Sonderbericht
Nr.22 2019

Die EU-Anforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen müssen weiter verschärft und ihre Anwendung muss besser überwacht werden

Über den Bericht: In diesem Bericht wird untersucht, ob mit den von der Kommission nach der Finanzkrise ergriffenen Maßnahmen zur Stärkung der haushaltspolitischen Rahmen der EU‑Mitgliedstaaten die angestrebten Ergebnisse erzielt wurden. Die Legislativmaßnahmen der EU gaben Impulse, doch könnte der Rechtsrahmen noch weiter verbessert werden, und die Kommission verfügt bislang nur über begrenzte Sicherheit dafür, dass die Mitgliedstaaten die EU-Anforderungen ordnungsgemäß anwenden. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass die Kommission und die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln bei der nationalen jährlichen und mittelfristigen Haushaltsplanung unterschiedlich bewerten, was die Wirksamkeit des haushaltspolitischen Rahmens der EU verringern könnte. Schließlich ist die Wirksamkeit des Europäischen Fiskalausschusses durch seine derzeitige institutionelle Struktur und die Tatsache begrenzt, dass die Kommission seine Empfehlung ohne Angabe angemessener Gründe ignorieren kann.
Sonderbericht des Hofes gemäß Artikel 287 Absatz 4 Unterabsatz 2 AEUV.

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Zusammenfassung

I

Um gegen die grundlegenden Ursachen der Finanzkrise vorzugehen, sah es die Kommission als notwendig an, den regelbasierten haushaltspolitischen Rahmen um verbindliche nationale Bestimmungen zu ergänzen. Daher schlug sie drei Rechtsakte zur Stärkung der nationalen Haushaltsrahmen (d. h. der Art und Weise, wie haushaltspolitische Maßnahmen durchgeführt werden) vor. Zwei dieser drei Rechtsakte wurden verabschiedet (im Jahr 2011 als Teil des „Sechserpakets“ und im Jahr 2013 als Teil des „Zweierpakets), der Rechtsetzungsprozess für einen 2017 vorgelegten Vorschlag für eine Richtlinie ist noch im Gange. Außerdem unterzeichneten 25 Mitgliedstaaten im Jahr 2012 einen zwischenstaatlichen Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion.

II

Im Rahmen der Rechtsakte wurden die Mitgliedstaaten unter anderem verpflichtet, unabhängige finanzpolitische Institutionen einzurichten, nationale Haushaltsregeln festzulegen und mehrjährige regelbasierte Haushaltsrahmen einzuführen. Gut konzipierte, unabhängige finanzpolitische Institutionen gehen mit einer besseren Einhaltung der Haushaltsregeln sowie präziseren und weniger verzerrten makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen einher, während anerkanntermaßen mittelfristige Haushaltsrahmen insofern zu einer besseren haushaltspolitischen Leistung beitragen, als sie aufzeigen, ob und wie sich aktuelle politische Entscheidungen und künftige Programme mit nachhaltigen mittelfristigen Haushaltszuweisungen vereinbaren lassen.

III

Im Zuge der Prüfung sollte bewertet werden, ob die Kommission mit ihren Maßnahmen zur Stärkung der Haushaltsrahmen der EU-Mitgliedstaaten die angestrebten Ergebnisse erzielt hat. Zu diesem Zweck untersuchte der Hof, ob

  1. die rechtlichen Anforderungen der EU an die nationalen Haushaltsrahmen wirksam waren;
  2. die nationalen Haushaltsrahmen durch eine angemessene und klare Interaktion zwischen der Kommission, den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und dem Europäischen Fiskalausschuss gestärkt wurden;
  3. die Kommission angemessen bewertet hat, wie die rechtlichen Anforderungen der EU in den Mitgliedstaaten umgesetzt und angewandt wurden.
IV

Die Legislativmaßnahmen der EU gaben Impulse für die Stärkung der nationalen Haushaltsrahmen. Der Rechtsrahmen könnte jedoch noch verbessert werden. Im Vergleich zu internationalen Standards und bewährten Verfahren sind die Anforderungen in mehrfacher Hinsicht weniger streng, insbesondere im Zusammenhang mit den mittelfristigen Haushaltsrahmen und unabhängigen finanzpolitischen Institutionen. Mit der von der Kommission im Jahr 2017 vorgeschlagenen Richtlinie werden einige – jedoch nicht alle – der vom Hof festgestellten Mängel angegangen.

V

Die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen bewerten die Einhaltung der nationalen Haushaltsregeln. Außerdem bewerten neben der Kommission auch einige unabhängige nationale finanzpolitische Institutionen die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln durch die Mitgliedstaaten entweder, weil sie gemäß ihrer eigenen Rechtsgrundlage dazu verpflichtet sind, oder weil sie beschließen, dies auf freiwilliger Basis zu tun. Durch die Ausübung der Ermessensbefugnisse der Kommission sowie andere Faktoren entsteht ein Risiko, dass die Kommission und die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen bei der Bewertung, ob die EU-Haushaltsregeln eingehalten wurden, zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Sollte dieses Risiko eintreten, würde die Wirksamkeit des haushaltspolitischen Rahmens der EU verringert.

VI

In dem im Jahr 2015 veröffentlichten „Bericht der fünf Präsidenten“ wurde die Einrichtung eines Europäischen Fiskalausschusses vorgeschlagen, der auf europäischer Ebene die nationalen Haushalte und deren Umsetzung einer öffentlichen und unabhängigen Bewertung unterziehen und sie dabei an den haushaltspolitischen Zielen der EU messen sollte. Der Ausschuss wurde im selben Jahr durch Beschluss der Kommission eingerichtet. Die Struktur und das Mandat des Europäischen Fiskalausschusses wurden den im Präsidentenbericht vorgesehenen Aufgaben jedoch nicht gerecht. Außerdem lässt die derzeitige institutionelle Struktur Spielraum für Verbesserungen hinsichtlich der Unabhängigkeit des Ausschusses. Hinzu kommt, dass die Kommission die vom Europäischen Fiskalausschuss unterbreiteten Vorschläge und Empfehlungen ignorieren kann, ohne dies angemessen begründen zu müssen.

VII

Die Kommission verfügt bislang nur über begrenzte Sicherheit dafür, dass die EU-Anforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen ordnungsgemäß umgesetzt und angewandt werden. Tatsächlich wurde die Bewertung, ob die nationalen Gesetze die Anforderungen der Richtlinie 2011/85 erfüllen, noch nicht abgeschlossen. Die Bewertungen der Anwendung des EU-Rechtsrahmens wurden entweder noch nicht durchgeführt oder erfolgten in einer zu frühen Phase der Umsetzung, um aussagekräftig zu sein.

VIII

Der Hof empfiehlt der Kommission,

  1. die Zusammenarbeit mit den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen zu stärken, um Abweichungen zwischen ihren eigenen und den von unabhängigen finanzpolitischen Institutionen vorgenommenen Bewertungen bezüglich der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln zu minimieren;
  2. die Anforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen unter Berücksichtigung internationaler Standards und bewährter Verfahren zu überprüfen;
  3. den Europäischen Fiskalausschuss zu stärken;
  4. sich mit offenen Fragen bezüglich der Regelkonformität zu befassen und für mehr Sicherheit hinsichtlich des Funktionierens der nationalen Haushaltsrahmen zu sorgen.

Einleitung

Hintergrund

01

Als mit dem Ausbruch der Staatsschuldenkrise im Jahr 2009 die Stabilität des Euro-Währungsgebiets gefährdet war, verabschiedeten die EU-Gesetzgeber eine Reihe von Rechtsakten, um die haushaltspolitische Steuerung der EU zu verbessern. Ziel war es, die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) zu verbessern und die nationalen Haushaltsrahmen (NBF) zu stärken1 (siehe Kasten 1 zu den Komponenten der NBF).

Kasten 1

Nationale Haushaltsrahmen

Die NBF sind die Vereinbarungen, Verfahren, Vorschriften und Institutionen, die der Haushaltspolitik zugrunde liegen.

Komponenten der NBF

Quelle: Europäischer Rechnungshof.

02

In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur herrscht weitgehend Einvernehmen darüber, dass mehrjährige regelbasierte Haushaltsrahmen mit einer besseren haushaltspolitischen Leistung einhergehen2, da sie aufzeigen, wie sich aktuelle politische Entscheidungen und künftige Programme mit nachhaltigen mittelfristigen Haushaltszuweisungen vereinbaren lassen. Glaubwürdige mittelfristige Haushaltsrahmen (MTBF) können Regierungen zudem dabei unterstützen, die notwendige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen mit der Möglichkeit in Einklang zu bringen, haushaltspolitische Maßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen von wirtschaftlichen und finanziellen Schocks zu nutzen3.

03

Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) behalten die Mitgliedstaaten ihre Hoheitsgewalt im Bereich der Haushaltspolitik. Dennoch müssen die haushaltspolitischen Maßnahmen koordiniert werden, um negative Spill-over-Effekte und Bedrohungen für die Währungsstabilität im Euro‑Währungsgebiet zu verhindern. Damit diese Koordinierung erfolgreich ist, müssen die haushaltspolitischen Ziele der EU nach Ansicht der Kommission in die nationale Haushaltspolitik einfließen4. Im Jahr 2005 äußerte der Rat die „Auffassung, dass einzelstaatliche ordnungspolitische Maßnahmen den EU-Rahmen ergänzen sollten“5. Zum damaligen Zeitpunkt wurde jedoch keine umfassende Analyse zu i) den Mängeln im damals bestehenden EU-Rahmen oder ii) der künftigen Koordinierung der beiden ordnungspolitischen Maßnahmen vorgelegt. Im Oktober 2009 gelangte der Rat der EU (der „Rat“) erneut zu dem Schluss, dass die NBF verstärkt werden sollten, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte zu unterstützen6.

04

Seit 2006 sammelt die Kommission mittels Umfragen bei einschlägigen nationalen Behörden qualitative Informationen und Daten zu den wesentlichen Elementen der NBF (d. h. den numerischen Haushaltsregeln, den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen (IFI) und den MTBF). Diese Informationen werden in die Datenbank der Kommission zur haushaltspolitischen Steuerung (Fiscal Governance Database) aufgenommen und dazu verwendet, die Indizes zur Stärke und Qualität dieser Elemente zu berechnen.

Rechtsrahmen

05

Als erster Schritt zur Entwicklung eines gemeinsamen Rechtsrahmens wurde nach politischen Gesprächen die Richtlinie 2011/857 angenommen, eine von sechs Legislativmaßnahmen, die das sogenannte „Sechserpaket“ bilden. In der Richtlinie 2011/85 sind Mindestanforderungen an die NBF festgelegt (ein Überblick über die einschlägigen Rechtsakte und die Zeitleiste ihrer Annahme ist Anhang I zu entnehmen):

  1. Die Finanzplanung der Mitgliedstaaten sollte auf realistischen makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen beruhen, die von einer benannten Institution bereitgestellt werden.
  2. Die Mitgliedstaaten sollten über spezifische Haushaltsregeln verfügen, deren Einhaltung von unabhängigen Stellen überwacht wird.
  3. Die Mitgliedstaaten sollten über einen glaubwürdigen und effektiven MTBF verfügen, der einen Finanzplanungshorizont von mindestens drei Jahren vorsieht.
  4. Die Mitgliedstaaten sollten über umfassende, kohärente und transparente Systeme des öffentlichen Rechnungswesens und der statistischen Berichterstattung verfügen.
06

Den zweiten Schritt bildete der im März 2012 unterzeichnete zwischenstaatliche Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (SKS-Vertrag) und insbesondere der fiskalpolitische Pakt (Titel III). Der Vertrag wurde im Juni 2012 durch eine Mitteilung der Kommission ergänzt, in der sieben gemeinsame Grundsätze (die „gemeinsamen Grundsätze der Kommission“) festgelegt wurden8. Die Vertragsparteien des fiskalpolitischen Pakts (alle 19 Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets sowie Bulgarien, Dänemark und Rumänien) sind verpflichtet, die Regel des strukturell ausgeglichenen Haushalts in der nationalen Gesetzgebung zu verankern und einen automatischen Korrekturmechanismus sowie eine unabhängige finanzpolitische Institution (IFI) einzurichten (siehe Kasten 2).

Kasten 2

Erläuterung einschlägiger Begriffe

Struktureller Saldo: Der tatsächliche Haushaltssaldo ohne konjunkturelle Komponente und einmalige und sonstige befristete Maßnahmen. Der strukturelle Saldo gibt Aufschluss über die Grundtendenz des Haushalssaldos.

Regel des ausgeglichenen Haushalts: Der gesamtstaatliche Haushalt muss ausgeglichen sein oder einen Überschuss aufweisen. Sowohl beim SWP als auch beim SKS-Vertrag gilt diese Regel als eingehalten, wenn der jährliche strukturelle Saldo des Gesamtstaats dem mittelfristigen Haushaltsziel (MTO) entspricht. Im SWP ist die Untergrenze des strukturellen Saldos für Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets auf -1 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) festgesetzt. Der fiskalpolitische Pakt setzt sie mit -0,5 % noch strenger an (außer für Mitgliedstaaten mit niedrigem Schuldenstand und einem geringen Risiko hinsichtlich der Tragfähigkeit).

Automatischer Korrekturmechanismus: Verpflichtung zur Umsetzung von Korrekturmaßnahmen, die automatisch ausgelöst wird, wenn erhebliche Abweichungen vom mittelfristigen Haushaltsziel bzw. vom Anpassungspfad zu seiner Erreichung festgestellt werden.

07

Nach allgemeiner Auffassung gehen gut konzipierte IFI mit einer besseren haushaltspolitischen Leistung9, einer besseren Einhaltung haushaltspolitischer Regeln10 sowie präziseren und weniger verzerrten makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen11 einher.

08

Der dritte Schritt war die Annahme der Verordnung 473/201312, die Teil des Zweierpakets ist; durch sie sollten unter anderem die Bestimmungen des SKS-Vertrags für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets in EU-Recht übernommen werden.

09

Schließlich legte die Kommission dem Rat im Dezember 2017 einen Vorschlag für eine Richtlinie mit dem Ziel vor, den Inhalt des SKS-Vertrags in EU-Recht zu überführen13 (der „Richtlinienentwurf von 2017“). Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts war das Annahmeverfahren im Rat bis zur Bewertung des Sechserpakets und des Zweierpakets durch die Kommission, die bis Ende 2019 vorliegen soll, ausgesetzt14. Auch das Europäische Parlament hat seine Stellungnahme zu dem Vorschlag noch nicht abgegeben.

10

Im Jahr 2015 errichtete die Kommission im Wege eines Beschlusses den Europäischen Fiskalausschuss (EFA) (der „EFA-Beschluss“)15. Grundlage hierfür war eine Empfehlung aus dem „Bericht der fünf Präsidenten“16: Demnach sollte ein beratender EFA eingerichtet werden, um den EU-Steuerungsrahmen zu stärken. Dieser Ausschuss würde unter anderem die Arbeit der nationalen IFI koordinieren und ergänzen und die Haushalte und deren Umsetzung einer öffentlichen und unabhängigen Bewertung unterziehen und sie dabei an den haushaltspolitischen Zielen der EU messen.

Prüfungsumfang und Prüfungsansatz

11

Zwischen 2016 und 2018 untersuchte der Hof sowohl die korrektive17 als auch die präventive Komponente18 des SWP sowie das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht19. Um ein vollständiges Bild der wirtschaftspolitischen Steuerung der EU zu erhalten, beschloss der Hof, eine Prüfung der Regelungen im Bereich der haushaltspolitischen Stabilität durchzuführen.

12

Im Zuge der Prüfung sollte bewertet werden, ob die Kommission mit ihren Maßnahmen zur Stärkung des Haushaltsrahmens der EU-Mitgliedstaaten – insbesondere in Bezug auf die drei wesentlichen Komponenten i) Haushaltsregeln und Korrekturmechanismus, ii) MTBF und iii) IFI (siehe Kasten 1) – die angestrebten Ergebnisse erzielt hat. Zu diesem Zweck untersuchte der Hof, ob

  1. die rechtlichen Anforderungen der EU bezüglich der NBF wirksam waren;
  2. die NBF durch eine angemessene und klare Interaktion zwischen der Kommission, den IFI und dem EFA gestärkt wurden;
  3. die Kommission angemessen bewertet hat, wie die rechtlichen Anforderungen der EU in den Mitgliedstaaten umgesetzt und angewandt wurden.
13

In seiner Prüfungsstichprobe konzentrierte sich der Hof auf acht Mitgliedstaaten (Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Portugal und die Niederlande)20. Sofern erforderlich, bezog der Hof jedoch auch andere Mitgliedstaaten in seine Analyse ein. Des Weiteren wurden die Rolle und die Position des EFA im haushaltspolitischen Rahmen der EU untersucht.

14

Seine Prüfungskriterien leitete der Hof aus folgenden Quellen ab: i) Rechtsdokumenten, ii) Dokumenten und Richtwerten der Kommission und iii) Dokumenten sowie Standards, die von verschiedenen Organen der EU, sonstigen internationalen Organisationen oder Forschern veröffentlicht bzw. entwickelt wurden. Weitere Einzelheiten hierzu sind den entsprechenden Abschnitten dieses Berichts zu entnehmen.

15

Der Hof erlangte seine Prüfungsnachweise im Rahmen

  1. einer Auswertung einschlägiger Unterlagen der Kommission und des EFA;
  2. einer Auswertung von Veröffentlichungen, Leitlinien und Standards internationaler Organisationen (IWF, OECD, Weltbank) und einschlägiger unabhängiger Institute sowie der entsprechenden Fachliteratur;
  3. einer Online-Umfrage bei IFI in der EU, an der sich 31 IFI aus 26 Mitgliedstaaten21 beteiligten;
  4. von Befragungen von Bediensteten der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen (GD ECFIN);
  5. von Befragungen von Bediensteten der einschlägigen Ministerien, IFI, Zentralbanken und Thinktanks der acht in der Stichprobe erfassten Mitgliedstaaten, um Rückmeldungen über die Anforderungen der EU und deren Anwendung zu erhalten.
16

Dieser Sonderbericht soll einen Beitrag zu den Debatten leisten, die im Europäischen Parlament und im Rat über den von der Kommission vorgeschlagenen Richtlinienentwurf von 2017 zur Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte in den Mitgliedstaaten geführt werden.

Bemerkungen

Die rechtlichen Anforderungen der EU gaben Impulse für die Stärkung der nationalen Haushaltsrahmen, könnten aber verbessert werden

17

Wie erwartet, gaben die Legislativmaßnahmen der EU (siehe Ziffern 05-10) Impulse für die Stärkung der NBF in den EU-Mitgliedstaaten. Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, hat sich die Zahl der nationalen Haushaltsregeln und IFI nach der Annahme der Richtlinie 2011/85 erheblich erhöht.

Abbildung 1

Nationale Haushaltsregeln und IFI in den EU-Mitgliedstaaten

Hinweis: Im Jahr 2011 (rote Linie) wurde die Richtlinie 2011/85 angenommen.

Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Kommission.

18

Allerdings liegt den verschiedenen Elementen der NBF derzeit ein fragmentierter Rechtsrahmen zugrunde (siehe Abbildung 2). Konkret handelt es sich um folgende Elemente: i) die numerischen Haushaltsregeln, ii) den Korrekturmechanismus, iii) die MTBF, iv) die IFI und v) die Haushaltsverfahren.

Abbildung 2

Fragmentierung des Rechtsrahmens

Quelle: Europäischer Rechnungshof. * Einige Bestimmungen gelten nicht für das Vereinigte Königreich.

19

Es bestehen parallel mehrere Rechtsakte mit unterschiedlichem Rechtscharakter (EU-Recht und zwischenstaatlicher Vertrag):

  • Sie sind unterschiedlich durchsetzbar (der Gerichtshof der EU kann nur über die Umsetzung des SKS-Vertrags befinden; was jedoch dessen Anwendung anbelangt, haben die EU-Organe keinerlei Befugnis, um die Durchsetzung der zu seiner Umsetzung erlassenen nationalen Rechtsvorschriften sicherzustellen).
  • Einige Bestimmungen sind in Verordnungen verankert, die unmittelbar gelten, andere wiederum in einer Richtlinie, für deren Umsetzung in nationales Recht die Mitgliedstaaten eine gewisse Zeit zur Verfügung haben und die Form der Anwendung frei bestimmen können, was zu einer größeren Heterogenität der nationalen Rahmen führt.
  • Die Anwendbarkeit auf bestimmte Mitgliedstaaten ist unterschiedlich, je nachdem, ob sie dem Euro-Währungsgebiet angehören.
20

Die Kommission erstellte die Richtlinie 2011/85 innerhalb sehr kurzer Zeit (drei Monate). Sie betonte, dass die Richtlinie 2011/85 als ein Bündel an „Mindestanforderungen“ zu sehen sei und nicht als eine Auflistung bewährter Verfahren oder wünschenswerter Merkmale eines MTBF. Laut Kommission wäre eine Einbindung bewährter Verfahren in den EU-Rechtsrahmen nicht mit den erheblichen Unterschieden vereinbar gewesen, die bei den administrativen und institutionellen Strukturen der Mitgliedstaaten bestehen22.

21

Wie in Ziffer 09 erwähnt, sollte mit dem Richtlinienentwurf von 2017 der Inhalt des SKS-Vertrags in EU-Recht überführt werden. Die Kommission entschied sich dagegen, den Vertrag wörtlich zu übernehmen, und wählte stattdessen einen sogenannten „teleologischen Ansatz“, d. h. eine Übernahme mit Schwerpunkt auf dem Ziel, das dem fiskalpolitischen Pakt zugrunde liegt, nämlich die Annäherung an umsichtige öffentliche Schuldenstände. In der Praxis verlangt der Richtlinienentwurf von 2017 unter anderem als mittelfristiges Haushaltsziel (MTO) einen strukturellen Saldo, mit dem die Einhaltung der im AEUV festgelegten Obergrenze für die öffentliche Schuldenquote sichergestellt wird, ohne jedoch eine numerische Obergrenze festzulegen.

22

Die Europäische Zentralbank (EZB) stellte in einer Stellungnahme Folgendes fest: „Die Bestimmungen des Richtlinienvorschlags weichen […] wesentlich von denen des fiskalpolitischen Pakts ab. Dies könnte zu einer Schwächung der Regeln des fiskalpolitischen Pakts führen“23. Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass der Richtlinienentwurf von 2017 vorgeschlagen wurde, bevor die Eignung der Richtlinie 2011/85 überprüft („Eignungsprüfung“) oder das Funktionieren des Zweierpakets bewertet worden waren.

23

Der Hof bewertete, ob die Anforderungen im derzeitigen Rechtsrahmen angemessen waren und ob die festgestellten Mängel mit dem Richtlinienentwurf von 2017 angegangen wurden. Diese Bewertung wurde für die folgenden drei Aspekte vorgenommen:

  1. den Korrekturmechanismus;
  2. die mittelfristigen Haushaltsrahmen;
  3. die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen.

Mängel bei den Bestimmungen über den Korrekturmechanismus

24

In der Richtlinie 2011/85 wurde erstmals das Konzept eines Korrekturmechanismus eingeführt, und zwar unter der Bezeichnung „Folgen im Falle einer Nichteinhaltung“. Abgesehen davon wurden darin jedoch keine besonderen Anforderungen an seine Ausgestaltung und Anwendung festgelegt.

25

Gemäß dem SKS-Vertrag lösen erhebliche Abweichungen vom MTO automatisch einen Korrekturmechanismus aus. Der Vertrag selbst gibt keine besonderen Anforderungen an die Ausgestaltung und Anwendung des Mechanismus vor; stattdessen wird die Kommission beauftragt, gemeinsame Grundsätze zu entwickeln, anhand derer die Mitgliedstaaten die nationalen Korrekturmechanismen gestalten. Die Kommission legte diese Grundsätze im Juni 2012 vor.

