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1. Lernen für ökologische Nachhaltigkeit

Lernen für ökologische Nachhaltigkeit ist in Deutschland etabliert und wird schrittweise im gesetzlichen Rahmen verankert. Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK), die die Bildungspolitik in allen Ländern koordiniert, hat bereits 2007 eine Empfehlung zu Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Schule angenommen (KMK, 2007). Im Jahr 2015 wurde diese in einen „Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung“ (KMK, 2015) umgesetzt, der im Schuljahr 2024/2025 auf die Sekundarstufe II ausgeweitet und in den allgemeinen Empfehlungen aktualisiert wird. Die Empfehlungen sind nicht verbindlich, und die Ansätze und Fortschritte können von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein (Holst und Brock, 2020). Im Jahr 2019 hatten nur vier Bundesländer (Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen) das Lernen für ökologische Nachhaltigkeit explizit in ihren Schulgesetzen verankert, vier weitere Bundesländer verwiesen darauf. Im Jahr 2022 hatten sich die Rechtsrahmen aller 16 Länder im Vergleich zu 2019 kaum verändert (Brock, 2022).

Bildung für nachhaltige Entwicklung zielt darauf ab, Schülerinnen und Schülern ein allgemeines Verständnis von Nachhaltigkeit und die Fähigkeit zu vermitteln, über eine nachhaltige Zukunft nachzudenken und im Sinne dieser zu handeln Zahlreiche lokale Initiativen und Einrichtungen sind in den Schulen engagiert. Sie arbeiten mit den Lehrkräften zusammen und werden von den Schulverwaltungen beraten und unterstützt. Anknüpfend an die UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ richtete die deutsche Bundesregierung im Jahr 2015 eine Nationale Plattform „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (NP BNE) und Netzwerke in den verschiedenen Bildungsbereichen ein. Auf der Plattform werden wichtige Interessenträger aus Regierung, Wissenschaft, Industrie, Zivilgesellschaft und Jugend zusammengeführt, um eine durchgängige Berücksichtigung von Bildung für nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. In einem 2017 angenommenen Nationalen Aktionsplan werden die wichtigsten Ziele und Maßnahmen zur Umsetzung von Bildung für nachhaltige Entwicklung festgelegt (NP BNE, 2017). Zu den neueren Initiativen in den einzelnen Bundesländern gehören der Hamburger Masterplan BNE 2030 aus dem Jahr 20211, der Erlass „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ in Niedersachsen2 (Niedersachsen, 2021) oder die Leitlinie Bildung für nachhaltige Entwicklung in Nordrhein-Westfalen3 (KMK, 2023).

Die Entwicklung des Lernens für ökologische Nachhaltigkeit in der Hochschulbildung hängt von den Ambitionen der Länder und ihrer Hochschulen ab. Mit der gemeinsamen Erklärung der deutschen Hochschulrektorenkonferenz und der UNESCO zum Thema „Hochschulen für nachhaltige Entwicklung“ wurde bereits 2009 Lernen für ökologische Nachhaltigkeit in der Hochschulbildung eingeführt. Die Erklärung der deutschen Hochschulen aus dem Jahr 2018 zur strukturellen Verankerung von Nachhaltigkeitszielen in den Hochschulen war stärker operativ ausgerichtet und trug dazu bei, Bildung für nachhaltige Entwicklung in die Finanzierungsvereinbarungen der Hochschulen zu integrieren. Die Hochschuleinrichtungen sind autonom, sodass sich ein sehr vielfältiges Bild der Integration von Lernen für ökologische Nachhaltigkeit ergibt. In der Regel wird Nachhaltigkeit in den Modulbüchern und Studien- und Prüfungsordnungen nicht umfassend berücksichtigt (Holst und Singer-Brodowsky, 2022). Elf Länder nehmen an einem Koordinierungsprogramm teil, das die strukturelle Umsetzung des Lernens für ökologische Nachhaltigkeit erleichtern soll.

