haushalts, als das Parlament und der Rat eine neue Richtlinie zur Bekämpfung von Betrug, Korruption und anderen Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union, einschließlich schwerer grenzüberschreitender Fälle von Mehrwertsteuerbetrug, verabschiedeten. Schätzungen zufolge beläuft sich der MwSt.-Betrug aus dem Handel innerhalb der EU auf 50 Mrd. EUR pro Jahr.

Damit das Geld der Europäer und der EU sicher ist

Die Europäische Staatsanwaltschaft: damit das Geld der Europäer und der EU sicher ist.

Einen wichtigen Fortschritt stellte die im November von 20 Mitgliedstaaten getroffene Einigung dar, eine Europäische Staatsanwaltschaft zu gründen, die gegen Personen, die Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU begehen, ermitteln und sie strafrechtlich verfolgen und vor Gericht bringen soll. Die Staatsanwaltschaft dürfte spätestens Ende 2020 ihre Arbeit aufnehmen.

Effizienterer Austausch von Strafregistereinträgen

Das 2012 geschaffene Europäische Strafregisterinformationssystem ermöglicht den elektronischen Austausch von Strafregisterinformationen über Personen, die in den EU-Mitgliedstaaten verurteilt wurden. Im Juni wurde der erste Bericht über die Nutzung des Systems durch die Mitgliedstaaten veröffentlicht. Die Verhandlungen über die Vereinfachung des Austauschs von Strafregistereinträgen von Nicht-EU-Bürgern kamen 2017 voran.

Schutz von Kindern bei der Trennung von Eltern aus verschiedenen Ländern

Im Juli schlug die Kommission vor, dass die EU einige Mitgliedstaaten ermächtigen sollte, den Beitritt von zehn Nicht-EU-Ländern zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung anzunehmen und damit einen Beitrag zur Ausweitung des internationalen Schutzes vor Kindesentführungen zu leisten.

Unterstützung der Unternehmen in der EU

Das neue System zur Verknüpfung von Unternehmensregistern, das im Juni ins Leben gerufen wurde, ermöglicht einen schnelleren und leichteren Zugang zu Unternehmensinformationen in der EU. Dadurch werden der grenzüberschreitende Handel erleichtert und das Vertrauen in den Binnenmarkt gestärkt.

Unternehmen in Schwierigkeiten profitieren aufgrund eines neuen Gesetzes zur Erleichterung grenzüberschreitender Verfahren, das 2017 in Kraft getreten ist, von besseren Insolvenzvorschriften. Darüber hinaus wurden die Verhandlungen über die vorgeschlagenen Vorschriften über nationale Insolvenzverfahren vorangebracht, die der Einrichtung von Umstrukturierungssystemen dienen und Unternehmern eine zweite Chance einräumen sollen.

Verbesserung der Corporate Governance

Das Gesetz über die Rechte der Aktionäre wurde im Mai durch neue Bestimmungen gestärkt, um die Unternehmenskultur zu verbessern, die Ausübung der Aktionärsrechte zu erleichtern und Investitionen längerfristig in den Mittelpunkt zu rücken. Ferner wurden die bestehenden Vorschriften über Unternehmensführung und die Vergütung für Wertpapierfirmen geändert.

Grundrechte und Justizsysteme

Wahrung der Rechtsstaatlichkeit

Die Kommission setzte ihre Bemühungen zur Förderung und Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union fort und forderte die Mitgliedstaaten auf, die Unabhängigkeit, Qualität und Effizienz ihrer nationalen Justizsysteme zu verbessern. Diese Systeme sind von entscheidender Bedeutung für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, die gleiche Anwendung des EU-Rechts und ein unternehmensfreundliches und investitionsfreundliches Umfeld. Das EU-Justizbarometer 2017 belegt, dass weitere Fortschritte erzielt wurden, wobei bestimmte Mitgliedstaaten noch Herausforderungen zu bewältigen haben.

Im Laufe des Jahres hat die Kommission ihren Dialog mit Polen auf der Grundlage des Rahmens zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips fortgesetzt. Im Juli übermittelte die Kommission der polnischen Regierung eine dritte Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit, in der sie ihre Bedenken hinsichtlich der geplanten Justizreform und der Verfassungsänderungen darlegt. Im Dezember kam die Kommission zu dem Schluss‚ dass eindeutig die Gefahr eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die Rechtsstaatlichkeit in Polen besteht, und schlug dem Rat vor, einen Beschluss nach Artikel 7 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union zu erlassen. Der Vorschlag wurde von einer vierten Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit flankiert, in der klar dargelegt wird, welche Schritte die polnischen Behörden unternehmen können, um die derzeitige Situation zu beheben. Darüber hinaus hat die Kommission Polen vor dem Gerichtshof der Europäischen Union verklagt, weil das Land mit dem polnischen Gesetz über die ordentlichen Gerichte gegen EU-Recht verstößt.

Koen Lenaerts, Präsident des Gerichtshofs der Europäischen Union (vorne, vierter von rechts), mit den Richterinnen und Richtern des Gerichtshofs. Luxemburg, Februar 2017. © Court of Justice of the European Union

Koen Lenaerts, Präsident des Gerichtshofs der Europäischen Union (vorne, Vierter von rechts), mit den Richterinnen und Richtern des Gerichtshofs. Luxemburg, Februar 2017.

Besserer Schutz personenbezogener Daten

Die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, den nationalen Datenschutzbehörden und anderen Interessenträgern zur Vorbereitung auf neue Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten, die ab Mai 2018 gelten werden, wurde fortgesetzt. Die neuen Vorschriften geben den Bürgerinnen und Bürgern mehr Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten und vereinfachen die Verfahren für Unternehmen. Mit den Änderungen soll der Schutz personenbezogener Informationen zu Einzelpersonen in der EU unabhängig vom Ort Ihrer Übermittlung, Verarbeitung oder Speicherung gewährleistet werden, und zwar auch außerhalb der EU.

Im Januar legte die Kommission eine Strategie zur Förderung internationaler Datenschutzstandards vor, um ein hohes Maß an Schutz personenbezogener Daten zu gewährleisten und gleichzeitig den Datenfluss für kommerzielle Zwecke und Strafverfolgungszwecke zu erleichtern. Angemessenheitsfeststellungen, nach denen in Drittländern Datenschutzbestimmungen vorhanden sein müssen, die mit denen in der EU vergleichbar sind, gehören zu den wesentlichen Elementen dieser Strategie.

Giovanni Buttarelli, Europäischer Datenschutzbeauftragter, in einer Podiumsdiskussion über Rechtsvorschriften für neue Technologien. Università di Milano-Bicocca, Italien, 15. Mai 2017. © EDPS

Giovanni Buttarelli, Europäischer Datenschutzbeauftragter, in einer Podiumsdiskussion über Rechtsvorschriften für neue Technologien. Università di Milano-Bicocca, Italien, 15. Mai 2017.

Die EU prüft derzeit die Möglichkeit, in Angemessenheitsdialoge mit relevanten Handelspartnern und mit Ländern zu treten, die in ihrer Region eine Vorreiterrolle beim Datenschutz spielen. Die wichtigsten Zielgebiete sind Ostasien, Südostasien, Lateinamerika und der benachbarte europäische Raum. Mit Japan und Südkorea wurden im Jahr 2017 Dialoge aufgenommen.

Die erste jährliche Überprüfung des EU-US-Datenschutzschilds‚ der seit Juli 2016 in Kraft ist, erfolgte im September 2017. Im entsprechenden Überprüfungsbericht stellte die Kommission fest, dass der Datenschutzschild weiterhin ein angemessenes Schutzniveau bietet. Zugleich vertrat sie jedoch die Auffassung, dass es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt, und hat daher eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen. Darüber hinaus trat im Februar das EU-US-Rahmenabkommen in Kraft, das die Einhaltung der Datenschutzstandards bei Datenübermittlungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten im Rahmen der Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung sicherstellt.

Schutz der Rechte und Bekämpfung von Diskriminierung

Bekämpfung von Hass- und Vorurteilskriminalität und Hetze sowohl online als auch offline

Fast zwei Jahre nach der Annahme des Verhaltenskodex der EU zur Bekämpfung illegaler Hetze im Internet reagieren Internetunternehmen im Einklang mit dem EU-Recht schneller und wirksamer auf illegale Inhalte.

Im Laufe des Jahres 2017 arbeitete die Kommission eng mit jüdischen und muslimischen Gemeinschaften in der EU und mit anderen Organisationen zusammen, die Rassismus, Diskriminierung und alle Formen der Intoleranz bekämpfen. Dabei nahm sie die geäußerten Bedenken zur Kenntnis und informierte über EU-Maßnahmen.

Darüber hinaus stellte die Kommission gezielt EU-Mittel bereit und erstellte operative Leitlinien zur Opferhilfe sowie zur Schulung von Polizisten und Richtern, um im Rahmen ihrer Hochrangigen Gruppe zur Bekämpfung von Rassismus hassmotivierte Straftaten aufzudecken. Am 6. Dezember vereinbarten die nationalen Behörden in Zusammenarbeit mit der Kommission und der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte wesentliche Grundsätze zur Erfassung von Daten über Hass- und Vorurteilskriminalität.

Anwendung der EU-Grundrechtecharta

Der Bericht 2016 über die Anwendung der EU-Grundrechtecharta wurde im Mai 2017 veröffentlicht. Im Oktober nahm der Rat seine Schlussfolgerungen zu diesem Bericht an und wies darauf hin, dass der Schutz mehrerer Rechte im Vorjahr durch die Verabschiedung einer Reihe von Rechtsinstrumenten gestärkt wurde. Diese betrafen die Unschuldsvermutung, das Recht auf Anwesenheit in der Verhandlung, Prozesskostenhilfe und Verfahrensgarantien für Kinder sowie ein umfassendes Paket von Datenschutzvorschriften, das ab dem 25. Mai 2018 in der gesamten EU gelten und den Bürgerinnen und Bürgern dabei helfen wird, die Kontrolle über ihre Daten zurückzuerlangen.

Am 7. Dezember hat die Kommission, um die Achtung der EU-Grundrechtecharta zu gewährleisten, vor dem Gerichtshof der Europäischen Union Klage gegen Ungarn wegen seines Gesetzes über aus dem Ausland finanzierte Nichtregierungsorganisationen und wegen seines Hochschulgesetzes erhoben,.

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, bei einem Bürgerdialog im Libanon Lyceum. Rotterdam, Niederlande, 27. Juni 2017.

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, bei einem Bürgerdialog im Libanon Lyceum. Rotterdam, Niederlande, 27. Juni 2017.

Bekämpfung von Diskriminierung

Im Jahr 2017 hat die EU die Bekämpfung der Diskriminierung fortgesetzt und einen Maßnahmenkatalog zur Förderung der Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen umgesetzt. Wichtige Erfolge waren unter anderem die Kampagne „We All Share the Same Dreams“ und die Verabschiedung einer Charta der Vielfalt und Inklusion für das Personal der Kommission.

In der Halbzeitüberprüfung des EU-Rahmens für nationale Strategien zur Integration der Roma wurden die Fortschritte bewertet, die die Mitgliedstaaten bei der Verbesserung der Lebensbedingungen der größten ethnischen Minderheit in Europa erzielt haben. Darin wird aufgezeigt, wie sich die Situation der Roma seit 2011 langsam verbessert hat, aber auch betont, dass 80 % der Roma-Bevölkerung nach wie vor von Armut bedroht sind.

Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen

Die EU hat im Jahr 2017 Maßnahmen ergriffen, um das Bewusstsein für Gewalt gegen Frauen und Mädchen in allen Mitgliedstaaten zu schärfen. Mit der EU-finanzierten Kampagne „NON.NO.NEIN“. werden alle – Männer und Frauen – ermutigt, gegen geschlechtsspezifische Gewalt vorzugehen.

HÄUSLICHE GEWALT IN DER EU

Infografik: Die Kommission hat das Jahr 2017 der EU-weiten Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen gewidmet. Zu den Aktionen zählte die Sensibilisierungskampagne „NON.NO.NEIN. Say No! Stop Violence Against Women“ in den sozialen Medien, mit der sie sich ganz eindeutig gegen Gewalt gegen Frauen positioniert hat. Im Zuge der Kampagne wurde auch über Erfolgsgeschichten aus der wichtigen Arbeit berichtet, die in der gesamten EU in diesem Bereich geleistet wird: Im Juni unterzeichnete die Europäische Union das Übereinkommen von Istanbul, die erste europäische Übereinkunft, in der rechtsverbindliche Standards zur Verhinderung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, zur Verhinderung häuslicher Gewalt, zum Opferschutz und zur Bestrafung der Täter festgelegt sind.

Im Juni unterzeichnete die EU das Übereinkommen von Istanbul. Dieses internationale Übereinkommen ist das erste seiner Art in Europa, mit dem rechtsverbindliche Standards festgelegt werden, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhindern, Opfer zu schützen und Täter zu bestrafen.

Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen

Im Laufe des Jahres wurde ein Bericht über den Sachstand der Umsetzung der Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen seit 2010 vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass in allen acht vorrangigen Bereichen (Zugänglichkeit, Teilhabe, Gleichstellung, Beschäftigung, allgemeine und berufliche Bildung, Sozialschutz, Gesundheit und auswärtiges Handeln) konkrete Fortschritte erzielt wurden.

Auftaktveranstaltung in Brüssel am 19. Oktober 2017: Belgien ist der erste Mitgliedstaat, der den EU-Behindertenausweis ausstellt. Andere Mitgliedstaaten werden folgen.

Auftaktveranstaltung in Brüssel am 19. Oktober 2017: Belgien ist der erste Mitgliedstaat, der den EU-Behindertenausweis ausstellt. Andere Mitgliedstaaten werden folgen.

In diesem Zusammenhang hat die Kommission auch einen Vorschlag für einen europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit vorgelegt. Dabei handelt es sich um eine unternehmensfreundliche Richtlinie, mit der der Zugang zu bestimmten Produkten und Dienstleistungen des täglichen Lebens wie Mobiltelefonen, Computern, E-Books, E-Commerce- und Bankdienstleistungen verbessert werden soll. 2017 nahm das Parlament seinen Bericht über den Vorschlag und der Rat seine allgemeine Ausrichtung dazu an.

Damit Menschen mit Behinderungen in den Mitgliedstaaten leichter reisen können, führt die EU derzeit auf Pilotbasis in acht Mitgliedstaaten (Belgien, Estland, Italien, Zypern, Malta, Rumänien, Slowenien und Finnland) den EU-Behindertenausweis ein. In diesen Mitgliedstaaten soll der Ausweis behinderten Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu bestimmten Leistungen in den Bereichen Kultur, Freizeit, Sport und Verkehr ermöglichen. Die ersten Ausweise wurden 2017 ausgegeben.

Unionsbürgerschaft

Im Bericht über die Unionsbürgerschaft 2017 werden Maßnahmen vorgestellt, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Bürgerinnen und Bürger in vollem Umfang ihre Rechte wahrnehmen können, wenn sie arbeiten, reisen, studieren oder an Wahlen teilnehmen.

Schutz der Verbraucher

Das Schnellwarnsystem der EU für gefährliche Non-Food-Produkte‚ das einen schnellen Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten und anderen Ländern ermöglicht, die Teil des Systems sind, sorgt weiterhin für den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher. Im Laufe des Jahres wurden an die 31 nationalen Behörden, die am System teilnehmen, 2 201 Meldungen und 3 952 Reaktionen in Bezug auf gefährliche Produkte übermittelt.

Ähnlich ermöglicht es das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel den EU-Mitgliedstaaten und anderen Ländern, Informationen auszutauschen und gemeinsam rund um die Uhr auf Bedrohungen für die Lebensmittelsicherheit zu reagieren. Der im März 2017 veröffentlichte Jahresbericht 2016 zeigt den Erfolg des integrierten Lebensmittelsicherheits-Konzepts der EU. Dies wird auf der Grundlage der Konsequenzen, die im Sommer aus der Fipronil-Krise gezogen wurden‚ weiterentwickelt. Auf einer von der Kommission am 26. September 2017 organisierten Ministerkonferenz einigten sich die Mitgliedstaaten und die Kommission auf eine Reihe konkreter Maßnahmen für ein intensiveres Vorgehen gegen Lebensmittelbetrug und illegale Tätigkeiten, die die Sicherheit der Lebensmittelkette beeinträchtigen.

DAS EU-SCHNELLWARNSYSTEM

Infografik: Das EU-Schnellwarnsystem ermöglicht den raschen Informationsaustausch zwischen 31 nationalen Behörden in Europa und der Europäischen Kommission über gefährliche Non-food-Produkte, die ein Risiko für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellen. Jede Woche veröffentlicht die Kommission auf ihrer Website eine Liste aufgetauchter gefährlicher Produkte.