26

Obwohl sie auf politischer Ebene bestätigt wurden24, sind die Grundsätze nicht bindend, da sie in einer Mitteilung der Kommission veröffentlicht wurden und ihre Rechtswirkung sich somit darauf beschränkt, dass sie als Grundlage für die Mechanismen dienen, welche die Vertragsparteien einrichten sollten. Was die Auslösung des Korrekturmechanismus anbelangt (Grundsatz 3), schlug die Kommission vor, dass sich die Auslösemomente auf EU-Kriterien, länderspezifische Kriterien oder auf beides stützen könnten. Allerdings entschieden sich zwei Drittel der Mitgliedstaaten für eine Übernahme der EU-Kriterien, anstatt spezifische nationale Kriterien einzuführen. Folglich werden die nationalen Korrekturmechanismen im Fall dieser Mitgliedstaaten voraussichtlich nicht früher ausgelöst als der EU‑Korrekturmechanismus im Rahmen der präventiven Komponente des SWP.

27

In der Verordnung 473/2013 ist unter anderem die Anforderung festgelegt, dass die Auslösung und Umsetzung der Korrekturmechanismen gegebenenfalls durch unabhängige Einrichtungen bewertet werden sollten. Allerdings trägt die Verordnung den gemeinsamen Grundsätzen der Kommission, die ein halbes Jahr nach dem Vorschlag der Kommission für die Verordnung 473/2013 veröffentlicht wurden, nicht vollständig Rechnung. Sie enthält beispielsweise keine Hinweise darauf, dass

  • die Korrekturmaßnahmen hinsichtlich ihres Umfangs und zeitlichen Rahmens mit möglichen Empfehlungen, die die Kommission im Rahmen des SWP an den betreffenden Mitgliedstaat gerichtet hat, vereinbar sein sollten (Grundsatz 2);
  • sich die Auslösemomente auf EU-orientierte oder auf länderspezifische Kriterien stützen können (Grundsatz 3);
  • umfangreichere Abweichungen vom MTO oder dem dorthin führenden Anpassungspfad umfangreichere Korrekturmaßnahmen erfordern (Grundsatz 4).
28

Die gemeinsamen Grundsätze der Kommission sind auch im Richtlinienentwurf von 2017 nicht umfassend berücksichtigt. Darin wird beispielsweise nicht erwähnt, dass sich die Auslösemomente des Korrekturmechanismus auf EU-Kriterien, länderspezifische Kriterien oder auf beides stützen können.

29

Schließlich enthält der Richtlinienentwurf von 2017, wie von der EZB angemerkt, weder eine Definition des Begriffs „festgestellte erhebliche Abweichung“, d. h. der Umstände, unter denen der Mechanismus auszulösen ist, noch weitere Hinweise zu seinem Anwendungsbereich. Die Anforderung, Art und Umfang einer Abweichung zu berücksichtigen, sei vage und könne dazu führen, dass die Korrekturmaßnahmen sehr weit gefasst und substanzlos ausfallen25.

Mängel bei den Bestimmungen über den mittelfristigen Haushaltsrahmen

30

Der Hof verglich die in der Richtlinie 2011/85 festgelegten Anforderungen mit den Standards und bewährten Verfahren, die der IWF, die OECD und die Weltbank zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Richtlinie 2011/85 empfohlen hatten. Drei dieser Standards und bewährten Verfahren wurden in der Richtlinie 2011/85 nicht aufgegriffen (siehe Tabelle 1, fett gedruckte Einträge). Im Vergleich zu den jüngsten Standards und bewährten Verfahren des IWF und der OECD fehlen in der Richtlinie 2011/85 zwei weitere Aspekte. Somit wurden insgesamt fünf der 13 Standards und bewährten Verfahren in der Richtlinie 2011/85 nicht aufgegriffen, obwohl die Kommission zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Richtlinie 2011/85 die Auffassung internationaler Einrichtungen zu diesen Aspekten (siehe Anhang II) teilte.

Tabelle 1 – Unterschiede zwischen den Standards und bewährten Verfahren des IWF und der OECD einerseits und den Anforderungen der Richtlinie 2011/85 andererseits

Merkmale des MTBF IWF/OECD Richtlinie 2011/85
Mindestens dreijähriger MTBF
Umfassende Abdeckung des gesamtstaatlichen Bereichs
Vollständige Angleichung an haushaltspolitische Ziele und makroökonomische Prognosen des Staates
Projektionen der künftigen Einnahmen und Ausgaben bei unveränderter Politik unterscheiden sich von den Auswirkungen neuer politischer Maßnahmen auf den Haushalt
Geschätzte Kosten entgangener Steuereinnahmen
Prozess der Haushaltsaufstellung für Investitions- und wiederkehrende Ausgaben vollständig integriert
Verlässliche Vorausschätzungen der Ausgaben in Folgejahren (Out-years)26
Bewertung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen
Ein einziges Verfahren für die Erstellung von MTBF und Jahreshaushalt sowie vollständig integrierte Dokumentation
Vorausschauende Ausgabenkontrollen (Übertragungen, mehrjährige Mittelbindungen, Puffer usw.)
Überwachungs- und Rechenschaftsmechanismen
Indikative Obergrenzen für Out-years
Übertragung der Ausgabenschätzungen für Out-years von einem MTBF auf den nächsten

Hinweis: : enthalten, : teilweise enthalten, : nicht enthalten

Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage der OECD (2004), „The Legal Framework for Budget Systems“; IWF (2007), „Manual on Fiscal Transparency“; IWF (2010), Lienert, I. und Fainboim, I., „Reforming Budget System Laws“.

31

Einem Papier des IWF zufolge verhindert die mangelnde Verknüpfung der mittelfristigen Ausgabenplanung mit dem Haushaltsverfahren, dass die mittelfristige Planung die haushaltspolitischen Maßnahmen wirksam eingrenzt27. Artikel 10 der Richtlinie 2011/85 sieht vor, dass die jährlichen Haushaltsgesetze mit den Bestimmungen des MTBF in Einklang stehen müssen bzw. jede Abweichung von diesen Bestimmungen ausreichend zu erläutern ist. Eine Verknüpfung der mittelfristigen Ausgabenplanung mit dem Haushaltsverfahren28 wird darin jedoch nicht verlangt. Darüber hinaus wird in der Richtlinie nicht festgelegt, dass die Haushaltsdokumentation Projektionen und Ergebnisse der Einnahmen, Ausgaben und Finanzierungen für den mittelfristigen Zeitraum auf der gleichen Grundlage enthalten muss wie der Jahreshaushalt29.

32

Außerdem sind einem Arbeitspapier des IWF zufolge vier Arten von vorausschauenden Kontrollmechanismen wichtig: i) Kontrollen der Kumulierung, des Bestands oder der Inanspruchnahme von Übertragungen, ii) regelmäßige Überwachung der Übereinstimmung der aktualisierten mittelfristigen Ausgabenprojektionen mit den genehmigten mittelfristigen Plänen, iii) ausreichende Margen zwischen Mittelbindungen und Ausgabenplänen, um unerwartete Ereignisse abfedern zu können, ohne dass die Prioritäten bei den politischen Strategien neu festgesetzt werden müssen, und iv) strenge Kontrollen der Fähigkeit von Ministerien und Agenturen, mehrjährige Mittelbindungen einzugehen. Die Einführung vorausschauender Ausgabenkontrollen, mit denen die Einhaltung der mittelfristigen Planung auch dann sichergestellt wird, wenn sich die äußeren Bedingungen verändern, ist in der Richtlinie 2011/85 jedoch nicht vorgesehen.

33

Schließlich enthält die Richtlinie 2011/85 keine Bestimmung hinsichtlich der Verpflichtung nationaler Behörden, über die Haushaltsergebnisse im Rahmen eines Vergleichs mit den mehrjährigen Plänen Bericht zu erstatten und jegliche Abweichung zwischen den mehrjährigen Plänen und den Ergebnissen der Ausgaben umfassend und transparent zu erläutern. Darüber hinaus gibt es keine spezifische Bestimmung, die vorsieht, dass Regierungen oder die am Haushaltsvollzug beteiligten Akteure für etwaige ungerechtfertigte Abweichungen von den mehrjährigen Plänen zur Rechenschaft gezogen werden.

34

Mit dem Richtlinienentwurf von 2017 wird die Anforderung eingeführt, dass zu Beginn der Legislaturperiode ein verbindlicher mittelfristiger Ausgabenpfad festgelegt werden muss. Ein solcher Pfad würde eine solidere Haushaltsplanung ermöglichen und die Verbindung zwischen dem Haushalt und dem MTBF stärken. Allerdings könnte er die haushaltspolitische Stabilität gefährden, falls das Wachstum der Ausgaben vom Wachstum des Produktionspotenzials30 abweicht. Alle übrigen in Tabelle 1 aufgeführten Mängel31 wurden im Richtlinienentwurf von 2017 nicht behandelt.

Mängel bei den Bestimmungen über die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen

35

In der Verordnung 473/2013, die für die Mitgliedstaaten des Euro‑Währungsgebiets verbindlich ist, sind die von den IFI zu übernehmenden Funktionen sowie deren Merkmale und Grundsätze festgelegt. Letztere stehen mit den gemeinsamen Grundsätzen der Kommission in Einklang. Sie wurden im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens hinzugefügt, da die Grundsätze erst angenommen wurden, als der Vorschlag der Kommission für eine Verordnung bereits vorlag.

36

Der Hof verglich die Bestimmungen über die IFI mit den internationalen Standards und bewährten Verfahren des IWF32 und der OECD33. Er stellte fest, dass das EU-Recht keine Anforderungen in Bezug auf i) die Anzahl und Dauer der Amtszeiten der Vorstandsmitglieder von IFI, ii) die Personalpolitik von IFI, iii) die Aufstellung der Haushalte der IFI und iv) die Notwendigkeit einer externen Überprüfung enthält. Dies führte dazu, dass ganz unterschiedliche IFI eingerichtet wurden, wie aus Anhang III hervorgeht und auch in einem Diskussionspapier der Kommission34 angemerkt wurde.

37

Bereits im Jahr 2004 hatte die Kommission35 betont, wie wichtig es sei, dass sowohl makroökonomische Prognosen als auch Haushaltsprognosen von einer unabhängigen Einrichtung erstellt oder bewertet werden, damit deren Tendenz zu übermäßigem Optimismus36 verringert und möglicherweise beseitigt werden könne. Dies wurde später auch in Papieren des IWF37 und der OECD38 bestätigt. Obwohl die Kommission vorgeschlagen hatte, beide Komponenten mit aufzunehmen, müssen laut der verabschiedeten Fassung der Verordnung 473/2013 lediglich die makroökonomischen Prognosen von einer IFI erstellt oder befürwortet werden, nicht jedoch die Haushaltsprognosen (d. h. die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben).

38

Im Diskussionspapier von 2017 (siehe Ziffer 36) vertrat die Kommission unter anderem die Ansicht, dass den IFI – angesichts ihrer Rolle in Bezug auf makroökonomische Prognosen – eine umfassendere Rolle bei der Erstellung und Billigung von Haushaltsprognosen zugestanden werden könnte. Verschiedene IFI und andere Interessenträger, die der Hof traf, haben ebenfalls auf diese Einschränkung in Bezug auf die Haushaltsprognosen hingewiesen.

39

Im Jahr 2016 hatte das Netzwerk der EU-IFI (eine Plattform für den Austausch von Meinungen und Fachwissen sowie die Bündelung von Ressourcen) eine Liste von Mindeststandards für IFI nach dem Vorbild der OECD-Grundsätze sowie die Einrichtung eines wirksamen Systems für deren Wahrung vorgeschlagen39. Im Richtlinienentwurf von 2017 werden diese Aspekte jedoch nicht aufgegriffen: Hinsichtlich der Standards besteht die einzige neue Anforderung darin, dass die Mitgliedstaaten die Einhaltung der für IFI in der Verordnung 473/2013 festgelegten Grundsätze sicherstellen müssen.

40

Das Netzwerk der EU-IFI begrüßte diese neue Anforderung zwar, forderte jedoch, die im Richtlinienentwurf von 2017 aufgeführten Bedingungen um eine präzisere Definition von Mindeststandards und ein wirksames System für deren Wahrung zu ergänzen40. Das Netzwerk der EU-IFI regte in dieser Erklärung sogar an, dass die Mitgliedstaaten durch den Vorschlag zusätzlich verpflichtet werden könnten, für eine ehrgeizige Umsetzung dieses Grundsatzes in den nationalen Rechtsvorschriften zu sorgen, indem das Verfahren und Mindestanforderungen festgelegt werden. Im Januar 2019 forderte das Netzwerk der EU-IFI erneut, angemessene Standards für die Ausgestaltung und operative Kapazität von IFI zu entwickeln und eventuell in die EU‑Rechtsvorschriften aufzunehmen.

41

Schließlich erkennt der Hof an, dass im Richtlinienentwurf von 2017 eine umfassendere Rolle für IFI vorgesehen ist. Demnach sollen sie i) sowohl im Vorfeld als auch im Nachgang die Angemessenheit des MTO und des mittelfristigen Pfads der Nettoausgaben kritisch bewerten, ii) zur Aktivierung des Korrekturmechanismus auffordern und iii) dessen Anwendung und Ergebnis überwachen. Außerdem sollte mit dem Richtlinienentwurf von 2017 der „Comply-or-explain“-Grundsatz in EU-Recht überführt werden.

Durch nicht übereinstimmende Bewertungen und konzeptionelle Schwächen entstehen Risiken für die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und den Europäischen Fiskalausschuss

42

Die Rechtsvorschriften der EU besagen, dass die Mitgliedstaaten über nationale Haushaltsregeln verfügen müssen. Der Kommission und den IFI werden unterschiedliche Überwachungsfunktionen zugewiesen. Während die Kommission die Übereinstimmung der Übersichten über die Haushaltsplanung mit den EU-Haushaltsregeln bewertet, bewerten die IFI die Einhaltung der nationalen Haushaltsregeln. Das EU-Recht sieht jedoch keine „zweistufige“ Steuerungsstruktur vor, bei der die Kommission zur Wahrnehmung ihrer Überwachungsfunktion auf die Arbeit der nationalen IFI zurückgreifen würde.

43

Der EFA wurde mit dem Ziel eingerichtet, den aktuellen Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung zu stärken (siehe Ziffer 10). Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem, die „Umsetzung der finanzpolitischen Rahmenvorschriften der Union“ und die „Angemessenheit des auf Ebene des Euro-Währungsgebiets und auf nationaler Ebene verfolgten haushaltspolitischen Kurses“ zu evaluieren.

44

Daher untersuchte der Hof, ob

  1. die von der Kommission und den IFI vorgenommenen Bewertungen der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln übereinstimmten;
  2. der EFA imstande war, unabhängige Stellungnahmen abzugeben.

Von der Kommission und den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen vorgenommene Bewertungen der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln stimmen möglicherweise nicht überein

45

Das EU-Recht ist zwar hinsichtlich der nationalen Haushaltsregeln nicht präskriptiv (etwa in Bezug auf Anzahl, Art und Konzeptionsmerkmale), sieht jedoch vor, dass sie wirksam zur Einhaltung der im Einklang mit dem AEUV festgelegten Referenzwerte für das Defizit und den Schuldenstand beitragen sollten. In der Praxis erließen die Vertragsparteien des fiskalpolitischen Pakts (siehe Ziffer 06) nationale Haushaltsregeln, die eng mit denen der präventiven Komponente des SWP verknüpft sind.

46

Gemäß dem SKS-Vertrag, der präventiven Komponente des SWP, müssen die Haushalte ausgeglichen sein oder einen Überschuss aufweisen, d. h., einen strukturellen Saldo, der dem MTO entspricht oder dieses übertrifft oder mit dem dorthin führenden Anpassungspfad in Einklang steht. Darüber hinaus müssen die Fortschritte bei der Erreichung und die Erfüllung des MTO auf der Grundlage einer Analyse der Einhaltung des Ausgabenrichtwerts des SWP beurteilt werden, d. h., die Ausgaben sollten nicht schneller wachsen als das Produktionspotenzial (in Anhang IV werden die Regeln der präventiven Komponente des SWP mit denen des SKS-Vertrags verglichen).

47

Des Weiteren sind die IFI in einigen Mitgliedstaaten (z. B. Italien und Portugal) damit betraut, die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln zu bewerten. Einige IFI, die nicht über ein solches Mandat verfügen (z. B. in Frankreich), tun dies auf freiwilliger Basis. Die Umfrage des Hofes bei den IFI ergab, dass die Hälfte von ihnen die Einhaltung der numerischen EU-Haushaltsregeln überwachte.

48

Die teilnehmenden IFI waren der Ansicht, dass sich die von ihnen vorgenommene Bewertung der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln nicht mit den diesbezüglichen Funktionen der Kommission überschneide, sondern vielmehr eine Ergänzung darstelle, da sie die nationale Eigenverantwortung für die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln fördern könne. Die Antworten wurden in den Gesprächen mit den IFI bestätigt. Allerdings sprechen sich die IFI, die nur die Einhaltung der nationalen Haushaltsregeln überwachen, nicht dafür aus, auch noch die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln zu überwachen. Als einen der Gründe für ihre ablehnende Haltung führten sie das Reputationsrisiko im Falle abweichender Bewertungen an.

49

Wenn sowohl die Kommission als auch die IFI die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln bewerten, können sie durchaus zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen. Ein Grund hierfür liegt darin, dass die Kommission, wie der Hof bereits in seinem Sonderbericht Nr. 18/2018 festgestellt hat, bei der Bewertung der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln (d. h. der Einhaltung des Anpassungspfads in Richtung des MTO) weitreichenden Gebrauch von ihrem Ermessensspielraum41 gemacht hat.

50

Ferner lässt die Verordnung zur Schaffung des SWP eine relativ hohe Abweichung vom jährlichen Richtwert eines Mitgliedstaats zu42, da bei der Bewertung der Einhaltung der Haushaltsregeln eine Reihe von Faktoren berücksichtigt werden darf. Beispiele für solche Faktoren sind

  1. die Umsetzung größerer Strukturreformen;
  2. außergewöhnliche Ereignisse;
  3. die Notwendigkeit von öffentlichen Investitionen;
  4. nicht näher beschriebene „sonstige Faktoren“.
51

Das heißt, selbst wenn ein Mitgliedstaat von seinen erforderlichen Haushaltsanpassungen (d. h. Verringerung des öffentlichen Defizits) erheblich abweicht, könnte die Kommission letztendlich beschließen, keine Maßnahmen zu ergreifen und die EU-Haushaltsregeln als durch den Mitgliedstaat erfüllt zu betrachten.

52

Diese Probleme wurden auch von den IFI in ihren Antworten auf die Umfrage des Hofes als Mängel angeführt, die ihre Arbeit beeinträchtigen könnten. Rund 40 % der IFI, die an der Umfrage teilnahmen, vertraten die Ansicht, dass diese Probleme dazu führen könnten, dass sie die Einhaltung des MTO oder des darauf ausgerichteten Anpassungspfads anders bewerten als die Kommission (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3

Antworten der IFI auf die Umfrage des Hofes

Quelle: Umfrage des Hofes.

53

Andere Gründe für Abweichungen (siehe Ziffer 49) bestehen darin, dass IFI i) ihre eigene Methodik zur Berechnung des Produktionspotenzials und/oder ii) ihre eigenen Annahmen und Datensätze nutzen. Die Kommission hat ihre Zusammenarbeit mit den IFI aber verbessert, indem sie ihre eigene Methodik erläutert hat, um solchen Abweichungen vorzubeugen.

54

Schließlich können die Schlussfolgerungen der Kommission zur Einhaltung der EU‑Haushaltsregeln durch einen Mitgliedstaat Gesprächen zwischen der Kommission und der Regierung des betreffenden Landes Rechnung tragen, an denen die IFI nicht beteiligt sind.

55

Die Gefahr, dass die Schlussfolgerungen der IFI und der Kommission nicht übereinstimmen, wurde vom EFA bereits erwähnt43 und hat sich in der Umfrage des Hofes bestätigt. So antworteten 20 % der IFI, dass es solche Unterschiede bereits gegeben habe. Kasten 3 enthält Beispiele für abweichende Schlussfolgerungen.

Kasten 3

Bewertungen der Kommission und der IFI mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen – Beispiele

In ihrem haushaltspolitischen Bewertungsbericht von November 2016 wies die irische IFI (der Irish Fiscal Advisory Council, IFAC) darauf hin, dass die irische Übersicht über die Haushaltsplanung für das Jahr 2017 nicht mit den Anforderungen an die Haushaltsregel gemäß dem nationalen Gesetz über die verantwortungsvolle Haushaltspolitik (Fiscal Responsibility Act) und der präventiven Komponente der EU für 2016 und 2017 übereinstimme44. Die Kommission hingegen vertrat die Auffassung, dass die Übersicht weitgehend den Bestimmungen des SWP entsprach.

Die französische IFI (der Haut Conseil des finances publiques, HCFP) betonte in ihrer Bewertung der französischen Übersicht über die Haushaltsplanung im September 2018, dass die strukturellen Anpassungen, die für 2018 (0,1 Prozentpunkte des BIP) und 2019 (0,3 Prozentpunkte des BIP) geplant waren und der Kommission zur Bewertung vorgelegt werden sollten, nicht mit den Vorschriften der präventiven Komponente des SWP übereinstimmten. Die Stellungnahme der Kommission zu dieser Übersicht über die Haushaltsplanung war jedoch weniger eindeutig, denn darin hieß es, es bestehe die Gefahr, dass Frankreich die Bestimmungen nicht einhält.

Die Einrichtung des Europäischen Fiskalausschusses war ein sinnvoller Schritt, doch seine Funktion und Unabhängigkeit könnten gestärkt werden

56

Im „Bericht der fünf Präsidenten“ wurden für den EFA folgende Aufgaben vorgesehen:

  • Er sollte die Arbeit der nationalen Räte für Finanzpolitik koordinieren und denselben Grad an Unabhängigkeit wahren.
  • Er sollte beraten, nicht politische Maßnahmen umsetzen. Die Bestimmungen durchzusetzen, sollte Aufgabe der Europäischen Kommission bleiben, die ihr Vorrecht behält, in begründeten Fällen mit entsprechender Erklärung von den Standpunkten des EFA abzuweichen.
  • Er sollte vor allem aus wirtschaftlicher, nicht aus rechtlicher Sicht einen Standpunkt dazu formulieren, welcher fiskalpolitische Kurs am besten eingeschlagen werden sollte, und dabei sowohl auf die nationale Ebene als auch das Euro-Währungsgebiet unter Berücksichtigung der EU-Haushaltsregeln eingehen. Dies sollte auf der Grundlage der Bestimmungen des SWP erfolgen.
  • Insbesondere in Verbindung mit der Bewertung der Stabilitätsprogramme, der Vorlage der jährlichen Übersichten über die Haushaltsplanung und der Ausführung der nationalen Haushalte sollte der Ausschuss, wenn er dies als erforderlich erachtet, Stellungnahmen abgeben können.
  • Der Ausschuss sollte die Umsetzung des Steuerungsrahmens ex post evaluieren.
57

Die Kommission ließ im EFA-Beschluss die nationale Dimension dieser Aufgaben jedoch weitestgehend unberücksichtigt. Insbesondere übertrug sie dem EFA nicht die Aufgabe, Stellungnahmen zu nationalen Stabilitäts- oder Konvergenzprogrammen, Übersichten über die Haushaltsplanung oder der Ausführung der nationalen Haushalte abzugeben. Darüber hinaus legte sie als Aufgabe des EFA nicht die Koordinierung der IFI fest, sondern lediglich die Zusammenarbeit mit ihnen. Der Hof stellt fest, dass sich die IFI selbst gegen eine Koordinierung durch den EFA aussprachen mit der Begründung, diese laufe dem Ziel einer größeren nationalen Eigenverantwortung zuwider und gefährde ihre Unabhängigkeit.