Die Umsetzung des Lernens für ökologische Nachhaltigkeit in der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung (FBBE) und in der Schulbildung verläuft nach wie vor schleppend. Eine im Jahr 2023 veröffentlichte Analyse eines breiten Spektrums von politischen Programmen und Leitlinien, Lehrplänen, Evaluationen und Dokumenten zur Lehrkräfteausbildung (Holst, 2023) zeigt, dass das Lernen für ökologische Nachhaltigkeit als Ergänzung behandelt wird und noch nicht vollständig in die Bildung integriert ist. Beim nationalen Monitoring ist im Vergleich zu anderen Ländern weltweit eine erhebliche Umsetzungslücke bei der Integration des Lernens für ökologische Nachhaltigkeit in die Lehrpläne und in die Lehrkräfteausbildung festzustellen (Holst und Brock, 2020). Von den deutschen Schülerinnen und Schülern geben 67 % an, im Rahmen ihrer allgemeinen und beruflichen Bildung etwas über die Umwelt gelernt zu haben, was 5 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt liegt (Europäische Kommission, 2024a).4. Im Rahmen der NP BNE wurden daher im Jahr 2023 fünf Handlungsfelder (BNE, 2023) zur Stärkung der Bildung für nachhaltige Entwicklung vorgeschlagen: 1) Stärkung des strukturellen Rahmens, einschließlich der Lehrpläne, 2) experimentelles Lehren und Lernen, 3) Stärkung der demokratischen Kultur in der Bildung, 4) Bildung für nachhaltige Entwicklung als Orientierungsrahmen für die ganzheitliche Schulentwicklung und 5) Ernennung von Koordinatorinnen und Koordinatoren in Bildungseinrichtungen.

Das Lernen für ökologische Nachhaltigkeit wurde bereits 2007 in die Lehrkräfteausbildung aufgenommen, muss aber in den Lehrplänen und in der Unterrichtspraxis der 16 Bundesländer noch an Bedeutung gewinnen. Drei Viertel der deutschen Lehrkräfte haben nach eigener Einschätzung unzureichende Kenntnisse im Bereich Lernen für ökologische Nachhaltigkeit (Brock und Grund, 2018). Eine Monitoring-Studie aus dem Jahr 2020, die in fünf Bundesländern durchgeführt wurde, in denen mehr als die Hälfte der deutschen Lehrkräfte tätig ist, bestätigt, dass die Kompetenzen der Lehrkräfte im Bereich des Lernens für ökologische Nachhaltigkeit verbessert werden müssen (Holst und Brock, 2020). Als durchgängiges Ergebnis ist festzuhalten, dass die meisten Lehrkräfte während ihres Studiums nicht kontinuierlich mit Lernen für ökologische Nachhaltigkeit in Berührung kommen. Verschiedene Akteure sind an der beruflichen Weiterentwicklung im Bereich Lernen für ökologische Nachhaltigkeit beteiligt, wie z. B. die Akteursplattform BNE. Alle 16 Bundesländer, der Bund5 und Organisationen der Zivilgesellschaft6 bieten Online-Lehrmaterialien an, die in Schulen eingesetzt werden können.

Deutschland hat seine Anstrengungen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung im dualen Berufsbildungssystem erheblich verstärkt. Mit der Integration der neuen Standardberufsbildpositionen7 Umweltschutz und Nachhaltigkeit“ sowie „Digitalisierte Arbeitswelt“ gelten seit 2021 für alle neugeordneten dualen Ausbildungsberufe8 verbindliche Mindestanforderungen an die Ausbildungsinhalte, durch die das System erheblich modernisiert wird. Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat verschiedene Pilotprojekte zum Thema Nachhaltigkeit auf den Weg gebracht, z. B. das Programm „Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung im Transfer für Ausbildungspersonal 2020-2022“ (BBNE-Transfer)9.

Klimaneutralität ist ein Motor für Reformen in der Berufsbildung in Deutschland, und es wird ein umfassender struktureller Ansatz zur Ökologisierung vorgeschlagen10. Die beim Bundesministerium für Bildung und Forschung angesiedelte Projektagentur Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (PA-BBNE)11 hat praxisnahe Begleitmaterialien zu 82 Berufsbildern entwickelt, um Lehrkräfte und Ausbildende bei der Integration von Nachhaltigkeitsinhalten zu unterstützen. Um den aktuellen Stand zu bewerten und weiteren Umsetzungsbedarf zu identifizieren, hat das Bundesinstitut für Berufsbildung im Jahr 2024 einen Bericht über Wege zur Messung der betrieblichen Bildung für nachhaltige Entwicklung veröffentlicht.12. Es wurde ein Rahmen für die Festlegung von Indikatoren und die Verbesserung der Berichterstattung geschaffen.

2. Frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung

Trotz des weiteren Ausbaus der Frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung (FBBE) wird ein erheblicher Teil der Nachfrage nach Kinderbetreuung in Deutschland nach wie vor nicht befriedigt. Im Jahr 2022 nahmen 93,1 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem schulpflichtigen Alter an FBBE-Angeboten teil, was in etwa dem EU-Durchschnitt (93,0 %) entspricht, jedoch unter dem EU-Ziel von 96 % liegt.13. Der Anteil der unter 3-Jährigen, die eine formale Kinderbetreuung in Anspruch nehmen, lag jahrelang relativ stabil bei rund 30 %. Er begann im Jahr 2022 zu sinken und erreichte 2023 einen Wert von 23,3%14. Im Jahr 2022 nahmen 839 000 Kinder unter drei Jahren an FBBE-Angeboten teil, was einem Anstieg von 40 % innerhalb eines Jahrzehnts entspricht (BMFSFJSJ, 2023). Bei der Beteiligung der unter 3-Jährigen bestehen regionale Unterschiede; Eltern in Ostdeutschland nutzen die FBBE-Angebote fast doppelt so häufig wie Eltern in Westdeutschland15. Aufgrund einer höheren Geburtenrate bis 2022 stieg der Anteil der unter 3-Jährigen in Deutschland im Jahr 2022 erstmals seit 20 Jahren auf 2,8 %16. In Verbindung mit einer höheren Nachfrage der Eltern führt dies zu einem Mangel von rund 385 000 Plätzen in den westdeutschen Bundesländern und 44 700 Plätzen in den ostdeutschen Bundesländern (Bock-Famulla, K., 2023). Seit dem Jahr 2013 haben alle Kinder ab dem Alter von einem Jahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer FBBE-Einrichtung. Bei der ungedeckten Nachfrage gibt es deutliche Unterschiede zwischen der Altersgruppe der unter 3-Jährigen und der älteren Altersgruppe (BMFSFJ, 2022). Auf nationaler Ebene lag sie 2022 im Vergleich zu 2021 praktisch unverändert bei etwa 14 % für die jüngere Kohorte und bei 4,0 % für die ältere Kohorte (BMFSFJ, 2023a).

Sowohl der Ausbau der Plätze als auch die Verbesserung der Qualität werden weiterhin durch den Mangel an FBBE-Personal behindert. Obwohl sich das FBBE-Personal zwischen 2003 und 2023 mehr als verdoppelt hat (ABBE, 2024), besteht weiterhin ein erheblicher Personalmangel. Laut dem nationalen Bildungsbericht 2024 werden bis zu 367 000 FBBE-Fachkräfte benötigt (ABBE, 2024). Bei voller Ausschöpfung aller vorhandenen Ausbildungskapazitäten könnte der ungedeckte Personalbedarf bis 2035 auf 14 500 bis 72 000 FBBE-Fachkräfte in Westdeutschland reduziert werden (ABBE, 2024). Bei anderen Schätzungen werden potenziell größere Lücken aufgezeigt (Bertelsmann, 2023). Das FBBE-Personal ist nach wie vor überwiegend weiblich (93 %) und 40 % des Personals arbeiten in Teilzeit (ABBE, 2024).

Deutschland strebt gleiche Bedingungen für alle Kinder an, doch bestehen nach wie vor Unterschiede bei der Qualität der Dienstleistungen. Deutschland ergreift weiterhin erhebliche Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der FBBE-Angebote. In den Jahren 2023 und 2024 investiert das Land 4 Mrd. EUR (KiTa-Qualitätsgesetz). Die Situation ist je nach Bundesland und Region unterschiedlich, auch was die Qualität der Dienstleistungen betrifft (ABBE, 2024; Bock-Famulla, K., 2021). Die bestehende Regierungsvereinbarung zielt darauf ab, ab 2025 bundesweit gleiche Bedingungen und Qualitätsstandards für die FBBE zu schaffen. Mit der neuen Qualitätsinitiative werden die Bundesländer in sieben Schwerpunktbereichen unterstützt, wobei ein starker Fokus auf der Schaffung gleicher Bedingungen für alle Kinder in der FBBE liegt (BMFSFJ, 2023). Auch wenn sich die Fachkraft-Kind-Relation für Kinder im Alter unter drei Jahren zwischen 2019 und 2022 leicht verbessert hat (um 0,3 %), liegt sie insgesamt mit 1:4 immer noch unter der wissenschaftlich empfohlenen Quote von 1:3 (Bock-Famulla, 2003a). Außerdem sind die Relationen von Region zu Region sehr unterschiedlich und haben sich nicht überall verbessert. Bei den unter Dreijährigen hat Baden-Württemberg mit 1:3,0 die ideale Relation, während Mecklenburg-Vorpommern mit 1:5,8 das Schlusslicht bildet. Die Arbeitsbelastung des vorhandenen Personals, die durch Krankheit und Fehlzeiten zunimmt, steigt Jahr für Jahr, was sich zusätzlich negativ auf die Fachkraft-Kind-Relation auswirkt (Schieler, 2023).