VORGEHEN GEGEN IDENTISCHE PRODUKTE VON UNTERSCHIEDLICHER QUALITÄT

Infografik: Verbraucher aus eine Reihe von EU-Mitgliedstaaten haben sich darüber beklagt, dass die Qualität einiger Produkte, etwa von Erfrischungsgetränken, Kaffee und Fischstäbchen, in ihrem Heimatland schlechter ist als die von Produkten desselben Herstellers, die unter demselben Markennamen in anderen Ländern verkauft werden. Die Kommission erarbeitet derzeit eine Methodik zur Verbesserung von Vergleichstests für Lebensmittel, damit die Mitgliedstaaten die Frage auf einer soliden gemeinsamen wissenschaftlichen Grundlage diskutieren können. Sie hat außerdem für die nationalen Behörden Leitlinien über die Anwendung des EU-Lebensmittel- und Verbraucherrechts auf Produkte von zweierlei Qualität herausgegeben.

Die EU ergreift Maßnahmen, um das Problem der unterschiedlichen Qualität von Lebensmitteln in der EU anzugehen. Im September veröffentlichte die Kommission Leitlinien‚ um die nationalen Behörden bei der Bekämpfung unlauterer Praktiken zu unterstützen.

Im Anschluss an die Präsentation des Jahresberichts 2016 über das Schnellwarnsystem RAPEX nimmt EU-Kommissarin Vĕra Jourová potenziell gefährliche Produkte in Augenschein. Brüssel, 16. März 2017.

Im Anschluss an die Präsentation des Jahresberichts 2016 über das Schnellwarnsystem RAPEX nimmt EU-Kommissarin Vĕra Jourová potenziell gefährliche Produkte in Augenschein. Brüssel, 16. März 2017.

Die Kommission hat den Mitgliedstaaten 1 Mio. EUR für die Finanzierung von Studien und Durchsetzungsmaßnahmen und der Gemeinsamen Forschungsstelle weitere 1 Mio. EUR für die Entwicklung und Umsetzung eines harmonisierten Prüfverfahrens zur Verfügung gestellt. Gleich­zeitig führt die Kommission einen konstruktiven Dialog mit der Industrie und allen maßgeblichen Interessenträgern. Auch Hersteller und Markenverbände haben sich zur Entwicklung eines Verhaltenskodex verpflichtet.

Im Rahmen der im Jahr 2017 fortgesetzten Bemühungen, die Interessen der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Volkswagen-Emissionsskandal zu verteidigen‚ forderten die EU-Verbraucherschutzbehörden und die Kommission Volkswagen gemeinsam auf, alle betroffenen Fahrzeuge zügig zu reparieren und zusätzliche vertrauensbildende Maßnahmen zu treffen.

EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis beim Besuch einer Fleischwarenfabrik. Zagreb, Kroatien, 2. Februar 2017.

EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis beim Besuch einer Fleischwarenfabrik. Zagreb, Kroatien, 2. Februar 2017.

Im März stellte die Kommission einen Aktionsplan vor, in dem aufgezeigt wird, wie den Verbrauchern EU-weit eine größere Auswahl an und ein besserer Zugang zu Finanzdienstleistungen geboten werden kann. Derzeit arbeitet die Kommission zudem an einer Änderung der Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen, um die Gebühren für Nicht-Euro-Transaktionen zu senken, entwickelt Grundsätze für die Qualität von Vergleichswebsites, die sich mit Finanzprodukten befassen, und schließt ihre Arbeit zur transparenten Preisgestaltung bei Autovermietungen ab.

Auch geringfügige Forderungen zählen

Überarbeitete Vorschriften, die das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen zügiger, billiger und einfacher machen sollen, traten im Laufe des Jahres in Kraft. Die Vorschriften umfassen nunmehr Forderungen in Höhe von bis zu 5 000 EUR (zuvor 2 000 EUR) und vereinfachen das Verfahren.

Schutz der Verbraucher im Internet

Die zunehmende Bedeutung des elektronischen Geschäftsverkehrs und die zunehmende Verbreitung von Online-Shops und Online-Diensten stellen neue Herausforderungen für die Durchsetzung der Verbraucherschutzvorschriften dar. Im Dezember wurde eine neue Verordnung erlassen, um sicherzustellen, dass die nationalen Behörden stärkere Befugnisse zur Bekämpfung illegaler Online-Praktiken im Binnenmarkt erhalten. Damit wird ein EU-weites Koordinierungsverfahren eingeführt, um solche Praktiken von multinationalen Unternehmern effizient und kohärent anzugehen. Die Verordnung wird am 17. Januar 2020 in Kraft treten.

Zu zwei wichtigen Vorschlägen in Bezug auf Vertragsvorschriften gab es Fortschritte bei den Verhandlungen; diese betreffen die Bereitstellung digitaler Inhalte sowie den Online-Warenhandel. Im Oktober wurde von der Kommission ein geänderter Vorschlag vorgelegt, mit dem ein kohärentes Konzept für den Online- und den Offline-Warenhandel gewährleistet werden soll. Damit wird der Anwendungsbereich der zweiten Initiative vom Online-Warenhandel auf alle derartigen Verkäufe ausgeweitet. Ziel ist der Schutz von Verbrauchern, die Waren oder digitale Inhalte erwerben.

Prüfung der Eignung verbraucherrechtlicher Vorschriften

Ein Eignungstest des EU-Verbraucherrechts im Mai ergab, dass die Menschen in der EU zwar über weitreichende Rechte verfügen, jedoch noch Spielraum für eine Verbesserung des Verbraucherschutzes im Binnenmarkt besteht. Diese Verbesserung ließe sich insbesondere dadurch erzielen, dass bestehende Rechte besser bekannt gemacht werden und dafür gesorgt wird, dass sie wirksam durchgesetzt werden.

rescEU

Der Solidaritätsfonds der Europäischen Union wurde mehrmals zur Unterstützung Italiens, des Vereinigten Königreichs, Zyperns und Portugals mobilisiert, die in den Jahren 2015, 2016 und 2017 von Naturkatastrophen heimgesucht worden waren.

Ein französisches Löschflugzeug vor dem Abflug nach Italien, um dort bei der Bekämpfung von Waldbränden zu helfen – ein Zeichen der Solidarität innerhalb der EU. © European Union/ECHO/Claire Kowalewski

Ein französisches Löschflugzeug vor dem Abflug nach Italien, um dort bei der Bekämpfung von Waldbränden zu helfen – ein Zeichen der Solidarität innerhalb der EU.

Allein im Jahr 2017 kamen in der EU mehr als 200 Menschen durch Naturkatastrophen ums Leben und wurde mehr als 1 Million Hektar Wald vernichtet. Als Reaktion darauf, dass Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren vermehrt von Naturkatastrophen betroffen waren, schlug die Kommission im November vor, das Katastrophenschutzverfahren der Union um ein neues System namens rescEU zu erweitern, das die Katastrophenabwehrkapazität insgesamt erhöhen soll.

Hierdurch soll eine Reserve der eigenen Kapazitäten der Europäischen Union geschaffen und die Unterstützung im Rahmen eines Europäischen Katastrophenschutz-Pools gebündelt werden. Zudem wird das Ziel verfolgt, Investitionen in Präventions- und Vorsorgemaßnahmen zu stärken. Der Vorschlag trägt in ausgewogener Weise der Solidarität in der EU und der Verantwortung der Mitgliedstaaten Rechnung und leistet so einen Beitrag zum Erreichen des Ziels eines „Europas, das Schutz bietet“.

KAPITEL 8

Auf dem Weg zu einer neuen Migrationspolitik

„Die jüngsten furchtbaren Vorfälle im Mittelmeer haben uns gezeigt, dass Europa seinen Umgang mit der Migration in jeder Hinsicht verbessern muss. Dies ist zuallererst ein Gebot der Menschlichkeit. Nach meiner Überzeugung müssen wir im Geiste der Solidarität eng zusammenarbeiten.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

© istockphoto.com/Joel Carillet

© istockphoto.com/Joel Carillet

In den vergangenen Jahren war Europa mit einem beispiellosen Zustrom von Asylbewerbern und anderen Migranten konfrontiert. Seit Beginn der Krise haben rund drei Millionen Menschen in der Europäischen Union internationalen Schutz beantragt – zumeist Menschen, die vor Krieg und Terror in Syrien und anderen Ländern geflohen sind. Die EU leistet hier Hilfe an vorderster Front. Allein im Jahr 2016 haben die EU-Mitgliedstaaten über 720 000 Flüchtlingen Asyl gewährt und diese neu angesiedelt – dreimal so viele wie Australien, Kanada und die USA zusammen.

Um diese Herausforderung zu bewältigen, wurden 2016 zahlreiche neue EU-Maßnahmen ins Leben gerufen. Sie wurden 2017 ausgebaut. Dazu zählen beispielsweise Rettungseinsätze, etwa um mehr Menschen auf See zu bergen, die Sicherung der EU-Außengrenzen, insbesondere durch das „Hotspot“-Konzept, sowie die Schaffung der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache. Ferner wurden die Anstrengungen zur Umverteilung und Neuansiedlung von schutzbedürftigen Menschen verstärkt. Weitere Schwerpunkte waren die Entwicklung eines faireren Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, der bessere Schutz unbegleiteter Minderjähriger sowie neue Maßnahmen im Kampf gegen Schleuser.

Zudem ging es darum, neue Wege für die legale Migration zu schaffen und die Integration von Flüchtlingen und anderen Migranten in den Arbeitsmarkt zu fördern. Darüber hinaus stockte die EU im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und des Fonds für die innere Sicherheit ihren finanziellen Beitrag zur Entwicklung eines gemeinsamen Konzepts für die effiziente Steuerung der Migrationsströme auf.

2017 hat die EU auch die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern der Migranten verstärkt, um die Ursachen irregulärer Migration anzugehen und die Schleuserkriminalität zu bekämpfen. Die EU unterstützte diese Länder bei der Verbesserung ihrer Strategien für Grenzmanagement und Migration sowie bei der Verbesserung ihrer Aufnahmebedingungen. Zahlreiche Projekte und Programme wurden über den Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika gefördert. Ferner verstärkte die EU ihre Rückkehr- und Rückführungsaktionen.

Die Europäische Migrationsagenda

2017 hat die Europäische Kommission die Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda fortgeführt und Maßnahmen zur Bewältigung der weiter bestehenden Herausforderungen vorgeschlagen. Zudem setzte sie sich dafür ein, der EU insbesondere in den Bereichen irreguläre Migration, Grenzen, Asyl und legale Migration Instrumente für eine bessere mittel- und langfristige Migrationssteuerung an die Hand zu geben.

Hilfe für Menschen in Not

Seit 2015 haben die griechischen und italienischen Behörden mit Unterstützung der Europäischen Grenz- und Küstenwache sowie der Operation „Sophia“ dazu beigetragen, mehr als 620 000 Menschenleben in der Ägäis und im Mittelmeer zu retten. Mit Unterstützung der türkischen Behörden und der NATO geht die EU gegen kriminelle Schleusernetzwerke im zentralen Mittelmeer und in der Ägäis vor.

2017 wurde insgesamt 313 050 Asylbewerbern internationaler Schutz gewährt.

Ferner legte die Kommission im Laufe des Jahres mehrere Fortschrittsberichte über die Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda vor, mit denen die Migrationsströme stabilisiert und die Außengrenzen besser gesichert werden sollen. Im Vordergrund standen dabei die Themen Umverteilung und Neuansiedlung, die Umsetzung der Erklärung EU-Türkei‚ die Einsätze der Europäischen Grenz- und Küstenwache und der Migrationspartnerschaftsrahmen. In den Berichten wurden erhebliche Fortschritte in allen Bereichen und die Maßnahmen skizziert, die als Nächstes anstehen.

Darüber hinaus stellte die Kommission im April vorrangige Maßnahmen zum Schutz minderjähriger Migranten vor, die über die im Zuge der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vorgeschlagenen zusätzlichen Garantien hinausgehen. Eine dieser Maßnahmen betrifft die Integration der Migrantenkinder im Ankunftsland, was u. a. deren ordnungsgemäße Identifizierung sowie gute Aufnahmebedingungen und den Zugang zur Bildung voraussetzt.

EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos im Flüchtlingslager Moria. Lesbos, Griechenland, 16. März 2017.

EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos im Flüchtlingslager Moria. Lesbos, Griechenland, 16. März 2017.

Umverteilung und Neuansiedlung

Die meisten EU-Mitgliedstaaten beteiligen sich inzwischen an der Umverteilung innerhalb der EU, um Griechenland und Italien zu entlasten. Im November legte die Kommission ihren jüngsten Fortschrittsbericht zur Europäischen Migrationsagenda vor. 2017 wurden im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Personen umverteilt, was zeigt, dass das Konzept funktioniert, wenn alle Seiten ihren Verpflichtungen nachkommen. Allein im Jahr 2017 waren es 22 215 Personen. Seit September 2015 wurden insgesamt 33 140 Menschen umverteilt, davon 21 704 aus Griechenland und 11 436 aus Italien. Das sind 93 % aller infrage kommenden Personen. Es ist also möglich, das wichtigste Ziel der Notfall-Regelung zu erreichen: die Umverteilung aller berechtigten Antragsteller aus Griechenland und Italien. Zwar waren die meisten Mitgliedstaaten aktiv, haben regelmäßig Zusagen gemacht und Menschen aufgenommen, es gibt jedoch auch einige Ausnahmen. Daher hat die Kommission 2017 gegen drei Mitgliedstaaten (Tschechische Republik, Ungarn und Polen), die den Umsiedlungsbeschlüssen des Rates der Europäischen Union von 2015 nicht nachgekommen sind, Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Im Dezember 2017 beschloss sie, diese Mitgliedstaaten vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen.

Seit Juli 2015 gibt es Neuansiedlungsregelungen, die Menschen, die internationalen Schutz benötigen, einen sicheren und legalen Weg nach Europa eröffnen. Mehr als 26 000 Menschen wurden in 21 EU-Mitgliedstaaten sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz neu angesiedelt. Im September forderte die Kommission die Mitgliedstaaten auf, zusätzlich mindestens 50 000 Personen, die in den nächsten zwei Jahren (bis zum 31. Oktober 2019) internationalen Schutz benötigen, aus Jordanien, dem Libanon, der Türkei und den afrikanischen Ländern entlang der Migrationsroute über den zentralen Mittelmeerraum neu anzusiedeln. Bis Ende 2017 wurden Zusagen für die Neuansiedlung von insgesamt 39 839 Menschen gemacht.

Die Erklärung EU-Türkei

Die Erklärung EU-Türkei hat zu weiteren konkreten Ergebnissen geführt und eine wirksame Steuerung der Migrationsströme im östlichen Mittelmeerraum ermöglicht. Die Zahl der Grenzübertritte blieb konstant bei rund 86 pro Tag, wobei die Zahl der Todesopfer erheblich zurückging. Die Zahl der Neuankömmlinge ging im Vergleich zum Zeitraum vor der Umsetzung der Erklärung um 97 % zurück. Darüber hinaus wurden die Rückführungsaktionen beschleunigt: 2 032 Migranten wurden rückgeführt, davon 228 Menschen aus Syrien.

Die EU und die Türkei haben rascher finanzielle Unterstützung im Rahmen der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei geleistet. Die im Rahmen der Fazilität zur Verfügung stehenden 3 Mrd. EUR wurden bereits zugewiesen und insgesamt 1,85 Mrd. EUR bislang ausgezahlt. 2017 haben fast 1,2 Millionen Flüchtlinge in der Türkei Hilfe durch das soziale Sicherheitsnetz für Notsituationen erhalten; künftig dürfte die Zahl der Syrer, die davon profitieren, wohl auf bis zu 1,3 Millionen steigen. Auch beim Thema der Neuansiedlung wurden Fortschritte erzielt: Bis Ende Dezember wurden im Rahmen der Erklärung mehr als 11 700 Syrer aus der Türkei in 16 Mitgliedstaaten neu angesiedelt.

ANKÜNFTE AN DEN SEEGRENZEN DER EU

Infografik: Die EU-Türkei-Erklärung hat weiter konkrete Ergebnisse gezeigt und eine wirksame Steuerung der Migrationsströme entlang der östlichen Mittelmeeroute ermöglicht. Die Ankünfte sind um 97 % von 1 700 pro Tag vor der Erklärung auf durchschnittlich 84 pro Tag seit dem Umsetzungsbeginn am 21. März 2016 gesunken. Die Zahl der Todesopfer ist ebenfalls erheblich zurückgegangen.

Rückkehr/Rückführung und Rückübernahme

Die Kommission wies im März darauf hin, dass die EU ihre Politik im Bereich der Rückkehr/Rückführung mit der Einführung eines neuen Aktionsplans für die Rückkehr und einer Reihe von Empfehlungen, wie die Mitgliedstaaten ihre Verfahren wirksamer gestalten können, stärken müsse. Im September folgte ein überarbeitetes Handbuch zum Thema Rückkehr. Die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Rückkehr/Rückführung irregulärer Migranten – einer der Schwerpunkte der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache – hat zu positiven Ergebnissen geführt. Die Zahl der von der Agentur koordinierten Rückkehraktionen ist weiter angestiegen: Im Jahr 2017 wurden insgesamt 350 derartige Aktionen durchgeführt.

Bekämpfung der Migrantenschleusung

Die Umsetzung des im Mai 2015 angenommenen EU-Aktionsplans gegen die Schleusung von Migranten wurde fortgeführt. Seit seiner Einrichtung im Jahr 2016 hat das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung in mehr als 2 000 Fällen grundlegende Unterstützung und in mehr als 90 vorrangigen Fällen umfassende Unterstützung geleistet. Die Kommission richtete 2017 ein Netz nationaler Kontaktstellen ein, um die strategische Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern und Informationen sowie bewährte Verfahren zur Bekämpfung der Migrantenschleusung auszutauschen.