58

In einer Rede im November 2015 vertrat der Präsident der Euro-Gruppe die Auffassung, dass es Vorzüge hätte, eine „große europäische Schwester“ zu den nationalen Räten für Finanzpolitik zu haben, die außerhalb der Kommission angesiedelt ist und unabhängige Bewertungen der nationalen Haushaltsentwürfe vornimmt, auf deren Grundlage die Kommission ihre (politische) Stellungnahme abgibt.

59

Im „Bericht der fünf Präsidenten“ wurde außerdem gefordert, dass der EFA „denselben Grad an Unabhängigkeit wahren“ sollte wie die nationalen IFI gemäß der Verordnung 473/2013.

60

Gemäß Artikel 4 des EFA-Beschlusses handeln die Mitglieder des Ausschusses unabhängig. Die Unabhängigkeit des EFA wird allerdings durch seine schwache rechtliche Grundlage und seine knappen Ressourcen eingeschränkt45:

  1. Der Vorsitz und die vier Mitglieder des Ausschusses werden von der Kommission ernannt. Sie üben ihr Mandat, das einmal verlängerbar ist, in Teilzeit und für eine kurze Dauer (drei Jahre) aus. Ferner gibt es keine Bestimmung für ihre Abberufung (etwa Abberufung nur im Falle von Unfähigkeit oder schwerwiegendem Fehlverhalten).
  2. Da die Vorschriften bezüglich des EFA durch einen Beschluss der Kommission eingeführt wurden, können sie von der Kommission geändert werden.
  3. Der EFA ist finanziell nicht unabhängig, da er keinen eigenen Haushalt hat und seine Personalressourcen nicht frei verwalten kann. Sein Haushalt ist Teil des Haushalts „für den Euro und den sozialen Dialog“ des Kabinetts des Vizepräsidenten der Kommission und deckt die Gehälter der Mitglieder (die den Status von Sonderberatern haben) und die Kosten ihrer Dienstreisen ab. Das Sekretariat des EFA ist ein Referat des Generalsekretariats der Kommission. Daher werden seine Ausgaben (Dienstreisen, Einladung von Sachverständigen, Organisation von Workshops usw.) vom operativen Haushalt des Generalsekretariats gedeckt.
  4. Der EFA ist dem Generalsekretariat der Kommission angegliedert und in dessen Räumlichkeiten untergebracht; seine Website wird ebenfalls von der Kommission betrieben.
61

Die vorstehend aufgeführten Faktoren ergeben eine schwache institutionelle Struktur, worauf auch die EZB hingewiesen hat: „Darüber hinaus steht die Errichtung des Europäischen Fiskalausschusses auf der Grundlage eines Beschlusses der Kommission innerhalb ihrer Organisationsstruktur nicht mit den Grundsätzen im Einklang, die für die entsprechenden Gremien auf nationaler Ebene aufgestellt wurden“46. Dasselbe Problem wurde auch vom IWF thematisiert47.

62

Darüber hinaus wird zwar im „Bericht der fünf Präsidenten“ gefordert, dass der EFA, „wenn er dies als erforderlich erachtet, Stellungnahmen abgeben können“ sollte, doch im EFA-Beschluss wird lediglich auf die Veröffentlichung eines Jahresberichts Bezug genommen. Es wird nicht ausdrücklich die Möglichkeit erwähnt, dass der EFA Bewertungen in Echtzeit veröffentlicht oder öffentliche Stellungnahmen abgibt, was ohnehin durch seine begrenzten Mittel erschwert wird.

63

In der Praxis veröffentlicht der EFA zwei Arten von regelmäßigen Berichten: 1) im Juni die Bewertung des angemessenen haushaltspolitischen Kurses für das Euro‑Währungsgebiet und 2) am Jahresende einen Jahresbericht. Außerdem publizierte der EFA kürzlich eine Bewertung der EU-Haushaltsregeln48.

64

Der Hof gelangte bei seiner Bewertung der vier in den Jahren 2017 und 2018 veröffentlichten Berichte zu dem Schluss, dass sie von guter analytischer Qualität sind. Dies wurde auch von den Interessenträgern, die der Hof in den Mitgliedstaaten der Stichprobe traf, und durch seine Umfrage bei den IFI bestätigt. So bewerteten 87 % der IFI die Qualität der Analyse in den EFA-Berichten als „gut“, 10 % beschrieben sie als „durchschnittlich“ und nur 3 % als „schlecht“.

65

In seinem Jahresbericht nimmt der EFA eine „Evaluierung der Umsetzung der finanzpolitischen Rahmenvorschriften der Union“ vor. Darüber hinaus gibt er in einem eigenen Abschnitt Vorschläge für die künftige Entwicklung der finanzpolitischen Rahmenvorschriften der Union ab. Die Jahresberichte umfassten zwar auch eine Evaluierung ausgewählter Aspekte der Effizienz von IFI (wie deren Anwendung des „Comply-or-explain“-Grundsatzes und der Frage, ob ihr Recht auf Informationszugang gewahrt wurde), der spezielle Abschnitt mit den Vorschlägen enthielt jedoch keine Anregungen, wie sich die Situation der IFI verbessern ließe.

66

Darüber hinaus enthält der EFA-Beschluss keine Angaben dazu, wie die Vorschläge des EFA in die interne Entscheidungsfindung der Kommission einfließen würden. Tatsächlich kann die Kommission die Vorschläge des EFA ohne Angabe von Gründen ignorieren, da sie, anders als im „Bericht der fünf Präsidenten“ vorgeschlagen, nicht durch den „Comply-or-explain“-Grundsatz gebunden ist. Auf dieses Problem haben auch die EZB49 und die Europäische Bürgerbeauftragte50 hingewiesen.

67

In seiner Antwort an die Europäische Bürgerbeauftragte erklärte der Vizepräsident der Europäischen Kommission, dass sich zwischen dem EFA und den nationalen IFI keine genaue Parallele ziehen lasse. Aufgabe der nationalen IFI sei es zu überwachen, ob die politischen Maßnahmen auf nationaler Ebene mit den Haushaltsregeln übereinstimmen. Der EFA hingegen überwache weder den EU‑Haushalt noch dessen Ausführung – er sei ein unabhängiges Beratungsgremium der Kommission. Daher argumentierte der Vizepräsident der Europäischen Kommission, dass der „Comply-or-explain“-Grundsatz in diesem Zusammenhang nicht gelte.

68

Die Qualität der Analyse und die kritischen Ansichten des EFA lassen darauf schließen, dass der Ausschuss, obwohl er in die Kommission eingebettet ist, sehr wohl in der Lage ist, unabhängige Stellungnahmen zu entwickeln. Allerdings ist diese Unabhängigkeit ausschließlich auf die derzeitige Mitgliederkonstellation des EFA zurückzuführen und nicht auf seine institutionelle Struktur. Die Umfrage des Hofes zeigte, dass die IFI von der Unabhängigkeit des EFB einen unterschiedlichen Eindruck haben: Demnach sind 53 % von ihnen der Ansicht, der EFA sei „begrenzt unabhängig“, während 47 % die Meinung vertreten, der EFA sei „vollständig unabhängig“.

Die Kommission verfügt bislang nur über begrenzte Sicherheit dafür, dass die nationalen Haushaltsrahmen ordnungsgemäß umgesetzt und angewandt werden

69

Die ursprünglichen Anforderungen an die Haushaltsrahmen der Mitgliedstaaten wurden nicht in einer Verordnung, sondern in Form einer Richtlinie festgelegt. Infolgedessen dauert die Umsetzung dieser Anforderungen länger, und die Vorgehensweise bei der Umsetzung liegt im Ermessen der Mitgliedstaaten.

70

Dennoch vertrat die Kommission in dem (2012 veröffentlichten) Bericht über die öffentlichen Finanzen in der WWU im Jahr 201151 die Ansicht, dass mit der Wahl einer Richtlinie dem Erfordernis Rechnung getragen wurde, für ausgewogene Anforderungen der Mitgliedstaaten zu sorgen.

71

Der Hof beurteilte, ob

  1. die Kommission in der Lage war, rechtzeitig Schlussfolgerungen zur Konformität der nationalen Rechtsvorschriften mit den EU-Anforderungen zu ziehen;
  2. die Bewertung der Kommission aussagekräftige Erkenntnisse über die Umsetzung und Anwendung der NBF lieferte.

Verzögerungen bei den Schlussfolgerungen zur Konformität der nationalen Rechtsvorschriften mit den EU-Anforderungen aufgrund von Faktoren, die sich teilweise der Kontrolle der Kommission entziehen

72

Die Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2011/85 war der 31. Dezember 2013. Die Mitgliedstaaten mussten ihre nationalen Durchführungsmaßnahmen der Kommission mitteilen. Die Mitgliedstaaten erließen 323 nationale Durchführungsmaßnahmen, doch nur 67 von ihnen (20 %) wurden fristgerecht mitgeteilt (siehe Abbildung 4). Genau genommen mussten die Mitgliedstaaten nicht nur die Anforderungen der Richtlinie 2011/85, sondern gleichzeitig auch die Anforderungen der Verordnung 473/2013 und des fiskalpolitischen Pakts in nationales Recht überführen.

Abbildung 4

Mitteilung nationaler Durchführungsmaßnahmen pro Jahr

Quelle: Europäischer Rechnungshof.

73

Da nicht alle Mitgliedstaaten die Richtlinie 2011/85 bis zum Ablauf der Frist umgesetzt hatten, leitete die Kommission kurz danach 17 Vertragsverletzungsverfahren wegen „Nichtmitteilung“ nationaler Durchführungsmaßnahmen ein. Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, wurde der Großteil dieser Fälle (14) innerhalb eines Jahres abgeschlossen, was dem Richtwert der Kommission entspricht52. Aufgrund langer Annahmeverfahren schlossen Slowenien und Tschechien die Umsetzung der Richtlinie 2011/85 erst 2018 bzw. 2019 ab. Dadurch verzögerte sich für alle 17 Mitgliedstaaten, gegen die Vertragsverletzungsverfahren liefen, zwangsläufig der Beginn des Verfahrens zur Konformitätsbewertung.

Tabelle 2 – Aktueller Stand der Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtmitteilung (Juni 2019)

Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens wegen „Nichtmitteilung“ 27. Januar 2014 BE, BG, CZ, DK, DE, EE, EL, HR, IT, CY, LT, LU, MT, AT, SI, FI, UK
Abgeschlossen im Juli 2014 BE, DK, DE, EE, HR, IT, CY, LT, AT, FI, UK INNERHALB DES RICHTWERTS
Abgeschlossen im November 2014 EL, LU, MT
Abgeschlossen im Juli 2015 BG ZWEI MONATE ÜBER DEM RICHTWERT
Befassung des Gerichtshofs der EU im Juli 2017 SI LANGE VERZÖGERUNGEN
Im Gange CZ

Quelle: Europäischer Rechnungshof.

74

Die Kommission hat die Konformitätsbewertungen, die eine Umsetzungs- und eine Konformitätsüberprüfung umfassen, nicht innerhalb ihres eigenen Richtzeitraums53 abgeschlossen, und die in den jährlichen Managementplänen der GD ECFIN für den Zeitraum 2014-2017 festgelegten Leistungsziele wurden nur teilweise erreicht.

75

Infolge ihrer Umsetzungs- und Konformitätsüberprüfungen leitete die Kommission im August 2016 für 11 Mitgliedstaaten, im April 2017 für sieben weitere Mitgliedstaaten und im Juli 2019 noch einmal für sieben Mitgliedstaaten „EU-Pilot-Verfahren“ ein. Dies war ein erster Schritt zur Lösung von Umsetzungsproblemen, um damit nach Möglichkeit förmliche Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden. In Bezug auf die drei verbleibenden Mitgliedstaaten hatte die Kommission im September 2019 noch nicht entschieden, ob sie „Pilot-Verfahren“ einleiten wird.

76

Die Abfolge der „EU-Pilot-Verfahren“ (siehe Tabelle 3) wurde nicht durch einen Umsetzungsplan vorgegeben, sondern ergab sich vielmehr aus operativen Gründen, also der Verfügbarkeit der Mitgliedstaaten für die Durchführung der „EU-Pilot-Gespräche“ mit der Kommission in englischer Sprache für die erste Welle und dem Stand der internen Vorbereitungen bei der Kommission für die zweite und dritte Welle. Daher wurden einige Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets mit hohem gesamtstaatlichen Schuldenstand, d. h. jene Staaten, für die das Erreichen einer soliden Haushaltslage wichtiger ist, nicht vorrangig bewertet (siehe Abbildung 5).

77

Im Jahr 2014 (als die Umsetzung durch die Mitgliedstaaten hätte abgeschlossen sein sollen) entfielen auf die sieben Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, für die die Kommission 2019 ein „Pilot-Verfahren“ eingeleitet hat (siehe Abbildung 5, dritte Spalte), 77 % des BIP des Euro-Währungsgebiets (66 % des kombinierten BIP aller EU‑Mitgliedstaaten ohne das Vereinigte Königreich und 56 % des kombinierten BIP aller EU‑Mitgliedstaaten mit dem Vereinigten Königreich) und 77 % der Staatsverschuldung des Euro‑Währungsgebiets (72 % der kombinierten Staatsverschuldung aller EU‑Mitgliedstaaten ohne das Vereinigte Königreich und 60 % der kombinierten Staatsverschuldung aller EU‑Mitgliedstaaten mit dem Vereinigten Königreich).

Abbildung 5

Aufschlüsselung der Mitgliedstaaten nach Wellen der EU-Pilot-Verfahren

Quelle: Europäischer Rechnungshof.

78

Die im Rahmen der ersten und zweiten Welle eröffneten 18 EU-Pilot-Vorgänge wurden mit erheblichen Verzögerungen abgeschlossen und dauerten im Durchschnitt länger als 65 Wochen, was deutlich über dem Richtwert der Kommission von 20 Wochen liegt. Bei drei der 18 Vorgänge stellte der Hof besonders große zeitliche Lücken in der Kommunikation (fast ein Jahr oder noch länger) fest: Während dieser Zeit hatte die Kommission darauf gewartet, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen umsetzen. Diese drei Verfahren wurden schließlich innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Einleitung abgeschlossen. In einem Fall lehnte die Kommission die Antworten des Mitgliedstaates (Belgien) ab. Insgesamt schloss die Kommission die „Pilot-Verfahren“ bei elf Mitgliedstaaten mit einer positiven Konformitätsbewertung ab. Bei sieben weiteren Vorgängen lehnte sie die Antworten der Mitgliedstaaten ab. Mit Stand von September 2019 waren vier dieser sieben Vorgänge abgeschlossen. Die Kommission steht weiterhin in informellem Austausch mit den anderen Mitgliedstaaten (siehe Tabelle 3), hat aber noch keine Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet54.

Tabelle 3 – Dauer und Stand der EU-Pilot-Verfahren

* Dauer berechnet bis zum 30. September 2019.

Quelle: Europäischer Rechnungshof.

79

Aufgrund ihrer im Zeitraum 2015-2019 vorgenommenen Konformitätsüberprüfungen musste die Kommission 17 Vertragsverletzungsverfahren wegen „Nichtmitteilung“ einleiten (siehe Ziffer 73) und die Mitgliedstaaten mussten 102 zusätzliche nationale Durchführungsmaßnahmen einführen (siehe Abbildung 4). Im Nachhinein lässt sich daraus schließen, dass die Kommission die Herausforderungen unterschätzte, denen die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie 2011/85 gegenüberstanden, und keine proaktiven Maßnahmen ergriff, um ihnen die fristgerechte Umsetzung zu erleichtern. Um die Mitgliedstaaten bei der ordnungsmäßen Anwendung des Unionsrechts zu unterstützen, greift die Kommission in verschiedenen Phasen des Politikzyklus oftmals auf eine Reihe von „Instrumenten zur Förderung der Einhaltung der Rechtsvorschriften“ zurück55. Im Falle der Richtlinie 2011/85 hat sie dies in begrenztem Umfang getan.

80

Die Kommission gab den Mitgliedstaaten Orientierungshilfen zu den NBF an die Hand: Neben den Gesprächen während der „EU-Pilot-Verfahren“ fand vor allem auch ein informeller Austausch (etwa per E-Mail, Telefon oder in bilateralen Sitzungen) statt, der beispielsweise zur Überarbeitung der Entwürfe der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Richtlinie 2011/85 führte. Dies wurde auch von den Interessenträgern, mit denen der Hof zusammentraf, und in seiner Umfrage bei den IFI bestätigt (siehe Abbildung 6). Erwähnenswert ist, dass die Kommission weniger Unterstützung und Orientierungshilfen bereitstellte, um die wirksame Anwendung der NBF sicherzustellen, als im Zusammenhang mit der Einhaltung der EU-Anforderungen durch die Mitgliedstaaten.

Abbildung 6

Antworten auf die Umfrage des Hofes zur Bereitstellung von Orientierungshilfen und Unterstützung durch die Kommission

Quelle: Umfrage des Hofes.

Die bislang von der Kommission durchgeführten Bewertungen sind bedingt aussagekräftig, entweder wegen zeit- oder mandatsbezogenen Einschränkungen

81

Der Hof analysierte die Bewertungen, welche die Kommission in Einklang mit der Richtlinie 2011/85, dem SKS-Vertrag und der Verordnung 473/2013 durchgeführt hat.

Bewertung der Anwendung der Richtlinie 2011/85

82

Im Anschluss an die Bewertung der Konformität der nationalen Umsetzungsmaßnahmen muss die Kommission die Anwendung der Richtlinie 2011/85 überwachen und bewerten.

83

Die Kommission hat noch nicht mit einer strukturierten und systematischen Bewertung der Anwendung der Richtlinie 2011/85 begonnen. Dieser Schritt soll folgen56, sobald die Bewertung der Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie 2011/85 in nationale Rechtsvorschriften durch alle Mitgliedstaaten abgeschlossen ist (siehe Tabelle 3).

84

Im Oktober 2019 hatte die Kommission noch keine Strategie hinsichtlich Methodik, Kriterien und von den Mitgliedstaaten zu erreichenden Etappenzielen und Ergebnissen festgelegt, auf deren Grundlage sie die Anwendung der Richtlinie 2011/85 angemessen und zeitnah überwachen könnte.

85

In einigen Mitgliedstaaten (z. B. Italien und Spanien) zeigen sich trotz der Umsetzung der Richtlinie 2011/85 keine Verbesserungen in ihrer haushaltspolitischen Entwicklung gemessen an den Anforderungen des SWP. Dennoch hat die Kommission ihre Überwachungsbefugnisse noch nicht ausgeübt57 und eine Bewertung der operativen Leistung zentraler Elemente der NBF vorgenommen. Einen entsprechenden Ansatz verfolgt beispielsweise der IWF in seiner Bewertung der haushaltspolitischen Transparenz.

86

Alternativ kann die Kommission auch auf die Methodik für öffentliche Ausgaben und finanzielle Rechenschaftspflicht (PEFA) zurückgreifen. Die Kommission hat die PEFA-Methodik selbst – über die Generaldirektion Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung (GD DEVCO) – zusammen mit dem IWF und der Weltbank entwickelt. Sie würde demnach intern über die für die Durchführung von PEFA-Bewertungen erforderlichen Kenntnisse verfügen.

87

Neben der Bewertung der Konformität und Anwendung war die Kommission gemäß der Richtlinie 2011/85 überdies verpflichtet, bis Mitte Dezember 2018 eine Eignungsprüfung vorzunehmen.

88

Die Anforderung, eine Eignungsprüfung vorzunehmen, war im ursprünglichen Vorschlag der Kommission nicht ausdrücklich vorgesehen, sondern wurde erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens mit aufgenommen. Und obwohl die MTBF ein zentrales Element der NBF und der Richtlinie 2011/85 bilden, sind sie im Umfang der Eignungsprüfung nicht explizit enthalten. Der Hof nimmt jedoch zur Kenntnis, dass die Kommission die MTBF in den Umfang dieser Überprüfung einbeziehen will.

89

Trotz der diesbezüglich geltenden Frist von Dezember 2018 hatte die Kommission im Oktober 2019 ihre Eignungsprüfung der Richtlinie 2011/85 noch nicht veröffentlicht.

90

Allerdings gelangte die Kommission auf der Grundlage einer Wirtschaftsstudie im Januar 2019 zu dem Schluss, dass die nationale Eigenverantwortung für die EU‑Haushaltsregeln in den letzten Jahren habe gestärkt werden können, da infolge von Gesetzgebungsinitiativen auf EU-Ebene robustere nationale Haushaltsrahmen geschaffen worden seien58. Im Rahmen der Studie wurden ökonometrische Daten ausgewertet, die einen Zusammenhang zwischen der Qualität der MTBF (gemessen anhand des MTBF-Index, siehe Ziffer 04) und dem konjunkturbereinigten Primärsaldo aufzeigten. Dieser enge Zusammenhang wird als Zeichen eines positiven Effekts der nationalen Eigenverantwortung auf die Haushaltsdisziplin ausgelegt.

91

Mit dem MTBF-Index wird die Qualität der NBF anhand von 11 Kriterien bewertet (siehe Tabelle 4). Eine der Anforderungen der Richtlinie 2011/85 wird durch keines dieser Kriterien abgedeckt, und sechs der verwendeten Kriterien entsprechen nicht den Anforderungen der Richtlinie 2011/85, sondern anderen Merkmalen, die die Kommission für zweckdienlich hält.

Tabelle 4 – Vergleich zwischen den Anforderungen der Richtlinie 2011/85 an MTBF und den Kriterien des MTBF-Indexes für sowohl die alte als auch die neue (weiterentwickelte) Methodik

Hinweis: : nicht enthalten.

Quelle: Europäischer Rechnungshof.

92

Diese Analyse ist zwar wertvoll, kann jedoch aus folgenden Gründen nicht als eine Überprüfung der Eignung der Richtlinie 2011/85 in Bezug auf die Anforderungen an MTBF angesehen werden:

  • Der für diese Analyse herangezogene MTBF-Index basiert auf der Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung (Fiscal Governance Database) (siehe Ziffer 04), in die hauptsächlich Informationen von nationalen Behörden aufgenommen werden, aber keine Informationen, die aus einer eigenständigen Bewertung des Funktionierens der NBF durch die Kommission gewonnen werden.
  • Die für die Punktvergabe (Scoring) für den Index verwendeten Kriterien und die Anforderungen der Richtlinie 2011/85 überschneiden sich nur teilweise (siehe Ziffer 91).
  • Der MTBF-Index kann sich allein durch die Verabschiedung einer Haushaltsreform verbessern, auch wenn diese noch nicht angewendet wird – in einem solchen Fall würde der Index lediglich die Konformität der Ausgestaltung der Reform erfassen, nicht aber ihr tatsächliches Funktionieren (siehe Kasten 4).
  • Der MTBF-Index erstreckt sich auf den Zeitraum 2006-2015. Das Jahr 2015 liegt jedoch vor dem Beginn der „EU-Pilot-Verfahren“, d. h. der Index kann auf keinen Fall die von der Kommission vorgenommene Bewertung der Umsetzung oder der Anwendung der Richtlinie 2011/85 widerspiegeln.
  • Der MTBF-Index zeigt eine Verbesserung (höhere Punktzahl) für Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets entweder für das Jahr 2011 oder davor, mit Ausnahme von Frankreich, Deutschland, Finnland (leichte Erhöhung in den Jahren 2012, 2013 bzw. 2015) und Luxemburg (2014). Verbesserungen, die im Jahr 2011 und davor eintraten, können jedoch nicht als eine Auswirkung der Richtlinie 2011/85 gewertet werden, da diese erst am 13. Dezember 2011 in Kraft trat. Auch in Mitgliedstaaten, die sich in einem Finanzhilfeprogramm befanden (Zypern, Griechenland, Irland, Lettland, Spanien und Portugal), gab es Verbesserungen, ebenso wie in einem Mitgliedstaat, der gerade dem Euro-Währungsgebiet beitrat (Litauen). In der Analyse der Kommission wird die Rolle der Finanzhilfeprogramme zwar anerkannt, die Auswirkungen der Richtlinie 2011/85 werden jedoch nicht losgelöst von den Auswirkungen betrachtet, die sich aus den Verpflichtungen im Rahmen der Finanzhilfeprogramme oder den Beitrittsbestrebungen eines Mitgliedstaats zum Euro-Währungsgebiet ergeben.