3. Schulbildung

Die Quote der frühen Abgänger von der allgemeinen und beruflichen Bildung ist im Laufe der Zeit gestiegen. Im Gegensatz zum rückläufigen Trend der Quote der frühen Schulabgänge in der EU (auf 9,5 %) stieg die Quote in Deutschland von 9,8 % im Jahr 2013 um 3 Prozentpunkte auf 12,8 % im Jahr 202317, was deutlich über dem EU-Ziel von unter 9 % liegt. Die Quote der jungen Männer (15,2 %) ist um 4,8 Prozentpunkte höher als die der jungen Frauen (10,4 %)18, und dieser geschlechtsspezifische Unterschied hat sich innerhalb von zehn Jahren mehr als verfünffacht (0,9 Prozentpunkte im Jahr 2013), was hauptsächlich auf einen deutlichen Anstieg des Anteils der Männer zurückzuführen ist. Während die Quote für in Deutschland geborene 18- bis 24-Jährige im Jahr 2023 bei 9,7 % lag, war sie für im Ausland geborene junge Menschen dreimal so hoch (29,4 %)19 und lag für junge Menschen, die außerhalb der EU geboren wurden, bei 33,5 %20.

Abbildung 1: Unterdurchschnittliche Leistungen nach Bereich, PISA 2012, 2018 und 2022 (in %)

Bei den 15-Jährigen verfügen drei von zehn Schülerinnen und Schülern nicht über Mindestkenntnisse in Mathematik, und ihr Anteil ist seit 2015 kontinuierlich gestiegen. In der OECD-Schulleistungsstudie (PISA) 2022 wiesen 29,5 % der 15-Jährigen in Deutschland in Mathematik, 25,5 % im Lesen und 22,9 % in den Naturwissenschaften unterdurchschnittliche Leistungen auf (OECD, 2023). Die Werte sind in den letzten zehn Jahren stark angestiegen (+ 11,8/11,0/10,7 Prozentpunkte). Die unterdurchschnittlichen Leistungen haben insbesondere bei Schülerinnen und Schülern aus benachteiligten Verhältnissen und mit Migrationshintergrund zugenommen, wodurch sich die sozioökonomische Kluft vergrößert hat. Bei benachteiligten Schülerinnen und Schülern war zwischen 2018 und 2022 ein Anstieg um 9,9 Prozentpunkte zu verzeichnen. Im Jahr 2022 fehlte es etwa der Hälfte (46,6 %) der Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Verhältnissen an Grundkenntnissen in Mathematik (gegenüber 32,6 % im Jahr 2012). Alarmierend ist überdies, dass etwa zwei Drittel (64,0 %) der im Ausland geborenen Schülerinnen und Schüler ungenügende Leistungen in Mathematik erzielen.

Der Anteil der leistungsstärksten Schülerinnen und Schüler liegt über dem EU-Durchschnitt. Von den Schülerinnen und Schülern in Deutschland erreichen 8,6 % die höchsten PISA-Werte in Mathematik, 8,2 % im Lesen und 9,5 % in Naturwissenschaften, was in allen drei Bereichen über dem EU-Durchschnitt liegt. Allerdings hat sich ihr Anteil in Mathematik seit 2012 halbiert (- 8,9 Prozentpunkte) und in Naturwissenschaften um ein Fünftel (- 2,5 Prozentpunkte) verringert. Dieser Rückgang ist stärker als im EU-Durchschnitt.

Das Niveau der Grundkompetenzen nimmt in Deutschland weiter ab, was mit sozioökonomischer Benachteiligung und mangelnden Ressourcen zusammenhängt. Die langen Schulschließungen in Deutschland während der COVID-19-Pandemie haben möglicherweise den längerfristigen Trend zu schlechteren Bildungsergebnissen verstärkt (Nusser, 2024). Diese Verschlechterung ist jedoch hauptsächlich auf sozioökonomische Benachteiligung zurückzuführen, einschließlich bei Personen mit Migrationshintergrund. Die Schulen sind mit immer komplexeren Situationen konfrontiert und scheinen nicht über die notwendigen Ressourcen zu verfügen, um diese zu bewältigen (ABBE, 2024). Der zunehmende Lehrkräftemangel in bestimmten Fächern, Schulformen und Regionen erschwert die Situation zusätzlich.