Rettung von Menschenleben auf See und Umsetzung des „Hotspot“-Konzepts

Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache

Seit 2017 ist die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache einsatzfähig. Die Agentur unterstützt die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen mit über 1 700 Grenzschutzbeamten und anderen Bediensteten. Ferner wurden ein Soforteinsatzpool mit Experten sowie ein Ausrüstungspool für Soforteinsätze eingerichtet, die für dringende Grenzsicherungseinsätze mobilisiert werden können.

Die Rolle und der Tätigkeitsbereich der Agentur wurden gestärkt und erheblich ausgeweitet. Die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Rückkehr/Rückführung irregulärer Migranten ist mittlerweile eine ihrer wichtigsten Prioritäten. Darüber hinaus trägt die Agentur zur Aufdeckung und Prävention grenzüberschreitender Kriminalität bei. Ein weiterer Schwerpunkt ist die stärkere Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Nun geht es vorrangig darum, das verbesserte Instrumentarium der Agentur umfassend zu nutzen.

„Hotspots“ und Unterstützung für Griechenland und Italien

2017 wurde sowohl in Griechenland als auch in Italien weiter an der Umsetzung des „Hotspot“-Konzepts gearbeitet. Dabei geht es um die Bereitstellung operativer und finanzieller Unterstützung durch die EU und die zuständigen EU-Agenturen, beispielsweise durch das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache und die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung. 2017 entsandte die Europäische Grenz- und Küstenwache im Rahmen verschiedener Einsätze über 1 000 Bedienstete nach Griechenland und Italien. Darüber hinaus hat das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen 153 Beamte entsandt, um die griechischen und italienischen Behörden bei der Abnahme von Fingerabdrücken, der Registrierung von Flüchtlingen sowie bei Sicherheitsüberprüfungen zu unterstützen. Ferner hat die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung 24 Beamte entsandt.

AKTUELLE EINSÄTZE DER EUROPÄISCHEN AGENTUR FÜR DIE GRENZ- UND KÜSTENWACHE

Infografik: Seit Juni 2017 ist die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache voll einsatzfähig. Die Agentur unterstützt die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen mit über 1 700  Grenzschutzbeamten und anderen Bediensteten. Die neue Europäische Grenz- und Küstenwache unterstützt nun die nationalen Grenzschutzbeamten in Griechenland, Italien, Spanien, Bulgarien und auf dem westlichen Balkan bei den Patrouillen.

Dank dieser Maßnahmen konnten die Lebensbedingungen in den griechischen Hotspots verbessert werden. Da in der ersten Jahreshälfte über die zentrale Mittelmeerroute zahlreiche Migranten an der italienischen Küste ankamen, war Italien jedoch weiterhin einem mit den Vorjahren vergleichbaren hohen Migrationsdruck ausgesetzt. Um rasch auf die sich bereits vorab abzeichnende Problematik zu reagieren, hat die Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst im Januar die gemeinsame Mitteilung „Migration über die zentrale Mittelmeerroute – Ströme steuern, Leben retten“ angenommen.

Infolge eines saisonbedingten Anstiegs der Neuankünfte legte die Kommission im Juli einen weiteren Aktionsplan zur Unterstützung Italiens vor, der sich wie die Mitteilung vom Januar auf folgende fünf Schlüsselbereiche konzentriert: Rettung von Menschenleben, Kampf gegen Schleuserkriminalität und Menschenhandel in Libyen (u. a. durch ein von der EU kofinanziertes Projekt in Höhe von 46,3 Mio. EUR), verstärkte Zusammenarbeit mit wichtigen Drittländern, Intensivierung der Rückführungsaktionen und Schaffung von mehr Solidarität in der EU.

Grenzmanagement

Schengen

Im Herbst 2015 beschlossen mehrere Schengen-Staaten, an bestimmten Binnengrenzen vorübergehend wieder Kontrollen einzuführen. Auf Vorschlag der Kommission empfahl der Rat im Mai 2016 Österreich, Dänemark, Deutschland, Norwegen und Schweden (die von Sekundärbewegungen entlang der Westbalkanroute besonders betroffen waren), an bestimmten Abschnitten ihrer Binnengrenzen wieder vorübergehend Kontrollen einzuführen. Im Einklang mit den Schengen-Vorschriften wurde diese Empfehlung anschließend dreimal verlängert, zuletzt im Mai 2017.

Die Kommission ist weiterhin fest entschlossen, so bald wie möglich wieder zu einem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen zurückzukehren. In ihrer Empfehlung vom 12. Mai 2017 zu verhältnismäßigen Polizeikontrollen und zur polizeilichen Zusammenarbeit im Schengen-Raum ersuchte die Kommission die Schengen-Staaten, anstelle der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen anderen Maßnahmen – z. B. Polizeikontrollen – den Vorzug zu geben.

Im September stellte die Kommission klar, dass die von den fünf vorgenannten Schengen-Staaten durchgeführten Grenzkontrollen bis Mitte November aufzuheben seien. Gleichzeitig erinnerte sie an die Vorschriften, die ein Schengen-Staat einhalten muss, wenn er die vorübergehende Einführung von Grenzkontrollen für gerechtfertigt und erforderlich hält. Sechs Schengen-Staaten teilten der Kommission jedoch ihre Absicht mit, auf der Grundlage verschiedener Bestimmungen des Schengener Grenzkodexes befristete Kontrollen an den Binnengrenzen aufrechtzuerhalten. Seit Ende 2017 überprüft die Kommission diese Mitteilungen. Außerdem schlug die Kommission im September vor, den Schengener Grenzkodex zu überarbeiten und die einschlägigen Bestimmungen für die Wiedereinführung von vorübergehenden Binnengrenzkontrollen an den aktuellen Bedarf anzupassen. Damit soll es künftig möglich sein, auf sich verändernde und anhaltende ernsthafte Bedrohungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit zu reagieren; vorübergehende Kontrollen an den Binnengrenzen sollen jedoch die Ausnahme bleiben und zeitlich begrenzt sein.

Bessere Kontrollen an den EU-Außengrenzen

Im April traten neue Vorschriften in Kraft, mit denen sichergestellt werden soll, dass alle Reisenden, die die Außengrenzen der EU überschreiten, durch Abfrage der einschlägigen Datenbanken wie dem Schengener Informationssystem überprüft werden. Das System enthält mittlerweile 70 Millionen Ausschreibungen; im Jahr 2016 wurden vier Milliarden Abfragen vorgenommen. Dadurch ist es für Personen, die eine Gefahr für die Sicherheit darstellen – auch wenn es sich um EU-Bürger handelt, die aus Drittstaaten zurückkehren, – schwieriger, unbemerkt über die Grenze zu gelangen.

2016 schlug die Kommission vor, das Schengener Informationssystem zu optimieren, um die Strafverfolgungsbehörden im Kampf gegen den Terrorismus besser zu unterstützen, das Grenzmanagement zu verbessern und einen wirksamen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Außerdem wird im Februar 2018 ein automatisiertes Fingerabdruck-Identifizierungssystem eingeführt, um Terroristen und andere Straftäter zu ermitteln, die versuchen, unter falscher Identität in den Schengen-Raum einzureisen. Ferner hat die Kommission ein Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem vorgeschlagen, mit dem alle Personen, die visumfrei in den Schengen-Raum einreisen, vorab Sicherheitskontrollen unterzogen werden sollen. Das System wird dazu beitragen, Gefährder zu ermitteln, bevor sie die EU-Grenzen erreichen, gleichzeitig aber den meisten Reisenden weiterhin ein visumfreies Reisen ermöglichen. Der Rat hat im Juni seinen Standpunkt zu dem Vorschlag festgelegt. Darüber hinaus soll das Außengrenzenmanagement ab 2020 durch ein neues Einreise-/Ausreisesystem modernisiert werden, mit dem personenbezogene Daten von Drittstaatsangehörigen sowie die Zeit, das Datum und der Ort ihrer Ein- und Ausreise erfasst werden.

EUROPÄISCHES REISEINFORMATIONS- UND -GENEHMIGUNGSSYSTEM

Infografik: Die Kommission arbeitet an einem Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystem zur Verstärkung der Sicherheitskontrollen bei nicht visumpflichtigen Reisenden. Mit dem System sollen Informationen erhoben werden, die vorab Kontrollen zu irregulärer Migration und Sicherheitskontrollen ermöglichen. Das wird helfen, Personen zu ermitteln, von denen möglicherweise ein Risiko irregulärer Migration oder ein Sicherheitsrisiko ausgeht, bevor sie die Grenze erreichen, was die Sicherheit der Außengrenzen deutlich verbessern wird.

Neue legale Wege in die EU und Verbesserung bestehender Möglichkeiten

Im September haben das Europäische Parlament und der Rat ihre Verhandlungen über den Vorschlag für eine überarbeitete Blaue Karte aufgenommen, die es der EU künftig besser ermöglichen soll, hoch qualifizierte Fachkräfte aus Drittländern zu gewinnen und zu halten.

Im Juli 2016 schlug die Kommission einen EU-Neuansiedlungsrahmen vor: Durch eine gemeinsame europäische Neuansiedlungspolitik soll künftig Personen, die internationalen Schutz benötigen, ein legaler und sicherer Weg nach Europa eröffnet werden. Der Rat legte seinen Standpunkt im November 2017 fest; die Verhandlungen mit dem Parlament wurden im Dezember aufgenommen.

Integration von Drittstaatsangehörigen

2017 führte die Kommission mehrere Maßnahmen des Aktionsplans für die Integration von Drittstaatsangehörigen durch. In Deutschland und in Schweden fand ein erster Austausch bewährter Verfahren im Rahmen des neu geschaffenen Europäischen Integrationsnetzes statt.

Darüber hinaus hat die Kommission 2017 mehrere Maßnahmen ergriffen, um Arbeitgeber und andere Wirtschafts- und Sozialpartner zu mobilisieren, insbesondere mit dem Start ihrer Initiative „Arbeitgeber gemeinsam für Integration“ im Mai, die den Anstoß für die Erklärung über eine europäische Integrationspartnerschaft im Dezember gab. Ein mehrsprachiges Online-Tool zur Erstellung von Kompetenzprofilen für Drittstaatsangehörige, das von der Kommission im Rahmen der neuen europäischen Agenda für Kompetenzen entwickelt und eingeführt wurde, soll die frühzeitige Ermittlung und Erfassung der Kompetenzen und Qualifikationen von Asylbewerbern, Flüchtlingen und anderen Migranten ermöglichen. Diese Initiativen verdeutlichen die Bemühungen von Kommission, Arbeitgebern und anderen Sozialpartnern, Flüchtlinge und Migranten mit rechtmäßigem Aufenthaltsstatus in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Auch 2017 wurden aus dem Europäischen Programm für Beschäftigung und soziale Innovation und dem Europäischen Sozialfonds Maßnahmen finanziert, um Flüchtlinge und ihre Familien in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Beim Europäischen Semester 2017 lag der Schwerpunkt ebenso zunehmend auf den Herausforderungen, mit denen Migranten und Flüchtlinge bei ihrer Integration konfrontiert sind.

Visumpolitik

Seit Dezember 2017 können alle bulgarischen und rumänischen Staatsbürger visumfrei nach Kanada reisen. Die USA sind somit nun das einzige Drittland, das nicht allen EU-Bürgern einen visumfreien Zugang gewährt, obwohl die eigenen Staatsbürger visumfrei in die EU reisen können. Wie in ihrem letzten Bericht über die Gegenseitigkeit bei der Visumpflicht von Dezember erwähnt, setzt die Kommission diesbezüglich ihre Gespräche mit den Vereinigten Staaten und den fünf betroffenen Mitgliedstaaten (Bulgarien, Kroatien, Zypern, Polen und Rumänien) fort.

FINANZIELLE UNTERSTÜTZUNG AUS DEM ASYL-, MIGRATIONS- UND INTEGRATIONSFONDS SOWIE AUS DEM FONDS FÜR DIE INNERE SICHERHEIT (2014-2020)

Infografik: Mit einem Gesamtetat von fast 7 Mrd. bzw. 4,2 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014-2020 sind der Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und der Fonds für die innere Sicherheit die wichtigsten Finanzinstrumente der EU für Investitionen in ein offenes und sicheres Europa. Der Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds trägt zur wirksamen Steuerung von Migrationsströmen und zur Entwicklung eines gemeinsamen Konzepts für Asyl und Migration bei. Über den Fonds für die innere Sicherheit wird die Umsetzung der erneuerten Strategie der inneren Sicherheit der EU unterstützt, und es werden Maßnahmen im Bereich der Zusammenarbeit in der Strafverfolgung und des Managements der EU-Außengrenzen finanziert.

Im Zuge der Visaliberalisierung wurde georgischen Staatsangehörigen im März für Kurzaufenthalte von bis zu 90 Tagen im Schengen-Raum die visumfreie Einreise in den Schengen-Raum gestattet. Ukrainische Staatsbürger können seit Juni visumfrei reisen. Im Dezember erstattete die Kommission über den geänderten Aussetzungsmechanismus Bericht, der ebenfalls im März in Kraft trat. Zwar sind die Voraussetzungen für die Visaliberalisierung nach wie vor erfüllt, jedoch hat die Kommission angemahnt, dass sich die betreffenden Drittländer weiterhin dafür einsetzen müssen, die erforderlichen Benchmarks zu erfüllen, d. h., sie müssen u. a. die irreguläre Migration gezielter angehen und die Prävention und Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption verbessern.

Finanzielle Unterstützung für die effiziente Steuerung der Migration

Die EU-Fonds im Bereich „Inneres“ sind wichtige politische Instrumente zur Bewältigung der aktuellen migrationspolitischen Herausforderungen; die finanzielle Unterstützung aus diesen Fonds war daher auch 2017 beträchtlich. Aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (1,4 Mrd. EUR) und dem Fonds für die innere Sicherheit (692 Mio. EUR) wurde auch 2017 der Aufbau von Kapazitäten unterstützt. Finanziert wurden humanitäre, materielle und medizinische Hilfe sowie die Entwicklung der operativen Zusammenarbeit. Im Rahmen der nationalen Programme der Mitgliedstaaten wurden zusätzliche Mittel bereitgestellt (634 Mio. EUR aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und 168 Mio. EUR aus dem Fonds für die innere Sicherheit).

Zusätzlich wurden den Mitgliedstaaten mehr als 743 Mio. EUR zur Verfügung gestellt, mit denen während der Laufzeit dieser Fonds rasch dringender operativer Bedarf gedeckt werden kann. Parallel dazu trugen die Treuhandfonds und andere außenpolitische Instrumente der EU dazu bei, die wichtigsten Herausforderungen in Drittländern zu bewältigen.

KAPITEL 9

Mehr Gewicht auf der internationalen Bühne

„In der Außenpolitik brauchen wir ein stärkeres Europa. Die Ukraine-Krise und die besorgniserregende Lage im Nahen Osten zeigen, wie wichtig es ist, dass Europa nach außen hin zusammensteht.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

Im Mittelpunkt der Außen- und Sicherheitspolitik der EU stehen die Förderung von Frieden und Sicherheit, der Entwicklungszusammenarbeit, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit sowie die Reaktion auf humanitäre Notfälle und Klimakatastrophen.

Auf internationaler Ebene setzt sich die EU mit den ihr zur Verfügung stehenden diplomatischen, politischen, wirtschaftlichen, sicherheitspolitischen und humanitären Mitteln für die friedliche Lösung von Konflikten, insbesondere in Libyen, Syrien und der Ukraine, ein.

Sie hat im Jahr 2017 die Umsetzung der Atomvereinbarung mit Iran weiter beaufsichtigt, wobei in mehreren Bereichen Fortschritte zu verzeichnen waren. Sie wirkte außerdem auf ein geschlossenes Auftreten gegenüber Nordkorea hin.

Im Anschluss an die Veröffentlichung des Reflexionspapiers über die Zukunft der europäischen Verteidigung und der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union erzielte die EU weiterhin bemerkenswerte außen- und sicherheitspolitische Fortschritte. Die Europäische Kommission richtete einen Europäischen Verteidigungsfonds ein, um die Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit bei Produkten und Technologien der Verteidigungsindustrie zu fördern.

Der Fonds, aus dem bis 2020 bereits 90 Mio. EUR in Forschung und 500 Mio. EUR in Entwicklung investiert werden sollen, wird den Weg für einen vollständig ausgebauten Europäischen Verteidigungsfonds ebnen, der nach 2020 Mittel in Höhe von 1,5 Mrd. EUR pro Jahr bereitstellen soll.

Im Dezember beschlossen insgesamt 25 Mitgliedstaaten eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit, d. h. einen rechtlich verbindlichen Rahmen für eine engere Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit und Verteidigung. Damit wurde ein Meilenstein in der Entwicklung der Europäischen Union erreicht.