Kasten 4

Beispiele für steigende Punktzahlen im MBTF-Index, die auf die Verabschiedung und nicht auf das tatsächliche Funktionieren von Haushaltsreformen zurückzuführen sind

Der Hof stellte fest, dass die Kommission einige Mitgliedstaaten aus der Stichprobe des Hofes (Italien, Lettland und Luxemburg), unmittelbar nachdem sie Haushaltsreformen verabschiedet hatten (2009, 2013 bzw. 2014), höher im MTBF-Index einstufte, obwohl die Umsetzung dieser Reformen (und somit deren Wirkung) schrittweise erfolgte und bis 2015 noch nicht abgeschlossen war.

Im Falle Italiens wurde im Jahr 2009 ein neues Rechnungslegungsgesetz verabschiedet. Es waren jedoch mehrere Sekundärrechtsakte erforderlich, die nach und nach gebilligt wurden. Der Umsetzungsprozess dauert (laut Berichten des Finanzministeriums) noch immer an.

Im Falle Luxemburgs und Lettlands ermittelte die Kommission im Zuge der „EU-Pilot-Verfahren“ Lücken zwischen der verabschiedeten Reform und den Anforderungen der Richtlinie 2011/85. Hierdurch verzögerte sich der Abschluss der „Pilot-Verfahren“. Die nationalen Behörden mussten diese Lücken durch legislative und administrative Änderungen schließen, die jedoch erst nach dem Stichtag für die ökonometrische Analyse erfolgten und somit auch erst danach Wirkung zeigten.

Bewertung des fiskalpolitischen Pakts

93

Gemäß dem SKS-Vertrag muss die Kommission „zu gegebener Zeit“ einen Bericht vorlegen, in dem sie die Konformität der von den Mitgliedstaaten erlassenen nationalen Bestimmungen mit dem fiskalpolitischen Pakt bewertet (siehe Ziffer 06). Auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen veröffentlichte die Kommission ihren Bericht am 22. Februar 201759. Entsprechend ihrem Mandat konzentriert sich die Kommission bei ihrer Bewertung auf die Konformität der nationalen Bestimmungen mit den Rechtsvorschriften. Ihr wurde kein Mandat dafür erteilt, die wirksame Anwendung der neuen nationalen Vorschriften zur Umsetzung des fiskalpolitischen Pakts zu bewerten.

94

Im Wesentlichen lassen sich aus diesem Bericht folgende Schlussfolgerungen ziehen:

  • Alle Mitgliedstaaten haben eine verbindliche Regel für einen ausgeglichenen Haushalt eingeführt, die jedoch nur in einigen Mitgliedstaaten Verfassungsrang hat.
  • Die Mitgliedstaaten definieren außergewöhnliche Umstände, die eine vorübergehende Abweichung von ihrem MTO erlauben, auf unterschiedliche Weise.
  • Die Mitgliedstaaten weisen dahin gehend Unterschiede auf, inwieweit der Korrekturmechanismus automatisch ist und welchen Umfang die erforderlichen Korrekturmaßnahmen haben.
  • In allen Mitgliedstaaten wurden Rechtsvorschriften zur Einrichtung der IFI angenommen, wenngleich die Kommission einige Bedenken bezüglich des Unabhängigkeitsstatus einiger von ihnen hatte.
  • Viele Mitgliedstaaten hatten den „Comply-or-explain“-Grundsatz (wonach eine Regierung eine Begründung abgeben muss, wenn sie den Bewertungen der IFI nicht Folge leistet) noch nicht in ihren Rechtsrahmen aufgenommen, jedoch zugesagt, ihn angemessen anzuwenden.
95

Die Gesamtbewertung der Kommission fiel positiv aus, wenngleich die Umsetzung des fiskalpolitischen Pakts langsam verlief und unvollständig war. De facto machte die Kommission ihre positive Bewertung der Konformität im Fall von 16 Mitgliedstaaten davon abhängig, dass die Staaten ihre Zusagen umsetzen. Wie die EZB betonte60, stellen „Zusagen […] jedoch keinen ausreichenden Ersatz für rechtliche Bestimmungen dar, da sie nicht erzwingbar sind“. Die Bewertung durch die Kommission war somit unvollständig, und indem sie Zusagen akzeptierte, schwächte sie die Anforderungen.

Bewertung der Umsetzung der Verordnung 473/2013

96

Im November 2014 nahm die Kommission im Zusammenhang mit der Überprüfung der wirtschaftspolitischen Steuerung in Bezug auf die Rechtsakte des Sechserpakets und des Zweierpakets eine erste Bewertung der Anwendung der Verordnung 473/2013 vor. Die Bewertung ließ jedoch keine eindeutigen Schlüsse zu, da sie zu früh nach dem Inkrafttreten der Verordnung 473/2013 erfolgte. Die nächste Bewertung soll Ende 2019 vorliegen.

97

Die Kommission überwacht außerdem die Entwicklungen bei den nationalen Rechtsvorschriften über NBF und deren Anwendung im Rahmen des Europäischen Semesters61, wenn auch in begrenztem Umfang: Sie bewertet, ob sich die Haushaltspositionen der Mitgliedstaaten deren MTO annähern (siehe Ziffer 46), evaluiert das Funktionieren der zugrunde liegenden NBF jedoch nicht im Detail. Abbildung 7 enthält weitere Einzelheiten zu den verschiedenen Etappen.

Abbildung 7

Die Bewertung der NBF durch die Kommission in den verschiedenen Etappen des Europäischen Semesters

Quelle: Europäischer Rechnungshof.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

98

Der Hof untersuchte, ob die Kommission mit ihren Maßnahmen zur Stärkung der Haushaltsrahmen der EU-Mitgliedstaaten die angestrebten Ergebnisse erzielte. Er gelangt zu dem Schluss, dass die Kommission mit ihren Vorschlägen für die Richtlinie 2011/85 und die Verordnung 437/2013, die verabschiedet wurden, und mit ihrem Richtlinienentwurf von 2017, für den der Rechtsetzungsprozess noch andauert, Verbesserungen in den nationalen Haushaltsrahmen gefördert hat (Ziffer 17).

99

Allerdings hat die Kommission nicht klargestellt, wie sie mögliche Abweichungen zwischen den Bewertungen der unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und ihren eigenen Bewertungen in Bezug auf die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln auf ein Mindestmaß beschränken will, wenn sie selbst und nationale unabhängige finanzpolitische Institutionen die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln bewerten.

100

Es gab Fälle, in denen die Kommission und eine unabhängige finanzpolitische Institution zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangt sind. Ein Grund dafür liegt darin, dass die Kommission bei der Bewertung der Einhaltung den ihr in den EU‑Rechtsvorschriften eingeräumten Ermessensspielraum sowie ihre Befugnis zur Auslegung dieses Ermessensspielraums umfassend nutzt. Dies gilt insbesondere für die „außergewöhnlichen Umstände“, die als Rechtfertigung dafür akzeptiert werden, die Anpassungsanforderungen für die Mitgliedstaaten, die ihre mittelfristigen Haushaltsziele noch nicht erreicht haben, zu lockern (Ziffern 45-55).

Empfehlung 1 – Bewertungen der Einhaltung der Regeln durch die Kommission und die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen

Damit die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen ihre Funktion wirksam wahrnehmen können und um Abweichungen zwischen den Bewertungen der unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und der Kommission bezüglich der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln zu minimieren, sollte die Kommission die Zusammenarbeit mit den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen stärken.

Zeitrahmen: ab 2020.

101

Einige der in den EU-Rechtsvorschriften enthaltenen Anforderungen an die mittelfristigen Haushaltsrahmen und unabhängigen finanzpolitischen Institutionen entsprechen nicht den internationalen Standards und bewährten Verfahren, die vom IWF und der OECD festgelegt wurden – im Übrigen oftmals ungeachtet der in wirtschaftspolitischen Veröffentlichungen der Kommission dargelegten Standpunkte. Mit dem Richtlinienentwurf von 2017, sollte er gebilligt werden, würden diese Mängel nur teilweise behoben (Ziffern 18-41).

Empfehlung 2 – Überprüfung der Anforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen

Um die Haushaltsrahmen weiter zu stärken, sollte die Kommission die Anforderungen an die mittelfristigen Haushaltsrahmen und die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen unter Berücksichtigung der internationalen Standards und bewährten Verfahren überprüfen und geeignete Maßnahmen zur Verbesserung ihres Anwendungsbereichs und ihrer Wirksamkeit vorschlagen. Hierfür sollte sich die Kommission auf die in diesem Bericht vorgebrachten Bemerkungen und auf die Ergebnisse ihrer Eignungsprüfung sowie ihre Bewertung der Konformität und Anwendung der Richtlinie 2011/85 und der Verordnung 473/2013 stützen.

Zeitrahmen: innerhalb eines Jahres, nachdem die Kommission ihre Bewertung des Sechser- und des Zweierpakets (welche die Richtlinie 2011/85 und die Verordnung 473/2013 umfassen) veröffentlicht hat.

102

Die Wirksamkeit des Europäischen Fiskalausschusses wird durch seine derzeitige institutionelle Struktur begrenzt. Darüber hinaus gilt der „Comply-or-explain“-Grundsatz nicht für die Kommission (Ziffern 56-68).

Empfehlung 3 – Stärkung des Europäischen Fiskalausschusses

Um die Durchsetzung der EU-Haushaltsregeln und die unabhängige Bewertung der Arbeit der Kommission bezüglich der nationalen Dimension weiter zu stärken, sollte die Kommission

  1. das Mandat und die institutionelle Struktur des Europäischen Fiskalausschusses überprüfen und Schlussfolgerungen der Kommission veröffentlichen, einschließlich einer Begründung für den Fall, dass keine Änderungen vorgeschlagen werden;
  2. den „Comply-or-explain“-Grundsatz anwenden, dem zufolge die Kommission Fälle, in denen sie den Bewertungen des Europäischen Fiskalausschusses nicht Folge leistet, öffentlich begründen sollte.

Zeitrahmen: innerhalb eines Jahres, nachdem die Kommission ihre Bewertung des Sechser- und des Zweierpakets (welche die Richtlinie 2011/85 und die Verordnung 473/2013 umfassen) veröffentlicht hat.

103

Die Kommission hat ihre Bewertung der Konformität der nationalen Rechtsvorschriften mit den Anforderungen der Richtlinie 2011/85, die Umsetzungs- und Konformitätsüberprüfungen umfasste, noch nicht abgeschlossen (Ziffern 72-80).

104

Die Bewertungen der Kommission bezüglich der Anwendung des EU‑Rechtsrahmens (Richtlinie 2011/85 und Verordnung 473/2013) wurden entweder noch nicht durchgeführt oder erfolgten in einer zu frühen Phase der Umsetzung, um aussagekräftig zu sein (Ziffern 84-92 und 96).

105

Derzeit überwacht die Kommission die Entwicklungen der nationalen Haushaltsrahmen unter anderem anhand der Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung (Fiscal Governance Database). Darin werden von den Mitgliedstaaten bereitgestellte Informationen aufgenommen, bei denen hauptsächlich die institutionelle Struktur und weniger das tatsächliche Funktionieren im Vordergrund steht (Ziffer 92).

Empfehlung 4 – Durchsetzung der nationalen Haushaltsrahmen stärken

Um zu bewerten, ob die in den Rechtsakten (Richtlinie 2011/85 und Verordnung 473/2013) festgelegten Ziele erreicht wurden, und in Anbetracht der Tatsache, dass deren Annahme bereits acht bzw. sechs Jahre zurückliegt, sollte die Kommission

  1. die Bewertung der Konformität unverzüglich abschließen;
  2. so bald wie möglich eine umfassende Eignungsprüfung zu Richtlinie 2011/85 durchführen und deren Ergebnisse veröffentlichen;
  3. die Fragebögen zur Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung überarbeiten oder ein anderes geeignetes Instrument einführen, damit regelmäßig umfassende Auskünfte zum tatsächlichen Funktionieren der nationalen Haushaltsrahmen abgefragt werden können;
  4. das Funktionieren der nationalen Haushaltsrahmen regelmäßig überwachen, und zwar mittels einer strukturierten Methodik, bei der die operative Leistung zentraler Elemente der nationalen Haushaltsrahmen im Vordergrund steht. Werden erhebliche Schwachstellen festgestellt, sollte die Kommission dem nachgehen.

Zeitrahmen für a): bis Mitte 2020, b): bis Ende 2019, c): bis Ende 2020, d): ab 2021.

Dieser Bericht wurde von Kammer IV unter Vorsitz von Herrn Brenninkmeijer, Mitglied des Rechnungshofs, in ihrer Sitzung vom 15. Oktober 2019 in Luxemburg angenommen.

Für den Rechnungshof

Klaus-Heiner LEHNE
Präsident

Anhänge

Anhang I – Chronologische Übersicht über maßgebliche Rechtsgrundlagen und Veröffentlichungen

Quelle: Europäischer Rechnungshof.

Anhang II – Standpunkt der Kommission zum mittelfristigen Haushaltsrahmen

i) Ein einziges Verfahren für die Erstellung von MTBF und Jahreshaushalt sowie vollständig integrierte Dokumentation.

01

Die Kommission hatte schon im Jahr 2011 das Problem erkannt, dass bei den Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen (SCP) zwar bereits eine mehrjährige Perspektive zum Tragen komme, diese strategiepolitischen Dokumente jedoch bislang in der innerstaatlichen Debatte in Bezug auf die Diskussion über Haushaltsstrategien von geringer politischer Relevanz seien, obwohl die Mitgliedstaaten ihren Haushaltsplan im Einklang mit den SCP-Verpflichtungen aufstellen sollten62. Auch in ihrem Zwischenbericht von 2012 über die Umsetzung der Richtlinie 2011/85 wies die Kommission darauf hin, dass die Integration des MTBF in den jährlichen Haushaltszyklus und die vollständig integrierte Dokumentation zentrale Elemente darstellten, die es „sorgfältig abzuwägen“ gelte63.

ii) Vorausschauende Ausgabenkontrollen, mit denen die Einhaltung der mittelfristigen Planung sichergestellt wird.

02

In Bezug auf Übertragungsregelungen betonte die Kommission, dass die Höhe der nicht verwendeten Mittel, die auf das/die nächste(n) Haushaltsjahr(e) übertragen werden dürfen, begrenzt werden müsse, da solche Regelungen andernfalls die Stringenz und Prognosekraft des Rahmens etwas verringern könnten64. Darüber hinaus erachtet die Kommission die Festlegung angemessener Reserven für Unvorhergesehenes und damit verbundener Zugangsregeln als notwendiges Element eines mehrjährigen Rahmens65.

iii) Rechenschaftsmechanismus66.

03

Der Hof stellt ferner fest, dass das Fehlen von Bestimmungen bezüglich der Überwachung des mehrjährigen Haushaltsvollzugs nicht mit dem Standpunkt der Kommission zu wesentlichen Anforderungen an MTBF übereinstimmt. In der Tat gelten seit 2006 die Überwachung und Durchsetzung von mehrjährigen Haushaltszielen im Rahmen der Methodik, mit der die Kommission den MTBF-Index berechnet, als eine der fünf Dimensionen zur Bewertung der Qualität der MTBF in den Mitgliedstaaten67. Darüber hinaus wies die Kommission bereits im Jahr 2007 darauf hin, dass die mangelnde Überwachung in allen Mitgliedstaaten ein Defizit darstellt68. Des Weiteren bekräftigte die Kommission im Jahr 2010, dass die Analyse der Abweichungen vom vorgesehenen haushaltspolitischen Pfad sowie die Überwachungs- und Korrekturmechanismen zentrale Elemente bei der Ausgestaltung der MTBF seien69.

Anhang III – Heterogenität der unabhängigen finanzpolitischen Institutionen

Mitglieder des Leitungsgremiums Personalressourcen Organisation der IFI Haushalt der IFI Externe Über­prüfung
An­zahl Da­uer der Amts­zeit (Jahre) Verlängerbare Amtszeit Anzahl (VZÄ*) Manage­ment kann Personal voll­kommen frei einstellen und entlassen Eigenständig oder angeschlossen Quelle Betrag im Jahr 2017 (Millionen Euro)
Frankreich Hoher Rat für Öffentliche Finanzen 11 5 JA Einmal 3/4 JA Dem nationalen Rechnungshof angeschlossen Unter­programm im Haushalt des nationalen Rechnungs­hofs 0,8 n. z.
Griechenland Hellenischer Fiskalrat 5 4/6 JA Einmal 13 NEIN Eigenständig Viertel­jährliche Über­tragungen aus dem Staats­haus­halt 1,1 Technische Bewertung alle 4 Jahre
Italien Parlamenta­rische Haushalts­stelle (UPB) 3 6 NEIN n. z. 24 JA Dem Parlament angeschlossen Finanzierung zu gleichen Teilen durch beide Kammern des Parlaments 6 n. z.
Lettland Rat für Haushalts­disziplin 6 6 JA Zweimal 2 NEIN Eigenständig Unter­programm im Haushalt des Finanz­ministeriums 0,19 n. z.
Luxemburg Nationaler Rat für Öffentliche Finanzen 7 4 JA Keine Be­grenz­ung 2 NEIN Dem Finanzministerium angeschlossen Unter­programm im Haushalt des Finanz­ministeriums 0,1 n. z.
Nationales Institut für Statistik und Wirtschafts­studien (STATEC) n. z. n. z. n. z. n. z. 160 JA Dem Wirtschaftsministerium angeschlossen Unter­programm im Haushalt des Wirtschafts­ministeriums 22,7 n. z.
Niederlande Nieder­ländisches Büro für wirtschafts­politische Analyse (CPB) 3 7 NEIN n. z. 117 JA Dem Wirtschaftsministerium angeschlossen 80 % Pauschal­finanzierung durch das Wirtschafts­ministerium 20 % projekt­basierte Finanzierung durch Ministerien 15,4 Peer Review durch Wissen­schaftler und Kunden etwa alle 5 Jahre
Beratungs­abteilung des Staatsrats 22 Auf Lebens­zeit n. z. n. z. 3 JA Dem Staatsrat angeschlossen Eigenes Kapitel im Staats­haushalt 0,32 n. z.
Portugal Rat für öffentliche Finanzen (CFP) 5 7 NEIN n. z. 18 JA Eigenständig Jährliche Übertragung aus dem Staats­haushalt 2,6 Überprüfung durch die OECD im Jahr 2019
JA für nicht-exekuti­ve Mit­glieder Einmal
Spanien Unabhängiger Rat für Finanzpolitik (AIReF) 4 6 NEIN n. z. 35 JA Dem Finanzministerium angeschlossen Haushalts­mittel aus dem allgemeinen Staats­haushalt + von öffentlichen Einrichtungen für die Überwachung durch den AIReF zu zahlende Gebühr 5,07 Überprüfung durch die OECD im Jahr 2017

* VZÄ: Vollzeitäquivalent.

Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Kommission.

Anhang IV – Die Haushaltsregeln in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie im fiskalpolitischen Pakt

Präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts Fiskalpolitischer Pakt
Ziel Anforderung eines nahezu ausgeglichenen Haushalts oder einen Überschuss aufweisenden Haushalts, d. h. eines strukturellen Saldos auf bzw. über dem Niveau des MTO Der gesamtstaatliche Haushalt einer Vertragspartei ist ausgeglichen oder weist einen Überschuss auf (d. h. struktureller Saldo ≥ MTO).
Vorgaben Länderspezifisches MTO mit einer Grenze von -1 % des BIP für Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets Länderspezifisches MTO wie im SWP festgelegt mit einer Grenze von -0,5 % des BIP für Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets (oder -1 %, falls das Verhältnis zwischen öffentlichem Schuldenstand und BIP erheblich unter 60 % liegt und die Risiken für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gering sind).
Ausgabenrichtwert: Wachstum der Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer Maßnahmen ≤ mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums.
Anpassungspfad Richtwert von 0,5 % des BIP (in guten Zeiten mehr, in schlechten Zeiten weniger) Die Vertragsparteien stellen eine rasche Annäherung an ihr jeweiliges MTO sicher. Der zeitliche Rahmen für diese Annäherung wird von der Kommission unter Berücksichtigung der länderspezifischen Risiken für die Tragfähigkeit vorgeschlagen.
Mögliche vorübergehende Abweichungen vom MTO oder dem dorthin führenden Anpassungspfad bei Die Vertragsparteien dürfen nur unter „außergewöhnlichen Umständen“ vorübergehend von ihrem jeweiligen MTO oder dem dorthin führenden Anpassungspfad abweichen.
  • Umsetzung größerer Strukturreformen mit nachprüfbaren Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen – Schwerpunkt Rentenreform;
  • einem außergewöhnlichen Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und erhebliche Auswirkungen auf die Lage der öffentlichen Finanzen hat;
  • Außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle der betreffenden Vertragspartei entzieht und erhebliche Auswirkungen auf die Lage der öffentlichen Finanzen hat.
  • schwerem Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt, vorausgesetzt, dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.
  • Schwerer Konjunkturabschwung im Sinne des geänderten SWP, vorausgesetzt, die vorübergehende Abweichung der betreffenden Vertragspartei gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.
Vorgaben für die Durchsetzung Verfahren zur Korrektur einer erheblichen Abweichung Automatischer Korrekturmechanismus (auf der Grundlage von gemeinsamen Grundsätzen, die von der Kommission vorzuschlagen sind)
Gesamtbewertung Vademekum zum Stabilitäts- und Wachstumspakt (Ausgabe 2018, S. 23):

Einhaltung der Anforderungen der präventiven Komponente wird anhand eines Zwei-Säulen-Ansatzes bewertet. Die Bewertung der einen Säule – des strukturellen Saldos – wird ergänzt durch eine Analyse der Wachstumsrate der anderen Säule – der aggregierten Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen.
SKS-Vertrag Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b

„Die Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Ziel und dessen Einhaltung werden dem geänderten Stabilitäts- und Wachstumspakt entsprechend auf der Grundlage einer Gesamtbewertung evaluiert, bei der der strukturelle Haushaltssaldo als Referenz dient und die eine Analyse der Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen einschließt.“

Akronyme und Abkürzungen

AEUV: Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

BIP: Bruttoinlandsprodukt

CSR: Country-specific Recommendation (länderspezifische Empfehlung)

Ecofin-Rat: Rat „Wirtschaft und Finanzen“

EFA: Europäischer Fiskalausschuss

EZB: Europäische Zentralbank

GD ECFIN: Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen der Kommission

IFI: Independent fiscal institution (unabhängige finanzpolitische Institution)

IWF: Internationaler Währungsfonds

MTBF: Medium-term budgetary framework (mittelfristiger Haushaltsrahmen)

MTO: Medium-term budgetary objective (mittelfristiges Haushaltsziel)

NBF: National budgetary framework (nationaler Haushaltsrahmen)

OECD: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

PEFA: Public Expenditure and Financial Accountability (öffentliche Ausgaben und finanzielle Rechenschaftspflicht)

Rat: Rat der EU

SKS-Vertrag: Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion

SWP: Stabilitäts- und Wachstumspakt

Glossar

Anwendung: Handlung, durch die EU-Rechtsvorschriften und nationale Rechtsvorschriften in Kraft gesetzt werden.