Ein schwacher sozioökonomischer Hintergrund ist der Hauptgrund für schlechte Bildungsergebnisse und von größerer Bedeutung als Migration. Nach Berücksichtigung des sozioökonomischen Hintergrunds und der zu Hause gesprochenen Sprache verringert sich der Leistungsunterschied in Mathematik bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund auf - 8.21. Die Bildungsbenachteiligung von Lernenden mit Migrationshintergrund besteht jedoch weiter, wobei sich der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zwischen 2012 und 2022 verdoppelt hat (von 13,4 % auf 25,8 %). Kinder mit Migrationshintergrund und/oder aus sozioökonomisch benachteiligten Verhältnissen besuchen häufiger Berufsschulen. Im Jahr 2022 besuchten 44 % der Schülerinnen und Schüler ohne Migrationshintergrund ein Gymnasium (Schule zur Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf den Zugang zur Hochschulbildung), während es 30 % bei den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund und nur 15,9 % bei nicht in Deutschland geborenen Schülerinnen und Schülern waren. Bildungsbenachteiligung beginnt früh, da Kinder aus benachteiligten Verhältnissen und/oder mit Migrationshintergrund später mit der frühkindlichen Bildung beginnen oder diese seltener besuchen als ihre privilegierteren Altersgenossen (ABBE, 2024). Der Leistungsunterschied in Mathematik zwischen dem untersten und dem obersten sozioökonomischen Quartil ist mit 111 PISA-Punkten groß und liegt damit 9 Punkte über dem EU-Durchschnitt. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler im unteren sozioökonomischen Quartil, die in Mathematik unterdurchschnittliche Leistungen erzielen, ist innerhalb eines Jahrzehnts um 14 Prozentpunkte (EU: 10,1 Prozentpunkte) auf 46,6 % im Jahr 2022 gestiegen22. Benachteiligte Schülerinnen und Schüler erzielen mehr als dreimal (3,32) so häufig ungenügende Leistungen wie nicht benachteiligte Schülerinnen und Schüler23.

In Deutschland wird die Politik im Bereich Schulbildung auf regionaler Ebene mit gezielter Beteiligung des Bundes gestaltet. Die deutschen Bundesländer verfolgen unterschiedliche Strategien, um die Bildungsergebnisse und Grundkompetenzen insbesondere von jungen Menschen aus benachteiligten Verhältnissen und mit Migrationshintergrund zu verbessern. Zu den bewährten Programmen gehören BiSS und BiSS-Transfer, die Sprachförderung zur Verbesserung der Lese- und Schreibkompetenz in Schulen anbieten, oder QuaMath, das zur Entwicklung der Unterrichts- und Fortbildungsqualität in Mathematik beiträgt und 2023 gestartet ist. Das kürzlich verabschiedete neue Startchancen-Programm hat eine Laufzeit von zehn Jahren und basiert auf einem neuen Ansatz, bei dem die Bundesmittel nach einer stärker bedarfsorientierten Formel an die Länder verteilt werden. Bei dieser Methode werden die Dimensionen Armut und Migration der betreffenden Schulen berücksichtigt (siehe Kasten). Eine enge wissenschaftliche Begleitung des Ansatzes wird es ermöglichen, die Umsetzung zu optimieren und das Programm weiterzuentwickeln. Auch wenn das Programm nicht alle Schulen mit entsprechendem Bedarf erreichen wird, stellt es doch eine wichtige Reaktion auf die ermittelten Herausforderungen dar, die einen möglichen Übergang zu längerfristigen und umfassenden politischen Maßnahmen signalisiert, wenngleich möglicherweise noch nicht alle bestehenden Bedürfnisse vollständig abgedeckt werden. Die Ständige Konferenz der Kultusminister hat beschlossen, über die Bildungsstandards des IQB (Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen) hinaus das harmonisierte Monitoring der Bildungsqualität weiter zu verbessern. Im Rahmen des Konzepts „StarS – Stark in die Grundschule starten“ werden durch harmonisierte Tests im Hinblick auf Mathematik, Deutsch, Aspekte der Selbstregulation und motivational-emotionale Orientierungen in allen Ländern Informationen für Lehrkräfte bereitgestellt und eine gemeinsame systemische Qualitätsentwicklung in ganz Deutschland unterstützt24.