Die Unterstützung der Vereinten Nationen und ihrer Ziele für nachhaltige Entwicklung im Rahmen der Agenda 2030 war ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der EU im Jahr 2017, in dem der neue Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik unterzeichnet wurde. Die Kommission schlug eine neue europäische Investitionsoffensive für Drittländer vor, die Investitionen in Afrika sowie den Nachbarländern der EU mobilisieren und auf diese Weise die Partnerschaften der EU stärken und zum Erreichen der Ziele für nachhaltige Entwicklung beitragen soll.

Die EU stellte für 120 Millionen Menschen in 80 Ländern humanitäre Hilfe, Nahrungsmittel, Unterkünfte, Bildungsmöglichkeiten und medizinische Versorgung bereit und bewies so ihre Solidarität mit Menschen in aller Welt.

Die Nachbarschaft der Europäischen Union

Die Europäische Nachbarschaftspolitik ist Ausdruck des Bestrebens der EU, auf gemeinsamen Interessen mit den östlich und südlich gelegenen Partnerländern aufzubauen; hier findet auch die Zusage der EU, im Interesse der Stabilität in Schlüsselbereichen zusammenzuarbeiten, ihren Niederschlag. Zu diesen vorrangigen Bereichen zählt die Förderung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Achtung der Menschenrechte und des sozialen Zusammenhalts.

Georgiern und Ukrainern wurde 2017 die visumfreie Einreise in die EU gestattet. Zudem traten wichtige Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien beziehungsweise Moldau und der Ukraine in Kraft, welche die Reformen beschleunigen und die Schaffung von Freihandelszonen ermöglichen werden. Die EU forderte erneut eine friedliche Beilegung des Konflikts in der Ostukraine durch vollständige Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Diese im September 2014 und im Februar 2015 geschlossenen Vereinbarungen zielen auf eine tragfähige politische Lösung des Konflikts ab, die die Unabhängigkeit, die Souveränität und die territoriale Integrität des Landes wahrt. Die EU erhielt außerdem die Sanktionen gegen Russland aufrecht. Grund hierfür sind sowohl die rechtswidrige Annexion der Krim und Sewastopols als auch die Rolle Russlands bei der Destabilisierung der Ukraine.

Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk auf dem 19. EU-Ukraine-Gipfel. Kiew, Ukraine, 12./13. Juli 2017.

Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk auf dem 19. EU-Ukraine-Gipfel. Kiew, Ukraine, 12./13. Juli 2017.

Überdies unterstützte die EU Georgien, Jordanien, Moldau, Tunesien und die Ukraine mit Makrofinanzhilfeprogrammen, ergänzt durch finanzielle Hilfen des Internationalen Währungsfonds. Damit soll diesen, der EU geografisch, wirtschaftlich und politisch nahestehenden Ländern geholfen werden, wirtschaftliche oder finanzielle Krisen zu überwinden.

Auf dem fünften Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft im November wurde sowohl seitens der EU als auch ihrer sechs Partnerländer – Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldau und die Ukraine – das klare und fortdauernde Bekenntnis zur Partnerschaft bekräftigt. In der gemeinsamen Erklärung auf dem Gipfeltreffen begrüßten die EU und ihre Partner die „20 Ziele für 2020“ als den richtigen Weg, um die Zusammenarbeit auf greifbare Ergebnisse hin zu orientieren, von denen die Menschen profitieren. Am Rande des Gipfels wurde das neue umfassende und verstärkte Partnerschaftsabkommen mit Armenien unterzeichnet.

Russland

Die EU erhält die restriktiven Maßnahmen aufrecht, die gegen Russland aufgrund seiner Rolle bei der Destabilisierung der Ukraine ergriffen und im Dezember 2017 verlängert wurden. Voraussetzung für ihre Aufhebung ist nach wie vor die vollständige Umsetzung der Minsker Vereinbarungen. Die EU konzentrierte sich unterdessen weiter auf eine selektive Zusammenarbeit mit Russland etwa bei außenpolitischen und globalen Fragen und verstärkte ihre Unterstützung für die russische Zivilgesellschaft und direkte persönliche Kontakte zwischen Bürgerinnen und Bürgern der EU und Russlands. Der Menschenrechtslage in Russland und den Einschränkungen für die Zivilgesellschaft galt weiter das Hauptaugenmerk der EU.

Die südliche Nachbarschaft der Europäischen Union

Im Laufe des Jahres setzte die EU die Verhandlungen über Prioritäten der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit in der Partnerschaft fort. Sie vereinbarte solche Prioritäten mit Algerien und Ägypten.

Die EU stellte fast 170 Mio. EUR zur Verfügung, um Migranten zu schützen, Migrationsstrategien umzusetzen und eine wirksame freiwillige Rückführung von Migranten aus Ägypten, Libyen, Marokko und Tunesien sowie ihre Wiedereingliederung in ihren Herkunftsländern zu ermöglichen. Die EU intensivierte zudem ihre Unterstützung Tunesiens beim Übergang zur Demokratie und bei der wirtschaftlichen Erholung des Landes.

Im Juli trat die EU der Partnerschaft für Forschung und Innovation im Mittelmeerraum bei und verpflichtete sich dabei, in den nächsten Jahren bis zu 220 Mio. EUR in die regionale Zusammen­arbeit zur Verbesserung der Wasserressourcen und der Ernährungssysteme zu investieren. Diese Verbesserungen sind notwendig, weil die derzeitige schwere Wasserknappheit und zurückgehende Ernteerträge sich auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auswirken, zu politischer Instabilität führen und kurzfristige Migrationsbewegungen fördern. Die EU engagierte sich weiter für Libyen und seinen Weg hin zur Demokratie und unterstützte die Vermittlungsbemühungen der Vereinten Nationen. Auf einer Ministertagung zur Zusammenarbeit zwischen der EU und Libyen im April standen die Themen Bildung und Erziehung sowie Gesundheit im Vordergrund.

Das ganze Jahr 2017 über setzte die EU die Förderung der regionalen Zusammenarbeit mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums im Rahmen der Union für den Mittelmeerraum, der Arabischen Liga und der Anna-Lindh-Stiftung fort.

Die westlichen Balkanstaaten und der Erweiterungsprozess

Die EU unterstützte die Länder des westlichen Balkans weiter bei ihren Bemühungen um eine Aufnahme in die EU. Die Beitrittsverhandlungen mit Montenegro und Serbien wurden fortgeführt. Das intensive Engagement der EU sowie die bei Reformen und Demokratieaufbau in Albanien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien erzielten Fortschritte ebneten den Weg für weitere Schritte bei der Integration der beiden Länder in die EU. Darüber hinaus unterstützte die EU Reformen in Bosnien und Herzegowina sowie im Kosovo (diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zu dessen Status und steht im Einklang mit der Resolution 1244/1999 des VN-Sicherheitsrates und dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovos). Die EU fördert außerdem den Aussöhnungsprozess und sucht Reibungen zwischen den Ländern der Region zu verringern.

Die Hohe Vertreterin und Vizepräsidentin der Kommission Federica Mogherini (Mitte) und der Bürgermeister von Nord-Mitrovica Goran Rakić (rechts) bei der feierlichen Eröffnung einer Brücke. Mitrovica, Kosovo, 4. März 2017.

Die Hohe Vertreterin und Vizepräsidentin der Kommission Federica Mogherini (Mitte) und der Bürgermeister von Nord-Mitrovica Goran Rakić (rechts) bei der feierlichen Eröffnung einer Brücke. Mitrovica, Kosovo, 4. März 2017.

Türkei

Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei wurden im Laufe des Jahres durch die ernstliche Verschlechterung der Lage hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in der Türkei belastet. Die EU stellte klar, dass sie nach wie vor bereit ist, einen Dialog mit einer stabilen, demokratischen und inklusiven Türkei zu führen. Die Erklärung EU-Türkei von 2016 zeitigte weiterhin Ergebnisse, wie der beträchtliche Rückgang der irregulären Überfahrten über die Ägäis und die geringere Zahl der Todesfälle belegen.

Westeuropa

Die EU pflegte kontinuierlich ausgezeichnete Beziehungen zu Nicht-EU-Ländern in Westeuropa, wobei Norwegen und die Schweiz zu ihren wichtigsten Handels- und Investitionspartnern zählen. Die Beziehungen zu den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Liechtenstein und Norwegen) wurden verbessert. Mit dem Vatikan wurde die Vertiefung der Beziehungen unter anderem im Bereich der Außenpolitik fortgesetzt.

Nord- und Lateinamerika

Die EU arbeitete aktiv mit der neuen Regierung der Vereinigten Staaten zusammen, unter anderem auf dem Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel, das im Mai im Rahmen von Präsident Donald Trumps erster Auslandsreise stattfand. Die Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Außenpolitik – auch gegenüber Nordkorea, Russland, Syrien und der Ukraine – sowie bei der Terrorismusbekämpfung blieb eng und ist weiter unverzichtbar.

2017 war ein wichtiges Jahr für die Beziehungen zwischen der EU und Kanada. Alle EU-Bürgerinnen und -Bürger können nun nach Kanada einreisen, ohne ein Visum zu beantragen, und das Freihandelsabkommen mit Kanada wurde im September erstmals vorläufig angewendet.

In Zeiten des Wandels in ganz Lateinamerika setzte die EU ihre Bemühungen um eine Modernisierung und Intensivierung der Beziehungen mit ihren Partnern fort; zu ihnen zählen Chile, Kuba, Mexiko, der Mercosur-Handelsblock und einige karibische Länder. Des Weiteren hat die EU über die Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten ihre Beziehungen mit der gesamten Region bei einer Reihe von Themen wie Sicherheit, Unternehmen, Geschlechterpolitik und parlamentarische Beziehungen weiterentwickelt. Aufbauend auf einer jahrelangen Partnerschaft und Zusammenarbeit setzte sich die EU außerdem weiter für den Frieden in Kolumbien ein.

Wie die EU den Frieden in Kolumbien nach 52 Jahren Konflikt fördert

Wie die EU den Frieden in Kolumbien nach 52 Jahren Konflikt fördert.

China

Auf dem Gipfeltreffen zwischen der EU und China, das im Juni in Brüssel stattfand, waren bedeutende Schritte auf Gebieten wie geografische Ursprungsbezeichnungen, Zusammenarbeit im Zollwesen, staatliche Beihilfen und Verpflichtung zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens zu verzeichnen. Der Austausch über außenpolitische und regionale Fragen wurde mit Beratungen und Gesprächen über Afrika, Zentralasien, Afghanistan, Nordkorea und Syrien sowie über Terrorismus­bekämpfung und Verteidigung verstärkt. Im Mittelpunkt der Beziehungen der EU zu China stand weiter die wachsende Besorgnis über die Lage der Menschenrechte.

Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang und der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk auf dem 19. EU/China-Gipfel. Brüssel, 2. Juni 2017.

Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang und der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk auf dem 19. EU-China-Gipfel. Brüssel, 2. Juni 2017.

Asien und Pazifik

Der Verband südostasiatischer Nationen

2017 jährte sich die Aufnahme offizieller Beziehungen zwischen der EU und dem Verband südostasiatischer Nationen zum vierzigsten Mal. Die im August auf dem Gipfel in Manila, Philippinen, vorgestellten Bereiche der Zusammenarbeit für den Zeitraum 2018-2020 deckten die Themen Sicherheit, Handel, nachhaltige Entwicklung und direkte persönliche Kontakte ab.

Mittlerer Osten

Iran

Im Laufe des Jahres wurden in den Beziehungen zwischen der EU und Iran große Fortschritte erzielt, insbesondere auf den Gebieten Handel und Investitionen, Energie, Umweltschutz, Bildung und Erziehung, Forschung, Zusammenarbeit bei der zivilen Nutzung der Kernkraft, humanitäre Hilfe und Menschenrechte. Dieser erhebliche Erfolg wurde durch die Aufhebung der Nuklearsanktionen ermöglicht. Darüber hinaus wurde ein regelmäßiger Dialog mit Iran eingeführt, um eine konstruktive Zusammenarbeit bei regionalen Themen zu begründen und Ansätze zur Lösung regionaler Krisen zu fördern.

Der Nahost-Friedensprozess, Israel und die besetzten palästinensischen Gebiete

Die Zwei-Staaten-Lösung ist aufgrund von Entwicklungen vor Ort wie dem Ausbleiben wesentlicher Fortschritte bei der innerpalästinensischen Aussöhnung und verstärkter Siedlungsaktivitäten in den besetzten palästinensischen Gebieten einschließlich Ostjerusalems seitens der israelischen Regierung zunehmend bedroht. Gleichwohl bekräftigte der Europäische Rat im Dezember den Standpunkt der EU zugunsten einer Zwei-Staaten-Lösung. Die ersten Schritte hin zu einer innerpalästinensischen Aussöhnung wurden Ende des Jahres vollzogen. Die EU hat eine Überprüfung der Methoden ihrer Tätigkeit vor Ort eingeleitet, um sicherzustellen, dass sie dazu geeignet sind, eine Zwei-Staaten-Lösung voranzubringen und zu verwirklichen.

Zusammen mit ihren Mitgliedstaaten, Norwegen und der Schweiz vereinbarte die EU für den Zeitraum 2017-2020 eine Gemeinsame Europäische Strategie zur finanziellen Unterstützung Palästinas, das erste gemeinsame Hilfsprogramm in der südlichen Nachbarschaft der Europäischen Union.

Syrien

DIE KRISE IN SYRIEN

Infografik: Die Krise in Syrien ist die schlimmste humanitäre Katastrophe weltweit. Die EU ist der größte internationale Geber mit 9,4 Mrd. EUR, die die Union und ihre Mitgliedstaaten seit Ausbruch des Konflikts für humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt haben. Seit 2011 hat die Europäische Kommission als Reaktion auf die Krise in Syrien mehr als 3,9 Mrd. EUR bereitgestellt, und zwar in Form von humanitärer Soforthilfe und nicht humanitärer Hilfe, die auf den unmittelbaren bzw. den mittelfristigen Bedarf ausgerichtet sind.

Die Krise in Syrien hielt die EU und die internationale Gemeinschaft das ganze Jahr über in Atem. Im April gehörte die EU zu den Gastgebern der Brüsseler Konferenz zum Thema „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“. Die Teilnehmer sagten für 2017 5,6 Mrd. EUR zur Bewältigung der Krise zu. Die EU ist bereit, den Wiederaufbau zu unterstützen, aber erst nachdem die Konfliktparteien in Syrien sich auf eine tragfähige und inklusive politische Lösung geeinigt haben.

Die Beziehungen zwischen der EU und Afrika

Die EU ist Afrikas wichtigster Handels- und Investitionspartner und seine bedeutendste Quelle für Hilfsleistungen. Sie ist die größte Geberin öffentlicher Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe für den Kontinent. Im Mittelpunkt des fünften Gipfeltreffens zwischen der Afrikanischen Union und der Europäischen Union in Abidjan, Côte d’Ivoire, im November standen Investitionen in die immer jünger werdende Bevölkerung Afrikas. Die EU sieht auch der Zusammenarbeit mit dem afrikanischen Kontinent in dem künftigen Rechtsrahmen nach dem Auslaufen des Cotonou-Abkommens mit Interesse entgegen.

Migration: Der Ansatz der EU ist an der menschlichen Dimension ausgerichtet

Das Thema Migration stand das ganze Jahr über weit oben auf der Agenda der EU, wobei ein wichtiger Schwerpunkt der menschlichen Dimension galt. Die Zahl der Menschen, die über das Mittelmeer und durch die Sahara kamen, verringerte sich im Jahr 2017 beträchtlich. Dies ist auf eine verstärkte koordinierende Zusammenarbeit der EU mit afrikanischen Partnerländern und internationalen Organisationen sowie die Koordinierung mit den Mitgliedstaaten zurückzuführen. Darüber hinaus hat die EU-Marinemission „Operation Sophia“ die Einsätze gegen Schleuser und die Ausbildung der libyschen Küstenwache fortgesetzt. Durch den Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika wurden bereits fast 3,2 Mrd. EUR für die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Verbesserung von Qualifikationen, die Stärkung der Migrationssteuerung sowie die Verbesserung der Sicherheitsbedingungen mobilisiert, damit die betreffenden Länder ihre Wirtschaft aufbauen und andere Möglichkeiten schaffen können, die den Wunsch nach Auswanderung vermindern.

Seit dem Start des Migrationspartnerschaftsrahmens wurde in den fünf prioritären Ländern südlich der Sahara, nämlich Äthiopien, Mali, Niger, Nigeria und Senegal, eine Reihe greifbarer Ergebnisse erzielt. Ein großer Teil der geleisteten Arbeit ist in dem Fortschrittsbericht dargestellt, der 2017 von der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Vizepräsidentin Federica Mogherini, vorgelegt wurde.

Nachhaltige Entwicklung

Die EU ist weltweit die größte Geberin von Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe. Bei der EU-Hilfe geht es nicht um Wohltätigkeit, sondern um eine konkrete Investition in Menschen. Im Zeitraum 2014-2020 stellte allein die Kommission 31 Mrd. EUR an öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen für Afrika bereit.

Bei der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen bewies die EU durch die Unterzeichnung eines neuen Europäischen Konsenses über die Entwicklungspolitik weiterhin Engagement und Führungsqualitäten. Die Bemühungen zur Verwirklichung dieses neuen Ansatzes erhielten durch die europäische Investitionsoffensive für Drittländer, die bis zu 44 Mrd. EUR an zusätzlichen Investitionen in Afrika und der Nachbarschaftsregion der EU mobilisieren soll, willkommenen Auftrieb.