Ausgabenregel: Langfristige Begrenzung der absoluten Ausgaben oder des Ausgabenwachstums.

Ausschuss für Wirtschaftspolitik (EPC): Beratungsgremium des Rates „Wirtschaft und Finanzen“ und der Kommission, das dazu beiträgt, die Konsensbildung hinsichtlich der Wirtschaftspolitik (einschließlich Beschäftigung und Wachstum) und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu fördern.

Automatischer Korrekturmechanismus: Verpflichtung zur Umsetzung von Korrekturmaßnahmen, die automatisch ausgelöst wird, wenn erhebliche Abweichungen vom mittelfristigen Haushaltsziel bzw. vom Anpassungspfad zu seiner Erreichung festgestellt werden.

Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung (Fiscal Governance Database): Instrument der Kommission, das Informationen über die wesentlichen Elemente der haushaltspolitischen Steuerungsrahmen der Mitgliedstaaten enthält, d. h. über die nationalen Haushaltsregeln, die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und die mittelfristigen Haushaltsrahmen.

EU-Netzwerk der IFI: Von der Kommission unterstützte, im Jahr 2013 eingesetzte Gruppe bestehend aus nationalen unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und dem Europäischen Fiskalausschuss unter Vorsitz der Kommission.

„EU-Pilot-Verfahren“: Informeller Dialog zwischen der Kommission und einem Mitgliedstaat über die mögliche Nichteinhaltung des EU-Rechts vor der Einleitung eines förmlichen Vertragsverletzungsverfahrens.

Europäischer Fiskalausschuss (EFA): Beratungsgremium der Kommission, das dafür zuständig ist, die Umsetzung der EU-Haushaltsregeln zu evaluieren, Änderungen am haushaltspolitischen Rahmen vorzuschlagen und wirtschaftliche Bewertungen durchzuführen.

Europäisches Semester: Jährlicher Zyklus, der einen Rahmen für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der EU-Mitgliedstaaten sowie für die Überwachung von Fortschritten vorgibt, insbesondere in Bezug auf haushaltspolitische Maßnahmen in Übereinstimmung mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt.

Fiskalpolitischer Pakt: Vereinbarung zur Stärkung der Haushaltsdisziplin, die 22 der 25 Vertragsparteien des zwischenstaatlichen Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion unterzeichnet haben.

Haushaltspolitische Leistung: Wahrung der Haushaltsdisziplin zur Förderung der makroökonomischen Stabilität und des nachhaltigen Wachstums.

Haushaltsregel: Dauerhafte Einschränkung der Haushaltspolitik, oftmals in Form einer numerischen Obergrenze oder Zielvorgabe im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, die für einen Indikator der haushaltspolitischen Leistung festgelegt wird.

Konformitätsbewertung: Bewertung der Umsetzung sowie der Konformität der Durchführung einer EU-Richtlinie auf nationaler Ebene.

Konformitätsüberprüfung: Erste Überprüfung, ob alle erforderlichen Bestimmungen einer Richtlinie durch die nationalen Durchführungsmaßnahmen abgedeckt sind.

Korrektive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts: Verfahren bei einem übermäßigen Defizit, das vom Rat auf Empfehlung der Kommission eingeleitet wird, wenn ein EU-Mitgliedstaat die in der EU-Verordnung zum Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgegebene Obergrenze für das Haushaltsdefizit überschreitet. Das Verfahren umfasst mehrere Schritte – bis hin zur Verhängung von Sanktionen –, um den Mitgliedstaat dazu zu veranlassen, sein Haushaltsdefizit unter Kontrolle zu bringen. Es ist eine Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion.

Mittelfristiger Haushaltsrahmen (MTBF): Haushaltspolitische Regelungen, die den Zeithorizont der Haushaltspolitik über die jährliche Haushaltsplanung hinaus erweitern.

Mittelfristiges Haushaltsziel (MTO): Im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegtes, länderspezifisches haushaltspolitisches Ziel, das für die meisten Mitgliedstaaten - 1 % des Bruttoinlandsprodukts beträgt; für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets gilt mit - 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts eine etwas strengere Vorgabe, es sei denn, sie weisen eine niedrige Schuldenquote auf.

Nationaler Haushaltsrahmen: Regelungen, Verfahren, Vorschriften und Institutionen, die der Haushaltspolitik zugrunde liegen.

Netzwerk der EU-IFI: Im Jahr 2015 geschaffene Plattform für den Austausch von Meinungen und Fachwissen sowie die Bündelung von Ressourcen, die allen in der EU tätigen unabhängigen Einrichtungen der haushaltspolitischen Überwachung offensteht und in der eine der IFI den Vorsitz führt.

Präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts: Das Hauptziel der präventiven Komponente bestand gemäß Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates darin, sicherzustellen, dass sich die Mitgliedstaaten rasch einem nahezu ausgeglichenen Haushalt oder einem Haushaltsüberschuss annähern, um normale Konjunkturschwankungen bewältigen zu können, ohne die Obergrenze von 3 % für das Gesamtdefizit zu überschreiten.

Primärsaldo: Haushaltssaldo ohne Zinszahlungen für den gesamtstaatlichen Schuldenstand.

Produktionspotenzial: Theoretisches Konzept des ohne Inflationsdruck zu einem bestimmten Zeitpunkt erzielbaren Produktionsniveaus (Bruttoinlandsprodukt). Seine Entwicklung im Zeitverlauf ist nicht notwendigerweise konstant. Weder das Niveau noch die Wachstumsrate können direkt gemessen, sondern müssen geschätzt werden.

Regel des ausgeglichenen Haushalts: Der gesamtstaatliche Haushalt muss ausgeglichen sein oder einen Überschuss aufweisen. Sowohl im Stabilitäts- und Wachstumspakt als auch im Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion gilt diese Regel als eingehalten, wenn der jährliche strukturelle Saldo des Gesamtstaats dem mittelfristigen Haushaltsziel entspricht.

Sechserpaket: Im November 2011 angenommenes EU-Paket zur wirtschaftspolitischen Steuerung bestehend aus sechs Legislativmaßnahmen (fünf Verordnungen und Richtlinie 2011/85).

Stabilitäts- und Konvergenzprogramm: Im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, jährlich ein Dokument vorzulegen, das die Finanzplanung für die nächsten drei Jahre skizziert. Anhand dieses Dokuments bewerten die Kommission und die Finanzminister, ob die Länder auf gutem Weg sind, ihr mittelfristiges Haushaltsziel zu erreichen. Die Länder des Euro-Währungsgebiets legen „Stabilitätsprogramme“ vor, während die Mitgliedstaaten, die den Euro nicht eingeführt haben, „Konvergenzprogramme“ erstellen.

Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP): Im Jahr 1997 angenommenes Regelwerk, mit dem die Stabilität in der Wirtschafts- und Währungsunion gewahrt werden soll, indem sichergestellt wird, dass die Mitgliedstaaten für solide öffentliche Finanzen sorgen und ihre haushaltspolitischen Maßnahmen koordinieren.

Struktureller Saldo: Der tatsächliche Haushaltssaldo ohne konjunkturelle Komponente und einmalige und sonstige befristete Maßnahmen. Der strukturelle Saldo gibt Aufschluss über die Grundtendenz des Haushalssaldos.

Übersicht über die Haushaltsplanung: Dokument, das die Regierungen des Euro-Währungsgebiets jährlich der Kommission übermitteln müssen und das als Grundlage für die Koordinierung der Haushaltspolitik dient.

Umsetzung: Annahme, Veröffentlichung und Inkrafttreten nationaler Bestimmungen in Anwendung einer EU-Richtlinie innerhalb einer festgelegten Frist.

Umsetzungsüberprüfung: Bewertung der Genauigkeit/Vereinbarkeit nationaler Durchführungsmaßnahmen mit den Bestimmungen der Richtlinie.

Unabhängige finanzpolitische Institution (IFI): Öffentliche Einrichtung, die eine solide Haushaltspolitik sowie tragfähige öffentliche Finanzen fördert, indem sie eine Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben wahrnimmt, unter anderem die Erstellung von makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen sowie Bewertungen der Einhaltung der Haushaltsregeln.

Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht (MIP): Mit dem Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht soll das Entstehen potenziell schädlicher makroökonomischer Ungleichgewichte, die die wirtschaftliche Stabilität in einem bestimmten Mitgliedstaat, im Euro-Währungsgebiet oder in der EU insgesamt beeinträchtigen könnten, erkannt, verhindert und bekämpft werden.

Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion: Im Jahr 2012 geschlossener zwischenstaatlicher Vertrag, in dem Vorschriften zur Förderung der Haushaltsdisziplin und der wirtschaftspolitischen Koordinierung zwischen den Vertragsparteien sowie zur Verbesserung der Governance im Euro-Währungsgebiet festgelegt sind.

Zweierpaket: Im Mai 2013 angenommenes EU-Paket aus zwei Legislativmaßnahmen (Verordnung (EU) Nr. 472/2013 und Verordnung (EU) Nr. 473/2013) zur Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung im Euro-Währungsgebiet.

Antworten der Kommission

Zusammenfassung

I

Die Kommission begrüßt die Wirtschaftlichkeitsprüfung, die der Europäische Rechnungshof im Bereich der haushaltspolitischen Stabilität durchgeführt hat. Die Kommission hat bei den Bemühungen der Union zur Verbesserung der haushaltspolitischen Steuerung sowohl auf der Ebene der EU als auch der Mitgliedstaaten immer eine Vorreiterrolle gespielt. Die Kommission bediente sich ihres umfangreichen Wissens über das Thema „nationale Haushaltsrahmen“ und brachte während der Wirtschaftskrise Gesetzgebungsvorschläge ein, mit denen Kernanforderungen an die Haushaltsrahmen der Mitgliedstaaten eingeführt wurden und mit denen die Steuerung der öffentlichen Finanzen der einzelnen Staaten verbessert und die Konformität mit den Haushaltsregeln der EU gefördert werden sollte. Man sollte sich jedoch dessen bewusst sein, dass die Vorschläge der Kommission innerhalb eines kurzen Zeitraums unter dem Druck der Krise erarbeitet und von den Mitgesetzgebern nach ausführlichen Debatten und Verhandlungen angenommen wurden. Der Schwerpunkt der anschließenden Maßnahmen der Kommission lag auf der Umsetzung des vereinbarten Rahmens, was bei dessen Beurteilung berücksichtigt werden sollte.

II

Der Umfang der Anforderungen der EU an nationale Haushaltsrahmen geht über die Bereiche der unabhängigen finanzpolitischen Institutionen, der Haushaltsregeln und der mittelfristigen Haushaltsrahmen hinaus. Insbesondere werden wichtige Anforderungen hinsichtlich der Prognoseerstellung für haushaltspolitische Zwecke, der Finanzstatistik und Rechnungslegung, der Transparenz öffentlicher Finanzen und hinsichtlich eines gemeinsamen haushaltspolitischen Zeitplans für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets festgelegt.

III

Die Kommission ist zwar institutionelle Adressatin der Wirtschaftlichkeitsprüfung, aber auch die Funktionen und Beiträge der Mitgliedstaaten müssen angemessen gewürdigt werden. Erstens vereinbarten die Mitgliedstaaten die im einschlägigen EU-Recht verankerten Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen und unterzeichneten in einem zwischenstaatlichen Rahmen den Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung (SKS-Vertrag) und den fiskalpolitischen Pakt. Zweitens liegt die Umsetzung und Anwendung der übernationalen Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Ein entscheidender Faktor für die Wirksamkeit des vereinbarten Rahmens war die Art und Weise, in der die Mitgliedstaaten die Anforderungen umgesetzt haben.

Die Kommission ist uneingeschränkt bereit, sich im Rahmen der Vollmachten, die ihr in den Verträgen übertragen wurden, weiter für eine Stärkung nationaler Haushaltsrahmen in der gesamten EU zu engagieren. Zu diesem Zweck wird die Kommission den Prüfungsfeststellungen gebührende Beachtung schenken und auf den bei der Beobachtung der Leistung der gestärkten Haushaltsrahmen in den Mitgliedstaaten gewonnenen Erkenntnissen ebenso aufbauen wie auf einschlägigen internationalen Praktiken.

IV

Mit den aktuellen Rechtsvorschriften wurde eine breite Palette an Grundanforderungen in allen wichtigen Schwerpunkten der Haushaltsrahmen der Mitgliedstaaten eingeführt. Die Grundanforderungen an mittelfristige Haushaltsrahmen und die Kriterien für die Gründung der unabhängigen finanzpolitischen Institutionen stimmen weitgehend mit der einschlägigen Literatur und internationaler Praxis überein. In mancher Hinsicht setzt die Union tatsächlich Standards. Dessen ungeachtet möchte die Kommission nicht behaupten, dass es bei den Anforderungen der EU an nationale Haushaltsrahmen (wie ihr Richtlinienvorschlag von 2017 bezeugt) oder der Art und Weise, wie die Haushaltsrahmen von den Mitgliedstaaten angewendet werden, keinen Spielraum für Verbesserungen gibt.

Die Kommission erinnert daran, dass das Ziel des Richtlinienentwurfs von 2017 darin bestand, den wesentlichen Inhalt des SKS-Vertrags in EU-Recht zu überführen. Sein Geltungsbereich beschränkt sich daher auf diejenigen Merkmale nationaler Haushaltsrahmen, die die Kommission als für die Überführung relevant erachtete.

V

Zwischen den von unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und der Kommission vorgenommenen Konformitätsbewertungen können aus verschiedenen Gründen tatsächlich Unterschiede entstehen. Die Ermessensbefugnisse, die der Kommission in den dem Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) zugrundeliegenden Gesetzestexten verliehen wurden, können zwar zu solchen Unterschieden beitragen, die Kommission betont aber, dass sie die Bewertung der Konformität der Mitgliedstaaten mit den EU-Haushaltsregeln streng und transparent durchführt und dabei die innerhalb dieser Regeln bestehende Flexibilität angemessen nutzt; dabei befindet sie sich im Einklang mit dem gemeinsam vereinbarten, und vom Rat im Februar 2016 gebilligten Standpunkt.

Die Kommission ist der Auffassung, dass das Risiko von Unstimmigkeiten gemindert oder wirksam angegangen werden sollte. Ein – von der Kommission bereits durchgeführter – regelmäßiger Austausch von Informationen zwischen der Kommission und den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen sowie die gemeinsame Nutzung dieser Informationen zählen zu den wirksamsten Risikominderungsmaßnahmen.

VI

Der Europäische Fiskalausschuss war von Beginn an (d. h. dem Bericht der fünf Präsidenten) als Stelle vorgesehen, die unabhängige Ratschläge zum haushaltspolitischen Steuerungsrahmen der EU bereitstellt. Seine gesetzliche Grundlage (der Beschluss (EU) 2015/1937 der Kommission) bestätigt dieses Grundprinzip, indem sie den Auftrag des Ausschusses wie folgt darlegt: „Der Ausschuss trägt in beratender Funktion zur Wahrnehmung der Aufgaben der Kommission im Rahmen der multilateralen fiskalpolitischen Überwachung des Euro-Währungsgebiets im Sinne der Artikel 121, 126 und 136 AEUV bei.“ Dieser Auftrag wird in eine breite Palette an Aufgaben und Verantwortlichkeiten aufgeschlüsselt. Dementsprechend wurden die rechtliche Grundlage und die Zuweisung von Ressourcen für den Europäischen Fiskalausschuss so gestaltet, dass er in vollem Umfang zur Erfüllung seiner Aufgabe, d. h. der Bereitstellung unabhängiger Bewertungen und Beratungen, in der Lage ist.

Für ihre Entscheidungsfindung in Kenntnis der Sachlage berücksichtigt die Kommission alle verfügbaren, als nützlich erachteten Elemente. Hierzu zählen gegebenenfalls auch die vom Europäischen Fiskalausschuss übermittelten Beiträge. Was jedoch die Anwendung des „Comply-or-explain“-Grundsatzes („einhalten oder begründen“) angeht, lässt sich keine strikte Parallele zwischen dem Europäischen Fiskalausschuss und den nationalen unabhängigen Räten für Finanzpolitik ziehen.

VII

Um zu gewährleisten, dass die jeweiligen Anforderungen ordnungsgemäß in die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten eingebettet werden, hat die Kommission die Umsetzung der Richtlinie 2011/85/EU eingehend überprüft. Da die Konformitätskontrollen in zwei Dritteln der Mitgliedstaaten nahezu abgeschlossen und in den restlichen Staaten im Gange sind, wird jetzt der Überwachung der Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet.

Auf allgemeinerer Ebene beobachtet die Kommission auch die Entwicklung der nationalen Haushaltsrahmen engmaschig und bedient sich dabei anderer regelmäßiger Prozesse wie des Europäischen Semesters, der Begutachtung unter Fachkollegen (Peer-Reviews) in den ECOFIN-Vorbereitungsausschüssen, der jährlichen Aktualisierungen der Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung usw.

Was die im Rechtsrahmen der EU angeordneten Bewertungen betrifft, so weist die Kommission ausdrücklich darauf hin, dass in der Richtlinie 2011/85 und der Verordnung Nr. 473/2013 besondere Überprüfungsklauseln vorgesehen sind. Die Überprüfung des Sechser- und des Zweierpakets wird Gelegenheit zu einer gründlichen, ganzheitlichen Betrachtung dessen bieten, was die verschiedenen Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen bisher erbracht haben.

VIII

Siehe die Antworten der Kommission auf die Empfehlungen.

Einleitung

01

Die Kommission stellt fest, dass der ECOFIN-Rat bereits im März 2005 erklärte, dass nationale Haushaltsrahmen die Ziele des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) fördern und den Haushaltsrahmen der EU ergänzen sollten (siehe den in englischer Sprache vorliegenden Bericht des ECOFIN-Rats an den Europäischen Rat vom 22. und 23. März 2005 über die Verbesserung der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts). Im Mai 2010 nahm der Rat Schlussfolgerungen zu nationalen Haushaltsrahmen an, in denen er betonte, wie wichtig robuste, wirksame Haushaltsrahmen für die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakets und die Tragfähigkeit öffentlicher Finanzen sind. Diese angestrebten Vorteile waren für die Kommission Motivation, in das Sechserpaket den Entwurf einer Richtlinie aufzunehmen, in der Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen festgelegt werden.

02

Die Kommission kann sich – auch auf Basis ihrer eigenen Analysearbeit – voll und ganz der breiten Übereinstimmung darüber anschließen, dass eine solide haushaltspolitische Leistung starker nationaler Haushaltsrahmen bedarf.

03

Eine allumfassende Analyse wie sie in Ziffer 3 genannt wird ist zwar nicht erstellt worden, aber verschiedene Facetten der Haushaltsrahmen auf EU- und nationaler Ebene wurden in verschiedenen Dokumenten ausführlich untersucht (vor allem im jährlichen Bericht über die öffentlichen Finanzen in der Wirtschafts- und Währungsunion). Die Kommission hat im Laufe der Zeit – unter anderem auch vor der Krise – Analysen vorgenommen, in denen die Bedeutung eines zweistufigen Ansatzes in der haushaltspolitischen Steuerung (d. h. auf EU- und auf nationaler Ebene) als Hilfe zur Erfüllung der haushaltspolitischen Pflichten der Mitgliedstaaten gegenüber der EU bestätigt wird. In dieser Analysearbeit wurden auch die Herausforderungen bei der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts in seiner damaligen Form sowie die wichtigsten Schwachstellen der nationalen Haushaltsrahmen hervorgehoben, wobei dieser Arbeit Informationen zugrunde lagen, die mittels der Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung erfasst worden waren.

Kasten 2 – Erläuterung einschlägiger Begriffe

Hinsichtlich des automatischen Korrekturmechanismus betont die Kommission, dass dies eine Verpflichtung ist, die auf den SKS-Vertrag zurückgeht.

08

Neben den mit dem SKS-Vertrag zusammenhängenden Bestimmungen umfasst die Verordnung Nr. 473/2013 weitere wichtige Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen; hier sind insbesondere die unabhängige Erstellung und Befürwortung makroökonomischer Prognosen, die eine Grundlage für die jährlichen Haushaltspläne und die nationale mittelfristige Haushaltsplanung bilden, sowie ein gemeinsamer Haushaltszeitplan für (i) die Vorstellung und Annahme der jährlichen Haushaltsplanentwürfe und (ii) die Vorstellung nationaler mittelfristiger Finanzplanungen zu nennen.

09

Der Vorschlag der Kommission entsprach dem von den Vertragsparteien des SKS-Vertrags zum Ausdruck gebrachten (in Artikel 16 des SKS-Vertrags verankerten) Willen zur Überführung in EU-Recht und den Aufforderungen des Europäischen Parlaments zur Einbindung in den Unionsrahmen.

Bemerkungen

18

Das derzeitige Gefüge übernationaler Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen entstand schrittweise, parallel zur Entwicklung der Krise, und musste daher aus objektiven Gründen aus verschiedenen Rechtsakten gebildet werden. Insbesondere in Anbetracht der besonderen haushaltspolitischen Herausforderungen der Krise erkannten die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets die Notwendigkeit an, unter anderem auch im Hinblick auf nationale Haushaltsrahmen besondere Maßnahmen einzuführen, die über die für alle Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen hinausgehen.

19

Zweiter Gedankenstrich: Die Kommission ist nicht der Auffassung, dass die Merkmale nationaler Haushaltsrahmen auf übernationaler Ebene umfassend vorgeschrieben werden sollten. Die Kommission macht hier auf ihren Bericht „Öffentliche Finanzen in der WWU 2011“ (S. 101) aufmerksam, in dem das Argument angeführt wird, dass sich ein Hinausgehen über die Mindestanforderungen der Richtlinie 2011/85 nicht mit den beträchtlichen Unterschieden zwischen den administrativen und institutionellen Strukturen der verschiedenen Mitgliedstaaten in Einklang bringen ließe. Mit der Entscheidung für Mindestanforderungen strebte man an, gewonnene Erkenntnisse in Bezug auf Merkmale, die für eine gute Politikgestaltung förderlich sind, praktisch anzuwenden, den Mitgliedstaaten aber Ermessensspielraum für deren angemessene Anwendung zu belassen.

Die Entwicklung der Rechtsinstrumente, mit denen übernationale Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen eingeführt wurden, erfolgte nicht gleichzeitig und die Wahl der Rechtsform – insbesondere der Form der Richtlinie oder Verordnung mit ihrem jeweils unterschiedlichen Grad der Normierung – basierte auf zum Zeitpunkt des Entwurfs relevanten Überlegungen zu Inhalt und Zweck.

Die Kommission ist der Auffassung, dass die Heterogenität nationaler Haushaltsrahmen als Möglichkeit gesehen werden sollte, dem grundlegenden Ziel der Steigerung nationaler Eigenverantwortlichkeit näher zu kommen.

21

Der Richtlinienentwurf von 2017 hatte tatsächlich einen weiteren Anwendungsbereich. Neben dem mittelfristigen Ziel eines strukturellen Saldos solle der vorgesehene Rahmen Folgendes umfassen: (i) die Festlegung eines mittelfristigen Wachstumspfads staatlicher Nettoausgaben, der mit diesem mittelfristigen Ziel im Einklang steht und für die gesamte Legislaturperiode festgeschrieben wird, (ii) die Festlegung der Verpflichtung, dass jährliche Haushaltspläne den mittelfristigen Wachstumspfad der Nettoausgaben einhalten müssen, (iii) einen Korrekturmechanismus, mit dem auf mittlere Sicht Abweichungen bewältigt werden können. In dem Richtlinienentwurf wird auch eine umfangreiche Einbeziehung unabhängiger finanzpolitischer Institutionen in die Gestaltung der Haushaltspolitik und die Überwachung von Haushaltsentwicklungen vorgeschlagen.