Kasten 1: Startchancen-Programm

Im Rahmen dieses neuen zehnjährigen Bundesprogramms, das im Schuljahr 2024/2025 beginnt, sollen alle Kinder und jungen Menschen unter Berücksichtigung der sozialen Verhältnisse ihrer Eltern gezielt gefördert werden25. Der Bund stellt jährlich eine Milliarde Euro zur Verfügung, die von den Ländern in gleicher Höhe ergänzt wird. Das Programm richtet sich an bis zu 4 000 Schulen (etwa 10 % aller deutschen Schulen) und zielt auf eine bessere Ausstattung der Schulen, eine bedarfsorientierte Schul- und Unterrichtsentwicklung und die Stärkung multiprofessioneller Teams ab. Es wird erwartet, dass das Programm einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Kompetenzen von Kindern und jungen Menschen und damit zur Verbesserung der Chancengleichheit in der Bildung leistet. Auch wenn das Programm nicht die gesamte Zielpopulation direkt erreicht, so ist doch davon auszugehen, dass es einen Referenz- und Multiplikatoreffekt haben wird.

Mittelausstattung: 20 Mrd. EUR

Quelle: https://www.bmbf.de/bmbf/de/bildung/startchancen/startchancen-programm.html

4. Berufliche Aus- und Weiterbildung

Deutschland verfügt über ein bewährtes Berufsbildungssystem und führt Reformen durch, um seine Attraktivität sowie die Mobilität in der Berufsbildung weiter zu fördern. Mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler in mittleren Bildungseinrichtungen in Deutschland nimmt an Berufsbildungsprogrammen teil (57,7 % im Jahr 2021).26. Das Lernen am Arbeitsplatz ist in der Berufsbildung weitverbreitet (94,1 % der Absolventinnen und Absolventen im Jahr 2023 hatten solche Erfahrung)27. Die Beschäftigungsquote junger Menschen mit abgeschlossener Berufsausbildung ist hoch (92,7 % im Jahr 202328. Der erfolgreiche Übergang von der Schule ins Berufsleben über die Berufsbildung wird jedoch durch mangelnde Grundkompetenzen der Schülerinnen und Schüler stark erschwert: Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit ungenügenden Leistungen in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften ist seit 2012 deutlich gestiegen (siehe Abschnitt 3). Diese Entwicklung hat in Verbindung mit der Wahrnehmung, dass die Kompetenzen der Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz abgenommen haben, zu Besorgnis geführt29. Trotz der hohen Quote unbesetzter Stellen und des Fachkräftemangels haben viele junge Menschen nach wie vor keine Chance auf einen Ausbildungsplatz. Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat Deutschland die Ausbildungsgarantie zum 1. August 2024 eingeführt (BMAS a). Diese Garantie unterstützt junge Menschen aus benachteiligten Verhältnissen, die selbst keinen Ausbildungsplatz finden konnten, und sieht ausbildungsbegleitende Hilfen vor, die von der Bundesagentur für Arbeit finanziert werden.

Die Regierung hat Maßnahmen ergriffen, um den Übergang von der Schule ins Berufsleben und die Anerkennung und Validierung von Kompetenzen zu fördern. Die Allianz für Aus- und Weiterbildung (BMAS b, Cedefop und ReferNet, 2023a) wurde für den Zeitraum 2023-2026 neu aufgelegt, um den Übergang von der Schule ins Berufsleben zu unterstützen und eine inklusive Berufsbildung zu fördern. Neben der Ausbildungsgarantie (siehe oben) gelten ab Januar 2025 durch das Berufsbildungsgesetz und die Handwerksordnung Regelungen zur Feststellung und Bescheinigung, ob individuelle berufliche Kompetenzen mit der Berufsausbildung vergleichbar sind. Die Bundesagentur für Arbeit hat das nationale Onlineportal für berufliche Weiterbildung30 als zentrale Anlaufstelle eingerichtet, um das komplexe System der beruflichen Weiterbildung zu straffen und Beratung für die Zielgruppe zu bieten. Durch das im Juli 2023 verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz können Fachkräfte mit Berufsausbildung und Personen mit berufspraktischen Kenntnissen leichter nach Deutschland einwandern.

Kasten 2: Projekt „Gute Aussichten“

Dieses von Arbeit und Leben Hamburg e. V. geleitete Projekt zielt darauf ab, die Grundkompetenzen von geringqualifizierten Beschäftigten in Hamburg zu verbessern. Das vom Europäischen Sozialfonds geförderte Projekt konzentriert sich auf Sektoren wie Handel, Pflege, Dienstleistungen und Logistik und bietet Schulungen zur Verbesserung der Lese-, Schreib-, Rechen- und digitalen Kompetenzen an. Die Teilnehmenden erhalten maßgeschneiderte Aus- und Weiterbildungsangebote, einschließlich Kommunikation am Arbeitsplatz, Workshops zur Rechenkompetenz und Fertigkeiten im Umgang mit digitalen Geräten.