Die europäische Investitionsoffensive für Drittländer: ein neuer Weg zur Unterstützung Afrikas und der Nachbarländer der EU

Die europäische Investitionsoffensive für Drittländer, ein innovativer Ansatz für die Entwicklungshilfe der EU, wurde 2017 auf den Weg gebracht. Ihr wichtigster Bestandteil, der Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung, wurde am 28. September eingerichtet.

EU-Kommissar Neven Mimica besucht den Nafasi Art Space und unterhält sich mit jungen Menschen. Daressalam, Tansania, 3. November 2017.

EU-Kommissar Neven Mimica besucht den Nafasi Art Space und unterhält sich mit jungen Menschen. Daressalam, Tansania, 3. November 2017.

Die EU und die VN starten die Spotlight-Initiative zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Die EU und die VN starten die Spotlight-Initiative zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

Die Offensive bietet Anreize für Investitionen in den Partnerländern der EU in Afrika und in der Nachbarschaftsregion. Sie wird ein inklusives Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die nachhaltige Entwicklung fördern und auf diese Weise einige Ursachen der irregulären Migration bekämpfen. Dieser mit 4,1 Mrd. EUR aus dem Haushalt der EU und dem Europäischen Entwicklungsfonds dotierte Plan dürfte dank der Hebelwirkung bis 2020 Investitionen in einer Höhe von über 44 Mrd. EUR anstoßen. Die Kommission forderte auch die Mitgliedstaaten und sonstige Partner auf, zu der Investitionsoffensive beizutragen.

Die EU startete 2017 außerdem in Partnerschaft mit den Vereinten Nationen eine mit 500 Mio. EUR dotierte Initiative, mit der weltweit alle Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen beseitigt werden sollen.

Ferner legte die Kommission einen Vorschlag für das Mandat der EU für die Aufnahme förmlicher Verhandlungen über eine neue Partnerschaft mit den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean in der Zeit nach 2020 vor.

Die Handelshilfepolitik von 2007 wurde im Sinne eines breiteren Ansatzes zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung durch Handel überarbeitet, damit die Wirtschaftsbeziehungen mit den Partnerländern sich stärker auf deren Entwicklung auswirken.

Die EU als Verteidigerin der Menschenrechte

Die EU bekräftigte im Jahr 2017 ihre Rolle als führender weltweiter Akteur für die Menschenrechte. Im Juni veröffentlichte die EU eine Halbzeitbewertung ihres Aktionsplans für Menschenrechte und Demokratie (2015-2019). Darin werden Bereiche aufgezeigt, in denen die EU im verbleibenden Anwendungszeitraum des derzeitigen Aktionsplans ihre Anstrengungen zugunsten der Menschenrechte in Drittländern stärker fokussieren sollte.

Wahlbeobachtungsmissionen

Förderung der Demokratie: Wahlbeobachtungsmissionen der EU.

Entsprechend den Prioritäten der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union setzte sich die EU in Menschenrechtsdialogen, durch finanzielle Unterstützung und in multilateralen Foren entschieden für günstige Rahmenbedingungen für Nicht­regierungsorganisationen und Menschenrechtsverteidiger ein. Weltweit war die Zivilgesellschaft das ganze Jahr hindurch anhaltenden Repressionen ausgesetzt. Die EU sprach sich weiter deutlich gegen jegliche ungerechtfertigten Beschränkungen der Vereinigungsfreiheit und des Rechts, sich friedlich zu versammeln, aus.

INVESTITIONEN IN FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG FÜR INDUSTRIELLE VERTEIDIGUNGSPRODUKTE UND -TECHNOLOGIEN

Infografik: Der Europäische Verteidigungsfonds fördert die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Produktion modernster Verteidigungstechnologien und -ausrüstungen und ermöglicht Kosteneinsparungen. Der Fonds wird die EU zu einem der größten Investoren der Verteidigungsforschung in Europa machen sowie die Entwicklung vollständig kompatibler Spitzentechnologien und ein höheres Ausstattungsniveau fördern.

DER EUROPÄISCHE VERTEIDIGUNGSFONDS

Infografik: Sicherheitsbedrohungen machen nicht an nationalen Grenzen halt. Gegen sie geht man am besten gemeinsam vor. Ein ambitionierter Europäischer Verteidigungsfonds fördert die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Produktion modernster Verteidigungstechnologien und  ausrüstungen und ermöglicht Kosteneinsparungen. Der Fonds wird zu einer Europäischen Union beitragen, die ihre Bürgerinnen und Bürger verteidigt und schützt.

Sicherheit und Verteidigung

Die EU machte 2017 bei der Umsetzung der Globalen Strategie im Bereich der Sicherheit und der Verteidigung rasche Fortschritte. Die allererste gemeinsame Kommandozentrale für militärische Ausbildungs- und Beratungsmissionen der EU wurde eingerichtet. Im Anschluss an die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik über die Bewältigung hybrider Bedrohungen von 2016 wurden ein Europäisches Exzellenzzentrum zur Verbesserung der Analyse hybrider Bedrohungen und der Fähigkeiten zu ihrer Bewältigung geschaffen und die Zusammenarbeit mit der NATO verstärkt.

Im Juni richtete die Kommission einen Europäischen Verteidigungsfonds ein, aus dem bis 2020 Mittel in Höhe von 90 Mio. EUR für Investitionen in Forschung und 500 Mio. EUR für die industrielle Entwicklung von Verteidigungsprodukten und -technologien bereitgestellt werden. Über diesen Fonds werden erstmals Projekte im Bereich der Verteidigung aus dem EU-Haushalt unterstützt. Auf diese Weise wird das Risiko von Überschneidungen verringert, und die Ausgaben der Regierungen der Mitgliedstaaten werden durch die Koordinierung von Forschung und Entwicklung sowie durch gemeinsame Beschaffungen effizienter gestaltet.

Vor Ende des Jahres 2017 wurden die ersten Aufforderungen zur Einreichung von Forschungsprojekten veröffentlicht und die ersten vollständigen Finanzierungen für Forschungsprojekte im Bereich der unbemannten Systeme und der Soldatensysteme bekannt gegeben. Die Kommission schlug ferner ein Europäisches Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich, ausgestattet mit 500 Mio. EUR aus dem EU-Haushalt, vor, das Produkte und Technologien der Verteidigungsindustrie, etwa Prototypen, in ihrer Entwicklungsphase mitfinanzieren soll.

Die Hohe Vertreterin und Vizepräsidentin der Kommission Federica Mogherini zu Besuch auf dem Luftwaffenstützpunkt Saragossa. Spanien, 8. Juni 2017.

Die Hohe Vertreterin und Vizepräsidentin der Kommission Federica Mogherini zu Besuch auf dem Luftwaffenstützpunkt Saragossa. Spanien, 8. Juni 2017.

Im Dezember, nur sechs Monate nach dem Vorschlag der Kommission, verständigte sich der Rat der Europäischen Union auf eine allgemeine Ausrichtung. Da die entsprechenden Arbeiten im Europäischen Parlament im Gange sind, dürfte der Europäische Verteidigungsfonds bald voll einsatzfähig sein, sodass ab 2019 die ersten Projekte gefördert werden können.

In Anerkennung der Notwendigkeit einer stärkeren Koordinierung und Zusammenarbeit bei Sicherheit und Verteidigung begründeten Staats- und Regierungschefs aus 25 Mitgliedstaaten im Dezember die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung. Sie ermöglicht es den Mitgliedstaaten, die dazu bereit und in der Lage sind, Verteidigungsfähigkeiten gemeinsam zu entwickeln, in gemeinsame Projekte zu investieren, die operative Einsatzbereitschaft zu verbessern und den Beitrag ihrer Streitkräfte auszuweiten. Sie haben 17 gemeinsame Projekte vereinbart; diese befassen sich etwa mit Soforteinsatzteams und gegenseitiger Unterstützung im Bereich Cybersicherheit, militärischer Kata-strophenhilfe, Verbesserung der maritimen Sicherheit, der Einrichtung eines Europäischen medizinischen Kommandos und der Schaffung eines EU-Kompetenzzentrums für Ausbildungsmissionen.

STÄNDIGE STRUKTURIERTE ZUSAMMENARBEIT

Infografik: Die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Sicherheits- und Verteidigungsbereich soll die Koordinierung verbessern, die Verteidigungsinvestitionen steigern und die Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten bei der Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten intensivieren. Es handelt sich um die strukturelle Integration der Streitkräfte von 25 der 28 EU-Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Artikels 42 Absatz 6 und des Protokolls Nr. 10 des Vertrags über die Europäische Union, die in die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik eingebettet ist.
EU-Kommissar Christos Stylianides mit südsudanesischen Flüchtlingen. Imvepi, Uganda, 22. Juni 2017.

EU-Kommissar Christos Stylianides mit südsudanesischen Flüchtlingen. Imvepi, Uganda, 22. Juni 2017.

Darüber hinaus arbeiten die Mitgliedstaaten erstmals bei ihren Ausgabenplänen im Verteidigungsbereich zusammen, um durch die Koordinierte Jährliche Überprüfung der Verteidigung Defizite besser zu erkennen, kohärenter vorzugehen und sich Größenvorteile zunutze zu machen.

DIE HUMANITÄRE HILFE DER EU IM JAHR 2017

Infografik: Die ursprünglich im mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 der EU vorgesehenen Haushaltsmittel für den Europäischen Katastrophenschutz und die humanitäre Hilfe der EU belaufen sich auf ca. 1 Mrd. EUR pro Jahr (insgesamt wurden für den 7-Jahres-Zeitraum des mehrjährigen Finanzrahmens 7,1 Mrd. EUR veranschlagt). Neben Etats für die Hauptaktivitäten im Bereich humanitäre Hilfe und Zivilschutz waren im Haushalt 2017 Mittel zur Unterstützung der EU-Freiwilligeninitiative für humanitäre Hilfe und des Soforthilfeinstruments für Maßnahmen innerhalb der EU vorgesehen.

Reaktion auf humanitäre Krisen und Notfälle

Im Jahr 2017 stellte die EU über 1,8 Mrd. EUR für humanitäre Hilfe und Zivilschutz zur Verfügung. Über 120 Millionen Menschen in mehr als 80 Ländern erhielten Soforthilfe in Form von Nahrungsmitteln, Unterkünften, Bildungsmöglichkeiten, Schutzmaßnahmen und medizinischer Versorgung. Die EU finanzierte humanitäre Hilfe in allen größeren Konfliktgebieten auf der Welt, von Irak und Syrien über Afghanistan bis zur Zentralafrikanischen Republik, dem Südsudan und Jemen.

Im Laufe des Jahres wurden weltweit mehr als 65,6 Millionen Menschen infolge von Konflikten und Kriegen vertrieben. Etwa 90 % des EU-Jahresbudgets für humanitäre Hilfe wurden für Projekte zur Unterstützung dieser Flüchtlinge in 56 Ländern aufgewendet. Die EU stockte 2017 außerdem ihre Maßnahmen gegen die Hungerkatastrophe auf, die Millionen Menschen in Nigeria, Somalia, im Südsudan sowie in Jemen bedroht, indem sie diesen Ländern 326 Mio. EUR zuteilte.

Sie unterstützte Flüchtlinge und Migranten in Griechenland durch Bargeldleistungen und die Anmietung von Unterkünften im Rahmen des Programms „Soforthilfe für Integration und Unterbringung“ (Emergency Support to Integration and Accommodation). Über das Programm „Soziales Sicherheitsnetz für Notsituationen“ (Emergency Social Safety Net), das bislang größte humanitäre Projekt der EU, erhielten über 1,1 Millionen besonders schutzbedürftige Flüchtlinge in der Türkei Geldkarten zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse.

Im Jahr 2017 – 2015 lag dieser Wert bei 1 % – gingen mehr als 6 % der EU-Haushaltsmittel für humanitäre Hilfe an Bildungsprogramme für von humanitären Krisen betroffene Kinder.

Die EU und die VN: Kooperation für bessere Lebensbedingungen

Die EU und die VN: Kooperation für bessere Lebensbedingungen.

Im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der EU gewährt und koordiniert die EU auch Soforthilfe für Menschen in Katastrophengebieten sowohl in Europa als auch weltweit. Das Verfahren wurde in diesem Jahr 32-mal aktiviert, u. a. nach Waldbränden in Europa, Flutkatastrophen in Peru und Hurrikans in der Karibik.

Der Erste Vizepräsident der Kommission Frans Timmermans begrüßt den Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres auf der Sicherheitskonferenz in München. Deutschland, 18. Februar 2017.

Der Erste Vizepräsident der Kommission Frans Timmermans begrüßt den Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres auf der Sicherheitskonferenz in München. Deutschland, 18. Februar 2017.

Multilaterale Zusammenarbeit

Die EU arbeitete im gesamten Jahr 2017 eng mit den Vereinten Nationen zusammen und unterstützte die drei Prioritäten des neuen Generalsekretärs der VN, António Guterres, nämlich Konfliktverhü­tung, nachhaltige Entwicklung und die Reform der Vereinten Nationen. Gemeinsam sind die EU und ihre Mitgliedstaaten die größten Geldgeber für die Einrichtungen der Vereinten Nationen. Im Einklang mit ihrer Globalen Strategie hat die EU sich für eine Stärkung der globalen Ordnungspolitik, der Konfliktverhütung und des Friedens sowie für die Umsetzung wichtiger Vereinbarungen zum Klimawandel und zur nachhaltigen Entwicklung ausgesprochen.

Die Zusammenarbeit zwischen der EU und NATO wurde 2017 weiter vertieft. Grundlage hierfür war die Warschauer Erklärung von 2016 über gegenseitige Zusammenarbeit angesichts gemeinsamer Bedrohungen. Die Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO ist fester Bestandteil der Arbeit der EU zur Stärkung der Sicherheit und Verteidigung Europas im Rahmen der Globalen Strategie der EU. Im Herbst fanden erstmals parallele und koordinierte Übungen statt.

KAPITEL 10

Eine Union des demokratischen Wandels

„Eine von mir geführte Europäische Kommission würde sich dafür einsetzen, die … besondere Partnerschaft mit dem Europäischen Parlament mit neuem Leben zu erfüllen. … Ferner setze ich mich für größere Transparenz bei Kontakten mit Interessenträgern und Lobbyisten ein.“

Jean-Claude Juncker, Politische Leitlinien, 15. Juli 2014

2017 jährte sich zum 60. Mal der Tag, an dem die Gründungsverträge der Europäischen Union unterzeichnet wurden. Dies war ein wichtiger Anlass, die bisherigen Errungenschaften zu würdigen und die Werte zu feiern, die die Europäer heute miteinander verbinden. Es war auch eine Gelegenheit zu prüfen, in welchen Bereichen weitere Verbesserungen möglich sind und vor welchen Herausforderungen die EU nun steht, da sie ein neues Kapitel in ihrer Geschichte aufschlägt.

Um die Diskussion über das weitere Vorgehen in Gang zu bringen, veröffentlichte die Europäische Kommission im März ein Weißbuch zur Zukunft Europas. Darin sind die wichtigsten Herausforderungen und Chancen skizziert, die im kommenden Jahrzehnt zu erwarten sind, sowie fünf Szenarios einer möglichen Entwicklung der EU bis 2025. Es folgte eine Reihe von Reflexionspapieren zu den entscheidenden Fragen für die Zukunft der EU, die zu Diskussionen in mehr als 2 000 öffentlichen Veranstaltungen in ganz Europa anregten.

In seiner im September gehaltenen Rede zur Lage der Union blickte Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, auf ein Jahr mit neuem Optimismus und Ehrgeiz für das Projekt Europa zurück, die der starken politischen Führung durch die EU-Organe und die Mitgliedstaaten zu verdanken sind. Er stellte seine Vision für eine enger vereinte, stärkere und demokratischere Union vor. Gleichzeitig präsentierte er einen Fahrplan mit den wichtigsten Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Arbeit an den zehn politischen Prioritäten der Kommission vor Ende ihrer Amtszeit abzuschließen, sowie eine Reihe zukunftsgerichteter Initiativen. Zum weiteren Weg der Europäischen Union wird am 9. Mai 2019 ein Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der EU-27 im rumänischen Hermannstadt (Sibiu) stattfinden.

Die Kommission konzentrierte sich weiter darauf, die Qualität von Politikgestaltung und Rechtsetzung der EU zu verbessern, um sicherzustellen, dass die Rechtsvorschriften den Menschen, die von ihnen betroffen sind, besser gerecht werden.

Umsetzung einer positiven Agenda für Europa

Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, hält vor dem Europäischen Parlament seine Rede zur Lage der Union. Straßburg, Frankreich, 13. September 2017.

Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, hält vor dem Europäischen Parlament seine Rede zur Lage der Union. Straßburg, Frankreich, 13. September 2017.

In seiner Rede zur Lage der Union 2016 präsentierte Präsident Juncker eine positive Agenda für „ein Europa, das schützt, stärkt und verteidigt“, die vom Europäischen Parlament und von den Staats- und Regierungschefs der EU-27 auf dem Gipfel im slowakischen Bratislava vom September 2016 begrüßt wurde.