Für das mittelfristige Ziel wird zwar keine ausdrückliche numerische Begrenzung festgesetzt, aber im Richtlinienentwurf wird erklärt, dass der Rahmen numerischer Regeln die Einhaltung der im AEUV vorgesehenen haushaltspolitischen Pflichten effektiv voranbringen müsse, unter anderem auch die im SWP vorgesehene Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels. Ganz allgemein könnte man davon ausgehen, dass das Fehlen einer ausdrücklichen numerischen Begrenzung für das mittelfristige Haushaltsziel aufgewogen wird durch den Ansatz des Richtlinienentwurfs, mittels eines verbindlichen mittelfristigen Ausgabenkurses und einer stärkeren Rolle unabhängiger finanzpolitischer Institutionen eine stabilere Grundlage für Haushaltsdisziplin zu schaffen.

22

Die Kommission erkennt an, dass der Richtlinienentwurf von einer buchstabengetreuen Lesart des fiskalpolitischen Pakts abweicht, da er andere – nach Ansicht der Kommission bessere – Instrumente vorschlägt, um dasselbe Ziel zu erreichen. Die Kommission stimmt jedoch der zitierten Stellungnahme der EZB, dass die Bestimmungen des Richtlinienentwurfs zu einer Schwächung der Regeln des fiskalpolitischen Pakts führen könnten, nicht zu.

Was den Zeitpunkt des Vorschlags betrifft, so möchte die Kommission an den in Art. 16 des SKS-Vertrags festgelegten Zeitrahmen erinnern, nach dem die Vertragsparteien Schritte zur Überführung des Inhalts dieses Vertrags in den Rechtsrahmen der Europäischen Union zu unternehmen haben, und zwar „binnen höchstens fünf Jahren ab dem Inkrafttreten“. Mit der Vorlage des Vorschlags im Dezember 2017, also deutlich vor der Überprüfung des Sechser- und des Zweierpakets an Rechtsakten, beabsichtigte die Kommission, den Vertragsparteien die Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Einbindung des fiskalpolitischen Pakts in das EU-Recht zu ermöglichen (was auch der seit Langem bestehenden Haltung der Kommission entspricht).

27

Da die gemeinsamen Grundsätze erst nach dem Vorschlag der Kommission für die Verordnung Nr. 473/2013 angenommen wurden und neue, wesentliche Bestimmungen zu nationalen Korrekturmechanismen (die im ursprünglichen Entwurf der Verordnung nicht erwähnt wurden) enthielten, hätte dies zu einer erheblichen Änderung des Kommissionsvorschlags geführt. Die Kommission ist überzeugt, dass sich eine solche Änderung negativ auf die Annahme der Verordnung ausgewirkt hätte.

Die Kommission schlug zur Behebung dieses Problems vor, entscheidende Merkmale der Korrekturmechanismen bei erster Gelegenheit nach der Herausgabe der gemeinsamen Grundsätze, nämlich mittels des Richtlinienentwurfs von 2017, unter den Schirm des EU-Rechts zu bringen.

28

Im Richtlinienentwurf von 2017 werden die wichtigsten Merkmale der Korrekturmechanismen auf Basis der in den gemeinsamen Grundsätzen vorgesehenen Elemente dargelegt – siehe die Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b, Artikel 3 Absatz 3, Artikel 3 Absatz 4 Buchstabe c sowie Artikel 5 und 6. In mancher Hinsicht geht der Richtlinienentwurf tatsächlich etwas über diese Elemente hinaus, indem er beispielsweise (i) angibt, dass der Korrekturmechanismus insbesondere Abweichungen vom mittelfristigen Kurs staatlicher Ausgaben ausgleichen sollte, oder (ii) festsetzt, dass die unabhängigen finanzpolitischen Finanzinstituten verpflichtet sind, die Haushaltsbehörden zur Auslösung des Korrekturmechanismus aufzufordern.

29

Die Kommission erkennt an, dass der Richtlinienentwurf keine Definition des Begriffs „festgestellte erhebliche Abweichung“ enthält. Das allgemeine Verständnis ist zwar, dass der im Richtlinienentwurf verwendete Begriff dem derzeit in den Verordnungen zum Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegten Leitbild entspricht oder sich eng daran anlehnt, er könnte aber möglicherweise auch von dieser Auffassung abweichen.

Der Standpunkt der Kommission lautet, dass der Wortlaut der Bestimmung über Art und Umfang von Abweichungen einer Richtlinie angemessen ist.

Gemeinsame Antwort auf Ziffer 30 und Tabelle 1:

Die Kommission verfolgt bestehende und laufende Analysen zum Thema der mittelfristigen Haushaltsrahmen und unternimmt auch selbst Forschungen auf diesem Gebiet. In diesem Zusammenhang wird bei jeder Anbahnung eines Gesetzgebungsvorschlags den Standards und bewährten Verfahren gebührende Beachtung geschenkt. Obgleich die Richtlinie 2011/85 in sehr kurzer Zeit erstellt wurde, lagen ihr Analysen der Kommission zugrunde, die auch Auffassung aus der einschlägigen wirtschaftswissenschaftlichen Literatur umfassten. In diesem Zusammenhang sollte man sich auch vor Augen führen, dass die Literatur zwar eine große Vielfalt an Auffassungen und Merkmalen bezüglich der mittelfristigen Haushaltsplanung aufweist, dass aber ein allgemein anerkannter Satz internationaler bewährter Verfahren nicht existiert.

Die Kommission erkennt zwar die Wichtigkeit der in Tabelle 1 als „Unterschiede“ dargestellten Elemente an, ist aber der Auffassung, dass nicht alle von ihnen notwendigerweise als rechtlich verbindliche EU-Standards für mittelfristige Haushaltsrahmen in Frage kommen sollten. Bei der Ausarbeitung von Gesetzgebungsvorschlägen muss die Kommission zahlreiche Gesichtspunkte sorgfältig abwägen, darunter insbesondere das richtige Gleichgewicht zwischen der Erwünschtheit der vorgesehenen Anforderungen und der Machbarkeit ihrer Übertragung in EU-rechtliche Anforderungen, die für alle Mitgliedstaaten oder nur die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets gelten.

Die Kommission unterstreicht zudem die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen den mittelfristigen Haushaltsrahmen nach dem Ansatz der Kommission (der in Artikel 2 Buchstabe e der Richtlinie definiert wird) und den verschiedenen Auffassungen, mit denen der IWF, die Weltbank und die OECD arbeiten. Im Mittelpunkt der Richtlinie 2011/85 stand ein besonderes Leitbild eines Instruments für die mittelfristige Haushaltsplanung und die damit zusammenhängenden Grundprinzipien und Komponenten, die hinsichtlich der Erreichung des Ziels der Förderung der Konformität mit dem EU-Haushaltsrahmen für entscheidend erachtet wurden. Dies erklärt das Fehlen einiger der von den vorstehend genannten internationalen Organisationen beibehaltenen Standards bzw. bewährten Verfahren (z. B. Übertragungen, Mittelbindungen und Puffer).

31

Die Kommission erkennt an, dass die mittelfristige Planung und die Erstellung des jährlichen Haushaltsplans im Einklang miteinander erfolgen sollten. Die Richtlinie 2011/85 setzt sich ausdrücklich für eine solche Kohärenz ein, insbesondere in Artikel 10.

32

Die Kommission erkennt zwar den Grundsatz an, dass in mittelfristigen Haushaltsrahmen eine Ausgabenkontrolle sichergestellt werden muss, ist aber der Auffassung, dass die meisten der genannten Kontrollmechanismen zu spezifisch bzw. präskriptiv gewesen wären, um als gemeinsame Anforderungen für alle Mitgliedstaaten in die Richtlinie aufgenommen zu werden.

33

In der Richtlinie 2011/85 ist kein Rechenschaftslegungsmechanismus für Ex-post- oder Ex-ante-Abweichungen von Mehrjahresplänen vorgesehen. Im fiskalpolitischen Pakt werden jedoch Korrekturmechanismen festgelegt, mit denen diejenigen Abweichungen von mittelfristigen Haushaltsplänen, die man als festgestellte erhebliche Abweichung vom mittelfristigen Haushaltsziel oder dem Anpassungspfad zu diesem Ziel bezeichnen könnte, angegangen werden sollen. Entsprechende Stellungnahmen nationaler unabhängiger finanzpolitischer Institutionen würden sich zudem des „Comply-or-explain“-Grundsatzes bedienen und für die Haushaltsbehörden zu Ansehensverlusten führen.

34

Der Richtlinienentwurf 2017 zielte insbesondere auf eine Stärkung der mittelfristigen Orientierung der Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten ab und schlug dazu mehrere wichtige Anforderungen zur weiteren Stärkung der mittelfristigen Haushaltsrahmen vor (siehe die Antwort der Kommission zu Ziffer 21). Die Kommission hebt das hohe Potenzial dieser Bestimmungen zur Stärkung der mittelfristigen Haushaltsrahmen hervor, auch wenn sie keine direkten Entsprechungen der in Tabelle 1 aufgeführten „Unterschiede“ sind.

Was das Ausgabenwachstum betrifft, so wird den Mitgliedstaaten im SWP auch die Einhaltung des Ausgabenrichtwerts der EU vorgeschrieben, der das Wachstum der Ausgaben mit der Entwicklung des potenziellen Outputs verknüpft.

35

Die Kommission spielte eine Pionierrolle, als sie im Juni 2012 in ihrer Mitteilung über gemeinsame Grundsätze für nationale fiskalpolitische Korrekturmechanismen Grundsätze vorschlug, die das Fundament für die Gründung unabhängiger Finanzinstitutionen auf nationaler Ebene bildeten. Durch ihre vollständige Übernahme in die Verordnung Nr. 473/2013 wurden diese Grundsätze anschließend von den Mitgesetzgebern gebilligt. Die in den gemeinsamen Grundsätzen getroffenen Festlegungen enthalten wesentliche Merkmale für die Einrichtung oder Benennung unabhängiger, kompetenter Stellen, die auf dem Gebiet der Haushaltspolitik agieren sollen.

36

Die Kommission ist der Auffassung, dass die von der OECD und dem IWF veröffentlichten Grundsätze und wünschenswerten Merkmale für nationale unabhängige Finanzinstitutionen in der Tat in weiten Teilen mit den Anforderungen auf EU-Ebene übereinstimmen, allerdings etwas kleinteiliger und funktionsbezogener sind. Die Unterschiede lassen sich dadurch erklären, dass diese Grundsätze und Merkmale als Leitlinien dienen sollen, nicht als rechtlich verbindliche Anforderungen. Darüber hinaus ist nicht jedes ideale Merkmal einer unabhängigen finanzpolitischen Institution zwangsläufig auch für die Aufnahme in das EU-Recht als Anforderung für alle Mitgliedstaaten geeignet, insbesondere aus Gründen der Subsidiarität. Ein Einheitsmodell unabhängiger finanzpolitischer Institutionen einzuführen (indem beispielsweise besondere Anforderungen an die Zahl und Amtszeit der Vorstandsmitglieder und die Methoden zur Finanzierung der Tätigkeiten der Institutionen vorgeschrieben werden) lag daher nie in der Absicht der Kommission und hätte auch nicht den Willen der Mitgliedstaaten zu der betreffenden Zeit widergespiegelt.

Zu betonen ist auch, dass die Mitgliedstaaten dafür waren, einen bedeutenden Grad an Freiheit bei der Gestaltung ihrer unabhängigen finanzpolitischen Institutionen unter dem Schirm der gemeinsamen Grundsätze zu behalten. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen, dass in einigen Mitgliedstaaten schon vor den übernationalen Rechtsvorschriften unabhängige finanzpolitische Institutionen bestanden und dass einige unabhängige finanzpolitische Institutionen mit unterschiedlichem Aufbau erfolgreich in vielfältigen nationalen Umgebungen arbeiteten.

39

Die Kommission betont, dass im Richtlinienentwurf von 2017 der Umfang der Verbesserungen in Bezug auf unabhängige finanzpolitische Institutionen größer ist als der Text dieser Ziffer vermuten lässt. Neben zusätzlichen Kompetenzen unabhängiger finanzpolitischer Institutionen bei der Festsetzung und Überwachung haushaltspolitischer Schlüsselparameter und der Aufnahme des „Comply-or-explain“-Grundsatzes in das EU-Recht enthält der Vorschlag wichtige Berechtigungen für den Schutz der Unabhängigkeit und die Möglichkeit, alle diese Anforderungen an unabhängige finanzpolitische Institutionen auf nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörende Mitgliedstaaten auszuweiten.

Konkret wurden die Anforderungen an die Unabhängigkeit wie folgt gestärkt: zur Beschreibung der Ressourcen wurde ein verstärkendes Adjektiv eingefügt („stabil“) und es gab genauere Festlegungen zum Recht auf den Zugang zu Informationen („umfassend und zeitnah“); mit diesen Einschränkungen soll Bedenken Rechnung getragen werden, die unabhängige finanzpolitische Institutionen unter anderem mittels der zitierten Stellungnahmen des Netzwerks der EU-IFI äußerten.

42

In den Rechtsvorschriften der EU zur multilateralen Haushaltsüberwachung werden die besonderen Verantwortlichkeiten der Kommission hinsichtlich der Überwachung der Einhaltung der Haushaltsregeln der EU festgelegt. Die Kommission kann zwar alle verfügbaren, für nützlich erachteten Elemente berücksichtigen, darunter gegebenenfalls auch von nationalen unabhängigen finanzpolitischen Institutionen übermittelte Informationen, aber in der geltenden Rechtsgrundlage ist keine förmliche Beteiligung dieser Institutionen an der Haushaltsüberwachung der EU vorgesehen.

46

Im SKS-Vertrag wird zwar genau wie im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgeschrieben, dass man das mittelfristige Haushaltsziel erreicht haben oder sich auf dem Anpassungspfad dorthin befinden muss, aber für das strukturelle Defizit legt er darüber hinaus einen niedrigeren Grenzwert von 0,5 % (oder unter bestimmten Umständen 1 %) des BIP fest.

47

Die Kommission stellt fest, dass auch dann, wenn unabhängige finanzpolitische Institutionen die Einhaltung der EU-Haushaltsregeln überwachen, nicht unbedingt alle von ihnen ihre Konformitätsbewertungen veröffentlichen.

Gemeinsame Antwort zu den Ziffern 49-51:

Nach den Verträgen hat die Kommission die Pflicht, im Rahmen der multilateralen Haushaltsüberwachung eine förmliche Bewertung der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln vorzunehmen. Das EU-Recht verleiht den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen keine Kompetenzen im Zusammenhang mit dem Vorgang der Bewertung der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln. In den wenigen Fällen, in denen unabhängige finanzpolitische Institutionen derartige Tätigkeiten ausüben, erfolgt dies entweder aufgrund nationaler gesetzlicher Verpflichtungen oder auf freiwilliger Basis. Die Kommission erkennt an, dass in Fällen dieser Art Unterschiede zwischen den Konformitätsbewertungen der unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und den Bewertungen der Kommission entstehen können. Diese Unterschiede können beispielsweise auf eine unterschiedliche Auslegung der zugrunde liegenden Rechtstexte zurückzuführen sein. Auch Schlussfolgerungen können voneinander abweichen, weil unabhängige finanzpolitische Institutionen eigene oder angepasste Methoden anwenden, die eventuell nicht vollständig der von der Kommission bei ihrer Bewertung angewendeten Methodik entsprechen; auch zeitliche Verschiebungen zwischen den Bewertungen können ein Grund sein (da sich neuere oder vollständigere Daten auf die Bewertung auswirken können).

Die Nutzung des Ermessensspielraums, der ihr in den dem Stabilitäts- und Wachstumspakt zugrunde liegenden Rechtstexten eingeräumt wird, kann ebenfalls zu solchen Unterschieden beitragen. Die Kommission hat jedoch die im Stabilitäts- und Wachstumspakt bestehende Flexibilität im Einklang mit dem gemeinsam vereinbarten, vom Rat im Februar 2016 gebilligten Standpunkt genutzt. Dementsprechend hat die Kommission in den letzten Jahren drei Faktoren berücksichtigt: 1) Konjunkturbedingungen (mittels der sogenannten „Anforderungsmatrix“); 2) Strukturreformen; 3) öffentliche Investitionen, deren Ziel größere Strukturreformen sind, die zusätzlich zu solchen Reformen erfolgen und mit diesen wirtschaftlich gleichwertig sind.

Entscheidungen der Kommission über mögliche Abweichungen von der geforderten Anpassung werden von einer ausführlichen Begründung begleitet und anschließend mit den Mitgliedstaaten nach dem ECOFIN-Verfahren umfassend erörtert. Soweit die Kommission von dem ihr eingeräumten Ermessensspielraum Gebrauch gemacht hat, gab sie während des gesamten Bewertungszyklus zusätzliche Orientierungshilfen und begrenzte damit die Unsicherheiten, denen unabhängige finanzpolitische Institutionen bei der Erstellung ihrer Bewertungen gegenüberstehen.

Zum Schluss möchte die Kommission darauf hinweisen, dass es nach den bisher vorliegenden Informationen nur eine geringe Zahl von Fällen gegeben hat, in denen unabhängige finanzpolitische Institutionen und die Kommission bezüglich der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln durch Mitgliedstaaten zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangten.

53

Die Kommission betrachtet eine enge Zusammenarbeit mit unabhängigen finanzpolitischen Institutionen als wichtige Voraussetzung für ein wirksames Funktionieren der Haushaltsrahmen auf EU- und nationaler Ebene.

57

Der beratende Europäische Fiskalausschuss war als Stelle vorgesehen, die unabhängige Ratschläge zum haushaltspolitischen Steuerungsrahmen der EU bereitstellt. Seine gesetzliche Grundlage (der Beschluss (EU) 2015/1937 der Kommission) bestätigt dieses Grundprinzip, indem sie den Auftrag des Ausschusses wie folgt darlegt: „Der Ausschuss trägt in beratender Funktion zur Wahrnehmung der Aufgaben der Kommission im Rahmen der multilateralen fiskalpolitischen Überwachung des Euro-Währungsgebiets im Sinne der Artikel 121, 126 und 136 AEUV bei.“ Dieser Auftrag wird in eine breite Palette an Aufgaben und Verantwortlichkeiten aufgeschlüsselt (gemäß Artikel 2 Absatz 2 des zitierten Beschlusses, jeweils gemäß den für die Erfüllung des Auftrags des Europäischen Fiskalausschusses als wesentlich erachteten Aspekten).

Die „Koordinierung“ nationaler Räte für Finanzpolitik ist in diesem Kontext zu betrachten. Um dem beratenden Europäischen Fiskalausschuss eine koordinierende Rolle gegenüber unabhängigen, auf nationalen Gesetzen (mitunter auf Verfassungsebene) begründeten Einrichtungen zu übertragen, hätte es jedoch Rechtsvorschriften auf EU-Ebene und somit eines möglicherweise langwierigen Gesetzgebungsverfahrens bedurft. Darüber hinaus hätte dies die Unabhängigkeit der unabhängigen finanzpolitischen Institutionen und ihre öffentliche Wahrnehmung als „Haushaltskontrolleure“ beschädigt.

60

Die Kommission betont, dass die rechtliche Grundlage und die Zuweisung von Ressourcen für den Europäischen Fiskalausschuss, obgleich sie den für die nationalen Räte für Finanzpolitik geltenden Standards nicht vollständig entsprechen, sorgfältig gestaltet und abgestimmt wurden, damit sichergestellt ist, dass der Ausschuss zur Erfüllung seiner Aufgabe in vollem Umfang in der Lage ist, dabei aber die notwendigen Unabhängigkeitsstandards gewährleistet sind.

Zwischen dem unabhängigen beratenden Europäischen Fiskalausschuss und den nationalen unabhängigen Räten für Finanzpolitik lässt sich zwar keine strikte Parallele ziehen, aber das Wesen der für die zuletzt genannten Räte geltenden Grundsätze wurde im Aufbau des Ausschusses mit seinem besonderen Gewicht auf Unabhängigkeit und Kompetenz erfasst und spiegelt sich auch in der Berücksichtigung der Besonderheit des Auftrags des Fiskalausschusses wider.

a) Die Einzelheiten bezüglich der Mandate der Ausschussmitglieder stehen mit der in einer Reihe von Mitgliedstaaten geltenden Praxis bei nationalen Räten für Finanzpolitik im Einklang.

b) Die Kommission hat großen Respekt vor der Tätigkeit des Europäischen Fiskalausschusses, der eine zusätzliche, kompetente und unabhängige Meinung in die haushaltspolitische Debatte einbringt. Die Kommission ist sich völlig darüber im Klaren, wie wichtig Unabhängigkeit für den Ruf und die Glaubwürdigkeit der Empfehlungen des Europäischen Fiskalausschusses ist.

c) In Anbetracht des besonderen administrativen Aufbaus des Europäischen Fiskalausschusses als Gremium zur Beratung der Kommission, gewährleistet das Generalsekretariat der Kommission die Verwaltung der Humanressourcen und Haushaltsmittel des Ausschusses nach den geltenden Vorschriften der Kommission. Die bestehenden Regelungen haben die operativen Tätigkeiten des Ausschusses und seines Sekretariats nie eingeschränkt. Tatsächlich sind die Zuweisungen zur Unterstützung der Tätigkeiten des Vorsitzes und der Ausschussmitglieder seit der Gründung des Ausschusses erheblich erhöht worden. Beispielsweise sind alle vom Sekretariat des Europäischen Fiskalausschusses eingeleiteten Dienstreiseanträge genehmigt und finanziert worden.

d) Diese Regelungen zur verwaltungstechnischen Unterstützung behindern die unabhängige Arbeit des Europäischen Fiskalausschusses nicht; ihr Sinn ist vielmehr, den Betrieb des Europäischen Fiskalausschusses kosteneffizient zu fördern.

61

Wie in dem in Ziffer 67 erwähnten Schreiben des Vizepräsidenten der Kommission an den Europäischen Bürgerbeauftragten erläutert wird, lässt sich keine strikte Parallele zwischen dem unabhängigen beratenden Europäischen Fiskalausschuss und den nationalen unabhängigen Räten für Finanzpolitik ziehen. Insbesondere weichen nicht nur ihre Rechtsgrundlagen voneinander ab, sondern es sind vor allem ihre institutionellen Strukturen, ihre Funktionen, Arbeitsweisen und Befugnisse, die sich unterscheiden. Der Fiskalausschuss ist eine unabhängige Stelle zur Beratung der Kommission. Die Verantwortlichkeiten der Kommission bezüglich der Überwachung der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten sind im Vertrag verankert. Auf nationaler Ebene haben die Mitgliedstaaten dem EU-Recht und dem zwischenstaatlichen SKS-Vertrag entsprechend unabhängige Institutionen zur Überwachung der nationalen öffentlichen Finanzen eingerichtet.

Insgesamt gesehen ist die Kommission der Auffassung, dass im Aufbau des Ausschusses die maßgeblichen Standards angemessen berücksichtigt werden und dass er ein solides Fundament für den Auftrag des Europäischen Fiskalausschuss bildet.

62

Die Kommission betont, dass der Beschluss 2015/1937 die vom Ausschuss im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgabe getroffenen Maßnahmen nicht einschränkt.