Elke, eine Kantinenmitarbeiterin, betont die Wirkung des Projekts: Durch die Verbesserung ihrer Grundfertigkeiten im Schreiben und ihrer digitalen Kompetenz haben sich ihre Beschäftigungsaussichten verbessert. Am Ende der Aus- bzw. Weiterbildung erhalten die Beschäftigten Zertifikate und Anleitungen für zukünftiges Lernen, um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern und ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Das Projekt mit einer Laufzeit von 2022-2024 hat bereits 320 Teilnehmende erreicht. Es bietet weiterhin wichtige Möglichkeiten zur Kompetenzentwicklung und verbessert damit die Beschäftigungsaussichten der Teilnehmenden.

Mittelausstattung: 897 773 EUR, einschließlich eines EU-Beitrags in Höhe von 357 773 EUR

Quelle: www.hamburg.arbeitundleben.de/grundbildung/gute-aussichten

5. Hochschulbildung

Die Hochschulabschlussquote ist in Deutschland gestiegen, liegt aber immer noch unter dem EU-Durchschnitt. Von 2013 bis 2023 ist in Deutschland die Quote der Hochschulabsolventinnen und absolventen in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen um 8,5 Prozentpunkte gestiegen, wobei dieser Anstieg leicht über dem EU-Durchschnitt von 8,0 Prozentpunkten lag31. Mit 38,4 % liegt Deutschland immer noch 4,7 Prozentpunkte unter dem EU-27-Durchschnitt (43,1 %) und deutlich unter dem EU-Ziel von 45 % für 2030. Die relativ niedrige Abschlussquote kann zum Teil auf das starke und wichtige duale Berufsbildungssystem zurückgeführt werden32. Mit 54,3 % weist Berlin die höchste Hochschulabschlussquote in Deutschland auf, wobei seit 2013 ein Anstieg um 16,1 Prozentpunkte zu verzeichnen ist. Dagegen erreichte Sachsen-Anhalt im Jahr 2023 mit nur 20,3 % weniger als die Hälfte des Berliner Niveaus33. Der Anteil der Hochschulabsolventinnen und absolventen ist in Großstädten mit 45,6 % im Jahr 2023 deutlich höher als in Kleinstädten mit 32,5 % und in ländlichen Gebieten mit 30,2 %.

Bei jungen Menschen (25-34 Jahre), die im Ausland geboren wurden oder die einen niedrigeren sozioökonomischen Hintergrund haben, ist der Anteil der Hochschulabsolventinnen und absolventen geringer. Der Unterschied zwischen im Inland geborenen und im Ausland geborenen Personen mit Hochschulabschluss ist geringer als im EU-Durchschnitt. Im Jahr 2023 verfügten 33,15 % der 25- bis 34-Jährigen aus einem anderen EU-Land, 36,9 % aus einem Nicht-EU-Land und 39,3 % der in Deutschland Geborenen über einen Hochschulabschluss. Die Quoten auf EU-Ebene beliefen sich auf 40,2 %, 37,1 % bzw. 44,2 %. In Deutschland haben fast ebenso viele junge Männer wie junge Frauen ein Hochschulstudium abgeschlossen. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede sind nach wie vor die geringsten in der EU. Mit 4,9 Prozentpunkten im Jahr 2023 entspricht dies etwa einem Drittel des EU-Durchschnitts (11,2 Prozentpunkte)34. Der Erwerb eines Hochschulabschlusses ist nach wie vor stark durch den sozioökonomischen Hintergrund und den Bildungshintergrund der Eltern geprägt. Im Jahr 2021 verfügten 24 % aller Deutschen im Alter von 25 bis 65 Jahren über einen Hochschulabschluss. Der Anteil betrug 56 %, wenn mindestens ein Elternteil einen Hochschulabschluss hatte, und 12 %, wenn die Eltern weniger als einen Abschluss der Sekundarstufe II besaßen (ABBE, 2024).