Die Arbeiten im Rahmen der positiven Agenda wurden 2017 mit der Veröffentlichung eines Weißbuchs zur Zukunft Europas am 1. März fortgesetzt, in dem die Vision der Kommission für eine künftige EU mit 27 Mitgliedstaaten vorgestellt wird. Im Weißbuch sind die wichtigsten Herausforderungen und Chancen für die Europäische Union im kommenden Jahrzehnt skizziert und fünf Szenarios dargelegt, wie sich die EU bis 2025 entwickeln könnte, je nachdem, welchen Kurs sie einschlägt. Anschließend wurde eine Reihe von fünf Reflexionspapieren veröffentlicht, um die Diskussion über die entscheidenden Fragen für die Zukunft Europas zu eröffnen:

Am 25. März kamen die führenden Vertreter der EU-27 in Rom zusammen, um den 60. Jahrestag der Römischen Verträge, mit denen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft – eine Vorläuferorganisation der heutigen EU – gegründet wurde, zu begehen und ihr Bekenntnis zur Union zu erneuern. In der am Ende der Feierlichkeiten abgegebenen Erklärung von Rom entwarfen die europäischen Entscheidungsträger eine gemeinsame Vision, um „die Europäische Union durch noch mehr Einheit … stärker und widerstandsfähiger [zu] machen“.

Am 1. März 2017 veröffentlicht die Kommission das Weißbuch über die Zukunft Europas.

Am 1. März 2017 veröffentlicht die Kommission das Weißbuch über die Zukunft Europas.

EU-Kommissar Günther Oettinger präsentiert auf einer Pressekonferenz den Abschlussbericht über vereinfachte Regeln für die EU-Fonds im nächsten Haushaltsrahmen (nach 2020). Brüssel, 11. Juli 2017.

EU-Kommissar Günther Oettinger präsentiert auf einer Pressekonferenz den Abschlussbericht über vereinfachte Regeln für die EU-Fonds im nächsten Haushaltsrahmen (nach 2020). Brüssel, 11. Juli 2017.

Jetzt bietet sich die Gelegenheit, eine umfassendere Reform der Europäischen Union auf den Weg zu bringen. Die Europäische Kommission hat gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten eine Reihe von Debatten über die Zukunft Europas in der ganzen EU angestoßen. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Europäische Ausschuss der Regionen haben sich aktiv daran beteiligt und nationale und regionale Debatten in den Mitgliedstaaten organisiert. Die Diskussionen werden bis zum Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der EU-27 am 9. Mai 2019 im rumänischen Hermannstadt (Sibiu) in Parlamenten, Städten und Regionen fortgesetzt.

Ein Fahrplan für eine enger vereinte, stärkere und demokratischere Union

In seiner Rede zur Lage der Union vom September 2017 umriss Präsident Juncker seine Vision, wie sich die EU bis 2025 entwickeln könnte. Um den in seiner Rede angesprochenen Reformen die Richtung vorzugeben, schlug er einen Fahrplan für eine enger vereinte, stärkere und demokratischere Union vor. Die Kommission beschloss eine Reihe konkreter Initiativen in den Bereichen Handel, Investitionsscreening, Cybersicherheit, Industrie, Daten und Demokratie. Präsident Juncker und der Erste Vizepräsident der Kommission, Frans Timmermans, schlugen auch neue Vorschriften für die Finanzierung politischer Parteien und politischer Stiftungen vor, mit denen die Transparenz erhöht, die demokratische Legitimität verbessert und die Durchsetzung gestärkt wird, um sicherzustellen, dass die Finanzierung den demokratischen Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger bei der Wahl zum Europäischen Parlament besser Rechnung trägt.

Aufbauend auf der Dynamik des neuen Optimismus und Ehrgeizes sind im Fahrplan Maßnahmen festgelegt, die bis zum Ende der fünfjährigen Amtszeit der Kommission verwirklicht werden sollen, sowie stärker zukunftsgerichtete Initiativen, die die EU bis 2025 formen werden. Zu den wichtigsten Etappen auf diesem Weg gehören eine überzeugende Erweiterungsstrategie für die Vorreiter unter den EU-Beitrittskandidaten im westlichen Balkan, ein künftiger Unionshaushalt, der dem Ehrgeiz der EU entspricht und gewährleistet, dass sie ihre Zusagen einhalten kann, und ein Vorschlag für einen europäischen Wirtschafts- und Finanzminister.

Um die Arbeit an den zehn politischen Prioritäten von Präsident Juncker abzuschließen und zur Gestaltung der EU der Zukunft beizutragen, legte die Kommission die wichtigsten Initiativen für das kommende Jahr in ihrem Arbeitsprogramm 2018 fest. Dieses wurde in Abstimmung mit dem Parlament und dem Rat der Europäischen Union auf der Grundlage der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung erarbeitet. Die Entscheidungsträger der EU vereinbarten auch die neue Agenda der EU-Führungsspitzen, mit der die Arbeit des Europäischen Rates bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode im Jahr 2019 gesteuert werden soll.

Das Arbeitsprogramm der Kommission enthält konkrete Vorschläge für die Umsetzung des Aktionsplans zur Kreislaufwirtschaft, mit dem Beschäftigung und Wachstum gefördert werden sollen, sowie für die Vollendung des digitalen Binnenmarkts, der Energieunion, der Kapitalmarktunion, der Wirtschafts- und Währungsunion, der Bankenunion und der Sicherheitsunion.

Bei einer Reihe von Maßnahmen, die den Fahrplan betreffen, wurden vor Ende des Jahres Fortschritte erzielt. Im September vereinbarten die Mitgliedstaaten auf dem Digital-Gipfel in Tallinn (Estland), den digitalen Binnenmarkt bis 2018 zu vollenden. Die europäische Säule sozialer Rechte‚ die faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialsysteme unterstützt, wurde im November auf dem Gipfel in Göteborg (Schweden) beschlossen. Im Dezember legte die Kommission einen Fahrplan zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion fest, der konkrete Schritte für die folgenden 18 Monate enthält. Ferner schlug sie einen politischen Fahrplan für die Vereinbarung eines umfassenden Maßnahmenpakets im Bereich Migration bis Juni 2018 vor. Auf dem Umweltgipfel „One Planet Summit“ in Paris (Frankreich), mit dem der zweite Jahrestag des Pariser Klimaschutzübereinkommens im Dezember begangen wurde, beschloss die EU Maßnahmen zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen.

Europäisches Parlament

Antonio Tajani wird am 17. Januar 2017 als Nachfolger von Martin Schulz zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt.

Antonio Tajani wird am 17. Januar 2017 als Nachfolger von Martin Schulz zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt.

Am 17. Januar 2017 wurde Antonio Tajani zum neuen Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt. Im Laufe des Jahres befasste sich das Parlament mit einem breiten Spektrum politischer Fragen, darunter die Erneuerung und Verlängerung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die Anforderungen an die Zugänglichkeit von Waren und Dienstleistungen, die Kontrolle von Feuerwaffen und die Bekämpfung des Terrorismus, die Reform der Systeme für Asyl und legale Migration, das Einreise-/Ausreisesystem für intelligente Grenzen, die Reform des Urheberrechts und des Telekommunikationsmarkts, die Verhinderung von Geoblocking, die Reform des EU-Emissionshandelssystems und die Erarbeitung von Energieeffizienzvorschriften sowie der Strommarkt.

Der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments veröffentlicht regelmäßig einen Bericht über die Fortschritte bei der Verwirklichung der zehn Prioritäten der Juncker-Kommission.

Der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments veröffentlicht regelmäßig einen Bericht über die Fortschritte bei der Verwirklichung der zehn Prioritäten der Juncker-Kommission.

Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie wird Vertretern der demokratischen Opposition von Venezuela der Sacharow-Preis für geistige Freiheit des Europäischen Parlaments verliehen. Straßburg, Frankreich, 13. Dezember 2017.

Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie wird Vertretern der demokratischen Opposition in Venezuela der Sacharow-Preis für geistige Freiheit des Europäischen Parlaments verliehen. Straßburg, Frankreich, 13. Dezember 2017.

Zu den hochrangigen Besuchern, die 2017 vor dem Parlament sprachen, gehörten der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, sowie der österreichische Bundespräsident, Alexander Van der Bellen, und der deutsche Bundespräsident, Frank-Walter Steinmeier, die beide das Europäische Parlament für einen ihrer ersten offiziellen Besuche auswählten. Auch der kanadische Premierminister, Justin Trudeau, und der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Moussa Faki Mahamat, redeten im Parlament.

Europäischer Rat

Der Europäische Rat hat Donald Tusk für den Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis zum 30. November 2019 als Präsident wiedergewählt.

Im Februar hielt der Europäische Rat ein informelles Treffen in Valletta (Malta) ab, um sich über die externen Aspekte der Migration und die zentrale Mittelmeerroute auszutauschen. Auf seiner Frühjahrstagung konzentrierte sich der Europäische Rat auf die Wirtschaft und insbesondere auf den Binnenmarkt und den Handel.

Am 9. März 2017 wählt der Europäische Rat Donald Tusk für eine zweite Amtszeit von zweieinhalb Jahren (1. Juni 2017 – 30. November 2019) wieder zu seinem Präsidenten.

Am 9. März 2017 wählt der Europäische Rat Donald Tusk für eine zweite Amtszeit von zweieinhalb Jahren (1. Juni 2017 bis 30. November 2019) wieder zu seinem Präsidenten.

Am 29. März teilte das Vereinigte Königreich nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union förmlich seine Absicht mit, aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft auszutreten. Einen Monat später verabschiedete der Europäische Rat auf einer außerordentlichen Tagung, an der nur die 27 anderen Mitgliedstaaten teilnahmen, politische Leitlinien mit dem Konzept der EU für die Brexit-Verhandlungen. In den Leitlinien ist als Ziel festgelegt, in einer ersten Phase der Verhandlungen Vorkehrungen für einen „geordneten Austritt“ des Vereinigten Königreichs zu vereinbaren, bevor in einer zweiten Phase ein allgemeines Einvernehmen über den Rahmen für die künftigen Beziehungen erzielt wird. Im Mai erließ der Rat (Allgemeine Angelegenheiten) einen Beschluss, mit dem er diese Leitlinien in detaillierte Verhandlungsrichtlinien umsetzte und die Kommission ermächtigte, als Verhandlungsführer der EU gegenüber dem Vereinigten Königreich aufzutreten. Die Verhandlungen unter der Leitung von Chefunterhändler Michel Barnier, der die Taskforce der Kommission für die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich nach Artikel 50 führt, begannen im Juni.

Im Juni wurde die Entschlossenheit zum Ausbau der Zusammenarbeit der EU im Bereich Sicherheit und Verteidigung bekräftigt. Die Entscheidungsträger waren sich darin einig, dass eine inklusive und ehrgeizige Ständige Strukturierte Zusammenarbeit begründet werden muss.

Im Oktober trat der Europäische Rat erneut zu einer ordentlichen Tagung zusammen, um über Migration, digitale Wirtschaft, Sicherheit und Verteidigung sowie Außenbeziehungen zu beraten. Die Entscheidungsträger bewerteten auch die Fortschritte bei der Umsetzung der Agenda von Bratislava und billigten die neue Agenda der EU-Führungsspitzen, mit der die Arbeit des Europäischen Rates bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode im Jahr 2019 gesteuert werden soll. Ferner wurden auf der Oktober-Tagung des Europäischen Rates – im Format mit 27 Mitgliedstaaten – die Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreichs geprüft und festgestellt, dass noch keine ausreichenden Fortschritte erzielt worden waren. Der Europäische Rat ersuchte die 27 Mitgliedstaaten, zusammen mit dem Verhandlungsführer der EU interne vorbereitende Beratungen über mögliche Übergangsregelungen und den Rahmen für die künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich aufzunehmen.

Ein weiteres informelles Treffen der Staats- und Regierungschefs fand im November in Göteborg (Schweden) zum Thema Bildung und Kultur statt. Im Vorfeld legte die Kommission die Mitteilung „Stärkung der europäischen Identität durch Bildung und Kultur“ vor, in der sie eine Vision für die Schaffung eines europäischen Bildungsraums entwarf. Dieser erste Sozialgipfel seit 20 Jahren bot den Entscheidungsträgern der EU die Gelegenheit, ihren Ehrgeiz, die soziale Dimension der EU auszubauen, zu bekräftigen und die Zukunft von Bildung und Kultur zu erörtern. Bei dem Gipfeltreffen proklamierten und unterzeichneten Parlament, Rat und Kommission die europäische Säule sozialer Rechte, die die Regeln und Rechtsvorschriften zur Festlegung der Sozialpolitik der EU stärken, wirksamere Rechte für Bürgerinnen und Bürger gewährleisten und faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialsysteme unterstützen soll.

Auf seiner letzten Tagung des Jahres 2017 kam der Europäische Rat im Dezember auf die Themen Verteidigung, Sozialagenda sowie Bildung und Kultur zurück. Er begrüßte die Einleitung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und legte Prioritäten für die Weiterentwicklung der Ergebnisse des Sozialgipfels von Göteborg fest. Im Rahmen der Agenda der EU-Führungsspitzen erörterten die Staats- und Regierungschefs sowohl die externe als auch die interne Dimension der Migration. Auf einem Euro-Gipfel, der in einem inklusiven Format mit 27 Mitgliedstaaten stattfand, behandelten die Entscheidungsträger auch Fragen im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Währungsunion und der Bankenunion. Im gleichen Format verabschiedete der Europäische Rat Leitlinien, in denen er die Bewertung der Kommission bestätigte, dass in der ersten Phase der Austrittsverhandlungen mit dem Vereinigten Königreich ausreichende Fortschritte erzielt worden waren, um in die zweite Verhandlungsphase eintreten zu können, in der es um Übergangsregelungen und die künftigen Beziehungen geht.

Rat der Europäischen Union

Malta und Estland nahmen zum ersten Mal den turnusmäßig wechselnden Vorsitz im Rat der Europäischen Union wahr. Im ersten Halbjahr stellte Malta Migration, Sicherheit, soziale Inklusion und den Binnenmarkt sowie die Nachbarschafts- und die Meerespolitik der EU in den Mittelpunkt. Estland schenkte im zweiten Halbjahr den Themen digitales Europa und Innovation besondere Aufmerksamkeit.

Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss und Europäischer Ausschuss der Regionen

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beteiligte sich 2017 aktiv an der Debatte über die Zukunft Europas. In diesem Zusammenhang verabschiedete er eine Entschließung zum Weißbuch der Kommission und organisierte nationale Debatten in den Mitgliedstaaten. Zudem war der Ausschuss im Juni Gastgeber der jährlichen Tage der Zivilgesellschaft, deren Schwerpunkt auf der umfassenden Einbindung der Zivilgesellschaft in die Überlegungen zur Zukunft Europas lag.

Georges Dassis, Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, wendet sich an das Stakeholder-Forum des Europäischen Solidaritätskorps. Brüssel, 12. April 2017.

Georges Dassis, Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, wendet sich an das Stakeholder-Forum des Europäischen Solidaritätskorps. Brüssel, 12. April 2017.

Im Juli 2017 wurde Karl-Heinz Lambertz zum Präsidenten des Europäischen Ausschusses der Regionen gewählt. Der Ausschuss organisierte im Laufe des Jahres eine Reihe von Veranstaltungen mit Bürgerinnen und Bürgern zur Zukunft Europas, die im Oktober in 29 Veranstaltungen in allen Mitgliedstaaten während der Europäischen Woche der Regionen und Städte gipfelten. Darüber hinaus richtete der Ausschuss die achte Europäische Konferenz über öffentliche Kommunikation aus‚ die der Verbesserung der Kommunikation des Staates mit den Bürgern und der Sensibilisierung für die Politik der EU gewidmet war.

Karl-Heinz Lambertz, Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen, bei der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung, mit der der 21. Mai als Europäischer Natura-2000-Tag ausgerufen wurde. Brüssel, 15. Mai 2017.

Karl-Heinz Lambertz, Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen, bei der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung, mit der der 21. Mai als Europäischer Natura-2000-Tag ausgerufen wurde. Brüssel, 15. Mai 2017.

Vollendung der Agenda für bessere Rechtsetzung

Als die Juncker-Kommission 2014 ihr Amt antrat, beschloss sie, sich auf Bereiche zu konzentrieren, in denen eine EU-Lösung die beste Option ist und in denen nationale oder lokale Lösungen nicht greifen. Zu diesem Zweck wurde die Zahl der Initiativen in den jährlichen Arbeitsprogrammen im Vergleich zu früheren Kommissionen um mehr als 80 % reduziert. Um bessere Ergebnisse zu erzielen und den Forderungen der Bürger besser gerecht zu werden, hat die Kommission die Politikgestaltungs- und Rechtsetzungsprozesse geöffnet; sie bindet die Menschen stärker ein, etwa durch öffentliche Konsultationen und besondere Instrumente für Rückmeldungen, die in jeder Phase der politischen Entscheidungsfindung und der Gesetzgebung eingesetzt werden.

Ziel der Agenda für bessere Rechtsetzung ist es, die Politik und das Recht der EU in transparenter Weise, auf der Grundlage solider Fakten und unter Berücksichtigung der Meinungen von Bürgern und Interessenträgern zu konzipieren und zu evaluieren.