Das Mandat des Europäischen Fiskalausschusses schließt die Möglichkeit, Empfehlungen oder Stellungnahmen in Echtzeit zu formulieren, nicht aus. Der Ausschuss entschied sich aus mindestens zwei wichtigen Gründen dafür, die Umsetzung der Haushaltsregeln der Union ex-post zu bewerten: (i) eine Bewertung der wichtigsten Überwachungsentscheidungen auf EU-Ebene in Echtzeit wäre extrem ressourcenintensiv. Anders als nationale Räte für Finanzpolitik müsste der Europäische Fiskalausschuss innerhalb eines äußerst kurzen Zeitraums eine solide Analyse für sämtliche Mitgliedstaaten vorlegen; (ii) mit der Konzentration auf eine Ex-post-Bewertung der Umsetzung der Haushaltsregeln der Union wird das Risiko einer Verwicklung in politische Debatten gesenkt, und die Fähigkeit jedes unabhängigen Rats für Finanzpolitik zur Bekanntgabe einer unparteiischen, unabhängigen Meinung wird gestärkt. Darüber hinaus ist nicht unbedingt klar, dass in Echtzeit vorgenommene Bewertungen größeren Einfluss hätten als ex-post abgegebene Bewertungen.

65

Die Jahresberichte des Europäischen Fiskalausschusses beleuchten verschiedene Schwachstellen und Herausforderungen, mit denen die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen konfrontiert sind, sie gehen aber auch darüber hinaus und machen Vorschläge, wie Mängel behoben werden könnten. Der Jahresbericht 2017 beispielsweise enthält in dem den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen gewidmeten Abschnitt mehre Vorschläge für eine wirkungsvollere Gestaltung des „Comply-or-explain“-Grundsatzes („einhalten oder begründen“).

Gemeinsame Antwort zu den Ziffern 66 und 67:

Für ihre Entscheidungsfindung in Kenntnis der Sachlage berücksichtigt die Kommission alle verfügbaren, als nützlich erachteten Elemente. Hierzu zählen gegebenenfalls auch die vom Europäischen Fiskalausschuss übermittelten Beiträge. In Anbetracht dessen, dass die Verantwortlichkeiten der Kommission für die fiskalpolitische Überwachung in den Verträgen verankert sind, kann der Prozess, mit dem sie auf diesem Gebiet zu Entscheidungen gelangt, nicht eingeschränkt werden, indem man beispielsweise regelt, ob, wie und wann die Empfehlungen und Stellungnahmen des Europäischen Fiskalausschusses zu berücksichtigen sind.

Was den „Comply-or-explain“-Grundsatz betrifft, so wird in dem in Ziffer 67 erwähnten Schreiben des Vizepräsidenten der Kommission an den Europäischen Bürgerbeauftragten erläutert, dass sich keine strikte Parallele zwischen dem unabhängigen beratenden Europäischen Fiskalausschuss und den nationalen unabhängigen Räten für Finanzpolitik ziehen lässt, da deren Rechtsgrundlagen, institutionelle Strukturen, Funktionen, Arbeitsweisen und Befugnisse unterschiedlich sind (siehe die Antwort der Kommission zu Ziffer 61). Auf nationaler Ebene haben unterzeichnende Mitgliedstaaten laut SKS-Vertrag unabhängige Institutionen geschaffen, um zu überwachen, ob die politischen Strategien in den einzelnen Staaten eine rasche Annäherung an das jeweilige länderspezifische mittelfristige Haushaltsziel sicherstellen. Aus diesem Grund gilt in diesem besonderen Kontext ein „Comply-or-explain“-Grundsatz für die SKS-Vertragsparteien.

68

Siehe die Antwort der Kommission zu Ziffer 60. Was die Frage der Unabhängigkeit betrifft, so enthält der Kommissionsbeschluss 2015/1937 (Artikel 4) ausdrückliche Bestimmungen hinsichtlich der Unabhängigkeit der Mitglieder des Ausschusses.

69

Für die Festlegung von Anforderungen können verschiedene Rechtsakte genutzt werden, die sich im Reglementierungsniveau und dem den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraum unterscheiden.

Was nun die Richtlinie 2011/85 betrifft, so wurde im Zuge ihrer Ausarbeitung klar, dass eine Richtlinie des Rates das am besten geeignete Mittel für eine erstmalige, die souveränen haushaltspolitischen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten berührende gesetzgeberische Tätigkeit auf dem Gebiet nationaler Haushaltsrahmen, sein würde. Ausschlaggebend bei dieser Wahl war die besondere Beschaffenheit der Bestimmungen, die in den Gesetzgebungsvorschlag aufgenommen werden sollten (vor dem Hintergrund damals sehr stark voneinander abweichender Ausgangslagen bei den nationalen Haushaltsrahmen der Mitgliedstaaten), die berührten Kompetenzen und die Notwendigkeit, Erwägungen im Zusammenhang mit der nationalen Eigenverantwortlichkeit und dem Subsidiaritätsprinzip einzubeziehen (siehe auch die Antwort der Kommission zu Ziffer 19). Die Kommission weist ferner darauf hin, dass dieser Schritt erst im Zuge der Krise politisch möglich wurde; da es sich um einen ersten gesetzgeberischen Vorstoß in das Gebiet nationaler Haushaltsrahmen handelte, wäre ein übermäßig präskriptiver Ansatz im Vorschlag der Kommission höchstwahrscheinlich von den Mitgliedstaaten als inakzeptabel angesehen worden und man hätte riskiert, dass die Annahme gesetzlicher Regelungen zu nationalen Haushaltsrahmen insgesamt in Frage gestellt wird.

74

Die Kommission betont, dass die Überprüfungen der Umsetzung und Konformität äußerst gründlich waren und der Sicherstellung dessen dienten, dass die Anforderungen in den nationalen Rechtsvorschriften für nationale Haushaltsrahmen vollständig und korrekt übernommen werden.

Die eigentlichen Umsetzungsprozesse in den einzelnen Staaten beanspruchten erheblich mehr Zeit als vorgesehen. Die Annahme weiterer Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen (siehe Ziffer 72) löste bei den Mitgliedstaaten Verzögerungen aus, die sich über die für die Richtlinie festgesetzte Umsetzungsfrist hinaus erstreckten (beispielsweise wurden einige nationale Umsetzungsmaßnahmen im Zeitraum 2014-2016 oder sogar noch später gemeldet).

Was die von der Kommission durchgeführten Überprüfungen betrifft, war neben der Komplexität einer gründlichen Analyse eines ganzen Bündels an in den Mitgliedstaaten bestehenden Rechtsvorschriften zu nationalen Haushaltsrahmen auch noch der Umstand zu bewältigen, dass für die Beurteilung der Konformität der nationalen Rechtsvorschriften der 22-SKS-Vertragsparteien mit den Anforderungen des fiskalpolitischen Pakts im vorstehend genannten Zeitraum ein erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich war (laut der Aufforderung an die Kommission in Artikel 16 SKS-Vertrag).

Und schließlich beinhaltete der Vorgang der Konformitätsprüfung ausführliche bilaterale Austausche mit den Mitgliedstaaten, die in erster Linie mittels der EU-Pilotgespräche erfolgten und das Ziel verfolgten, Abhilfe für die von der Kommission ermittelten Umsetzungslücken und Konformitätsprobleme (Nichtkonformitäten) zu schaffen. Diese Austausche waren zwar sehr wirkungsvoll, aber die von den Mitgliedstaaten getroffenen Korrekturmaßnahmen erzeugten wiederum weitere Verzögerungen beim Abschluss der Konformitätsüberprüfungen.

Hinsichtlich der in den jährlichen Managementplänen der GD ECFIN gesetzten Ziele ist darauf hinzuweisen, dass sich diese nur auf die vorläufigen Konformitätsüberprüfungen, also die Grundlage für die EU-Pilotgespräche, beziehen. In einigen Fällen war dies auf den vorstehend erläuterten Grund zurückzuführen.

76

Bezüglich der Entscheidung über die zeitliche Abfolge von EU-Pilotgesprächen über eine Richtlinie zur Festlegung von Mindestanforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen aller Mitgliedstaaten ist die Kommission der Auffassung, dass die von ihr verwendeten, eher operativen Kriterien (wie in Ziffer 76 genannt) unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung besser geeignet waren als die vom ERH zitierten Anforderungen (d. h. der öffentliche Schuldenstand und die Mitgliedschaft im Euro-Währungsgebiet).

Die Kommission weist darauf hin, dass die Hälfte der hoch verschuldeten Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets unter die 18 Mitgliedstaaten fiel, die in der ersten und zweiten Welle der EU‑Pilotverfahren erfasst wurden.

78

Die Kommission betont, dass die EU-Pilotgespräche für die Konformitätsüberprüfung hilfreich waren. Bezüglich der 18 in der ersten und zweiten Welle erfassten Mitgliedstaaten ermöglichten die Gespräche, dass man sich eine endgültige Meinung über die Konformität bilden konnte, so dass auf dieser Grundlage entweder der Schluss gezogen werden konnte, dass die Umsetzung vorschriftenkonform vollzogen wurde, oder aber, wenn die Antworten im Pilotverfahren als nicht zufriedenstellend abgelehnt wurden, die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens in Betracht gezogen werden konnte.

Es ist darauf hinzuweisen, dass die jeder am EU-Pilotverfahren beteiligten Partei (d. h. der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat) eingeräumte Frist von zehn Wochen einen Richtwert darstellt. In der Praxis kann die Gesamtdauer eines Pilotverfahrens aus verschiedenen Gründen länger sein, beispielsweisebei bei (i) einem Verlängerungsantrag des Mitgliedstaats, (ii) einem Ersuchen der Kommission um weitere Informationen, (iii) Zeitbedarf für die Übersetzung der Antworten und Schriftsätze von Mitgliedstaaten und (iv) bei einer Meldung von Folgemaßnahmen durch den Mitgliedstaat. In allen 18 Fällen traten eine oder alle der oben aufgeführten Situationen ein; dies erklärt teilweise die langen Zeiträume des Informationsaustausches mit den Mitgliedstaaten. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in all diesen Pilotverfahren zusätzliche Informationen anforderte.

Die beteiligten Dienststellen der Kommission (d. h. die GD ECFIN) gingen bei den EU-Pilotgesprächen konstruktiv vor, indem sie den Mitgliedstaaten insbesondere alle erforderliche Unterstützung leisteten und ihnen Zeit für die Annahme einiger zugesagter Maßnahmen einräumten. Damit verlängerte sich die offizielle Dauer der Pilotverfahren über die Richtwerte hinaus, aber die Relevanz dieser Verzögerung wird durch das positive Ergebnis dieses Verfahrens eindeutig aufgewogen, denn nur sieben der achtzehn Fälle wurden mit einer Ablehnung abgeschlossen und in sechs dieser sieben Fälle wurden die offenen Fragen anschließend von den betroffenen Mitgliedstaaten zufriedenstellen gelöst, ohne dass die Kommission Vertragsverletzungsverfahren einleiten musste.

Gemeinsame Antwort zu den Ziffern 79 und 80:

Rückblickend erkennt die Kommission an, dass sie die mit der nationalen Umsetzung der Richtlinie einhergehenden Herausforderungen eventuell bis zu einem gewissen Grad unterschätzt hat. Ein wichtiger Grund für die Verspätung der Mitgliedstaaten bei der Meldung von Umsetzungsmaßnahmen bestand darin, dass sie auch die zusätzlichen Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen, die auf die Verordnung Nr. 473/2013 und den fiskalpolitischen Pakt zurückgingen, in ihre nationalen Rechtsordnungen einbinden mussten. Der fiskalpolitische Pakt erforderte insbesondere die Verabschiedung von Rechtsvorschriften mit hoher Rechtskraft in der nationalen Normenhierarchie, mitunter sogar auf der Ebene der Verfassung. Aus diesem Grund verlief die Annahme und Mitteilung der auf die Richtlinie bezogenen Maßnahmen in den Mitgliedstaaten langsamer, was zur Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtmitteilung führte.

Die Kommission weist darauf hin, dass sie sowohl vor als auch nach dem Ende der Umsetzungsfrist am 31. Dezember 2013 Orientierungshilfe und Unterstützung leistete. Hierzu wurden verschiedene Mittel und Wege genutzt, insbesondere themenspezifische Leitlinien (z. B. über statistische Anforderungen, Informationen über den Steueraufwand), Mitteilungen an die maßgeblichen Ausschüsse, Hintergrundpapiere für Peer-Reviews nationaler Haushaltsrahmen, die Überprüfung der Entwürfe nationaler Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie (auch vor dem 31. Dezember 2013), EU-Pilotverfahren (ab August 2016) sowie sonstige bilaterale fachliche Austausche. Darüber hinaus hat die Kommission auf spezielle Ersuchen um Hilfestellung, die Mitgliedstaaten an sie richteten, stets positiv reagiert.

Bei der Beurteilung des vollen Umfangs der Orientierungshilfen zu nationalen Haushaltsrahmen, die die Kommission für die Mitgliedstaaten bereitstellte, ist zu berücksichtigen, dass die Mitgliedstaaten bei der Überarbeitung ihrer Haushaltsrahmen nicht nur die Anforderungen der Richtlinie berücksichtigten, sondern je nach Anwendbarkeit auch Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 473/2013 und dem fiskalpolitischen Pakt. Bei der Überprüfung der Entwürfe nationaler Rechtsvorschriften und der Übermittlung ihrer Stellungnahmen bezog die Kommission folglich auch den weiter gefächerten Satz übernationaler Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen ein, den die Mitgliedstaaten zu befolgen hatten.

In ihrer im Vertrag vorgesehenen Funktion der Überwachung der Anwendung des EU-Rechts hat die Kommission bisher ihr Hauptaugenmerk darauf gelegt, sicherzustellen, dass die Merkmale reformierter nationaler Haushaltsrahmen den neuen unionsrechtlichen Anforderungen entsprechen, da sie den Anstoß zu bedeutenden Reformen nationaler Haushaltsrahmen in der gesamten EU gaben. In Anbetracht des bevorstehenden Abschlusses der Konformitätsüberprüfungen für die Richtlinie 2011/85 wird sich die Aufmerksamkeit der Kommission auf die Umsetzung der nationalen Haushaltsrahmen verlagern, wobei dies gegebenenfalls die Bereitstellung von Unterstützung und Orientierungshilfen einschließen wird.

83

Die Kommission plant, nach dem Abschluss der Konformitätsüberprüfungen mit der Beurteilung der Art und Weise der Anwendung der Richtlinie 2011/85 zu beginnen. Der Schwerpunkt der Kommission lag bisher zwar auf der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Umsetzung, es wurden aber auch umsetzungsbezogene Informationen erfasst, um sich einen besseren Gesamtüberblick über die Lage in den Mitgliedstaaten zu verschaffen. Dies ist jedoch nicht systematisch erfolgt und so wird dann, wenn vollständige Anwendungsüberprüfungen durchgeführt werden, eine umfassende Aktualisierung erforderlich sein.

84

Bevor Anwendungsüberprüfungen aufgenommen werden, wird man interne Leitlinien für offizielle Anwendungsüberprüfungen ausarbeiten. Nichtsdestotrotz ist darauf hinzuweisen, dass für eine Reihe von in der Richtlinie enthaltenen Vorschriften, die eher durchführungs- als umsetzungsorientiert sind (z. B. Vorschriften über Statistiken), die internen Leitlinien für die Umsetzung in nationales Recht Elemente von Anwendungsüberprüfungen enthalten.

Gemeinsame Antwort der Kommission zu den Ziffern 85 und 86:

Die Kommission erkennt die Bedeutung weiterer Analysen an und wird auch weiterhin Möglichkeiten für die Erreichung nutzbringender Ergebnisse prüfen.

Die Kommission hebt jedoch hervor, dass die Herstellung einer strengen Korrelation zwischen der Umsetzung der Richtlinie (die eine Teilmenge der übernationalen Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen ist) durch einen Mitgliedstaat und dessen allgemeiner haushaltspolitischer Leistung in Bezug auf die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts methodisch eine große Herausforderung darstellt. Während die Beurteilung des Grades, in dem die Vorschriften der Richtlinie durchgeführt wurden und funktionieren, vergleichsweise unkompliziert ist, stellt sich die Beurteilung des Umfangs, in dem sich diese Anforderungen auf die haushaltspolitische Leistung auswirkten, weniger eindeutig dar, vor Allem wegen:

  • starker Überschneidungen zwischen bestimmten Anforderungen der Richtlinie und Vorschriften, die in der Verordnung Nr. 473/2013 und im fiskalpolitischen Pakt festgelegt wurden und sich im gleichen Zeitraum auswirkten;
  • des Timings der Richtlinie, das mit einer tiefen Finanz- und Wirtschaftskrise zusammentraf, während der sich mehrere Mitgliedstaaten in externen Finanzhilfeprogrammen befanden (die meisten dieser Programme enthielten Bedingungen, die sich an eine ganze Reihe von Anforderungen aus der Richtlinie anlehnten);
  • der Notwendigkeit, für die praktische Anwendung der Anforderungen aus der Richtlinie und die Entfaltung ihres Einflusses auf das Haushaltsverfahren ausreichend Zeit einzuräumen.
86

Ob die Methodik für öffentliche Finanzen und finanzielle Rechenschaftspflicht (PEFA) zur Bewertung der operativen Leistung entscheidender Elemente nationaler Haushaltsrahmen geeignet ist, lässt sich anhand verschiedener Optionen beurteilen.

88

Die Kommission betont, dass keine rechtliche Anforderung besteht, in Gesetzgebungsvorschläge Überprüfungsklauseln aufzunehmen.

89

Die Kommission hat beschlossen, die Veröffentlichung der Eignungsprüfung zu verschieben und sie gemeinsam mit der Überprüfung anderer Teile des Sechser- und des Zweierpakets zu veröffentlichen. Damit erhält die Kommission die Möglichkeit, sich ein umfassendes Bild des gesamten, aus den EU-Regeln und den nationalen Haushaltsrahmen bestehenden Haushaltsrahmens der EU zu verschaffen.

91

Die Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung (Fiscal Governance Database, FGD) und die zugehörigen Indizes wurden für einen umfassenderen Zweck als die Beurteilung EU-rechtlicher Anforderungen eingerichtet (im Übrigen wurden sie vor der Richtlinie 2011/85 geschaffen). Der Index für mittelfristige Haushaltsrahmen (MTBF) war von Anfang an darauf ausgelegt, wünschenswerte Merkmale und bewährte Verfahren für mittelfristige Haushaltsrahmen aufzuzeigen und geht somit über die Richtlinie hinaus, die nur Mindestanforderungen an mittelfristige Haushaltsrahmen festlegt. Die Kommission ist in der Tat der Auffassung, dass ein Index, der nur die Anforderungen aus der Richtlinie berücksichtigt, von begrenzter Relevanz wäre. Darüber hinaus war der MTBF-Index nicht als Maßstab für die Umsetzung oder Ausführung der Richtlinie auf dem Gebiet der mittelfristigen Haushaltsrahmen vorgesehen. Hier ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Indexkriterien nach der 2015 vorgenommenen methodischen Überprüfung der Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung in Anbetracht der in den Mitgliedstaaten festgestellten Verbesserungen verfeinert und mit den (meisten) Anforderungen der Richtlinie genauer abgestimmt wurden.

Der MTBF-Index dient aktuell mehreren Zwecken wie Peer-Reviews in ECOFIN-Vorbereitungsausschüssen, der Überwachung nationaler Haushaltsrahmen durch die Kommission und Analysearbeiten.

92

Die Studie erhebt nicht den Anspruch, eine vollständige Bewertung für die Anwendung von Anforderungen der EU an mittelfristige Haushaltsrahmen zu sein, bietet aber Nachweise für die Wirksamkeit nationaler Haushaltsregeln und mittelfristiger Haushaltsrahmen in der EU.

Erster Gedankenstrich: Der MTBF-Index wird in der Tat auf der Grundlage von Informationen erstellt, die die Mitgliedstaaten in der Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung melden. Dies entspricht dem ursprünglichen Auftrag, den der ECOFIN-Rat mittels seiner am 5. Mai 2009 angenommenen Schlussfolgerungen erteilte. Im Laufe der Zeit, insbesondere nach der Überprüfung der Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung im Jahr 2015, ist die Menge der in der Datenbank im Zusammenhang mit mittelfristigen Haushaltsrahmen gemeldeten Informationen merklich gestiegen und ihr Grad der Detailgenauigkeit rechtfertigt es, sich weiterhin auf die Mitgliedstaaten (d. h. die Finanzministerien) als Informationslieferanten zu verlassen. Ferner ist zu betonen, dass die von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen in den letzten Jahren vor der Aufnahme in den Index zunehmend anhand der in der Kommission intern vorhandenen Kenntnisse überprüft und häufig korrigiert wurden. Dies erhöhte die Zuverlässigkeit des Indexes.

Zweiter Gedankenstrich: Wie in der vorstehenden Antwort bereits gesagt, wurde der MTBF-Index von Anfang an darauf ausgelegt, wünschenswerte Merkmale und bewährte Verfahren für mittelfristige Haushaltsrahmen aufzuzeigen. Folglich wird nicht jede einzelne Vorschrift der Richtlinie bei der Punktevergabe berücksichtigt; andererseits gehen manche Kriterien über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus.

Dritter Gedankenstrich: Von seinem Konzept her ist der MTBF-Index ausschließlich auf Ausgestaltungselemente, für die in der Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung Informationen verfügbar sind, ausgerichtet.

Vierter Gedankenstrich: Der MTBF-Index war zwar weder als Maßstab für die Umsetzung oder Ausführung der Richtlinie vorgesehen noch wurde er als solcher genutzt, aber die von den Mitgliedstaaten als Antwort auf die Richtlinie eingeführten Reformen werden – unabhängig vom Zeitpunkt der Bewertung der Richtlinie – im Index widergespiegelt, sobald sie angenommen und in der Datenbank zur haushaltspolitischen Steuerung gemeldet werden (die Punktevergabe im Index und die Bewertung der Richtlinie laufen nach unterschiedlichen Verfahren ab). Mit anderen Worten: für die Zwecke der betroffenen Studie erfasst der MTBF-Index die strukturellen Merkmale, die bis Ende 2015 in den Mitgliedstaaten existierten. Dementsprechend werden später angenommene Reformen von der in der Studie verwendeten MTBF-Indexreihe nicht abgedeckt.

Fünfter Gedankenstrich: Der MTBF-Index bietet zwar einen numerischen Maßstab für die Qualität der Ausgestaltung mittelfristiger Haushaltsrahmen in den Mitgliedstaaten, kann aber die Gründe hinter den Änderungen im Index, beispielsweise die Finanzhilfeprogramme, nicht nachverfolgen. Wie in der Antwort der Kommission zu den Ziffern 85 und 86 bereits dargelegt wurde, stellt die Trennung der speziellen Auswirkungen der Richtlinie 2011/85 von anderen Faktoren, die Einfluss auf Reformen nationaler Haushaltsrahmen haben, methodisch eine große Herausforderung dar. Dies trifft auch auf die Finanzhilfeprogramme zu, von denen die meisten Bedingungen enthielten, die sich an viele Anforderungen aus der Richtlinie anlehnten.

95

Hinsichtlich der Bezugnahme auf die Zusagen der Vertragsparteien in der Bewertung der Kommission ist daran zu erinnern, dass der fiskalpolitische Pakt kein Rechtsakt der Union ist. Die Kommission erachtete es daher als angemessen, einen vergleichsweise flexiblen Ansatz zu wählen, nach dem offizielle Zusagen und angekündigte Pläne der Vertragsparteien als Ergänzung und Verstärkung der angenommenen nationalen Bestimmungen betrachtet werden. Die Kommission ist nicht der Auffassung, dass dieser Ansatz zu einer Schwächung der für die Vertragsparteien geltenden Anforderungen führte.