Die Lernmobilität ist in Deutschland generell hoch, insbesondere die Mobilität aus dem Ausland auf Promotions- und Masterniveau. Die deutschen Hochschulen sind über eine Vielzahl von Kooperationsabkommen eng mit Einrichtungen sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU verbunden (HRK, 2020). Im Jahr 2022 waren 13,2 % der deutschen Hochschulabsolventinnen und absolventen (ISCED 5-8) mobil, was 3,2 Prozentpunkte über dem EU-27-Durchschnitt liegt, wenngleich Deutschland das europäische Ziel von 23 % noch nicht erreicht hat.35. Davon haben 4,7 % ihren Abschluss im Ausland erworben und 8,5 % haben nur einen kurzen Studienaufenthalt im Ausland absolviert. Deutschland ist ein sehr attraktiver Studienort für internationale Absolventinnen und Absolventen: 18,6 % der Absolventinnen und Absolventen von Masterstudiengängen und 26,4 % der Promovierenden kommen aus dem Ausland, die meisten davon aus Ländern außerhalb der EU (15,3 % bzw. 19,6 %). Die Internationalisierung der deutschen Hochschulen zeichnet sich durch gemeinsame Strategien von Bund und Ländern aus. Im Jahr 2024 wurde eine neue Strategie des Bundes und der Länder verabschiedet, die auf einer umfassenden Konsultation der Interessengruppen im Jahr 2023 basiert (KMK, 2024). Politische Maßnahmen werden in Deutschland durch ein umfassendes Monitoring der internationalen Mobilität erleichtert (Europäische Kommission 2023). Die Mobilität von Studierenden wird durch eine Kombination aus allgemeiner und bedarfsorientierter Unterstützung gefördert (Europäische Kommission 2023), wobei die Förderung für Studierende in der Regel sowohl für die Mobilität zum Erwerb von Leistungspunkten als auch für die Mobilität zum Erwerb eines Hochschulabschlusses übertragbar ist (Europäische Kommission, 2023).

Abbildung 2: Bilanz der Mobilität zum Erwerb eines Abschlusses (Mobilität innerhalb und außerhalb der EU; Netto-Entsendeländer und Netto-Aufnahmeländer), 2022

6. Erwachsenenbildung

Die Teilnahme an der Erwachsenenbildung hat sich verbessert, und wenn Deutschland diesen Weg fortsetzt, könnte es bis 2030 sowohl das EU-Kernziel für Kompetenzen (60 %) als auch das nationale Ziel (65 %) erreichen. Die Teilnahmequote an der Erwachsenenbildung stieg von 46,4 % im Jahr 2016 auf 53,7 % im Jahr 202236. Die Nationale Weiterbildungsstrategie zielt darauf ab, die Weiterbildung in spezifischen Arbeitsgruppen zu stärken. Mehrere Projekte werden durch den Europäischen Sozialfonds Plus, die Aufbau- und Resilienzfazilität und das Instrument für technische Unterstützung unterstützt. Die Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung (2016-2026) bildet den wichtigsten politischen Rahmen im Bereich Grundkompetenzen. Die Federführung liegt beim Bundesministerium für Bildung und Forschung und den Bundesländern, die von verschiedenen Akteuren aus Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft unterstützt werden.

Der Zugang und die unklaren Finanzierungsperspektiven nach dem offiziellen Ende der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung im Jahr 2026, der Mangel an Lehrkräften und der Zugang bestimmter benachteiligter Bevölkerungsgruppen stellen eine große Herausforderung dar. Im Mittelpunkt der Nationalen Dekade stehen Erwachsene mit geringen Grundfertigkeiten. Um dem Problem zu begegnen, dass Erwachsene mit Grundbildungsbedarf häufig Ad-hoc-Angebote wahrnehmen, aber keinen längerfristigen Lernweg einschlagen, wurde im Sommer 2023 im Rahmen der Nationalen Dekade das Konzept der Grundbildungspfade37 eingeführt.

Mithilfe nationaler und europäischer Fördermittel werden die Grundfertigkeiten von Erwachsenen verbessert. Die Nationale Dekade knüpft an mehrere Förderprogramme an, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 2007 aufgelegt hat. Auf der Website AlphaDekade38 werden derzeit 38 bezuschusste Projekte aufgeführt. Neun Projekte zu Grundfertigkeiten werden auf Bundesebene aus dem Europäischen Sozialfonds Plus finanziert39. Mit dem Instrument für technische Unterstützung40 wurden im Jahr 2021 Projekte zu den Strategien für digitale Weiterbildung in Bayern und Nordrhein-Westfalen gefördert41.

Fundstellen

Notes

Angaben zur Veröffentlichung

  • KatalognummerNC-AN-24-005-DE-Q
  • ISBN978-92-68-19050-0
  • ISSN2466-9997
  • DOI10.2766/938192

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