Der Grundsatz der besseren Rechtsetzung gilt für die gesamte Arbeit der Kommission und gewährleistet, dass die EU nur macht, was wirklich notwendig ist, und dass sie das gut macht. Dies bedeutet, dass sie sich jedes Jahr einer begrenzten Zahl vorrangiger Initiativen widmet und gleichzeitig das geltende EU-Recht im Blick behält, um sicherzustellen, dass es seinen Zweck erfüllt, und es erforderlichenfalls überarbeitet, aufhebt oder vereinfacht. Jeder und jede kann über ein Online-Tool Ideen zur Verbesserung bestehender EU-Rechtsvorschriften beitragen.

Mit dem Programm zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (Regulatory Fitness and Performance Programme – REFIT) soll ermittelt werden, wo Rechtsvorschriften vereinfacht und unnötige Ausgaben vermieden werden können. Jedes Mal, wenn die Kommission vorschlägt, geltende Rechtsvorschriften zu überarbeiten, prüft sie, ob sie vereinfacht und unnötige Kosten beseitigt werden können. Die Ergebnisse für jede der zehn politischen Prioritäten der Juncker-Kommission können mithilfe des REFIT-Anzeigers verfolgt werden, der auch zeigt, wie die Kommission den Empfehlungen von Fachleuten und Interessenträgern Rechnung getragen hat. Bisher wurden 69 Stellungnahmen angenommen, in denen auf mehr als 280 Vorschläge der Öffentlichkeit für wirksamere und effizientere EU-Rechtsvorschriften eingegangen wird.

Der Ausschuss für Regulierungskontrolle ist eine unabhängige Stelle, die für die Qualitätskontrolle bei Folgenabschätzungen und Evaluierungen sorgt. 2017 setzte er seine Arbeit fort. Er verbesserte die Kontrolle, die Quantifizierung und die Orientierungshilfe im Vorfeld und entwickelte eine regelmäßige Kontaktarbeit mit anderen Einrichtungen und Überwachungsbehörden im Bereich der Regulierung.

Dem Arbeitsprogramm der Kommission 2018 wurde die Mitteilung „Vollendung der Agenda für bessere Rechtsetzung: bessere Lösungen für bessere Ergebnisse“ beigefügt, in der eine Bestandsaufnahme der bisherigen Fortschritte vorgenommen und dargelegt wird, welche zusätzlichen Schritte die Kommission zu unternehmen gedenkt. Durch eine umfassendere Einbeziehung der Öffentlichkeit, eine systematische Evaluierung, hochwertige Folgenabschätzungen und ein verbessertes Konzept für die Prüfung der regulatorischen Eignung können neue Vorschläge und bestehende Rechtsvorschriften nun besser bewertet werden. Dies hat dazu beigetragen, dass sowohl die politisch Verantwortlichen als auch die Interessenträger mit soliden Fakten und zu erwartenden Auswirkungen argumentieren können.

Taskforce für Subsidiarität, Proportionalität und „Weniger, aber effizienteres Handeln“

Um die Arbeit an der Agenda für bessere Rechtsetzung abzuschließen, setzte Präsident Juncker am 14. November 2017 förmlich eine Taskforce für Subsidiarität, Proportionalität und „Weniger, aber effizienteres Handeln“ ein. Die Taskforce, in der der Erste Vizepräsident der Kommission, Frans Timmermans‚ den Vorsitz führt, gibt Empfehlungen dazu ab, wie die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit besser angewandt werden können, um sicherzustellen, dass die EU nur dann tätig wird, wenn dies mit einem zusätzlichen Nutzen verbunden ist. Damit soll gewährleistet werden, dass Entscheidungen so bürgernah wie möglich – auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene – getroffen werden, es sei denn, dass ein Handeln auf EU-Ebene effektiver ist. Dies bedeutet auch, dafür zu sorgen, dass die Regulierung nicht weiter geht als erforderlich. Die Taskforce ermittelt, in welchen Politikbereichen Ergebnisse effektiver von den Mitgliedstaaten erzielt werden könnten und wie regionale und lokale Behörden besser in die Gestaltung und Umsetzung der EU-Politik einzubinden wären.

Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung

Parlament, Rat und Kommission haben 2017 die neue Interinstitutionelle Vereinbarung über bessere Rechtsetzung umgesetzt. Zum ersten Mal seit der Annahme der Vereinbarung im Jahr 2016 einigten sich die drei Organe auf eine Gemeinsame Erklärung mit einer Liste von 58 gesetzgeberischen Prioritäten für 2017. Im Mittelpunkt standen dabei Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen, die soziale Dimension der EU, die Sicherheits- und Migrationspolitik der EU, der digitale Binnenmarkt sowie ehrgeizige energie- und klimapolitische Lösungen.

GEMEINSAME ERKLÄRUNG VON 2017

Infografik: Jedes Jahr beraten sich das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Kommission über die Gesetzgebungsprioritäten der EU und vereinbaren, welche im Folgejahr an oberster Stelle stehen sollen. Im Dezember 2017 wurde die neue Gemeinsame Erklärung unterzeichnet, die sieben prioritäre Bereiche umfasst: besserer Schutz der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger; Reform und Entwicklung unserer Migrationspolitik im Geiste der Verantwortung und der Solidarität; neue Impulse für Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen; Einbeziehung der sozialen Dimension der Europäischen Union; Erfüllung unserer Verpflichtung, einen vernetzten digitalen Binnenmarkt umzusetzen; Verwirklichung unseres Ziels einer ehrgeizigen Energieunion und einer zukunftsgerichteten Klimaschutzpolitik; Weiterentwicklung der demokratischen Legitimität auf EU-Ebene.

Bis Ende des Jahres wurden 28 der 58 von der Kommission vorgeschlagenen Initiativen nach Zustimmung des Parlaments und des Rates umgesetzt, unter anderem die Erneuerung und Verlängerung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen sowie neue Vorschriften zur Verhinderung der Geldwäsche. In dieser Zahl sind die auf politischer Ebene angenommenen Initiativen enthalten, für die die letzten förmlichen Schritte im Gesetzgebungsverfahren Anfang 2018 abgeschlossen werden sollen.

Im Dezember überprüften die Präsidenten der drei Organe die erzielten Fortschritte und vereinbarten 31 weitere Prioritäten, bei denen eine engere Zusammenarbeit angestrebt wird, um die großen Herausforderungen, vor denen die EU steht, zu bewältigen. 18 Monate vor der nächsten Wahl zum Europäischen Parlament zeigt diese wirksame Prioritätensetzung, dass die EU ihren Bürgern Ergebnisse liefern kann, wenn und wo es darauf ankommt.

Im Laufe des Jahres nahm die Kommission förmliche Verhandlungen mit dem Parlament und dem Rat über einen umfangreichen Legislativvorschlag an, mit dem mehr als 160 bestehende EU-Rechtsakte mit dem Vertrag von Lissabon in Einklang gebracht werden sollen. Diese Angleichung betrifft alte Rechtsvorschriften, die aktualisiert werden müssen, um eine einheitliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten sicherzustellen, und trägt auch dem technischen und wissenschaftlichen Fortschritt Rechnung.

Darüber hinaus haben die drei Organe mit der Aushandlung von Kriterien begonnen, die – wenn sie beschlossen werden – die Unterscheidung zwischen delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten erleichtern (diese beiden Formen der Befugnisübertragung wurden mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt). Gemeinsam haben sie das Interinstitutionelle Register der delegierten Rechtsakte entwickelt, das am 12. Dezember förmlich auf den Weg gebracht wurde und vollständige Information und Transparenz in Bezug auf alle Schritte im Lebenszyklus eines delegierten Rechtsakts bieten wird.

Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker (rechts) mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments Antonio Tajani (links) und dem estnischen Ministerpräsidenten Jüri Ratas (Mitte) bei der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung über die gesetzgeberischen Prioritäten der EU für den Zeitraum 2018-2019. Brüssel, 14. Dezember 2017.

Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker (rechts) mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments Antonio Tajani (links) und dem estnischen Ministerpräsidenten Jüri Ratas (Mitte) bei der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung über die gesetzgeberischen Prioritäten der EU für den Zeitraum 2018-2019. Brüssel, 14. Dezember 2017.

Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts

Damit Bürger und Unternehmen die Vorteile des EU-Rechts in vollem Umfang nutzen können, ist von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten EU-Richtlinien innerhalb der Fristen, zu deren Einhaltung sie sich verpflichtet haben, in nationales Recht umsetzen und das EU-Recht ordnungsgemäß anwenden.

Im Juli nahm die Kommission den Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des EU-Rechts an, in dem die wichtigsten Trends des Jahres 2016 beleuchtet werden. In dem Bericht wird festgestellt, dass die Zahl der anhängigen Vertragsverletzungsverfahren insgesamt 21 % höher war als im Vorjahr. Ende 2017 waren mehr als 1 500 Vertragsverletzungsverfahren gegen die 28 Mitgliedstaaten anhängig, Ende 2013 dagegen nur 1 300.

Im Einklang mit ihrer im Dezember 2016 angenommenen Mitteilung „EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung“ hat die Kommission ihre Bemühungen um Anwendung, Umsetzung und Durchsetzung des EU-Rechts verstärkt. Insbesondere wird sie das System finanzieller Sanktionen in vollem Umfang nutzen, falls Mitgliedstaaten eine Richtlinie nicht innerhalb der vereinbarten Frist in nationales Recht umsetzen.

Mitsprache der Bürger bei der EU-Rechtsetzung

Die Agenda für bessere Rechtsetzung bietet den Bürgern nun mehr Möglichkeiten, zum Rechtsetzungsprozess der EU beizutragen. Im Februar 2017 wurde ein neues Webportal in Betrieb genommen, über das Bürger und Interessenträger während des gesamten Politikgestaltungsprozesses ihre Meinung kundtun können. Rückmeldungen zu neuen Initiativen – von den ersten Ideen, die in Fahrplänen vorgestellt werden, bis zu den Legislativvorschlägen – werden gesammelt und sofort online veröffentlicht, sodass mehr Transparenz entsteht. Die Rückmeldungsfunktion des Portals wurde im Laufe des Jahres fast eine halbe Million Mal genutzt.

VON DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION EINGELEITETE VERTRAGSVERLETZUNGSVERFAHREN

Infografik: Die EU-Mitgliedstaaten sind dafür verantwortlich, Richtlinien fristgerecht und korrekt in nationales Recht zu überführen und den gesamten EU-Rechtsbestand ordnungsgemäß anzuwenden und umzusetzen. Die Kommission hat als „Hüterin der Verträge“ dafür zu sorgen, dass das EU-Recht in allen Mitgliedstaaten ordnungsgemäß angewandt wird. Versäumt es ein Mitgliedstaat, das EU-Recht wirksam anzuwenden, kann die Kommission ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren einleiten und – falls notwendig – den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen. Eine bessere Anwendung des EU-Rechts gehört zu den Prioritäten der Juncker-Kommission und ist zentraler Bestandteil der Agenda für eine bessere Rechtsetzung. Am 31. Dezember 2017 waren 1 559 durch die Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren anhängig.

Transparenz und Rechenschaftspflicht

Ausschussverfahren

Um ein höheres Maß an Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten, hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, das System der Ausschussverfahren zu reformieren, in denen die EU-Mitgliedstaaten kontrollieren, wie die Kommission das EU-Recht durchführt. Sie werden einen klaren Standpunkt beziehen und damit größere politische Verantwortung übernehmen müssen, wenn sie um Stellungnahme zu heiklen Entscheidungen ersucht werden.

Gemeinsames Transparenzregister

Das bestehende Transparenzregister umfasst mehr als 11 500 Einträge, von denen mehr als 7 000 neu hinzugekommen sind, seit die Kommission im November 2014 neue Vorschriften erlassen und eine Registrierung aller, die um ein Treffen mit ihren höchsten Entscheidungsträgern ersuchen, verbindlich vorgeschrieben hat.

Im Jahr 2016 legte die Kommission den Vorschlag vor, ein verbindliches Gemeinsames Transparenzregister für das Parlament, die Kommission und erstmals auch den Rat einzurichten. Dieser Vorschlag zielt darauf ab, ein solides System und hohe Standards für die Transparenz in den drei Organen zu schaffen. Im Jahr 2017 verabschiedeten das Parlament und der Rat ihre Verhandlungsmandate; die Verhandlungen sollen Anfang 2018 beginnen.

Neuer Verhaltenskodex für Kommissionsmitglieder

Ein neuer Verhaltenskodex, in dem neue Standards und strengere ethische Regeln für die Mitglieder der Europäischen Kommission festgelegt werden, soll im Februar 2018 nach dem Konsultationsverfahren des Parlaments in Kraft treten.

Zugang zu Dokumenten

Im September wurde der Kommissionsbericht 2016 über den Zugang zu Dokumenten angenommen, der zeigt, dass Bürger und Organisationen dieses Recht, ein wichtiges Instrument zur Förderung der Transparenz, aktiv nutzen. Mehr als 6 000 Erstanträge auf Zugang zu Dokumenten gingen ein. In mehr als 81 % der Fälle wurden die angeforderten Dokumente ganz oder teilweise offengelegt.

Kontrolle des EU-Haushalts

Nach einer befürwortenden Empfehlung des Rates billigte das Parlament im April 2017 abschließend, wie die Kommission im Jahr 2015 den EU-Haushalt ausgeführt hatte.

Klaus-Heiner Lehne, Präsident des Europäischen Rechnungshofs, präsentiert den Jahresbericht 2016 des Rechnungshofs. Luxemburg, 24. April 2017.

Klaus-Heiner Lehne, Präsident des Europäischen Rechnungshofs, präsentiert den Jahresbericht 2016 des Rechnungshofs. Luxemburg, 24. April 2017.

AGENDA FÜR BESSERE RECHTSETZUNG

Infografik: Die REFIT-Plattform, die Teil des Programms zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung ist, wurde 2015 in der Agenda für bessere Rechtsetzung angekündigt. Sie besteht aus der Gruppe der Interessenträger, der 19 Mitglieder angehören, darunter je ein Vertreter des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Europäischen Ausschusses der Regionen, sowie der Gruppe der Regierungsvertreter mit einem hochrangigen Experten aus jedem der 28 EU-Mitgliedstaaten. Das Programm wird die EU-Rechtsvorschriften und ihre Anwendung in den Mitgliedstaaten effizienter und zielführender machen. Indem sie Experten mit unterschiedlichem Hintergrund vereint, die die Auswirkungen der EU-Vorschriften in der Praxis kennen, liefert die Initiative eine bessere Grundlage für inklusives Arbeiten am gemeinsamen Ziel, nämlich bessere Ergebnisse durch bessere Rechtsetzung.

Im Juli legte die Kommission ihr Integriertes Rechnungslegungspaket zum EU-Haushalt 2016 vor, in dem alle verfügbaren Informationen über Einnahmen, Ausgaben, Haushaltsführung und Leistung der EU zusammengestellt waren. Die Berichte belegen, dass die mit dem EU-Haushalt erzielten Ergebnisse mit den Prioritäten der Kommission im Einklang stehen und dass der Haushalt ordnungsgemäß ausgeführt wurde. Im September beurteilte der Europäische Rechnungshof die EU-Jahresrechnung zum zehnten Mal in Folge als einwandfrei; die Angaben vermittelten demnach ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild. Außerdem entdeckte der Rechnungshof in allen Ausgabenbereichen weniger Fehler als in den vorangegangenen drei Jahren und gab zum ersten Mal eine eingeschränkt positive (statt einer negativen) Stellungnahme zur endgültigen geschätzten Gesamtfehlerquote ab. Bei gut der Hälfte der EU-Ausgaben erreichte die Fehlerquote nicht einmal die Schwelle, ab der sie vom Rechnungshof als erheblich angesehen wird. Auf der Einnahmeseite des Haushalts wurden keine Fehler festgestellt.

Nationale Parlamente

Im Juni wurden zwei Jahresberichte veröffentlicht: der Jahresbericht 2016 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit und der Jahresbericht 2016 über die Beziehungen zwischen der Europäischen Kommission und den nationalen Parlamenten.

Im Laufe des Jahres 2017 gingen insgesamt 576 Stellungnahmen nationaler Parlamente ein, darunter 53 mit Gründen versehene Stellungnahmen im Rahmen des Mechanismus der Subsidiaritätskontrolle, in denen geltend gemacht wurde, dass von der Kommission vorgeschlagene Gesetzgebungsakte nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar seien. Die Kommission hat ihren politischen Dialog mit den nationalen Parlamenten weiter intensiviert. Insbesondere trafen sich Kommissionsmitglieder im Laufe des Jahres 217-mal mit Vertretern nationaler Parlamente, entweder bei Besuchen in den Mitgliedstaaten oder bei Besuchen von Parlamentariern in Brüssel. Die Mitglieder der Kommission nahmen auch an einer Vielzahl interparlamentarischer Treffen und anderer Veranstaltungen teil, bei denen sie mit nationalen Parlamentariern in Kontakt traten.