Durch die öffentliche Nennung der Zusagen und angekündigten Pläne der Vertragsparteien handelte die Kommission in uneingeschränkter Transparenz. Diese Klarheit hinsichtlich des verwendeten analytischen Rahmens und hinsichtlich spezieller Fragestellungen, bei denen die Kommission die Zusagen oder angekündigten Pläne der Vertragsparteien berücksichtigte, als sie zu ihren Schlussfolgerungen gelangte, sorgte dafür, dass die Vertragsparteien (d. h. die vorgesehenen Empfänger des Berichts) umfassend informiert waren.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Vertragsparteien während der Diskussionen in den ECOFIN-Vorbereitungsausschüssen, die nach der Veröffentlichung des Berichts stattfanden (d. h. in den Jahren 2018 und 2019), keine Einwände dagegen erhoben, dass die Kommission bei der Beurteilung der Konformität auch Zusagen nutzte.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

99

Nach den Verträgen hat die Kommission die Pflicht, im Rahmen der multilateralen Haushaltsüberwachung eine förmliche Bewertung der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln vorzunehmen. Das EU-Recht verleiht den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen keine Kompetenzen im Zusammenhang mit dem Vorgang der Bewertung der Einhaltung der EU-Haushaltsregeln, obgleich einige unabhängige finanzpolitische Institutionen derartige Tätigkeiten aufgrund nationaler gesetzlicher Verpflichtungen oder auf freiwilliger Basis ausüben.

100

Aus verschiedenen Gründen können in der Tat Unterschiede zwischen den Konformitätsbewertungen unabhängiger finanzpolitischer Institutionen und der Kommission entstehen (siehe die Antworten der Kommission zu den Ziffern 49-51). Die Ermessensbefugnisse, die der Kommission in den dem Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) zugrundeliegenden Gesetzestexten verliehen wurden, können zwar zu solchen Unterschieden beitragen, die Kommission betont aber, dass sie die Bewertung der Konformität der Mitgliedstaaten mit den EU-Haushaltsregeln streng und transparent durchführt und dabei die innerhalb dieser Regeln bestehende Flexibilität angemessen nutzt; dabei befindet sie sich im Einklang mit dem gemeinsam vereinbarten, und vom Rat im Februar 2016 gebilligten Standpunkt. Die Ergebnisse dieser Bewertungen sind Gegenstand von Beratungen mit dem Rat (und über ihn den Mitgliedstaaten), die in den maßgeblichen Foren erfolgen (d. h. dem ECOFIN und seinen Vorbereitungsausschüssen).

Nach Ansicht der Kommission lässt sich das Risiko einer Inkohärenz der Bewertungen durch das regelmäßige Austauschen und Teilen von Informationen zwischen der Kommission und den unabhängigen finanzpolitischen Institutionen, wie es die Kommission bereits praktiziert, mindern.

Empfehlung 1 – Konformitätsbewertungen durch die Kommission und die unabhängigen finanzpolitischen Institutionen

Die Kommission stimmt der Empfehlung zu.

Die Kommission betrachtet eine enge Zusammenarbeit mit unabhängigen finanzpolitischen Institutionen als wichtige Voraussetzung für ein wirksames Funktionieren der Haushaltsrahmen auf EU- und nationaler Ebene.

101

Die Grundanforderungen an mittelfristige Haushaltsrahmen und die Kriterien für die Gründung unabhängiger finanzpolitischer Institutionen stimmen weitgehend mit der einschlägigen Literatur und internationaler Praxis überein. In mancher Hinsicht setzt die Union tatsächlich Standards, ganz besonders im Hinblick auf die massenweise Gründung unabhängiger finanzpolitischer Institutionen, denen die Überwachung nationaler Haushaltsregeln und die Erstellung bzw. Billigung gesamtwirtschaftlicher Prognosen für die Haushaltsplanung anvertraut wurde.

In Anbetracht der Unterschiede zwischen den Haushaltssystemen in den einzelnen EU-Staaten sowie mit Rücksicht auf Eigenverantwortlichkeit und Subsidiarität wäre nicht jedes ideale Merkmal mittelfristiger Haushaltsrahmen für eine Aufnahme in das EU-Recht geeignet.

Tatsächlich sind einige der Grundsätze bzw. Merkmale, für die sich IWF und OECD einsetzen, mitunter sehr kleinteilig oder stark operativ ausgerichtet, denn sie sollen als detaillierte Leitlinien genutzt werden, nicht als rechtlich verbindliche Anforderungen.

Dessen ungeachtet möchte die Kommission nicht behaupten, dass es bei den gesetzlichen Anforderungen der EU an nationale Haushaltsrahmen (wie ihr Richtlinienvorschlag von 2017 bezeugt) oder der Art und Weise, wie die Haushaltsrahmen von den Mitgliedstaaten angewendet werden, keinen Spielraum für Verbesserungen gibt.

Empfehlung 2 – Die Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen überprüfen

Die Kommission stimmt der Empfehlung zu.

Die anstehende Überprüfung des Sechser- und des Zweierpakets wird Gelegenheit bieten, die Stärken und Schwächen der Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen auf der Grundlage der bisher gesammelten Erfahrungen mit ihrer Umsetzung und Ausführung zu ermitteln.

102

Die rechtliche Grundlage und die Zuweisung von Ressourcen für den Europäischen Fiskalausschuss wurden sorgfältig gestaltet und abgestimmt, damit sichergestellt ist, dass der Ausschuss in vollem Umfang zur Erfüllung seiner Aufgabe in der Lage ist. Was den „Comply-or-explain“-Grundsatz betrifft, so weist die Kommission nochmals auf ihren Standpunkt hin, dass sich keine strikte Parallele zwischen dem Europäischen Fiskalausschuss und den nationalen unabhängigen Räten für Finanzpolitik ziehen lässt (siehe die Antwort der Kommission zu den Ziffern 66-67).

Empfehlung 3 – Den Europäischen Fiskalausschuss stärken

Die Kommission stimmt der Empfehlung nicht zu.

Sie ist der Auffassung, dass der derzeitige Aufbau des Ausschusses seinem Zweck entspricht und die analytische und funktionelle Unabhängigkeit des Ausschusses nicht eingeschränkt hat. Darüber hinaus würde eine Änderung von Funktion und Aufbau des Europäischen Fiskalausschusses dem Ergebnis der anstehenden Überprüfung des Sechser- und des Zweierpakets vorgreifen, aus dem sich Konsequenzen für die Rolle des Europäischen Fiskalausschusses im haushaltspolitischen Steuerungsrahmen der EU ergeben könnten.

Der Europäische Fiskalausschuss hat seine funktionelle Unabhängigkeit ordnungsgemäß ausgeübt und bisher dem ihm erteilten Mandat angemessen entsprechende Leistungen erbracht. Seine Arbeitsergebnisse werden in den auf EU-Ebene geführten haushaltspolitischen Debatten gebührend berücksichtigt und der Vorsitzende des Europäischen Fiskalausschusses wird regelmäßig eingeladen, beim ECOFIN-Rat und der Eurogruppe die Auffassungen des Ausschusses vorzutragen.

103

Die Kommission hat im Hinblick auf die Richtlinie 2011/85 gründliche Konformitätsüberprüfungen durchgeführt, um sicherzustellen, dass die betreffenden Anforderungen ordnungsgemäß in die Haushaltsrahmen der Mitgliedstaaten eingebettet werden. Für zwei Drittel der Mitgliedstaaten sind die Konformitätsüberprüfungen im Wesentlichen abgeschlossen, in den restlichen Staaten laufen sie noch. Die beteiligten Dienststellen der Kommission (d. h. die GD ECFIN) haben die im Rahmen der Konformitätsüberprüfungen durchgeführten EU-Pilotverfahren effektiv genutzt.

104

Die durch den Rechtsrahmen der EU angeordneten Bewertungen werden im Einklang mit den besonderen Überprüfungsklauseln durchgeführt, die sowohl in der Richtlinie 2011/85 als auch in der Verordnung Nr. 473/2013 enthalten sind. Die anstehende Überprüfung des Sechser- und des Zweierpakets wird Gelegenheit zu einer gründlichen, ganzheitlichen Betrachtung dessen bieten, was die verschiedenen Anforderungen an nationale Haushaltsrahmen bisher erbracht haben.

Empfehlung 4 – Die Durchsetzung nationaler Haushaltsrahmen stärken

Die Kommission stimmt der Empfehlung zu.

b) Die Eignungsprüfung wird gemeinsam mit der Überprüfung anderer Teile des Sechser- und Zweierpakets veröffentlich werden.

c) Die Kommission erkennt den Nutzen einer regelmäßigen Erhebung von Informationen der Mitgliedstaaten zum tatsächlichen Funktionieren der nationalen Haushaltsrahmen an. Die Kommission wird daran arbeiten, die Art der erforderlichen Informationen sowie die am besten geeigneten Verfahren und Instrumente für ihre Erhebung zu ermitteln. Die Kommission betont nachdrücklich, dass die Umsetzung dieser Empfehlung von der Kooperation der Mitgliedstaaten bei der Übermittlung der erforderlichen Informationen abhängig ist.

d) Die Kommission erkennt die Wichtigkeit einer engmaschigeren Überwachung des tatsächlichen Funktionierens der Haushaltsrahmen der Mitgliedstaaten an. Man sollte jedoch zur Kenntnis nehmen, dass für eine solche Überwachung ausführliche, von den Mitgliedstaaten bereitzustellende Informationen erforderlich sind, die dann von der Kommission auf der Grundlage einer geeigneten Methodik zu bewerten sind.

Prüfungsteam

Die Sonderberichte des Hofes enthalten die Ergebnisse seiner Prüfungen zu politischen Strategien und Programmen der Europäischen Union oder zu Fragen des Finanzmanagements in spezifischen Haushaltsbereichen. Bei der Auswahl und Gestaltung dieser Prüfungsaufgaben ist der Hof darauf bedacht, maximale Wirkung dadurch zu erzielen, dass er die Risiken für die Wirtschaftlichkeit oder Regelkonformität, die Höhe der betreffenden Einnahmen oder Ausgaben, künftige Entwicklungen sowie das politische und öffentliche Interesse abwägt.

Diese Wirtschaftlichkeitsprüfung wurde von Prüfungskammer IV „Marktregulierung und wettbewerbsfähige Wirtschaft“ unter Vorsitz von Alex Brenninkmeijer, Mitglied des Hofes, durchgeführt. Die Prüfung stand zunächst unter der Leitung von Neven Mates, Mitglied des Hofes. Nach Ende seiner Amtszeit im Juli 2019 übernahm Herr Mihails Kozlovs, Mitglied des Hofes, die Leitung dieser Prüfung. Herr Kozlovs wurde unterstützt von seiner Kabinettchefin Edite Dzalbe und der Attachée Laura Graudina sowie dem Attaché Marko Mrkalj (Kabinett Mates), der Leitenden Managerin Marion Colonerus, dem Aufgabenleiter Stefano Sturaro sowie den Prüferinnen und Prüfern Giuseppe Diana, Efstathios Efstathiou und Maëlle Bourque. Michael Pyper leistete sprachliche Unterstützung.

Von links nach rechts: Stefano Sturaro, Marion Colonerus, Mihails Kozlovs, Maëlle Bourque, Giuseppe Diana, Efstathios Efstathiou.

Endnoten

1 Europäischer Rat (2010), „Report by the Task Force to the European Council on strengthening economic governance in the EU“.

2 Zum Beispiel: Debrun, X. et al. (2008), „Tied to the mast? National fiscal rules in the European Union“, Economic Policy 23/54, S. 299-362.

3 IWF (2013), „Reassessing the role and modalities of fiscal policy in advanced economies“, Strategiepapier.

4 Siehe beispielsweise Europäische Kommission (2004), „Report on public finances in EMU 2004“.

5 Rat der EU (2005), Bericht des Rates (Wirtschaft und Finanzen) an den Europäischen Rat (Tagung vom 22./23. März 2005) über die Verbesserung der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

6 Rat der EU (2009), Schlussfolgerungen der 2967. Tagung des Rates (Wirtschaft und Finanzen) zu einer haushaltspolitischen Ausstiegsstrategie.

7 Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten, ABl. L 306 vom 23.11.2011 (im vorliegenden Bericht als Richtlinie 2011/85 bezeichnet).

8 Europäische Kommission (2012), COM(2012) 342 final, „Mitteilung der Kommission – Gemeinsame Grundsätze für nationale fiskalpolitische Korrekturmechanismen“.

9 Debrun, X. und Kinda, T. (2014), „Strengthening post-crisis fiscal credibility: Fiscal Councils on the rise – A new dataset“, Arbeitspapier 14/58 des IWF.

10 Beetsma, R. et al. (2018), „The rise of independent fiscal institutions: recent trends and performance“, Arbeitspapier 18/68 des IWF.

11 Jonung, L. und Larch, M. (2006), „Improving fiscal policy in the EU: the case for independent forecasts“, Economic Policy 21/47, S. 492-534.
IWF (2013), „Case studies of fiscal councils – functions and impact“.

12 Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet, ABl. L 140 vom 27.5.2013 (im vorliegenden Bericht als Verordnung 473/2013 bezeichnet).

13 Europäische Kommission (2017), COM(2017) 824 final, „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Bestimmungen zur Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte in den Mitgliedstaaten“, S. 3.

14 Wirtschafts- und Finanzausschuss (2019), „Draft supplementary EFC findings on the transposition of the Fiscal Compact“, ecfin.cef.cpe(2019)1812588.

15 Beschluss (EU) 2015/1937 der Kommission vom 21. Oktober 2015 zur Einrichtung eines unabhängigen beratenden Europäischen Fiskalausschusses und Beschluss (EU) 2016/221 der Kommission vom 12. Februar 2016 zur Änderung des Beschlusses (EU) 2015/1937 zur Einrichtung eines unabhängigen beratenden Europäischen Fiskalausschusses.

16 Juncker, J.-C., Tusk, D., Dijsselbloem, J., Draghi, M. und Schulz, M. (2015), „Bericht der fünf Präsidenten: Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“.

17 Sonderbericht Nr. 10/2016 des Hofes „Weitere Verbesserungen sind erforderlich, um die wirksame Anwendung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit zu gewährleisten“ (http://eca.europa.eu).

18 Sonderbericht Nr. 18/2018 des Hofes „Wird das Hauptziel der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts erreicht?“ (http://eca.europa.eu).

19 Sonderbericht Nr. 03/2018 des Hofes „Prüfung des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht (MIP)“ (http://eca.europa.eu).

20 Diese Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets wurden ausgewählt, da sie entweder einen hohen Schuldenstand hatten, ihre Haushaltsrahmen erheblich verbessert hatten oder bereits vor langer Zeit eine IFI eingerichtet hatten.

21 In fünf der 28 Mitgliedstaaten teilen sich zwei Institutionen die Aufgaben einer IFI.

22 Europäische Kommission (2012), „Report on public finances in EMU 2011“, S. 101.

23 EZB (2018), CON/2018/25.

24 Europäische Kommission (2017), C(2017) 1201 final, „Bericht der Kommission – Vorlage gemäß Artikel 8 des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“, S. 3.

25 EZB (2018), CON/2018/25.

26 Jedes Jahr nach dem laufenden Haushalts-/Geschäftsjahr.

27 IWF (2013), Cangiano, G. et al., „Public Financial Management and its emerging architecture“, S. 161.

28 OECD (2004), „The Legal Framework for Budget Systems“, Kasten III.4; IWF (2010), Lienert, I. und Fainboim, I., „Reforming Budget System Laws“, Kasten 4 und S. 12-13; IWF (2013), Cangiano, G. et al., „Public Financial Management and its emerging architecture“, S. 156; IWF (2014), „Fiscal transparency code“, Grundsätze 2.1.3, 2.3.1 und 2.3.2; Weltbank (2013), „Beyond the annual budget. The global experience with medium term expenditure frameworks“, S. 58-59.

29 IWF (2014), „Fiscal transparency code“, Grundsatz 2.1.3.

30 Das Produktionspotenzial ist ein theoretisches Konzept des ohne Inflationsdruck zu einem bestimmten Zeitpunkt erzielbaren Produktionsniveaus (BIP). Seine Entwicklung im Zeitverlauf ist nicht notwendigerweise konstant. Weder das Niveau noch die Wachstumsrate können direkt gemessen, sondern müssen geschätzt werden.

31 Der IWF und die OECD haben ihre Standards und bewährten Verfahren für eine verantwortungsvolle Haushaltsführung in den Jahren 2014 bzw. 2015 aktualisiert, um die im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise gewonnenen Erkenntnisse einfließen zu lassen. Die Kommission hat diese Aktualisierung im Richtlinienentwurf von 2017 jedoch nicht aufgegriffen.

32 IWF (2013), „The functions and impact of fiscal councils“: Dieses Dokument bietet die bislang umfassendste Untersuchung zu den Räten für Finanzpolitik und baut auch auf anderen Arbeiten auf, unter anderem auf dem Entwurf von Grundsätzen der OECD von 2012 und Kopits, G. (2011), „Independent fiscal institutions: Developing good practices“, S. 35-52.

33 Die OECD-Grundsätze lagen bereits 2012 vor und wurden 2014 angenommen. Siehe OECD (2014), „Recommendation on principles for independent fiscal institutions“.

34 Europäische Kommission (2017), Jankovics, L. und Sherwood, M., „Independent fiscal institutions in the EU Member States: The early years“, Diskussionspapier 067.

35 Europäische Kommission (2004), Jonung, L. und Larch, M., „Improving fiscal policy in the EU: the case for independent forecasts“.

36 Eine Tendenz zu übermäßigem Optimismus („optimism bias“) ist dann gegeben, wenn der Anstieg von Output und Einnahmen überschätzt und die nicht-diskretionären Ausgaben unterschätzt werden.

37 IWF (2007), „Code of good practices on fiscal transparency“, Grundsatz 4.3.4.

38 OECD (2014), „Recommendation on principles for independent fiscal institutions“, Grundsatz 3.3.

39 Netzwerk der EU-IFI (2016), „Defining and enforcing minimum standards for independent fiscal institutions“.

40 Netzwerk der EU-IFI (2018), Erklärung des Netzwerks der EU-IFI zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Bestimmungen zur Stärkung der haushaltspolitischen Verantwortung und der mittelfristigen Ausrichtung der Haushalte in den Mitgliedstaaten.

41 2015 veröffentlichte die Kommission eine Auslegungsmitteilung zu ihrem Ermessensspielraum: „Optimale Nutzung der im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen Flexibilität“, COM(2015) 12 final. Dies kam anschließend im November 2015 in einem gemeinsam vereinbarten Standpunkt zum Ausdruck, der vom Rat im Februar 2016 gebilligt wurde.

42 Um eine schnelle Annäherung an das MTO zu erreichen, wurde im SWP der Richtwert festgelegt, dass die Mitgliedstaaten ihre strukturellen Haushaltspositionen um 0,5 % des BIP pro Jahr anpassen sollten.

43 EFA (2018), Jahresbericht 2018, S. 42.

44 Irish Fiscal Advisory Council (2016), „Fiscal assessment report“, S. 67.

45 Der EFA besteht aus einem Ausschuss und einem Sekretariat (mit einer Sekretariatsleitung und unterstützendem Personal, das derzeit auf fünf Ökonomen und einen Assistenten beschränkt ist).

46 EZB (2015), „Wirtschaftsbericht“, Ausgabe 7, Kasten 5: Zur Schaffung eines Europäischen Fiskalausschusses.

47 IWF (2016), „2016 Article IV consultation – euro-area policies“, IWF-Länderbericht Nr. 16/219, S. 20.

48 Ferner veröffentlichte der EFA im März 2018 eine Erklärung, in der er den dänischen Fiskalrat unterstützt.

49 EZB (2015), „Wirtschaftsbericht“, Ausgabe 7, Kasten 5: Zur Schaffung eines Europäischen Fiskalausschusses.

50 Europäische Bürgerbeauftragte (2016), Schreiben der Europäischen Bürgerbeauftragten an den Präsidenten der Europäischen Kommission bezüglich der Transparenz des Europäischen Fiskalausschusses.

51 Europäische Kommission (2012), „Report on public finances in EMU 2011“, S. 101.

52 Europäischer Rechnungshof (2018), Landscape-Analyse: „Anwendung des Unionsrechts in der Praxis: Die Aufsichtsverantwortung der Europäischen Kommission gemäß Artikel 17 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union“, Kasten 4.

53 Umsetzungsüberprüfungen sollten innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Umsetzungsfrist oder nach dem Zeitpunkt der Mitteilung der nationalen Durchführungsmaßnahme abgeschlossen werden; Konformitätsüberprüfungen sollten innerhalb von 16 bis 24 Monaten nach dem Zeitpunkt der Mitteilung der nationalen Umsetzungsmaßnahmen abgeschlossen werden.

54 Wenn in einem bestimmten Fall ein EU-Pilot-Verfahren eröffnet wurde, es jedoch nicht mehr wahrscheinlich ist, dass mit diesem Verfahren rechtzeitig die erwarteten Ergebnisse erzielt werden, sollte die Kommission ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren einleiten.

55 Beispiele für „Instrumente zur Förderung der Einhaltung der Rechtsvorschriften“ sind Umsetzungspläne, Leitlinien, erläuternde Dokumente, Netzwerke, Expertengruppen, Workshops, „Paketsitzungen“ und Fortschrittsanzeiger.

56 Einige Aspekte der Bewertung der Anwendung waren bereits in der Umsetzungsbewertung enthalten.

57 Europäische Kommission (2012), „Report on public finances in EMU 2011“, S. 101.

58 Europäische Kommission (2019), „Report on public finances in EMU 2018“, S. 138.

59 Europäische Kommission (2017), C(2017) 1201 final, „Bericht der Kommission – Vorlage gemäß Artikel 8 des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“.

60 EZB (2017), „Wirtschaftsbericht“, Ausgabe 4, Kasten 8: Der Fiskalpakt: Überprüfung durch die Europäische Kommission und weiteres Vorgehen.

61 Der jährliche EU-Zyklus zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik, der sich auch auf die durch den SWP vorgegebenen haushaltspolitischen Maßnahmen erstreckt.

62 Europäische Kommission (2012), „Report on public finances in EMU 2011“, S. 105.

63 Europäische Kommission (2012), COM(2012) 761 final, „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Zwischenbericht über die Umsetzung der Richtlinie 2011/85/EU des Rates über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten“, S. 7.

64 Europäische Kommission (2015), Sherwood, M., „Medium-Term Budgetary Frameworks in the EU Member States“, Diskussionspapier 021, S. 6.

65 Europäische Kommission (2012), „Fiscal frameworks in the European Union: May 2012 update on priority countries (Addendum to occasional paper 91)“, Occasional Paper 113, S. 15.

66 IWF (2010), Lienert, I. und Fainboim, I., „Reforming Budget System Laws“, Kasten 3 und Kasten 4.

67 Europäische Kommission (2007), „Report on public finances in EMU 2007“, Kasten III.4.1; Europäische Kommission (2015), Sherwood, M., „Medium-Term Budgetary Frameworks in the EU Member States“, Diskussionspapier 021, Kasten A1.1.

68 Europäische Kommission (2007), „Report on public finances in EMU 2007“, S. 158.

69 Europäische Kommission (2010), „Report on public finances in EMU 2010“, Kasten II.3.3.

Zeitschiene

Verfahrensschritt Datum
Annahme des Prüfungsplans/Beginn der Prüfung 13.12.2018
Offizielle Übermittlung des Berichtsentwurfs an die Kommission (bzw. die sonstigen geprüften Stellen) 18.7.2019
Annahme des endgültigen Berichts nach Abschluss des kontradiktorischen Verfahrens 15.10.2019
Eingang der offiziellen Antworten der Kommission (bzw. der sonstigen geprüften Stellen) in allen Sprachfassungen 22.11.2019

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Im Internet
Auf dem Europa-Portal finden Sie Informationen über die Europäische Union in allen Amtssprachen: https://europa.eu/european-union/index_de

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Informationen zum EU-Recht
Informationen zum EU-Recht, darunter alle EU-Rechtsvorschriften seit 1952 in sämtlichen Amtssprachen, finden Sie in EUR-Lex: http://eur-lex.europa.eu

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