Europäische Bürgerbeauftragte

Im Jahr 2017 betrafen die Untersuchungen der Europäischen Bürgerbeauftragten zu mutmaßlichen Missständen bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Europäischen Union horizontale Themen wie den Verhaltenskodex für Kommissionsmitglieder, die Ad-hoc-Ethikkommission, die Ernennung von Sonderberatern der Kommission, Transparenz und Zusammensetzung der Sachverständigengruppen der Kommission sowie die Bearbeitung von Vertragsverletzungsbeschwerden im Rahmen des Projekts EU-Pilot. Auch Einzelthemen wurden behandelt, bei denen es zum Beispiel um Ausschreibungen, Verträge, verspätete Zahlungen, individuelle Personalfragen und den Zugang zu Dokumenten ging.

Emily O’Reilly, Europäische Bürgerbeauftragte, verleiht die von ihr ins Leben gerufenen Preise für gute Verwaltung. Brüssel, 30. März 2017.

Emily O’Reilly, Europäische Bürgerbeauftragte, verleiht die von ihr ins Leben gerufenen Preise für gute Verwaltung. Brüssel, 30. März 2017.

BESUCHE BEI NATIONALEN PARLAMENTEN

Infografik: Die Kommission setzt ihre Bemühungen zur Vertiefung der wichtigen Beziehungen zu den nationalen Parlamenten mit dem Ziel fort, die Europäische Union ihren Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen. Die Zahl der Treffen zwischen Mitgliedern der Kommission und der nationalen Parlamente seit Amtsantritt der Juncker-Kommission hat dazu beigetragen, die EU ihren Bürgerinnern und Bürgern und deren parlamentarischen Vertretern näherzubringen.

Europäische Bürgerinitiative

Im Laufe des Jahres registrierte die Kommission acht neue Initiativen und erkannte die erfolgreiche Sammlung von Unterschriften für eine Initiative an. Im September wurde als Teil des Maßnahmenpakets, das die Rede zur Lage der Union begleitete, ein Vorschlag für eine Reform der Europäischen Bürgerinitiative vorgelegt, mit der diese leichter zugänglich und benutzerfreundlicher gestaltet werden soll. Mit der Überarbeitung soll erreicht werden, dass die Bürgerinitiative ihr ganzes Potenzial als Instrument entfaltet, das die demokratische Debatte fördert und es den Bürgern ermöglicht, zur Agenda der EU beizutragen.

Im Anschluss an die Europäische Bürgerinitiative „Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“ sagte die Kommission am 12. Dezember zu, 2018 einen Legislativvorschlag vorzulegen, um Transparenz und Qualität der Studien, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit bei der wissenschaftlichen Bewertung von Stoffen verwendet werden, weiter zu erhöhen. Zu dem geforderten Verbot von Glyphosat vertrat die EU die Auffassung, dass weder wissenschaftliche noch rechtliche Gründe ein solches Verbot rechtfertigen.

Bürgerdialoge

Jean-Claude Juncker, President of the European Commission, at the Citizens’ Dialogue event at the National Museum of Art, Bucharest, Romania, 11 May 2017. © European Union

Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, bei einer Bürgerdialog-Veranstaltung im staatlichen Kunstmuseum in Bukarest. Rumänien, 11. Mai 2017.

Auch während des Jahres 2017 trat die Kommission in Form von Bürgerdialogen mit der Öffentlichkeit in Kontakt. An den 156 Dialogen nahmen der Kommissionspräsident, die Vizepräsidenten und alle Kommissare sowie eine Reihe von Mitgliedern des Europäischen Parlaments und nationale Politiker teil. Hinzu kamen weitere 161 Bürgerdialoge mit hohen Beamten der Kommission.

Zu den Höhepunkten gehörten die Dialoge mit Präsident Juncker und dem slowenischen Ministerpräsidenten, Miro Cerar, am Tag nach der Annahme des Weißbuchs zur Zukunft Europas im März in Ljubljana (Slowenien), mit dem Ersten Vizepräsidenten der Kommission, Frans Timmermans, anlässlich des Europatags im Mai in Stockholm (Schweden) und mit der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Kommission, Federica Mogherini, und dem maltesischen Premierminister, Joseph Muscat, am Vorabend des 60. Jahrestags der Unterzeichnung der Römischen Verträge in Rom (Italien).

BÜRGERDIALOGE IM JAHR 2017: REICHWEITE

Infografik: Durch die Nutzung der verschiedensten Medien und neuer Technologien können jetzt mit den Bürgerdialogen immer mehr Menschen erreicht werden. 97  Millionen Menschen sind potenziell über die Medien erreichbar, 22,5 Millionen Seitenaufrufe auf Plattformen der sozialen Medien sind möglich, 650 000 Menschen werden über Live-Streaming von Veranstaltungen erreicht und 50 000 als persönlich anwesende Zuschauer.

IM JAHR 2017 FANDEN BÜRGERDIALOGE IN 160 STÄDTEN IN DER GANZEN EU STATT

Infografik: 2017 fanden 316 EU-Bürgerdialoge an 1 600 Orten statt, damit steigt die Gesamtzahl seit Januar 2015 auf 440. Der Kommissionspräsident, die Vizepräsidentin und die Vizepräsidenten sowie die Kommissarinnen und Kommissare nahmen 2017 an 156 Bürgerdialogen teil, und hochrangige Kommissionsbeamte beteiligten sich an den übrigen 160 Veranstaltungen als Teil eines neuen Konzepts, mit dem noch mehr Bürgerinnen und Bürger erreicht werden sollen.

Im September beteiligte sich der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, zusammen mit Kommissar Tibor Navracsics an einem Bürgerdialog in Norcia (Italien), während Kommissarin Corina Crețu und der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen, Karl-Heinz Lambertz, an einem Dialog in Bukarest (Rumänien) teilnahmen.

Die 317 Bürgerdialoge, die im Laufe des Jahres abgehalten wurden, boten Bürgern und Entscheidungsträgern Gelegenheit zu einem direkten Gespräch. Besondere Priorität hatten dabei die Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger auf das Weißbuch zur Zukunft Europas und die Fragen, die ihnen am meisten am Herzen lagen, etwa das soziale Europa, die Einbeziehung junger Menschen und die Besorgnis, dass Demokratie und Einheit in der EU von Populisten infrage gestellt werden. An den Dialogen, die in 160 Städten in 27 Mitgliedstaaten stattfanden, nahmen über 50 000 Menschen teil. Weitere 193 000 verfolgten die neun Facebook-Live-Bürgerdialoge.

Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union

Am 23. Juni 2016 hat sich eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger des Vereinigten Königreichs in der Volksabstimmung über die Mitgliedschaft in der Europäischen Union dafür ausgesprochen, die EU zu verlassen. Am 29. März 2017 teilte das Vereinigte Königreich dem Europäischen Rat förmlich seine Absicht mit, die EU und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) zu verlassen. Damit hat die britische Regierung Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union ausgelöst, in dem das Verfahren für den Austritt eines Mitgliedstaats aus der Union festgelegt ist.

Die Verhandlungen

Auf der Sondersitzung des Europäischen Rates vom 29. April haben die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 Mitgliedstaaten politische Leitlinien für einen geordneten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU angenommen. Darin wurden die Rahmenbedingungen für die Verhandlungen festgelegt und die allgemeinen Standpunkte und Grundsätze der EU beschrieben. Vier Tage danach richtete die Kommission eine Empfehlung an den Rat, in der sie sich dafür aussprach, mit dem Vereinigten Königreich die Verhandlungen gemäß Artikel 50 aufzunehmen. Gleichzeitig legte sie einen Entwurf für entsprechende Verhandlungsrichtlinien vor.

Am 22. Mai nahm der Rat einen Beschluss an, in dem die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich genehmigt und die Kommission förmlich zum Verhandlungsführer der EU benannt wurde. Außerdem nahm er die ersten Verhandlungsrichtlinien an. Darin wurden eine klare Struktur und ein einheitliches Konzept der EU für die Verhandlungen beschrieben.

Die EU wird durch Michel Barnier, der von der Europäischen Kommission zum Chefunterhändler ernannt wurde, vertreten. Die von Michel Barnier geleitete Taskforce der Europäischen Kommission koordiniert die Arbeiten zu allen strategischen, operativen, rechtlichen und finanziellen Fragen der Verhandlungen. Die Kommission erstattet den Staats- und Regierungschefs und dem Rat während der gesamten Verhandlungen Bericht und hält auch das Europäische Parlament sorgfältig und regelmäßig auf dem Laufenden.

Die erste Verhandlungsphase

Die erste Phase der Gespräche begann am 19. Juni, kurz nach den allgemeinen Wahlen im Vereinigten Königreich. Sie diente dazu, ein Maximum an Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen und die Entflechtung des Vereinigten Königreichs aus der EU zu regeln.

Im Laufe des Jahres 2017 wurden sechs Verhandlungsrunden geführt, bei denen der Schwerpunkt auf drei vorrangigen Themen lag: Wie können die Rechte der Bürgerinnen und Bürger geschützt werden? Welche Rahmenbedingungen können eine Lösung für die besondere Situation in Irland und Nordirland befördern? Welche Finanzregelung kann sicherstellen, dass sowohl die EU als auch das Vereinigte Königreich ihre finanziellen Verpflichtungen einhalten, die vor dem Austritt eingegangen wurden? Darüber hinaus erstreckten sich die Verhandlungen auf andere Fragen, die im Zuge des Austritts geklärt werden müssen.

Am 20. Oktober vereinbarten die Staats- und Regierungschefs der EU-27 im Europäischen Rat, mit den internen Vorbereitungen für die zweite Phase der Gespräche zu beginnen, und forderten gleichzeitig mehr Fortschritte in den drei prioritären Bereichen. Auf dem Gipfeltreffen im Dezember sollte die Lage neu bewertet werden, um festzustellen, ob bei allen drei Fragen „ausreichende Fortschritte“ erzielt worden sind.

Am 8. Dezember hat die Europäische Kommission dem Europäischen Rat empfohlen, ausreichende Fortschritte in der ersten Phase der Artikel-50-Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich festzustellen. Die Bewertung der Kommission beruhte auf einem Gemeinsamen Bericht der Unterhändler der Kommission und der britischen Regierung, der von Premierministerin Theresa May bei einem Treffen mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gebilligt wurde.

Am 15. Dezember hat der Europäische Rat bestätigt, dass ausreichende Fortschritte erzielt worden sind; die Staats- und Regierungschefs haben am gleichen Tag Leitlinien für den Übergang in die zweite Verhandlungsphase verabschiedet, deren Thema mögliche Übergangsregelungen und die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich sind.

Die nächste Verhandlungsphase

Nachdem somit ausreichende Fortschritte in der ersten Verhandlungsphase festgestellt worden waren, hat die Europäische Kommission dem Rat am 20. Dezember die Empfehlung übermittelt, Gespräche über die nächste Phase der Verhandlungen aufzunehmen, und ihm einen Entwurf für Verhandlungsrichtlinien unterbreitet. Diese ergänzen die Verhandlungsrichtlinien vom Mai 2017 und enthalten weitere Einzelheiten zu möglichen Übergangsregelungen.

In der Empfehlung wird daran erinnert, dass die Ergebnisse der ersten Phase der Verhandlungen, die in der Mitteilung der Kommission und im Gemeinsamen Bericht umrissen sind, in konkrete Rechtsbestimmungen umgesetzt werden müssen. Ferner wird hervorgehoben, dass die Arbeiten zu allen Fragen des Austritts abgeschlossen werden müssen. Dies gilt auch für Fragen, die in der ersten Phase noch nicht behandelt wurden, wie die allgemeine Handhabung des Austrittsabkommens, sowie für inhaltliche Fragen etwa im Zusammenhang mit dem öffentlichen Auftragswesen, Rechten des geistigen Eigentums, dem Datenschutz oder Waren, die vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU in Verkehr gebracht werden. Im Einklang mit den Leitlinien des Europäischen Rates vom 15. Dezember sollen die ergänzenden Verhandlungsrichtlinien für Übergangsregelungen im Januar 2018 verabschiedet werden.

Die Verhandlungen sollten bis Herbst 2018 abgeschlossen sein‚ damit bis zum 29. März 2019 genügend Zeit bleibt, in der das Austrittsabkommen nach Zustimmung des Europäischen Parlaments vom Rat abgeschlossen und vom Vereinigten Königreich nach seinen eigenen Verfahren genehmigt werden kann.

Im Austrittsabkommen sollte auch geregelt werden, in welchem Rahmen sich die künftigen Beziehungen bewegen werden. Das eigentliche Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich kann erst geschlossen werden, nachdem das Vereinigte Königreich die EU verlassen hat. Die Staats- und Regierungschefs der EU erklärten sich bereit, in der zweiten Phase der Verhandlungen nach Artikel 50 erste vorbereitende Gespräche über diese künftigen Beziehungen zu führen.

Außergewöhnliche Ereignisse im Jahr 2017

Europäischer Trauerakt im Europäischen Parlament zu Ehren des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl (1930-2017). Straßburg, Frankreich, 1. Juli 2017.

Europäischer Trauerakt im Europäischen Parlament zu Ehren des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl (1930-2017). Straßburg, Frankreich, 1. Juli 2017.

Der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Parlaments Antonio Tajani und der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker nehmen für die Europäische Union vom spanischen König Felipe VI. den Prinzessin-von-Asturien-Preis für Eintracht 2017 entgegen. Oviedo, Spanien, 20. Oktober 2017. © Princess of Asturias Foundation

Der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Parlaments Antonio Tajani und der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker nehmen für die Europäische Union vom spanischen König Felipe VI. den Prinzessin-von-Asturien-Preis für Eintracht 2017 entgegen. Oviedo, Spanien, 20. Oktober 2017.

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Das Europäische Parlament verfügt in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union über ein Informationsbüro: http://www.europarl.europa.eu/atyourservice/de/information_offices.html

DELEGATIONEN DER EUROPÄISCHEN UNION

Die Europäische Union hat in vielen Teilen der Welt auch Delegationen: https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/area/geo_de

Zu dieser Veröffentlichung

Die EU im Jahr 2017 – Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Union

Europäische Kommission
Generaldirektion Kommunikation
Bürgerinformation
1049 Bruxelles/Brussel
BELGIQUE/BELGIË

Die EU im Jahr 2017 – Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Union wurde von der Europäischen Kommission am 28. Februar 2018 unter der Nummer C(2018) 1280 angenommen.

Identifikatoren

Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Union

Print ISBN 978-92-79-71254-8 ISSN 1608-7313 doi:10.2775/710739
PDF ISBN 978-92-79-71240-1 ISSN 1977-3412 doi:10.2775/459895
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Das Wichtigste im Überblick

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Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2018

© Europäische Union, 2018
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Für die Verwendung oder Reproduktion einzelner Fotos muss die Genehmigung der Copyright-Inhaber eingeholt werden.

BILDNACHWEISE

Alle Fotos: © Europäische Union, sofern nicht anders angegeben.

Auf dem Deckblatt

  1. Anlässlich des 60. Jahrestages der Römischen Verträge formen über 900 Bedienstete der Europäischen Kommission eine 60. (© Europäische Union)
  2. Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission. (© Europäische Union)
  3. Der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk, der indische Premierminister Narendra Modi und der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker auf dem EU-Indien-Gipfel. Neu-Delhi, Indien, 6. Oktober 2017. (© Europäische Union)
  4. Am 9. März 2017 wählt der Europäische Rat Donald Tusk für eine zweite Amtszeit von zweieinhalb Jahren (1. Juni 2017 bis 30. November 2019) wieder zu seinem Präsidenten. (© Europäische Union)
  5. Gruppenfoto mit Spitzenvertretern der EU und der Mitgliedstaaten beim EU-Gipfel in Brüssel vom 14. Dezember 2017 anlässlich des Beginns der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit, die Mitgliedstaaten, welche dazu bereit sind, eine größere Zusammenarbeit in Verteidigungs- und Sicherheitsfragen ermöglicht. (© Europäische Union)
  6. Antonio Tajani wird am 17. Januar 2017 als Nachfolger von Martin Schulz zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt. (© Europäische Union)
  7. Am 15. Juni 2017 werden die Roaminggebühren in der EU abgeschafft. EU-Bürgerinnen und -Bürger, die in einem anderen Mitgliedstaat unterwegs sind, können dort jetzt zu Inlandspreisen telefonieren, SMS versenden und Daten herunterladen. (© Europäische Union)
  8. Auf dem Sozialgipfel für faire Arbeitsplätze und Wachstum im schwedischen Göteborg wird am 17. November 2017 die europäische Säule sozialer Rechte proklamiert. (© Europäische Union)
  9. Fragestellerin bei einem der 316 Bürgerdialoge, die im Jahr 2017 in der EU stattfanden. Toruń (Thorn), Polen, 29. Mai 2017. (© Europäische Union)
  10. Die Europäische Union gedenkt des früheren deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl, der am 16. Juni 2017 im Alter von 87 Jahren verstarb. (© Europäische Union)
  11. Der maltesische Premierminister Joseph Muscat, der Präsident des Europäischen Rates Donald Tusk und der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker auf einer Pressekonferenz während des informellen Treffens der Staats- und Regierungschefs der EU in Malta am 3. Februar 2017. (© Europäische Union)

Die EU im Jahr 2016